TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/9 W174 2172645-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.08.2021
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Entscheidungsdatum

09.08.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch


W174 2172645-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Viktoria MUGLI-MASCHEK, als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geboren am XXXX alias XXXX StA. Afghanistan, vertreten durch die BBU-GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.06.2021, Zl. 1094225510/210376094, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 9.11.2015 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am 10.11.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab dieser zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er von den Taliban bedroht worden wäre, weil er Alkoholverkäufer gewesen sei. Die Taliban hätten gesagt, er solle sein Geschäft zusperren und mit dem Mullah vereinbart, dass er entweder sein Geschäft zusperre, oder sonst von den Taliban umgebracht werde.

3. Am 14.9.2017 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt oder belangte Behörde) statt. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer dabei im Wesentlichen an, dass er Wein verkauft habe und ihm vorgeworfen worden sei, die Jugendlichen von der Religion zu entfernen. Deshalb wäre er auch von einem Polizisten gesucht worden, der ihn habe verhaften wollen. Er hätte in seinem Geschäft auch Pakete übernommen, ohne den Inhalt zu kennen. Es habe sich dann herausgestellt, dass diese Pakete für die Taliban bestimmt gewesen seien. Diese hätten auch von ihm verlangt, dass er mit ihnen zusammenarbeiten und Informationen weitergeben solle. Er habe das jedoch nicht gewollt und deshalb Drohungen bekommen.

4. Mit Bescheid vom 18.9.2017, Zl. 1094225510 – 151739368, wies das Bundesamt den ersten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zur Gänze ab (Spruchpunkt I. und II.) und erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe nicht habe glaubhaft machen können. Es drohe dem Beschwerdeführer auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder, arbeitsfähiger Mann, der bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht in eine ausweglose Situation geraten würde. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde.

5. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass die Beweiswürdigung mangelhaft gewesen sei. Die Heimatprovinz des Beschwerdeführers sei volatil. Es bestehe für ihn auch keine innerstaatliche Fluchtalternative, da er weder in Kabul noch in einer anderen Stadt familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte habe. Die allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan habe sich verschlechtert und er verfüge zudem nur über eine vierjährige Schulausbildung sowie keine Fachausbildung, sodass er kein Einkommen erwirtschaften könne.

Mit Schreiben vom 11.2.2019 legte der Beschwerdeführer Unterlagen zu seinem Gesundheitszustand und zu seiner Integration in Österreich vor.

6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 20.2.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

7. Mit Erkenntnis vom 12.8.2019, GZ W251 2172645-1/12E, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab.

Begründend stellte es im Wesentlichen Folgendes fest:

„1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer […] ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Tadschiken an, bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben und spricht Dari als Muttersprache sowie Farsi (AS 3; Verhandlungsprotokoll vom 20.02.2019, OZ 8, S. 6; S 14).

Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz Baghlan in der Stadt Pol-e Khumri geboren und ist dort gemeinsam mit seinen Eltern aufgewachsen. Der Beschwerdeführer hat vier Jahre lang eine Schule besucht. Er kann auf Dari lesen, jedoch nicht schreiben (OZ 8, S. 6, S. 7, S. 14). Der Beschwerdeführer hatte in Afghanistan sechs Jahre lang ein Geschäft geführt, er hat im Iran zwei Jahre lang als Tischler gearbeitet (OZ 8, S. 7, S 14).

Der Beschwerdeführer ist ledig, er hat keine Kinder (OZ 8, S. 6).

Der Beschwerdeführer wurde nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.

Die Eltern des Beschwerdeführers leben noch in der Heimatstadt des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt zu seinen Eltern und zu Freunden in seiner Heimatstadt (OZ 8, S. 8). Die finanzielle Situation seiner Eltern in Afghanistan ist gut, der Vater des Beschwerdeführers verfügt zudem über Grundstücke in Afghanistan (OZ 8, S. 9, S. 14).

Der Beschwerdeführer ist unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und hält sich seit zumindest November 2015 durchgehend in Österreich auf (AS 3, AS 5). Er ist in Österreich aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG durchgehend rechtmäßig aufhältig.

Der Beschwerdeführer hat Deutschkurse auf dem Niveau A0, A1 und A2 besucht, er hat jedoch keine Prüfung abgelegt und verfügt nur über geringe Deutschkenntnisse (OZ 8, S. 9f). Der Beschwerdeführer hat an einem Werte- und Orientierungskurs des österreichischen Integrationsfonds teilgenommen (OZ 7).

Der Beschwerdeführer lebt in Österreich von der Grundversorgung. Er geht in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach, ist nicht selbsterhaltungsfähig und am Arbeitsmarkt nicht integriert. Der Beschwerdeführer geht keiner ehrenamtlichen Arbeit nach, er hilft jedoch bei Bedarf seinen Nachbarn (OZ 8, S. 10). Der Beschwerdeführer ist nicht Mitglied in einem Verein, bis auf Deutschkurse und einen Werte- und Orientierungskurs hat der Beschwerdeführer keine weiteren Kurse oder eine Schule in Österreich besucht (OZ 8, S. 11). Der Beschwerdeführer konnte in Österreich freundschaftliche Kontakte in der Nachbarschaft bzw. in Nachbardörfern knüpfen. Der Beschwerdeführer verfügt jedoch weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen (Ehefrau, Kinder, etc.) in Österreich (OZ 8, S. 11).

