TE OGH 2021/4/21 1Ob68/21p

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Veröffentlicht am 21.04.2021
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der beim Landesgericht Klagenfurt zu AZ 21 Nc 3/20x (vormals Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zu AZ 62 Nc 1/20m) anhängigen Verfahrenshilfesache des Antragstellers W***** K*****, über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 26. August 2020, GZ 5 Nc 5/20h-2, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

[1]       Der Antragsteller begehrte mit seinem beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz eingebrachten Antrag, ihm die Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Amtshaftungsklage gegen den Bund zu gewähren. Den von ihm behaupteten Amtshaftungsanspruch stützt er auf behauptetes Fehlverhalten von Organen des Bezirksgerichts Voitsberg und des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz.

[2]       Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz legte die Akten dem Oberlandesgericht Graz zur Entscheidung nach § 9 Abs 4 AHG vor.

[3]       Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Oberlandesgericht Graz das Landesgericht Klagenfurt als zuständig zur Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag sowie zur Verhandlung und Entscheidung in einem sich allenfalls daran anschließenden Amtshaftungsverfahren. Der Antragsteller leite seine Ansprüche auch aus Vorgangsweisen von Richtern des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz ab, sodass dieses Landesgericht im Amtshaftungsprozess ausgeschlossen sei. Von den beiden im Sprengel des Oberlandesgerichts in Frage kommenden Gerichtshöfen – Landesgericht Leoben und Landesgericht Klagenfurt – sei aus Gründen der „Auslastungsgerechtigkeit“ und weil nach dem Akteninhalt dagegen auch keine Gründe sprächen das Landesgericht Klagenfurt als zuständig zu bestimmen.

Rechtliche Beurteilung

[4]       Der dagegen erhobene Rekurs des Antragstellers ist zulässig (RIS-Justiz RS0105630; RS0105631), aber nicht berechtigt.

[5]            1. Der Antragsteller hat mit seinem Rekurs zugleich die Mitglieder des über die Delegierung entscheidenden Senats des Oberlandesgerichts Graz als befangen abgelehnt. Diese Ablehnung wurde mittlerweile rechtskräftig verworfen (vgl 1 Ob 70/21g). An diesen Beschluss ist das erkennende Rechtsmittelgericht gebunden (RS0042079 [T1]).

[6]       2. Nach § 9 Abs 4 AHG ist ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung – auch über Verfahrenshilfeanträge zur Erhebung einer Amtshaftungsklage (RS0050123 [T1, T2, T3]; RS0053097 [T2, T5]; RS0122241) – unter anderem dann zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch aus der Entscheidung eines Landesgerichts oder aus dem kollegialen Beschluss eines Oberlandesgerichts abgeleitet wird, das im Instanzenzug zuständig wäre. Der Delegierungstatbestand des § 9 Abs 4 AHG liegt daher (nur dann) vor, wenn Richter eines Gerichtshofs über Amtshaftungsansprüche zu erkennen hätten, die ein Verfahren auch nur irgendeines Mitglieds desselben Gerichtshofs oder auch des im Instanzenzug übergeordneten Gerichtshofs zum Gegenstand haben (RS0056449 [T32]).

[7]            3. Der Rekurswerber leitet seine Amtshaftungsansprüche nur aus behauptetem Fehlverhalten von Richtern des Bezirksgerichts Voitsberg und des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz ab. Mit seiner erstmals im Rekurs aufgestellten Behauptung, auch Richter des Oberlandesgerichts Graz seien „Teil des Komplotts“, durch das ihm sein Haus weggenommen worden sei, verstößt er gegen das im Rekursverfahren geltende Neuerungsverbot (RS0042091; RS0108589). Daraus ergeben sich im Übrigen keine näheren Hinweise darauf, dass die vom Antragsteller behaupteten Ansprüche, soweit sie von der Delegierung erfasst sind, auf ein bestimmtes Verhalten eines Organs des Oberlandesgerichts Graz zurückzuführen wären.

4. Zweck des § 9 Abs 4 AHG ist es, dass alle im Zusammenhang betroffenen Gerichte, aus deren Entscheidungen ein Amtshaftungsanspruch abgeleitet wird, von der Entscheidung über diesen Anspruch (und dessen allfällige verfahrensrechtliche Voraussetzungen) ausgeschlossen sein sollen (RS0056449). Der Rekurswerber möchte offenbar – allerdings ohne eine Grundlage in den vom Gesetzgeber erlassenen Zuständigkeitsnormen nennen zu können – erreichen, dass sein Verfahrenshilfeantrag und seine allfällige Amtshaftungsklage außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Graz behandelt werden. Die Zuständigkeit bestimmt sich aber nach dem Gesetz und nicht nach dem Wunsch einer Partei. Da der Rekurswerber keinen Grund nennen kann, aus dem die Entscheidung des Oberlandesgerichts Graz gegen § 9 Abs 4 AHG verstoßen haben sollte oder warum die Bestimmung eines außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Graz – aus dessen Tätigkeit er (nach dem maßgeblichen erstinstanzlichen Vorbringen) seine behaupteten Amtshaftungsansprüche nicht ableitet – gelegenen Gerichts nach dem Gesetz zulässig wäre, ist seinem Rekurs ein Erfolg zu versagen.

Textnummer

E133141

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00068.21P.0421.000

Im RIS seit

24.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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