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90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KDV 1967 §34 Abs1 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des K in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 24. Juni 1996, Zl. Ib-277-23/96, betreffend Einschränkung einer Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 8. Jänner 1996 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B und F "auf unbestimmte Zeit" entzogen. Hiefür war nach der Aktenlage ein amtsärztliches Gutachten ausschlaggebend, das den Beschwerdeführer als zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht geeignet qualifizierte.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Berufung teilweise Folge gegeben und die Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 "wie folgt eingeschränkt: 1. Lenken nur tagsüber, nicht in der Nacht.
2. Lenken eines Kraftfahrzeuges nur in ausgeruhtem Zustand und nicht bei Mißbefinden (z.B. Erkältung etc.). 3. Lenken eines Kraftfahrzeuges nur innerhalb eines 100 km-Radius ab Wohnort.
4. Auflagen: a) striktes Alkoholverbot, b) Führen eines Anfallskalenders. 5. Befristung auf drei Monate."
Ein weiterer im angefochtenen Bescheid enthaltener Abspruch nach § 64 Abs. 2 AVG ist nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Dem angefochtenen Bescheid liegt ein amtsärztliches Gutachten vom 22. Mai 1996 zugrunde, in dem der Beschwerdeführer als zum Lenken von Kraftfahrzeugen bedingt geeignet bezeichnet wird; es seien bestimmte Auflagen, die zum größeren Teil mit den in der Folge im angefochtenen Bescheid verfügten inhaltsgleich sind, einzuhalten; der ärztliche Sachverständige empfahl eine Befristung auf ein Jahr und die Vornahme nervenfachärztlicher Untersuchungen alle drei Monate sowie halbjährliche internistisch-klinische Kontrollen.
Die belangte Behörde begründete die Abweichungen des angefochtenen Bescheides von diesem Gutachten, also im wesentlichen die Befristung auf drei Monate statt auf ein Jahr, wie folgt: "Allerdings konnte die Auflage, demzufolge der Berufungswerber in periodischen Abständen von drei bzw. sechs Monaten fachärztliche Kontrollen durchzuführen hat, nicht aufgenommen werden. Dies erscheint wenig praktikabel und auch nicht zweckmäßig, vielmehr war eine Befristung von drei Monaten angezeigt, wobei die Weiterbelassung der Lenkerberechtigung von der Beibringung der vom Sachverständigen geforderten Befunde abhängig zu machen sein wird".
Die Beschwerdeausführungen gehen zunächst am Inhalt des angefochtenen Bescheides vorbei, indem sie sich mit der Annahme der Erstbehörde auseinandersetzen, der Beschwerdeführer leide an unvorhersehbaren Bewußtseinsstörungen und -trübungen im Sinne des § 34 Abs. 1 lit. c KDV 1967. Der Beschwerdeführer übersieht dabei, daß die belangte Behörde in diesem Punkt dem Gutachten vom 22. Mai 1996 gefolgt ist, wonach die Bewußtseinsstörungen und -trübungen beim Beschwerdeführer nicht unvorhersehbar einträten, sodaß sie auch nicht von einer gesundheitlichen Beeinträchtigung im Sinne des § 34 Abs. 1 lit. c KDV 1967, sondern von einer solchen nach § 34 Abs. 1 lit. b (organische Erkrankungen des zentralen oder peripheren Nervensystems, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten) ausging. Dasselbe gilt für den im erstinstanzlichen Verfahren zum Tragen gekommenen Verdacht, der Beschwerdeführer leide an epileptischen Störungen. Der Verwaltungsgerichtshof kann aus diesen Gründen nicht finden, die behaupteten Verfahrensmängel - die in der Unterlassung der Aufnahme der zu diesem Thema angebotenen Beweise lägen - seien wesentlich, weil diese Beweise zu keinem anders lautenden Bescheid hätten führen können.
Es ist auch unerheblich, ob bei dem Vorfall, der das Verwaltungsgeschehen ausgelöst hat (einem angeblich am 16. Oktober 1995 vom Beschwerdeführer verursachten Verkehrsunfall, nach welchem er bei sich zu Hause in einem "körperlich sehr schlechten Zustand" angetroffen worden sei und zum Sachverhalt nicht habe angesprochen werden können; der beigezogene Hausarzt habe angegeben, der Beschwerdeführer habe durch "Hyperventilieren" einen Kollaps mit häufigem Erbrechen erlitten), wirklich ein Sachschaden verursacht worden ist. Der Umstand, daß das gegen den Beschwerdeführer eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wegen § 4 StVO 1960 ("Fahrerflucht") eingestellt worden ist, sagt zur Frage, ob der Beschwerdeführer zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist, nichts aus.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, die Annahme einer gesundheitlichen Beeinträchtigung im Sinne des § 34 Abs. 1 lit. b KDV 1967 sei dem Gutachten nicht zu entnehmen und aktenwidrig. Dies ist insofern nicht zutreffend, als der Sachverständige zunächst die Frage nach dem Vorliegen einer Beeinträchtigung im Sinne des § 34 Abs. 1 lit. c KDV 1967 verneinte, weil nicht von der Unvorhersehbarkeit der Anfälle ausgegangen werden könne, dessen ungeachtet aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung des Beschwerdeführers als gegeben ansah, die eine Befristung und Vorschreibung von Auflagen erforderlich mache. Die belangte Behörde hat diesen Sachverhalt unter § 34 Abs. 1 lit. b KDV 1967 subsumiert. Dies lag angesichts der vom Sachverständigen in seinem Gutachten beim Beschwerdeführer anhand der nervenfachärztlichen Befunde festgestellten - wenn auch derzeit nicht konkret faßbaren - Phänomene und die von ihm in diesem Zusammenhang vorgeschlagenen regelmäßigen nervenfachärztlichen Untersuchungen nahe.
Die Vorlage eines nach Erlassung des angefochtenen Bescheides erstellten Befundes vermag zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ebenfalls nichts beizutragen. Derartige Unterlagen können allenfalls bei der Verlängerung der Gültigkeit der Lenkerberechtigung zum Tragen kommen und bei dieser Gelegenheit zur Erteilung einer länger befristeten oder unbefristeten Lenkberechtigung führen.
Im übrigen muß sich der Beschwerdeführer - jedenfalls was das Vorliegen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung im Sinne des § 34 Abs. 1 KDV 1967 anlangt - vorhalten lassen, daß er dem Gutachten vom 22. Mai 1996 im Verwaltungsverfahren nicht widersprochen hat.
Nicht gerügt wird in der Beschwerde der darin liegende Verfahrensmangel, daß entgegen dem § 34 Abs. 3 KDV 1967 bei Annahme der eingeschränkten Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken eines Kraftfahrzeuges im Zusammenhang mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung im Sinne des § 34 Abs. 1 lit. b KDV 1967 ein fachärztliches Gutachten, welches eine Prüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeiten einzubeziehen hat, anzuordnen gewesen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof vermag aber die Wesentlichkeit dieses Verfahrensmangels nicht zu erkennen. Der ärztliche Amtssachverständige der belangten Behörde verwertete in seinem Gutachten vom 22. Mai 1996 auf Grund von Untersuchungen erstellte nervenfachärztliche Befunde, wobei er zum Unterschied von der Erstbehörde zur Annahme der bedingten Eignung des Beschwerdeführers kam. Am Vorliegen der erforderlichen kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers hegte er keine Zweifel, sodaß die Vornahme der Überprüfung nicht zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte führen können.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996110225.X00Im RIS seit
12.06.2001