Der Beschwerdeführer ist anpassungsfähig und kann einer regelmäßigen Arbeit nachgehen (OZ 8, S. 10).

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten. Er hat sich einmal den Rücken verrissen, und nimmt Schmerzmittel. Derzeit hat er – bis auf Schmerzen in seinem Bein bzw. Rücken – keine gesundheitlichen Beschwerden (OZ 8, S. 12).

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Beilage ./I).

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.

1.2.1 Weder der Beschwerdeführer noch seine Familie wurden in Afghanistan jemals von den Taliban oder von anderen Personen aufgesucht oder von diesen bedroht. Der Beschwerdeführer wurden von den Taliban nicht aufgefordert für diese zu arbeiten oder diese zu unterstützen, er hat von den Taliban auch keine Pakete entgegen genommen.

Der Beschwerdeführer hat in Afghanistan keinen Alkohol verkauft. Der Beschwerdeführer wird weder von der Polizei noch von den Dorfältesten in Afghanistan gesucht.

Der Beschwerdeführer hat Afghanistan weder aus Furcht vor Eingriffen in die körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan droht dem Beschwerdeführer individuell und konkret weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Mitglieder der Taliban oder durch andere Personen.

1.2.2. Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines in Österreich ausgeübten Lebensstils oder seinem Aufenthalt in einem europäischen Land in Afghanistan psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer könnte bei einer Rückkehr in die Provinz Baghlan aufgrund der dort herrschenden allgemeinen schlechten Sicherheitslage ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

Die Wohnraum- und Versorgungslage ist in Mazar-e Sharif und Herat sehr angespannt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Mazar-e Sharif und Herat kann der Beschwerdeführer jedoch grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen und in Mazar-e Sharif und Herat einer Arbeit nachgehen und sich selber erhalten.

Der Beschwerdeführer kann zudem von seiner Familie bei einer Rückkehr nach Afghanistan finanziell unterstützt werden. Der Beschwerdeführer kann Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif oder in der Stadt Herat Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

[…]“

8. In weiterer Folge reiste der Beschwerdeführer nach Frankreich und brachte dort am 24.9.2019 abermals einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz ein.

9. Am 18.3.2021 wurde er nach Österreich rücküberstellt und stellte einen (dritten) Folgeantrag auf internationalen Schutz.

10. Im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag begründete er seinen Folgeantrag damit, dass seine alten Fluchtgründe aufrecht blieben. Sein Verfahren sei im Herbst 2019 negativ entschieden worden und man habe ihn nach Afghanistan abschieben wollen. Zu diesem Zeitpunkt sei er aber schon in Frankreich gewesen und habe dort einen Asylantrag gestellt, um sich der Abschiebung zu entziehen. Die französischen Behörden hätten ihn zurückgeschoben und er stelle hier einen Folgeantrag, weil sein Leben in Afghanistan in Gefahr sei. Dies seien alle seine Fluchtgründe, andere Gründe habe er nicht.

11. Am 11.6.2021 wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde zu seinem Folgeantrag niederschriftlich einvernommen und erklärte im Wesentlichen zunächst, gesund zu sein und nicht dauerhaft Medikamente zu nehmen, sondern nur Schmerztabletten, wenn er Rückenschmerzen habe. Er könne jederzeit arbeiten.

Der Beschwerdeführer könne lesen und schreiben, habe aber nur vier Jahre die Schule besucht.

Einen Reisepass habe er nie besessen, die Tazkira in Österreich verloren. Im Jahr 2006 sei er 19 Jahre alt geworden. Vorgehalten, er habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2019 erklärt, 23 Jahre alt zu sein, erwiderte der Beschwerdeführer, er hätte dort seine Tazkira nicht dabeigehabt, sich ein Duplikat ausstellen lassen und in dem sei das so gestanden. Das Duplikat habe ihm der Sohn seiner Tante mütterlicherseits ausstellen lassen, dieser lebe in Afghanistan, in der Provinz Parwan. Weiters betonte der Beschwerdeführer, dass der in der Tazkira angegebene Vorname falsch sei.

Im Bundesgebiet befinde sich der Beschwerdeführer in der Grundversorgung, sei nicht Mitglied in einem Verein und habe keine Verwandten oder sonstige soziale oder private Bindungen.

Deutsch spreche er ein wenig, ihm wurden Fragen auf Deutsch gestellt, die er in gebrochenem Deutsch beantwortete.

Wie bisher gab der Beschwerdeführer an, sunnitischer Moslem zu sein und der Volksgruppe der Tadschiken anzugehören. Er sei ledig, kinderlos und stamme aus Pol-e Khumri in der Provinz Baghlan.

