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90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KFG 1967 §73 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 15. Juni 1994, Zl. MA 64-8/213/94, betreffend Nachschulung gemäß § 73 Abs. 2a KFG 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 73 Abs. 2a KFG 1967 angeordnet, daß sich der Beschwerdeführer einer begleitenden Maßnahme in Form einer Nachschulung (Einstellungs- und Verhaltenstraining für alkoholauffällige Lenker) zu unterziehen habe.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 73 Abs. 2a KFG 1967 kann die Behörde bei der Entziehung auch begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) anordnen. Wird eine solche Anordnung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei der Nachschulung unterlassen, so ist die Entziehungszeit um drei Monate zu verlängern. Die Behörde hat begleitende Maßnahmen anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 64a Abs. 1) erfolgt.
Der bekämpften Nachschulungsanordnung liegt zugrunde, daß dem Beschwerdeführer mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. Dezember 1993 die ihm am 1. Juni 1992 erteilte Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B unter anderem wegen einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen wurde, daß ihm für die Dauer von zwei Jahren (vom 13. November 1992 an gerechnet) keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden dürfe. Die belangte Behörde begründete die bekämpfte Anordnung damit, daß bei einer Entziehung der Lenkerberechtigung innerhalb der Probezeit die Anordnung von begleitenden Maßnahmen zwingend vorgeschrieben sei.
Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, daß ihm die Lenkerberechtigung während der Probezeit u.a. wegen Begehung eines Alkoholdeliktes entzogen wurde. Er vertritt die Auffassung, eine Maßnahme nach § 73 Abs. 2a KFG 1967 könne nur gleichzeitig mit der Entziehung der Lenkerberechtigung (arg.: "bei der Entziehung), nicht jedoch - wie hier - nachträglich angeordnet werden.
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Verletzung in subjektiven Rechten aufzuzeigen. Mit der Entziehung seiner Lenkerberechtigung während der Probezeit war die im § 73 Abs. 2a letzter Satz KFG 1967 normierte Voraussetzung für die Anordnung der gegenständlichen begleitenden Maßnahme gegeben. Bei diesem Sachverhalt hatte die Behörde eine solche Anordnung zu treffen; ein Ermessen stand ihr hiebei - anders als nach dem ersten Satz dieser Gesetzesstelle - nicht zu.
Was den Zeitpunkt der Anordnung einer begleitenden Maßnahme betrifft, enthält das Gesetz keine ausdrückliche Regelung. Nach dem Gesetzeswortlaut ("bei der Entziehung"; "begleitende Maßnahmen") ist anzunehmen, daß der Gesetzgeber offenbar als Regelfall die gleichzeitige Anordnung der Entziehung der Lenkerberechtigung mit einer begleitenden Maßnahme vor Augen hatte. Bemerkt sei, daß der Verwaltungsgerichtshof die gleichlautende Wendung in § 73 Abs. 2 erster Satz KFG 1967 im Sinne der Gleichzeitigkeit des "Zeit"-Ausspruchs mit dem Entziehungsausspruch versteht, und zwar wegen der rechtlichen Untrennbarkeit dieser beiden Aussprüche (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 28. November 1983, Slg. Nr. 11.237/A). Eine solche Untrennbarkeit ist freilich bei einem Entziehungsausspruch und der Anordnung von begleitenden Maßnahmen nicht gegeben. Das Gesetz enthält aber kein Verbot der Anordnung von Begleitmaßnahmen nach Erlassung eines Entziehungsbescheides. Aus der vorliegenden Regelung ist daher insgesamt kein Rechtsanspruch darauf abzuleiten, daß die Anordnung von Begleitmaßnahmen gleichzeitig mit dem Entziehungsausspruch erfolgt. Demnach bewirkt der Umstand der nachträglichen Anordnung einer begleitenden Maßnahme für sich allein noch keine Rechtsverletzung des Betreffenden. Aus dem Zweck der Regelung ergibt sich allerdings insofern eine Grenze für die nachträgliche Anordnung einer begleitenden Maßnahme, als die Anordnung jedenfalls nicht so spät erfolgen darf, daß daraus eine Verschlechterung der Rechtsstellung des Betreffenden gegenüber jener bei gleichzeitiger Anordnung einer begleitenden Maßnahme resultiert (etwa weil er deshalb erst zu einem späteren als bei gleichzeitiger Anordnung mit der Entziehungsmaßnahme frühest möglichen Zeitpunkt wieder eine Lenkerberechtigung erlangen könnte).
Für eine derartige Rechtsverletzung besteht im Beschwerdefall kein Anhaltspunkt. Die gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 bestimmte Zeit endete erst am 13. November 1994, somit mehrere Monate nach Erlassung der Nachschulungsanordnung. Der Beschwerdeführer hatte demnach ausreichend Zeit, dieser Anordnung nachzukommen.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994110289.X00Im RIS seit
19.03.2001