Entscheidungsdatum
15.07.2021Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W287 2213011-2/9E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin MMag. Dr. Julia KUSZNIER als Einzelrichterin
1) über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , sowie
2) über den Antrag von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vom XXXX auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX :
A)
I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom XXXX wird gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG abgewiesen.
II. Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX wird als verspätet zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 25.05.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 17.12.2018, Zl. XXXX den Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt. Es wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist. Ferner wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage beträgt.
2. Mit Erkenntnis vom 10.05.2019 zu XXXX wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab.
3. Am 13.01.2020 stellte der Beschwerdeführer einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX , Zl. XXXX , hinsichtlich des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ferner wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung in den Irak zulässig ist und keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Es wurde ein Einreiseverbot für die Dauer von 2 Jahren erlassen und der Beschwerdeführer verpflichtet, gemäß § 15b Abs. 1 AsylG in einem bestimmten Quartier Unterkunft zu nehmen. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 14.04.2021 zugestellt, womit die zweiwöchige Beschwerdefrist zu laufen begann. Mit Wirksamkeit vom 16.05.2020 erwuchs der genannte Bescheid infolge des in § 1 COVID-19-VwBG geregelten Fristenlaufs in Rechtskraft.
4. Am 18.05.2020 wurde dem BFA eine mit 14.05.2020 datierte Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des BFA vom XXXX übermittelt. Am 22.05.2020 übermittelte das BFA die Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht.
5. Mit Verspätungsvorbehalt des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.05.2020 wurde der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers davon in Kenntnis gesetzt, dass die am 18.05.2020 dem BFA übermittelte Beschwerde verspätet eingebracht wurde. Gleichzeitig wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers die Gelegenheit geboten, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine schriftliche Stellungnahme zur angenommenen Verspätung der Beschwerde abzugeben.
6. Mit Schreiben vom XXXX – dem Bundesverwaltungsgericht am selben Tag per Telefax übermittelt – erstattete der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers eine Stellungnahme, aus der hervorgeht, dass die Zustellung des Bescheides des BFA am 14.04.2020 erfolgt ist. Gemäß § 1 COVID-19-VwBG war die zweiwöchige Rechtsmittelfrist bis zum 30.04.2020 unterbrochen und begann am Freitag, den 01.05.2020 neu zu laufen, weshalb die Frist mit 15.05.2020 abgelaufen ist.
7. Im selben Schreiben beantragte der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG und verwies auf die bereits eingebrachte Beschwerde vom 18.05.2020. Die verspätete Einbringung der Beschwerde wurde mit einer „außerordentlich chaotischen“ Situation infolge von coronabedingter Kurzarbeit und Homeoffice sowie Krankenständen und ab Mai 2020 wieder vermehrt anberaumten Verhandlungen begründet. Dabei sei der Fehler passiert, dass der Beginn der Frist gedanklich auf den dem Feiertag nächstfolgenden Werktag gelegt wurde und die Frist somit falsch kalendiert wurde. Dies sei nicht dem Beschwerdeführer anzulasten, sondern der Vertretungsorganisation. Es habe sich jedenfalls sowohl für den Beschwerdeführer als auch für die Vertretungsorganisation um ein unvorhersehbares und unabwendbares Hindernis gehandelt, das nicht durch schuldhaftes Verhalten herbeigeführt worden sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer, Staatsangehöriger des Irak, führt die im Spruch angeführten Personalien.
Mit Bescheid des BFA vom XXXX wurde der Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ferner wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung in den Irak zulässig ist, keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Es wurde ein Einreiseverbot für die Dauer von 2 Jahren erlassen und gemäß § 15b Abs. 1 AsylG in einem bestimmten Quartier Unterkunft zu nehmen. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 14.04.2020 ordnungsgemäß zugestellt und endete die Rechtsmittelfrist mit Ablauf des 15.05.2020.
Im Wege ihrer Vertretungsorganisation übermittelte der Beschwerdeführer seine Beschwerde gegen den genannten Bescheid am 18.05.2020 nach Ablauf der Rechtmittelfrist an das BFA.
Der Bescheid erwuchs mit Wirksamkeit vom 16.05.2020 in Rechtskraft.
Die Beschwerdevorlage des BFA langte am 22.05.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Nach Verspätungsvorbehalt des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.05.2020 stellte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom XXXX gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an das Bundesverwaltungsgericht.