In seinem Heimatland lebe noch seine Mutter, der Vater wäre vor zwei Wochen verstorben. Zwei Verwandte seien getötet worden und als der Vater davon gehört habe, habe er einen Schlaganfall bekommen. Es gebe drei Onkel väterlicherseits, die in „unserer“ Gegend (gemeint also der Gegend des Beschwerdeführers) lebten. Ein Onkel mütterlicherseits wohne in Sarlang. Zudem gebe es eine Halbtante mütterlicherseits und eine Tante väterlicherseits in seinem Heimatdistrikt. Jede Woche telefoniere der Beschwerdeführer mit seiner Mutter, die derzeit von seinem Onkel väterlicherseits versorgt werde. Ausdrücklich erklärte der Beschwerdeführer, dass seine Familie wohlhabend sei.

In seiner Heimat habe er als Verkäufer und auch als Tankwart gearbeitet, im Iran ungefähr zwei Jahre als Tischler. In Frankreich habe er lange auf der Straße gelebt, bevor in einer Asylunterkunft gewesen sei. Gearbeitet habe er dort nichts.

Er habe deshalb in Frankreich einen anderen Namen und ein anderes Geburtsdatum angegeben, damit man ihn nicht nach Österreich abschiebe.

Seinen Folgeantrag begründete der Beschwerdeführer damit, dass die Sicherheitslage schlecht sei und er mehrere Verwandte verloren hätte. Beide, der Neffe seines Vaters und der Enkel des Bruders seines Vaters hätten bei der Regierung gearbeitet und seien wegen ihrer Tätigkeit getötet worden.

Eigentlich seien seine damaligen Gründe aus dem ersten Verfahren seine Probleme, diese würden stimmen und wären auch der Grund, weswegen er nicht mehr zurückkönne und er dann nach Frankreich geflüchtet sei. Dies sei alles.

Ausdrücklich bestätigte der Beschwerdeführer, dass es keine neuen Gründe gebe, die einen internationalen Schutz begründen könnten. Die einzige Änderung sei sein Geburtsdatum. Bei einer Rückkehr fürchte er, wegen seines Alkoholverkaufs getötet zu werden. Gegen eine Rückkehr nach Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif spreche, dass er wegen des Alkohols von der Regierung und den Taliban verfolgt werde. Somit könne er nirgendwo hin. Vorgehalten, ihm sei von der Regierung eine Tazkira ausgestellt worden, obwohl er bereits verfolgt worden sein wolle, antwortete der Beschwerdeführer, das werde nicht überprüft. Trotzdem fürchte er sich vor den Taliban, aber auch vor der Regierung.

Auf die Rückkehrhilfe hingewiesen äußerte sich der Beschwerdeführer ausdrücklich dahingehend, dass er nicht zurückkönne und gab dazu wörtlich an: „Wir haben genug Geld. Ich brauche kein Geld.“

12. Mit dem gegenständlichen im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 24.9.2019 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat abgewiesen (Spruchpunkt II). Unter Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für seine freiwillige Ausreise mit 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.) festgesetzt.

Begründend stellte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes fest:

„Sie sind afghanischer Staatsangehöriger, gehören der Volksgruppe der Tadschiken an.

Sie sind sunnitischer Moslem.

Sie sprechen Dari, Farsi sowie ein wenig Deutsch.

Sie stammen aus der Provinz Baghlan in Afghanistan und haben den Großteil Ihres Lebens dort verbracht.

Sie haben Berufserfahrungen im Bereich der als Verkäufer sowie als Tischler.

Sie sind voll arbeitsfähig.

Sie sind ledig und haben keine Kinder.

Sie leiden an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung.

Sie sind 25 Jahre alt und nicht immungeschwächt.

Sie gehören nicht zu einer besonders gefährdeten Personengruppe des COVID 19.

Sie haben Verwandte im Heimatland und Kontakt zu diesen.

Sie sind mit den Gebräuchen und Gepflogenheiten der afghanischen Kultur vertraut.

Sie überzeugen mit Ihrer Flexibilität sowie Aufgeschlossenheit.

Sie stellen sich in Österreich als eine Person mit einer raschen Auffassungsgabe dar.

Sie sind anpassungsfähig sowie anpassungswillig.

Sie gehören zu einer am Arbeitsmarkt in Afghanistan gesuchten Gruppe.

Sie sind weder geduldet noch Zeuge, oder gar Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandels.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass besondere Umstände zur Regelung Ihrer persönlichen Verhältnisse im Falle Ihrer Rückkehr zu berücksichtigen sind.

Zu Ihrem Vorverfahren:

Ihr erster Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des BFA vom 18.09.2017 negativ entschieden und damit einhergehend eine Rückkehrentscheidung erlassen.

Die Entscheidung des BFA wurde durch das BVwG mit Erkenntnis vom 12.08.2019 bestätigt und erwuchs in Rechtskraft.

