TE Vwgh Beschluss 2021/11/8 Ra 2021/12/0027

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Veröffentlicht am 08.11.2021
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Index

L24009 Gemeindebedienstete Wien
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
DO Wr 1994 §14 Abs2
DO Wr 1994 §56 Abs2
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, über die Revision des Dr. B S in W, vertreten durch Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Singerstraße 12, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 10. Dezember 2020, VGW-171/092/15132/2020-2, betreffend Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung nach der Dienstordnung 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien Magistratsabteilung 2, Personalamt), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber stand seit 8. Februar 1999 als Diplomkrankenpfleger in einem durch Vertrag begründeten Dienstverhältnis und ab 1. August 2003 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien. Vom 1. September 2010 bis 31. August 2019 befand er sich im Rahmen seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses in einem Karenzurlaub gegen Entfall der Bezüge nach § 56 Dienstordnung 1994 (DO 1994). In diesem Zeitraum bestand ein vertragliches Dienstverhältnis zur Stadt Wien. Seit 1. September 2019 versieht der Revisionswerber seinen Dienst wieder im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses.

2        Mit Antrag vom 25. März 2020 begehrte der Revisionswerber die Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung im Schema II KAV unter „Vollanrechnung des Zeitraums vom 1. September 2010 bis 31. August 2019 im gesetzlichen Ausmaß“.

3        Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde wies diesen Antrag mit Bescheid vom 20. Oktober 2020 ab.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien die vom Revisionswerber dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für unzulässig.

5        Rechtlich begründete das Verwaltungsgericht das Erkenntnis zusammengefasst dahingehend, dass das Besoldungsdienstalter gemäß § 14 Abs. 1 DO 1994 die Dauer der im Dienstverhältnis verbrachten für die Vorrückung wirksamen Zeiten (Dienstzeit) zuzüglich der Dauer der anrechenbaren Vordienstzeiten umfasse. Unter Vordienstzeiten seien die dem Tag der Anstellung, im Sinn der Aufnahme in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis, vorangegangenen Zeiten nach § 14 Abs. 2 DO 1994 zu verstehen. Da der Revisionswerber seinen Karenzurlaub gemäß § 56 Abs. 1 DO 1994 nach dem Tag seiner Aufnahme in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis konsumiert habe, könne diese Zeit keinesfalls im Wege der Anrechnung als Vordienstzeit das Besoldungsdienstalter beeinflussen. Nach § 56 Abs. 2 DO 1994 hemme der nicht ausdrücklich im öffentlichen Interesse gewährte Karenzurlaub den Lauf der Dienstzeit im Ausmaß des halben Karenzurlaubs. Diese Bestimmung habe die belangte Behörde bei der Berechnung des Besoldungsdienstalters angewendet und deshalb den Antrag des Revisionswerbers nach dem klaren Wortlaut zu Recht abgewiesen.

6        Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Der Revisionswerber, der als Revisionspunkte eine Diskriminierung aufgrund des Alters, eine Verkürzung der für seine Pension anrechenbaren Pensionsbeiträge sowie eine Verletzung (nicht näher spezifizierter) Vorgaben der Richtlinie 2000/78/EG, weshalb er in seinem unionsrechtlich garantierten Recht auf Gleichbehandlung verletzt worden sei, angibt, führt zur Zulässigkeit seiner Revision aus, dass in gegenständlicher Konstellation von ihm ein nicht zu rechtfertigendes Sonderopfer geleistet werden müsse. So werde er aufgrund der fehlenden 4,5 Dienstjahre an „Vordienstzeiten“ gehaltsmäßig schlechter gestellt und erfahre durch die Unmöglichkeit der Anrechnung der in der Karenz zurückgelegten Dienstzeit als Vordienstzeit eine pensionsrechtliche Benachteiligung dadurch, dass er für insgesamt neun Jahre Pensionsbeiträge an die PVA habe leisten müssen, diese Zeiten jedoch aufgrund seiner ursprünglich erfolgten Anrechnung von Vordienstzeiten und der Tatsache, dass er die Wartezeit nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des ASVG nicht erfülle, seitens der PVA keinerlei Pensionsleistungen in der Zukunft zu erbringen sein würden.

9        Mit diesem Zulässigkeitsvorbringen zeigt der Revisionswerber keine grundsätzliche Rechtsfrage auf, von deren Beantwortung eine Entscheidung über die Revision abhängt.

10       Dass es sich bei den auf das Besoldungsdienstalter anzurechnenden Vordienstzeiten um „dem Tag der Anstellung vorangegangene Zeiten (Vordienstzeiten)“ handelt, ergibt sich schon aus dem eindeutigen Wortlaut des § 14 Abs. 2 DO 1994. Solche liegen im Fall eines Karenzurlaubs nicht vor. Auch während eines Karenzurlaubs läuft die Dienstzeit grundsätzlich weiter; ihr Lauf wird nach § 56 Abs. 2 DO 1994 für die Zeiten eines nicht ausdrücklich im öffentlichen Interesse gewährten Karenzurlaubs - nach den unbestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts liegt ein solcher vor - im Ausmaß des halben Karenzurlaubs gehemmt. Inwiefern dem Revisionswerber durch den von ihm selbst beantragten Karenzurlaub und die sich daraus für die Dienstzeit des von ihm aufrecht erhaltenen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses ergebenden Folgen ein Sonderopfer abverlangt würde, zeigt der Revisionswerber mit seinem in diesem Zusammenhang bloß vagen Vorbringen nicht auf und ist dies auch nicht zu ersehen. Abstrakt die Vereinbarkeit einer innerstaatlichen Rechtsnorm mit Bestimmungen des Unionsrechts zu prüfen, ist jedenfalls nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0095).

11       Die Frage eines Pensionsanspruchs aufgrund sozialversicherungsrechtlicher Bestimmungen oder der Bemessung des Ruhegenusses aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (siehe hinsichtlich der Beitragsregelungen jedoch § 7 Abs. 2 Z 3a und Abs. 3 Besoldungsordnung 1994) waren im behördlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht zu entscheiden. Mit dem Aufwerfen einer Rechtsfrage in diesem Zusammenhang kann die Zulässigkeit der Revision daher nicht begründet werden (siehe auch VwGH 27.4.2021, Ra 2020/12/0025).

12       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war deshalb gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 8. November 2021

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021120027.L00

Im RIS seit

25.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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