Die Frist wurde infolge der durch § 1 COVID-19-VwBG abweichenden Fristenläufe falsch berechnet. Die Vertretungsorganisation ging davon aus, dass – entgegen der ausdrücklichen Regelung in § 1 des Bundesgesetzes betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Verwaltungsverfahren, im Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie im Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes – die Frist am ersten dem Feiertag folgenden Werktag (und somit am 4.5.2020 statt am 01.05.2020) zu laufen beginnt. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Vertretungsorganisation über ein internes Kontrollsystem zur Vermeidung derartiger Fehler verfügt.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang sowie die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt.
Dass der Bescheid vom XXXX , mit dem der Antrag auf internationalen Schutz zurück- bzw abgewiesen wurde, am 14.04.2020 ordnungsgemäß an den Beschwerdeführer zugestellt wurde und mit 16.05.2020 in Rechtskraft erwuchs, ergibt sich ebenso aus dem unbestritten Akteninhalt.
Die Feststellungen zum Vorgang, der für die Versäumung der Rechtsmittelfrist ursächlich war, ergeben sich ebenso aus dem Akteninhalt, insbesondere dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Sämtliche Elemente, die zur Beurteilung notwendig sind, waren zweifelsfrei und ohne weitere Ermittlungstätigkeit dem vollständigen Verwaltungsakt zu entnehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A.I.) Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:
Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zu Last liegt, hindert die Bewilligung zur Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist im Fall des § 33 Abs. 1 VwGVG bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 33 Abs. 3 VwGVG). Nach § 33 Abs. 4 VwGVG hat bis zur Vorlage die Behörde über den Antrag mit Bescheid, ab Vorlage der Beschwerde das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden.
Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes. Ein solcher ist gegeben, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist ein Ereignis dann "unabwendbar", wenn der Eintritt dieses Ereignisses objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden konnte. Ein Ereignis ist als "unvorhergesehen" zu werten, wenn die Partei es tatsächlich nicht mit einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten werden konnte. Anders als das Tatbestandsmerkmal des "unabwendbaren" erfasst jenes des "unvorhergesehenen" Ereignisses die subjektiven Verhältnisse der Partei, sodass nicht der objektive Durchschnittsablauf, sondern der konkrete Ablauf der Ereignisse maßgebend ist (vgl. etwa VwGH 03.04.2001, 2000/08/0214).
Ein Verschulden der Partei hindert die Wiedereinsetzung nur dann nicht, wenn es sich dabei lediglich um einen minderen Grad des Versehens handelt. Wie der VwGH wiederholt ausgesprochen hat, liegt ein „minderer Grad des Versehens“ (§ 1332 ABGB) nur dann vor, wenn es sich um leichte Fahrlässigkeit handelt, also dann, wenn ein Fehler begangen wurde, der gelegentlich auch einem sorgfältig handelnden Menschen widerfahren kann. Der Wiedereinsetzungswerber (bzw. der diesem zurechenbare Vertreter) darf nicht auffallend sorglos gehandelt haben, das heißt, die im Verkehr mit Gerichten und Verwaltungsbehörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl. VwGH 29.11.1994, 94/05/0318; VwGH 15.12.1995, 95/17/0469; VwGH 23.05.2001, 99/06/0039). An berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ist dabei ein strengerer Maßstab als an rechtsunkundige, bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen anzulegen (vgl. etwa VwGH 23.02.2017, Ra 2016/20/0229 bis 0230-17). Insofern ist auch an die Vertretungsorganisation des Beschwerdeführers im konkreten Fall ein strengerer Maßstab anzulegen.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist ein Verschulden des Rechtsvertreters dem Beschwerdeführer zurechenbar:
Das Verschulden, welches den Bevollmächtigten der Partei trifft, ist so zu behandeln, als wäre es der Partei selbst unterlaufen, gleichgütig ob der Wiedereinsetzungswerber von einem Rechtsanwalt oder sonst einer Vertrauensperson vertreten wird (vgl VwGH vom 26. 1. 1995, 94/06/0090; Hengstschläger/Leeb, AVG, § 71 Rz. 44). Eine Bevollmächtigung bewirkt, dass dem Beteiligten alle Verfahrenshandlungen des Vertreters einschließlich jener, die der Vertreter gegen den nur ihm gegenüber geäußerten Willen des Vertretenen setzt, sowie alle Unterlassungen seines Vertreters, unmittelbar zuzurechnen sind. Den Vertretenen treffen daher etwa die Folgen der Einschränkung eines Antrags (Rechtsmittels) selbst im Fall vereinbarungswidriger Vorgangsweise des Vertreters oder sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten mit dem Vertreter. Der Vertretene hat daher auch für etwaige Irrtümer, die dem Vertreter unterlaufen, einzustehen (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 10 Rz. 22).