Zu den Gründen für Ihren neuen Antrag auf internationalen Schutz und Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Den Folgeantrag vom 24.09.2019 begründeten Sie damit, dass Ihre im Erstverfahren vorgebrachten Gründe nach wie vor aufrecht wären und aus diesem Grund Ihr Leben in Afghanistan in Gefahr sein soll. Weitere Änderungen oder eine neue Gefährdungslage haben Sie nicht vorgebracht.

Eine aktuelle bzw. individuelle Furcht vor Verfolgung in Afghanistan konnten Sie nicht glaubhaft machen.

Es liegt in Ihrem Fall eine allgemeine Gefährdungslage in Bezug auf Ihre unmittelbare Herkunftsprovinz Baghlan, jedoch nicht für gesamt Afghanistan allgemein vor.

In Ihrem Fall besteht nun eine taugliche innerstaatliche Fluchtalternative. Sie können Ihren Lebensunterhalt zusätzlich in Mazar-e-Sharif oder Herat bestreiten und würden ebendort Arbeitsmöglichkeiten vorfinden.“

13. Dagegen wurde rechtzeitig Beschwerde in vollem Umfang erhoben.

Begründet wurde diese im Wesentlichen damit, die belangte Behörde habe angeführt, dass der Beschwerdeführer im nunmehrigen Asylverfahren keine neuen Gründe für seinen Asylantrag vorgebracht habe. Jedoch hätte er sowohl in seiner Erstbefragung als auch in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt angegeben, dass er nicht nach Afghanistan zurückkehren könne, weil sich die Sicherheitslage verschlechtert habe und für ihn im Fall seiner Rückkehr Lebensgefahr aufgrund seiner Tätigkeit als Alkoholverkäufer bestehe und dies sowohl seitens der Regierung als auch der Taliban. Der Beschwerdeführer halte seine Aussagen zu seinen Fluchtgründen, die er in der Einvernahme vor der Behörde am 11.6.2021 gemacht habe, aufrecht.

Bezüglich der Zuerkennung subsidiären Schutzes wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Gewalt durch die Taliban seit der Ankündigung des Abzugs der US-Truppen deutlich zugenommen habe, wie auch im Länderinformationsblatt vom 11.6.2021 ausgeführt werde. Bezüglich der Versorgungslage in Herat wurde auf eine ACCORD- Anfragebeantwortung vom April 2020 verwiesen.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Auf Grundlage der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungs- und Gerichtsakten des Beschwerdeführers (insbesondere auch zu seinem Vorverfahren), der Einsichtnahmen in das Grundversorgungs-Informationssystem und in das Strafregister werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zum Verfahrensgang:

Der Ablauf des Verfahrensganges wird festgestellt, wie er unter Punkt I. wiedergegeben ist.

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers und seinen privaten und familiären Verhältnissen:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Tadschiken sowie dem muslimisch-sunnitischen Glauben an. Seine Muttersprache ist Dari, er spricht auch Farsi. Er ist ledig und kinderlos.

Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz Baghlan in Pol-e Khumri geboren und ist dort gemeinsam mit seinen Eltern aufgewachsen. Der Beschwerdeführer hat vier Jahre lang eine Schule besucht. Der Beschwerdeführer hatte in Afghanistan sechs Jahre lang ein Geschäft geführt und ist auch Tankwart gewesen; er hat im Iran zwei Jahre lang als Tischler gearbeitet.

Der Beschwerdeführer ist nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.

Die Mutter des Beschwerdeführers lebt in der Heimatregion und wird vom Onkel väterlicherseits versorgt. Zudem gibt es noch mehrere Onkel und Tanten in der Heimat. Die Familie ist wohlhabend. Der Beschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt zu seiner Mutter.

Der Beschwerdeführer ist volljährig, jung, anpassungsfähig und kann einer regelmäßigen Arbeit nachgehen.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten. Er hat sich einmal den Rücken verrissen, und nimmt deswegen manchmal Schmerzmittel. Ansonsten ist er gesund. Er gehört keiner Covid 19-Risikogruppe an.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer hat bereits vor Beendigung des Vorverfahrens Deutschkurse auf dem Niveau A0, A1 und A2 besucht und an einem Werte- und Orientierungskurs des österreichischen Integrationsfonds teilgenommen. Er hat jedoch keine Prüfungen abgelegt und verfügt nur über gebrochene Deutschkenntnisse.

Der Beschwerdeführer lebt in Österreich von der Grundversorgung. Er geht in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach, ist nicht selbsterhaltungsfähig und am Arbeitsmarkt nicht integriert. Der Beschwerdeführer geht keiner ehrenamtlichen Arbeit nach, er half jedoch vor seiner Ausreise nach Frankreich bei Bedarf seinen Nachbarn. Der Beschwerdeführer ist nicht Mitglied in einem Verein, bis auf Deutschkurse und einen Werte- und Orientierungskurs hat der Beschwerdeführer keine weiteren Kurse oder eine Schule in Österreich besucht. Der Beschwerdeführer konnte vor seiner Ausreise nach Frankreich in Österreich freundschaftliche Kontakte in der Nachbarschaft bzw. in Nachbardörfern knüpfen. Der Beschwerdeführer verfügt hier jedoch weder über Verwandte, noch über sonstige enge soziale Bindungen (Ehefrau, Kinder, etc.).

