TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/22 W123 2244432-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.07.2021
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Entscheidungsdatum

22.07.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §53 Abs2 Z7
FPG §55 Abs4

Spruch


W123 2244432-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien und Bosnien und Herzegowina, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.06.2021, Zl. 1002998501-210668338, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle am 10.05.2021 kam zum Vorschein, dass sich der Beschwerdeführer seit 20.06.2015 im Schengenraum aufhalte und ohne aufrechte Meldung im Bundesgebiet bei seiner Lebensgefährtin in Wien wohne. Im Zuge dessen wurde der serbische Reisepass sowie sein bosnischer und sein serbischer Personalausweis sichergestellt. Von einer Anzeige gemäß § 120 FPG wurde Abstand genommen, weil der Beschwerdeführer eine Organstrafverfügung in Höhe von EUR 500,- bezahlte.

2. Am 10.06.2021 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass er seinen Lebensunterhalt in Österreich mit EUR 300,- bis EUR 400,- durch Gelegenheitsarbeiten bei Freunden auf Flohmärkten ohne arbeitsrechtliche Bewilligung oder Gewerbeanmeldung bestreite. Er wohne bei seiner Freundin, die ihm Essen kaufe und ihm manchmal Geld gebe. In Bosnien habe er vier Schwestern, mit denen er jeden zweiten oder dritten Tag telefoniere. Außerdem würden drei Cousinen und Cousins in XXXX und XXXX leben.

3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde wurde gegenüber dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien und Bosnien und Herzegowina zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 und 7 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

4. Der Beschwerdeführer reiste am 02.07.2021 mit organisatorischer Unterstützung der BBU GmbH aus dem Bundesgebiet aus.

5. Mit Schriftsatz vom 09.07.2021 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen „die Spruchpunkte IV. und V.“ des Bescheides der belangten Behörde. Begründend führte der Beschwerdeführer zusammenfassend aus, dass die belangte Behörde die Erfüllung des Tatbestands nach § 53 Abs. 2 Z 6 FPG mit der Aussage des Beschwerdeführers, dass er EUR 300,- bis EUR 400,- bei einem Flohmarkt verdient habe, begründe, aber weitere Ermittlungen oder Befragungen unterlassen habe. Die Behörde habe keine Prüfung des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers sowie das Vorliegen einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch seine Person durchgeführt. Selbst wenn er über keine Barmittel verfüge, falle ihm nur ein geringfügiges Fehlverhalten zur Last. Die Erlassung eines Einreiseverbots erwiese sich als nicht erforderlich und jedenfalls als unverhältnismäßig hoch. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei zu Unrecht erfolgt, weil er unbescholten sei und keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle. Weiters hielt er fest, dass ein Antrag nach § 60 Abs. 1 FPG eine fristgerechte Ausreise voraussetze und § 11 Abs. 1 Z 3 NAG auf die freiwillige Ausreise abstelle. Beides könne nur bei Einräumung einer entsprechenden Frist erfolgen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatangehöriger von Serbien sowie Bosnien und Herzegowina. Er ist im Besitz eines gültigen serbischen Reisepasses. Seine Identität steht fest.

1.2. Der Beschwerdeführer hielt sich von 20.06.2015 bis 02.07.2021 durchgehend im Schengenraum bzw. in Österreich auf. Der Beschwerdeführer verfügte weder in Österreich noch einem sonstigen Mitgliedsstaat der Europäischen Union über eine Aufenthaltsberechtigung. Spätestens ab 21.09.2015 war der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet unrechtmäßig.

Der Beschwerdeführer war zuletzt von 22.04.2014 bis 02.08.2016 im Bundesgebiet gemeldet.

1.3. Vor seiner freiwilligen Ausreise wohnte der Beschwerdeführer bei seiner Freundin, einer serbischen Staatsbürgerin, in Wien. Diese kauft ihm Essen und gibt ihm manchmal Geld. Der unbescholtene Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Familienangehörigen. Es bestehen keine weiteren sozialen, wirtschaftlichen oder sonstigen Bindungen im Bundesgebiet. Er kann sich in der deutschen Sprache nicht verständigen.

Der Beschwerdeführer spricht Serbokroatisch. Seine vier Schwestern sowie drei Cousinen und Cousins leben in Bosnien und Herzegowina.

1.4. Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft machen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint.

Der Beschwerdeführer übte eine unerlaubte Erwerbstätigkeit aus, indem er ohne arbeitsmarktbehördlicher Bewilligung oder Gewerbeberechtigung mehrmals auf Flohmärkten in Wien und XXXX arbeitete.