Immer dann, wenn ein Fremder einer juristischen Person schriftlich ausdrücklich Vollmacht erteilt oder ein Ersuchen um Vertretung im Sinne des BFA-VG an die mit der Besorgung der Rechtsberatung betrauten juristischen Person richtet, ist dem Fremden das Handeln des sodann von der juristischen Person konkret mit der Durchführung seiner Vertretung betrauten Rechtsberaters - wie bei jedem Vertreter - zurechenbar. Dabei kommt es darauf, dass sich der Fremde die konkrete Person, die letztlich in seinem Namen tätig wird, nicht aussuchen kann, vor dem Hintergrund der die erforderliche fachliche Qualität jedes einzelnen Rechtsberaters sicherstellenden gesetzlichen Regelung, nicht an. Ein Fremder ist jedoch nicht verpflichtet, der mit der Besorgung der Rechtsberatung betrauten juristischen Person Vollmacht für seine Vertretung zu erteilen. Es steht ihm frei (auch) andere Personen mit seiner Vertretung zu betrauen (VwGH vom 30.05.2017, Ra 2017/19/0113).
Das Verschulden von Kanzleikräften bzw Mitarbeitern stellt für den Vertreter (und damit für die von ihm vertretene Partei) dann ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar, wenn ihn diesbezüglich kein Verschulden trifft, das über den minderen Grad des Versehens hinausgeht, wenn er also der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Kanzleikräften nachgekommen ist (VwGH 23.02.2017, Ra 2016/20/0229 bis 0230-17).
Kommt der Rechtsvertreter des Antragstellers der ihn treffenden Überwachungspflicht allgemein oder im besonderen Falle nicht nach, kann von einem bloß minderen Grad des Versehens im Sinne des § 46 Abs 1 VwGG keine Rede sein (VwGH vom 18.11.1992, 92/03/0104 mwN).
Die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist stecken den Rahmen für die Untersuchung der Frage ab, ob ein Wiedereinsetzungsgrund gegeben ist (VwGH 23.9.2005, 2005/15/0083; vgl. auch VwGH 7.10.2005, 2003/17/0280, mwN; VwGH 30.04.2019 Ra 2019/15/0042). Auch die Büroorganisation von Gebietskörperschaften muss in gleicher Weise wie eine Rechtsanwaltskanzlei dem Mindesterfordernis einer sorgfältigen Organisation entsprechen. Dazu gehört insbesondere die Vormerkung von Fristen und die Vorsorge durch entsprechende Kontrollen, dass Unzulänglichkeiten infolge menschlichen Versagens voraussichtlich auszuschließen sind (VwGH 30.04.2019 Ra 2019/15/0042). Wer darüber hinaus einen Wiedereinsetzungsantrag auf das Verschulden einer Hilfsperson stützt, hat schon im Wiedereinsetzungsantrag durch ein substantiiertes Vorbringen darzulegen, aus welchen Gründen ihn selbst kein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden trifft, etwa dass und in welcher Weise der Wiedereinsetzungswerber die erforderliche Kontrolle ausgeübt hat (vgl VwGH vom 27. Februar 1996, 95/08/0259, und vom 2. Juli 2010, 2010/17/0049). Der bevollmächtigte Vertreter der Beschwerdeführer brachte in seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor, dass ein Fehler bei der Fristberechnung passiert sei. Als Grund führte die Vertretungsorganisation an, dass es infolge einer coronabedingten außerordentlich chaotischen Situation sowie von Krankenständen der Mitarbeiter und den vermehrt ab Mai 2020 wieder anberaumten Verhandlungen zu einem Fehler in der Kalendierung gekommen sei.
Im konkreten Fall liegt jedenfalls nicht nur ein minderer Grad des Versehens vor: Die Rechtsmittelfrist wurde entgegen der ausdrücklichen Regelung in § 1 COVID-19-VwBG falsch (dh ab 04.05.2020 statt ab 01.05.2020) berechnet. Es wurde nicht vorgebracht, dass Kontrollen des Fristensystems vorgenommen werden bzw welche sonstigen Maßnahmen auf Seiten der Vertretungsorganisation unternommen werden, um derartige Fehler zu verhindern. Ebenso ist in den angeführten besonderen Umständen kein unabwendbares Ereignis zu sehen, zumal die Vertretungsorganisation dem erhöhten Arbeitsanfall durch unverzügliche Beendigung der Kurzarbeit entgegentreten hätte können.
Ferner ist der Vertretungsorganisation des Beschwerdeführers entgegenzuhalten, dass diese im Wiedereinsetzungsantrag nicht einmal ansatzweise behauptet hat, über ein internes Kontrollsystem zur Überwachung der Fristen zu haben. Gerade aufgrund des COVID-19-VwBG geänderter Fristenläufe wäre es aber erforderlich gewesen, die Kalendierung verstärkt zu überwachen.