Seit der rechtskräftigen Vorentscheidung hat sich die Integration des Beschwerdeführers nicht verfestigt, zumal er nach Erlassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.8.2019 nach Frankreich ausreiste, dort unter einer Aliasidentität am 24.9.2019 einen weiteren Asylantrag stellte und sich bis zu seiner Rückstellung am 18.3.2021 dort aufhielt.

1.3. Zu den Fluchtgründen:

Eine maßgebliche Änderung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den ersten Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers kann ebensowenig festgestellt werden, wie eine maßgebliche Änderung der vom Beschwerdeführer bereits im Erstverfahren vorgebrachten Fluchtgründe.

1.4.    Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer könnte bei einer Rückkehr in die Provinz Baghlan aufgrund der dort herrschenden allgemeinen schlechten Sicherheitslage ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

Die Wohnraum- und Versorgungslage ist in Mazar-e Sharif und Herat sehr angespannt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und zum Beispiel einer Ansiedelung in der Stadt Mazar-e Sharif und Herat kann der Beschwerdeführer jedoch nach wie vor grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen und in Mazar-e Sharif und Herat einer Arbeit nachgehen und sich selber erhalten.

Der Beschwerdeführer kann zudem von seiner Familie bei einer Rückkehr nach Afghanistan finanziell unterstützt werden. Mehrfach betonte er in seiner Einvernahme vom 11.6.2021, dass seine in der Heimat aufhältige Familie wohlhaben ist. Er steht mit seinen Angehörigen in regelmäßigem Kontakt. Der Beschwerdeführer kann auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif oder in der Stadt Herat Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

1.5.    Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat

Das in der Beschwerde zitierte Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Version 4, Stand 11.6.2021, stellt einen integrierten Bestandteil dieses Erkenntnisses dar und wird als Feststellung zur Lage im Herkunftsstaat herangezogen.

Die weiteren in der Beschwerde zitierten Quellen sind in das Länderinformationsblatt eingeflossen bzw. älteren Datums und durch die neueren Feststellungen überholt.

2.       Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte sowie festgestellte Verfahrensgang ergibt sich aus den unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalten der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes und der Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Verfahren auf Grund des ersten Antrags des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 9.11.2015 sowie des gegenständlichen Folgeantrags.

2.2.    Zur Person des Beschwerdeführers und seinen privaten und familiären Verhältnissen:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, zu seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Religion, seiner Muttersprache, seinem Lebenslauf, seinem Aufwachsen sowie seiner familiären Situation, seiner Schulbildung und seiner Berufserfahrung gründen sich auf seine diesbezüglich stringenten und somit schlüssigen Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen in den Verfahren bisher gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Anzumerken ist, dass der Beschwerdeführer vor der Behörde am 11.6.2021 angab, sein Vater wäre zwei Wochen zuvor verstorben, die Mutter werde nun vom Onkel versorgt und die Familie sei wohlhabend. Auch gegen Ende der Einvernahme betonte er nochmals, er brauche kein Geld, sie hätten genug davon.

Die Feststellung zur Sozialisierung des Beschwerdeführers nach den afghanischen Gepflogenheiten ergibt sich daraus, dass er in Afghanistan mit seiner afghanischen Familie aufgewachsen ist, dort vier Jahre die Schule besuchte, ein Geschäft hatte und auch als Tankwart tätig war. Zudem räumte er am 11.6.2021 ein, er könne in seiner Muttersprache sowohl lesen als auch schreiben.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand basieren auf den diesbezüglich einheitlichen und glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers sowie den im Vorverfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen.

Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich, insbesondere zu seinen Deutschkenntnissen, seinen (fehlenden) verwandtschaftlichen und maßgeblichen sozialen Anknüpfungspunkten und seiner Integration in Österreich, stützen sich auf die Aktenlage, auf die Angaben des Beschwerdeführers in den Verfahren – vor allem im Verfahren zum gegenständlichen Folgeantrag in der Einvernahme am 11.6.2021 – und auf die im Vorverfahren vorgelegten Unterlagen und Bestätigungen.

2.3.    Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Dass eine maßgebliche Änderung der vom Beschwerdeführer bereits im vorangegangenen Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe nicht festgestellt werden kann, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren. Schon in seiner Erstbefragung am 18.3.2021 gab der Beschwerdeführer an, dass seine alten Fluchtgründe aufrecht blieben. Sein Verfahren sei im Herbst 2019 negativ entschieden worden und man habe ihn nach Afghanistan abschieben wollen. Zu diesem Zeitpunkt sei er aber schon in Frankreich gewesen und habe dort einen Asylantrag gestellt, um sich der Abschiebung zu entziehen. Die französischen Behörden hätten ihn zurückgeschoben und er stelle hier einen Folgeantrag, weil sein Leben in Afghanistan in Gefahr sei. Dies seien alle seine Fluchtgründe, andere Gründe habe er nicht.