1.5. Der Beschwerdeführer brachte nicht vor, dass ihm in Serbien oder in Bosnien und Herzegowina eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit droht. Aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes ist er zu einer eigenständigen Bestreitung seines Lebensunterhalts in Serbien in der Lage. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen und beherrscht die Sprache seines Herkunftsstaates.

Serbien sowie Bosnien und Herzegowina gelten als sichere Herkunftsstaaten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in die Beschwerde. Ergänzend wurden Auszüge aus dem ZMR, dem Strafregister und dem Fremdenregister eingeholt (jeweils vom 16.07.2021).

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines serbischen Reisepasses fest.

2.2. Die Feststellungen zum Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus den unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid, dessen Angaben vor der belangten Behörde, der Ausreisebestätigung (AS 207) sowie den Auszügen aus dem ZMR und dem Fremdenregister.

Die festgestellten familiären und privaten Verhältnisse des Beschwerdeführers konnten aus dessen Schilderungen in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde geschlossen werden. Zudem wurden in der Beschwerde die entsprechenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht bestritten und keine darüber hinausgehenden Angaben zu allfälligen sozialen, wirtschaftlichen oder sonstigen Bindungen im Bundesgebiet getätigt.

Die Feststellung zur mangelnden Unterhaltssicherung beruht auf dem Umstand, dass der Beschwerdeführer im Rahmen des Beschwerdeschriftsatzes kein substantiiertes (mit entsprechenden Belegen untermauertes) Vorbringen erstattete, aus dem hervorginge, dass er seinen Unterhalt im Bundesgebiet mit ausreichenden finanziellen und legalen Mitteln sichern könnte. Entgegen der Behauptung in der Beschwerde wäre in Anbetracht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. dazu die rechtliche Beurteilung) sowie angesichts der Antwort des Beschwerdeführers auf die Frage nach der Bestreitung seines Lebensunterhalts (vgl. AS 92, arg. „F: Wie haben Sie Ihren Lebensunterhalt zuletzt im Bundesgebiet bestritten? Welche finanziellen Mittel hatten Sie? – A: 300-400 Euro durch Gelegenheitsarbeiten bei Freunden. Das war nur auf Flohmarkt. Das war im XXXX Und XXXX Bezirk. Wir sind auch mal bei XXXX gewesen.“) keine weiteren Ermittlungen der belangten Behörde erforderlich gewesen.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer eine unerlaubte Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet ausübte, wurde in der Beschwerde nicht bekämpft und ergibt sich aus dessen Aussagen in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde.

2.3. Die Feststellung, dass Serbien sowie Bosnien und Herzegowina als sichere Herkunftsstaaten gelten, beruht auf § 1 Z 1 und 6 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV). In Serbien oder Bosnien und Herzegowina herrschen keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu den Spruchpunkten I. – III. (Aufenthaltstitel, Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung)

Im gegenständlichen Fall wurde ausdrücklich gegen „die Spruchpunkte IV. und V.“ des angefochtenen Bescheides Beschwerde erhoben und in dieser ausschließlich Vorbringen hinsichtlich der Nicht-Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise, der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde und das erlassene Einreiseverbot erstattet. Damit erwuchsen die Spruchpunkte I. bis III. in Rechtskraft.


3.2. Zu den Spruchpunkten IV. und V. (freiwillige Ausreise und aufschiebende Wirkung):

Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das Bundesamt von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Wie zu Spruchpunkt VI. umfassend dargelegt, war die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers „im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit“ geboten.

Daher war die Beschwerde gegen die Spruchpunkt IV.-V. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides (Einreiseverbot):

3.3.1. Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet auszugsweise:

(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.       wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2.       wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3.       wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4.       wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5.       wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6.       den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7.       bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8.       eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9.       an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

[…]“

3.3.2. Ein Einreiseverbot ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des oder der Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Es ist weiters in Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; vgl auch VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).

In Bezug auf die für ein Einreiseverbot zu treffende Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist - abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Revisionswerbers - darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist. Diese Prognose ist nachvollziehbar zu begründen (VwGH 16.05.2019, Ra 2019/21/0104).

Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (VwGH 20.12.2011, 2011/23/0256; 22.1.2013, 2012/18/0143).

Bei der Bemessung des Einreiseverbotes, kann sich die Behörde nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen zurückziehen, sondern ist insbesondere auch die Intensität der privaten und familiären Bindungen zu Österreich einzubeziehen (VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

3.3.3. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Die belangte Behörde stützte das Einreiseverbot auf die Tatbestände der Z 6 und 7 des § 53 Abs. 2 FPG.