Insgesamt kann daher nicht erkannt werden, dass der Fehler des bevollmächtigten Vertreters als unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis nur auf einem minderen Grad des Versehens beruhte. Da dem Beschwerdeführer das Verschulden ihrer Vertretungsorganisation zuzurechnen ist, war der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzuweisen.
Zu A.II.) Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung
Gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Nur in den Fällen des § 3 Abs. 2 Z 2, 4 und 7 BFA-VG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesamtes gemäß § 16 Abs. 1 BFA-VG zwei Wochen, sofern nichts anderes bestimmt ist. In den Fällen des § 3 Abs. 2 Z 1 BFA-VG beträgt die Beschwerdefrist ebenfalls zwei Wochen, sofern die Entscheidung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist.
Es wurde gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid vom XXXX gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen. § 52 FPG ist eine Bestimmung des 8. Hauptstückes des FPG über die gemäß § 3 Abs. 2 Z 4 BFA-VG das Bundesamt zu entscheiden hat. Es ist daher die Bestimmung des § 16 Abs. 1 BFA-VG anzuwenden, sodass die Frist zur Beschwerdeerhebung zwei Wochen beträgt.
Gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG iVm Art 132 Abs. 1 Z 1 B-VG beginnt die Beschwerdefrist, da der Bescheid dem Beschwerdeführerin zugestellt (und nicht mündlich verkündet) wurde, mit dem Tag der Zustellung.
Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 14.04.2020 persönlich mittels Rsa-Brief. Durch diese ordnungsgemäße Zustellung wurde die Rechtsmittelfrist ausgelöst. Im gegenständlichen Fall wäre das Ende der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist zur Einbringung einer Beschwerde am 28.04.2020 abgelaufen.
Nach § 1 Abs. 1 des am 22.03.2020 in Kraft getretenen Bundesgesetzes betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Verwaltungsverfahren, im Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie im Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes (Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz – COVID-19-VwBG, BGBl. I Nr. 16/2020) werden in anhängigen behördlichen Verfahren der Verwaltungsbehörden, auf die die Verwaltungsverfahrensgesetze (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, und Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 – VVG, BGBl. Nr. 53/1991) anzuwenden sind, alle Fristen, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes fällt, sowie Fristen, die bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, bis zum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen. Sie beginnen neu zu laufen. Bei der Berechnung einer Frist nach § 32 Abs. 1 AVG gilt der 1. Mai 2020 als Tag, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll. Bei der Berechnung einer Frist nach § 32 Abs. 2 AVG gilt der 1. Mai 2020 als Tag, an dem die Frist begonnen hat. Die vorstehenden Sätze gelten nicht für Fristen in Verfahren nach dem Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186/1950.
Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Gemäß § 33 Abs. 1 AVG werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert.
Im gegenständlichen Fall wurde der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer am Dienstag den 14.04.2020 ordnungsgemäß zugestellt, womit die zweiwöchige Beschwerdefrist zu laufen begonnen hatte.
Gemäß § 1 COVID-19-VwBG war die zweiwöchige Rechtsmittelfrist bis zum 30.04.2020 unterbrochen und hat am Freitag den 01.05.2020 neu zu laufen begonnen, weshalb die Frist mit Ablauf des 15.05.2020 abgelaufen ist. Da die per Email am 18.05.2021 eingebrachte Beschwerde somit nach Ablauf der zweiwöchigen Beschwerdefrist beim Bundesamt eingebracht wurde, war diese gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG iVm § 16 Abs. 1 BFA-VG als verspätet zurückzuweisen.
Gegen diese Bestimmung kann keine Verfassungswidrigkeit durch das Gericht erkannt werden.
Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gegenständlich unterbleiben, da der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt erscheint und eine weitere Klärung weder notwendig noch zu erwarten ist. Dass die Beschwerde verspätet eingebracht wurde, wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten, sondern vielmehr in der Stellungnahme sowie dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand festgestellt. Der Beschwerdeführer sowie die ausgewiesene Vertretung hatten Kenntnis von der verspäteten Beschwerdeerhebung und hinreichend Gelegenheit, sämtliche Gründe für den behaupteten "minderen Grad des Verstehens" an der Fristversäumnis im gegenständlichen Fall darzulegen.
Zu B)
Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Unzuständigkeit des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Fristversäumung Pandemie Verschulden Versehen Verspätung WiedereinsetzungsantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W287.2213011.2.00Im RIS seit
17.11.2021Zuletzt aktualisiert am
17.11.2021