In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 11.6.2021 gab der Beschwerdeführer dann erneut konkret an, dass die Sicherheitslage schlecht sei und führte – lediglich im Zusammenhang mit der vorgebrachten schlechten Sicherheitslage – aus, dass er mehrere Verwandte verloren habe. Beide, der Neffe seines Vaters und der Enkel des Bruders seines Vaters, hätten bei der Regierung gearbeitet und seien wegen ihrer Tätigkeit getötet worden. Eine neue persönliche Bedrohung gegen ihn selbst brachte er aber diesbezüglich nicht vor, sondern erklärte ausdrücklich, eigentlich seien seine damaligen Gründe aus dem ersten Verfahren seine Probleme. Diese würden stimmen und seien auch der Grund, weswegen er nicht mehr zurückkönne und er dann nach Frankreich geflüchtet sei. Dies sei alles.

Ausdrücklich bestätigte der Beschwerdeführer, dass es keine neuen Gründe gebe, die einen internationalen Schutz begründen könnten. Die einzige Änderung sei sein Geburtsdatum. Bei einer Rückkehr fürchte er, wegen seines Alkoholverkaufs getötet zu werden. Gegen eine Rückkehr nach Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif spreche, dass er wegen des Alkohols von der Regierung und den Taliban verfolgt werde. Somit könne er nirgendwo hin. Auch in der Beschwerde wurde lediglich eine persönliche Bedrohung wegen dieses angeblichen Alkoholverkaufs behauptet und in diesem Zusammenhang bzw. im Zusammenhang mit der allgemeinen Rückkehrsituation auf eine verschlechterte Sicherheitslage verwiesen.

Beim persönlichen Fluchtgrund handelt es sich jedoch genau um eines der Fluchtvorbringen, die im Vorerkenntnis vom 12.8.2019 rechtskräftig als unglaubwürdig festgestellt wurden. Der Beschwerdeführer brachte im gegenständlichen Verfahren somit zu seiner Bedrohung im Herkunftsstaat keinen wesentlich geänderten Sachverhalt vor. Vielmehr wird zur Begründung des Folgeantrages dieselbe Bedrohung wie im Vorverfahren behauptet. Damit macht der Beschwerdeführer aber kein neues Vorbringen geltend, das einer neuerlichen inhaltlichen Überprüfung unterzogen werden müsste.

2.4.    Zur Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

2.4.1. Die Feststellungen zu den Folgen einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seine ursprüngliche Herkunftsprovinz ergeben sich aus den oben angeführten Länderberichten.

Die Feststellungen zur Rückkehrhilfe ergeben sich aus den Länderberichten.

Die Feststellung zur Anpassungsfähigkeit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich daraus, dass er sowohl in der Heimat als auch im Iran gearbeitet hat. Auch findet er sich in Österreich an sich zu Recht, ebenso während seines Aufenthaltes in Frankreich, und betonte selbst ausdrücklich vor der Behörde am 11.6.2021, er könne arbeiten. Es sind im Verfahren keine Umstände hervorgekommen, die gegen eine grundsätzliche Anpassungsfähigkeit oder gegen eine Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers sprechen.

2.4.2. Die Feststellungen zu den Folgen einer Ansiedlung des Beschwerdeführers in den Städten Herat bzw. Mazar-e Sharif, ergeben sich – unter Berücksichtigung der von UNHCR und EASO aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan – aus den oben angeführten Länderberichten und aus den Angaben des Beschwerdeführers. Die Feststellung zur Prognose, dass sich der Beschwerdeführer in den Städten Herat bzw. Mazar-e Sharif eine Existenz aufbauen kann, ergibt sich aus nachfolgenden Erwägungen:

Aus den Länderinformationen wird ersichtlich, dass diese Städte als relativ sicher gelten und nach wie vor unter der Kontrolle der Regierung stehen. Sie sind auch sicher erreichbar und die Versorgung der Bevölkerung ist in diesen Städten trotz der derzeit schlechter werdenden Bedingungen grundlegend gesichert.

Der Beschwerdeführer verbrachte den Großteil seines Lebens in Afghanistan, besuchte dort vier Jahre die Schule und räumte zuletzt auch ein, in seiner Muttersprache Dari sowohl lesen als auch schreiben zu können. Er wuchs im afghanischen Familienverband auf und verfügt über eine mehrjährige heimatliche Berufserfahrung als Verkäufer – wobei er selbst ein Geschäft leitete – und auch als Tankwart arbeitete. Zudem arbeitete er im Iran zwei Jahre als Tischler. Der Beschwerdeführer ist nach der afghanischen Kultur und den afghanischen Gepflogenheiten sozialisiert worden. Er kann sich daher in den Städten Herat bzw. Mazar-e Sharif grundsätzlich zurechtfinden.