Der Beschwerdeführer ging einer unerlaubten Beschäftigung nach, sodass der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG erfüllt ist und entsprechend der angeführten Judikatur auch bei einmaliger Verwirklichung eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt festgehalten, dass Schwarzarbeit einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung darstelle (vgl. VwGH 04.09.1992, 92/18/0350) und ein großes Interesse an der Verhinderung derselben bestünde (vgl. VwGH 20.12.2013, 2013/21/0047). Der VwGH führte – unter Bezug auf seine eigene Judikatur – ferner aus, dass die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziere, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährde, wobei diese Gefährdungsannahme beim Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt sei (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311).

Aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer über unzureichende Barmittel verfügt, resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel die Annahme einer Gefährdung im Sinn des § 53 Abs. 2 FPG gerechtfertigt ist (VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309).

Darüber hinaus hat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 60 Abs. 2 Z 7 FPG (vor Inkrafttreten des FrÄG 2011) der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl. VwGH 13.09.2012, 2011/23/0156; 22.01.2013, 2012/18/0191).

Ein derartiges Vorbringen hinsichtlich der konkret beabsichtigten Dauer seines Aufenthaltes in der Europäischen Union bzw. dem Europäischen Wirtschaftsraum und der dabei geplanten Bestreitung seines Unterhaltes hat der Beschwerdeführer nicht erstattet und keine entsprechenden Bescheinigungsmittel vorgelegt.

Die belangte Behörde ist daher zutreffend von der Erlassung eines Einreiseverbotes gemäß
§ 53 Abs. 2 Z 6 und 7 FPG ausgegangen.

Bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG 2014 zu prüfen. Das gilt aber nicht nur für die Rückkehrentscheidung und für das in § 9 Abs. 1 BFA-VG 2014 weiters ausdrücklich genannte Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FrPolG 2005, sondern auch für das - nur bei gleichzeitiger Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässige - Einreiseverbot iSd § 53 FrPolG 2005, in dessen Abs. 2 und 3 in Bezug auf die Bemessung der Dauer auch die Abwägung nach Art. 8 MRK angesprochen wird (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).

Der Beschwerdeführer wohnte in Österreich zwar bei seiner Freundin. Sämtliche Familienangehörige des Beschwerdeführers leben aber in Bosnien und Herzegowina. Weitere familiäre, soziale oder berufliche Verbindungen zu Österreich bestehen dagegen nicht.

Dem Beschwerdeführer ist jedenfalls die Aufrechterhaltung des Kontaktes zu seiner in Österreich lebenden Freundin in der vorliegenden Konstellation über elektronische oder sonstige Kommunikationsmittel respektive Besuchen in Serbien, Bosnien und Herzegowina sowie Drittstaaten objektiv wie subjektiv möglich.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich bisher keiner legalen Beschäftigung nachgegangen, hat im Gegenteil zumindest eine illegale Beschäftigung ausgeübt und hielt sich beinahe 6 Jahre unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Er verfügte weder in Österreich noch einem sonstigen Mitgliedsstaat der Europäischen Union über eine Aufenthaltsberechtigung. Von einer maßgeblichen sozialen oder gesellschaftlichen Integration kann somit nicht ausgegangen werden.

Das dargestellte Verhalten des Beschwerdeführers ist jedenfalls Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit massiv zuwidergelaufen.

Der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH vom 31.08.2006, 2006/21/0140), welches – ebenso wie das öffentliche Interesse eines geregelten Arbeitsmarktes – durch das Verhalten des Beschwerdeführers erheblich beeinträchtigt wurde.

Die genannten Umstände rechtfertigten deshalb nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedenfalls die Annahme, dass ein Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet bzw. eine Wiedereinreise des Beschwerdeführers eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.

Die Dauer des Einreiseverbotes von 3 Jahren erweist sich – insbesondere unter Berücksichtigung, dass gemäß § 53 Abs. 2 FPG die Höchstfrist für ein Einreiseverbot fünf Jahre beträgt – im Ergebnis auch als angemessen.

3.3.4. Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids abzuweisen.

3.5. Zum Entfall einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss.

Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung – ungeachtet des Antrages im Beschwerdeschriftsatz – abgesehen werden.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter A) zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

illegale Beschäftigung individuelle Verhältnisse Interessenabwägung mangelnder Anknüpfungspunkt öffentliche Interessen Pandemie Resozialisierung Rückkehrentscheidung Unbescholtenheit Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W123.2244432.1.00

Im RIS seit

17.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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