Der Beschwerdeführer ist im erwerbsfähigen Alter, gesund, volljährig, alleinstehend, anpassungsfähig und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer hat keine Sorgepflichten. Zudem kann er auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. Ausdrücklich erklärte er mehrfach vor der Behörde, dass seine Familie, zu der er regelmäßig Kontakt hält, wohlhabend ist. Er gab ausdrücklich an kein Geld im Falle der Rückkehr zu benötigen, mit anderen Worten die Familie des Beschwerdeführers kann ihn er unterstützten.

Das Bundesverwaltungsgericht geht daher auf Grund dieser Umstände auch unter Berücksichtigung der zurzeit herrschenden, pandemiebedingt erschwerten, wirtschaftlichen Bedingungen davon aus, dass sich der Beschwerdeführer nach anfänglichen Schwierigkeiten (auch) in Herat bzw. Mazar-e Sharif niederlassen und sich dort eine Existenz ohne unbillige Härte aufbauen kann (vgl. VwGH 21.10.2020, Ra 2020/19/0349-6).

2.5.    Zur Situation im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Länderberichte. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche bieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der herangezogenen Länderinformationen zu zweifeln. Die den Feststellungen zugrundeliegenden Länderberichte sind in Bezug auf die Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan aktuell. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich durch Einsichtnahme in die jeweils verfügbaren Quellen (u.a. laufende Aktualisierung des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation) davon versichert, dass zwischen dem Stichtag der herangezogenen Berichte und dem Entscheidungszeitpunkt keine wesentliche Veränderung der Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan eingetreten ist.

3.       Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und verfahrensrechtliche Grundlagen:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, liegt gegenständlich die Zuständigkeit der nach der geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts zuständigen Einzelrichterin vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte ist mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts durch das Verwaltungsgerichtsverfahrens (VwGVG) geregelt. Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG idgF bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zweck des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG idgF sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 7 Abs 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß §§ 16 Abs 6 und 18 Abs 7 BFA-VG idgF sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

3.2. Zu Spruchpunkt A)

3.2.1.  Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides – Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz in Bezug auf den Status des Asylberechtigten:

3.2.1.1. § 68 Abs.1 AVG lautet:

„Abänderung und Behebung von Amts wegen

§ 68.
(1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.“

3.2.1.2. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind demnach Anbringen von Beteiligten, die außer in den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).

Infolge des in § 17 VwGVG normierten Ausschlusses der Anwendbarkeit des 4. Hauptstücks des AVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, welcher auch die in § 68 Abs. 1 AVG normierte Zurückweisung wegen entschiedener Sache umfasst, kommt eine unmittelbare Zurückweisung einer Angelegenheit aufgrund der genannten Bestimmung durch das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich nicht in Betracht. Davon unberührt bleibt, dass das Verwaltungsgericht im Verfahren über Bescheidbeschwerden zur Überprüfung der rechtmäßigen Anwendung von § 68 AVG in Bescheiden durch die Verwaltungsbehörde berufen ist (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K10.; vgl. auch VfSlg. 19.882/2014).

Gemäß § 75 Abs. 4 AsylG 2005 begründen ab- oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).

„Entschiedene Sache“ iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235).

Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Daher können im Folgeantragsverfahren – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (vgl. VwGH 03.04.2019, Ra 2019/20/0104). Demnach sind behauptete Tatsachen, die bereits zur Zeit des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die der Asylwerber jedoch nicht bereits im ersten Asylverfahren vorgebracht hat, von der Rechtskraft der über den Erstantrag absprechenden Entscheidung erfasst (vgl. VwGH 28.08.2019, Ra 2019/14/0091, mwN).

Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrags auf Grund geänderten Sachverhalts hat –abgesehen von allgemein bekannte Tatsachen, die dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen sind (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321) – im Beschwerdeverfahren nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen. Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG somit nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH 18.09.2019, Ra 2019/18/0263, mwN).

Im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG liegen verschiedene „Sachen“ vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern. Bei wiederholten Anträgen auf internationalen Schutz kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung – nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen nach § 28 AsylG – berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht.

In Beschwerdeverfahren über zurückweisende Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG ist „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags auf internationalen Schutz durch die erstinstanzliche Behörde gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgt ist, ob die Behörde also auf Grundlage des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist.

Gelangt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Behörde nicht von entschiedener Sache hätte ausgehen dürfen, sondern aufgrund des Vorliegens neuer Sachverhaltselemente eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz hätte durchführen müssen, hat es den zurückweisenden Bescheid auf Grundlage des für zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren anzuwendenden § 21 Abs. 3 BFA-VG zu beheben, wodurch das Verfahren vor der Behörde zugelassen ist und eine neuerliche Zurückweisung des Antrages gemäß § 68 AVG unzulässig wird. Hingegen ist dem Bundesverwaltungsgericht ein inhaltlicher Abspruch über den zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz in einem Beschwerdeverfahren über einen zurückweisenden Bescheid nach § 68 AVG verwehrt, weil diesfalls die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten würde (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K11., K17.).

Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage stützen dürfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhalts nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können im Rechtsmittelverfahren nicht neu geltend gemacht werden (s. zB VwSlg. 5642A; VwGH 23.05.1995, 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. VwSlg. 12799 A).

Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, 92/12/0127; 23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.01.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162; 10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, 1202/58; 03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung – obgleich auch diese Möglichkeit besteht – nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH 21.3.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH 18.6.2014, Ra 2014/01/0029, mwN) und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, in dem weitere von der Rechtsprechung entwickelte Rechtssätze zu § 68 AVG, insbesondere mit Beziehung auf das Asylverfahren, wiedergegebenen werden, und daran anschließend VwGH vom 20.03.2003, Zl. 99/20/0480 mwN; 25.04.2002, 2000/07/0235; 04.11.2004, Zl. 2002/20/0391, 15.03.2006, Zl. 2006/18/0020; 25.04.2007, Zl. 2005/20/0300 und 2004/20/0100); 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).

Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH vom 24.6.2014, Ra 2014/19/0018, mwN).

Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN). Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die – falls feststellbar – zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann.

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein „Fortbestehen und Weiterwirken“ behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem solchen Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321).

Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise – für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status – auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U 1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).

"Sache" des vorliegenden Beschwerdeverfahrens im Sinne des § 28 Abs. 2 VwGVG ist somit lediglich die Frage, ob die Zurückweisung des neuerlichen verfahrenseinleitenden Antrages auf internationalen Schutz durch das Bundesamt gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgte. Das Bundesverwaltungsgericht hat dabei zu prüfen, ob die belangte Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (vgl. VwGH 18.09.2019, Ra 2019/18/0263, mwN).

3.2.1.3. Der Beschwerdeführer begründete seinen ersten Asylantrag damit, dass er von den Taliban bedroht worden wäre, weil er Alkoholverkäufer gewesen sei. Deshalb wäre er auch von einem Polizisten gesucht worden, der ihn habe verhaften wollen. Er hätte in seinem Geschäft auch Pakete übernommen, ohne den Inhalt zu kennen. Es habe sich dann herausgestellt, dass diese Pakete für die Taliban bestimmt gewesen seien. Diese hätten auch von ihm verlangt, dass er mit ihnen zusammenarbeiten und Informationen weitergeben solle. Er habe das jedoch nicht gewollt und deshalb Drohungen bekommen.

In den Befragungen zu seinem gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gab der Beschwerdeführer zu seinen persönlichen Fluchtgründen im Wesentlichen an, dass seine alten Fluchtgründe aufrecht blieben. Es seien seine damaligen Gründe aus dem ersten Verfahren seine Probleme, diese würden stimmen und wären auch der Grund, weswegen er nicht mehr zurückkönne und er dann nach Frankreich geflüchtet sei. Dies sei alles. Ausdrücklich bestätigte der Beschwerdeführer, dass es keine neuen Gründe gebe, die einen internationalen Schutz begründen könnten.

Damit behauptet der Beschwerdeführer keinen neuen Sachverhalt im Sinne der dargelegten Judikatur, sondern macht denselben Fluchtgrund, unter Bekräftigung des im ersten Verfahren angeführten Sachverhalts geltend. Der Beschwerdeführer behauptet bloß ein „Fortbestehen und Weiterwirken“ (vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480) des schon im ersten Asylverfahren erstatteten Vorbringens und beabsichtigt im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung seines mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.8.2019 rechtskräftig abgewiesenen Antrages auf internationalen Schutz (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321). Die zuständige Richterin sieht keinerlei Grund, von der Einschätzung in dieser rechtskräftigen Entscheidung abzuweichen, dass nämlich der Beschwerdeführer in Afghanistan keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt ist. Im Übrigen wird auch in der Beschwerde nicht bestritten, dass der Beschwerdeführer kein neues Vorbringen erstattete.

Das Gesamtvorbringen des Beschwerdeführers lässt sich somit auf jenes Maß reduzieren, über welches bereits mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.8.2019 rechtskräftig entschieden wurde.

3.2.2. Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides – Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten:

3.2.2.1. § 8 AsylG lautet auszugsweise:

„Status des subsidiär Schutzberechtigten

§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1.       der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2.       dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

…“

3.2.2.2. Gemäß Art. 2 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention betreffen die Abschaffung der Todesstrafe.

Der (vormalige) § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 verwies auf § 57 Fremdengesetz (FrG), BGBl. I Nr. 75/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002, wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung verletzt würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum vormaligen § 57 FrG - welche in wesentlichen Teilen auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu übertragen sein wird - ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, dass eine konkrete, den Berufungswerber (nunmehr: Beschwerdeführer) betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028).

§ 8 Abs. 1 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Herkunftsstaat des Antragsstellers. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 ist ein Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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