Entscheidungsdatum
09.08.2021Norm
AsylG 2005 §10Spruch
L514 2124336-3/67E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. KLOIBMÜLLER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.09.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23.10.2020, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:
„Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 08.08.2017 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.“
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte während einer fremdenpolizeilichen Kontrolle am XXXX 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 04.07.2015 brachte er im Wesentlichen vor, er sei Araber und Schiit. Er sei neun Jahre zur Schule gegangen und habe zuletzt als Bauarbeiter gearbeitet. Er sei ledig und habe keine Kinder. Seine Familie (Eltern, ein Bruder, drei Schwestern) würde nach wie vor in seiner Heimatstadt XXXX im Irak leben. Den Irak habe er legal mit einem Flugzeug verlassen.
Hinsichtlich seines Ausreisegrundes gab der Beschwerdeführer an, dass er als Schiit von schiitischen Milizen aufgefordert worden sei, mit ihnen gegen andere Volksgruppen im Irak zu kämpfen. Er wolle keine Menschen töten und in Frieden leben, weshalb er ausgereist sei.
Im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 29.02.2016 brachte der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Fluchtgründe zusammengefasst vor, dass öfters Personen der Partei „HASD EL SHAABI“ zu ihm gekommen seien und zu ihm sowie zu anderen gesagt hätten, dass sie kämpfen müssten. Die Personen hätten gesagt, im Namen der Religion und weil sie Schiiten seien, müssten sie kämpfen, weil XXXX in Gefahr sei. Manche seiner Freunde seien mitgegangen und dann gestorben. Der Beschwerdeführer habe mehrmals abgelehnt. Sogar ein Scheich sei zu ihm gekommen und habe ihn gebeten, für XXXX zu kämpfen. Fünf Tage lang habe er abgelehnt. Dann seien eines Tages nach der Arbeit Personen in einem Auto zu ihm gekommen und hätten ihn aufgefordert, sie zu begleiten. Sie hätten ihn mitgenommen, zu einer Landwirtschaft, XXXX , gebracht und ihn mit Holzbrettern und einem Metallstück geschlagen. Man sehe dies auf seinem Körper; die Schulter sei gebrochen gewesen. Diese Landwirtschaft habe sich etwa acht Kilometer außerhalb der Stadt befunden und dort sei er etwa vier Stunden lang angehalten worden. Im Anschluss sei ihm erlaubt worden zurückzufahren und sich zu erholen; nach vier Tagen würden sie ihn jedoch wieder holen. Der Beschwerdeführer sei in der Folge zu seinen Verwandten gefahren und sei dort etwa 15 Tage lang geblieben. Ins Krankenhaus sei er aus Angst nicht gefahren, bei den Verwandten habe ihn jedoch ein Arzt besucht. Er sei mehrmals bedroht worden; das erste Mal sei am XXXX 2015 gewesen. Insgesamt Fünf Mal seien diese Personen zu ihm gekommen. Beim letzten Mal, als er geschlagen worden sei, sei es eine Bedrohung gewesen, die anderen Male sei es keine Bedrohung gewesen. Am XXXX 2015 sei er von den Personen im Auto mitgenommen worden. Sein Bruder habe keine Probleme, da er verheiratet sei und nur die Ledigen kämpfen sollten.
2. Mit Bescheid des BFA vom 21.03.2016, Zl. XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt IV.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorbringen bezüglich der Ausreisegründe als gänzlich unglaubhaft befunden worden sei. Es habe auch nicht festgestellt werden können, dass sich der Beschwerdeführer in einem Gesundheitszustand befinde, welcher die Annahme rechtfertige, dass er dauerhaft behandlungsbedürftig sei bzw. unter einer Erkrankung leide, die im Heimatland nicht ausreichend behandelbar wäre. Da dem Vorbringen des Beschwerdeführers keinerlei glaubhafte aktuelle Gefährdung seiner Person habe entnommen werden können, sei auch nicht anzunehmen, dass er im Falle der Rückkehr aufgrund der von ihm behaupteten persönlichen Fluchtgründe einer unmenschlichen Behandlung bzw. der realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt sei. Eine über das Fluchtvorbringen hinausgehende Gefährdungslage im Heimatland sei nicht ersichtlich.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer über seinen damaligen rechtsfreundlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften und mangelhafter Beweiswürdigung, bei deren Einhaltung ein für den Beschwerdeführer günstigerer Bescheid erzielt worden wäre. Eine mündliche Verhandlung wurde beantragt.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.06.2017, Zl. L524 2124336-1/14E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht, nach Durchführung einer Be4schwerdeverhandlung, aus, dass die Angaben des Beschwerdeführers seinen Fluchtgrund betreffend nicht als glaubhaft zu qualifizieren seien. Der Beschwerdeführer habe sein Vorbringen gesteigert, sich widersprochen und sei nicht in der Lage gewesen, seine Schilderungen glaubhaft zu machen, zumal er nicht plausibel und stets gleichbleiben darlegen habe können, weswegen er seinen Herkunftsstaat verlassen habe.
4. Am 08.08.2017 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen der Erstbefragung vom selben Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes führte der Beschwerdeführer aus, dass seine alten Fluchtgründe nach wie vor aufrecht seien. Sein erster Antrag auf internationalen Schutz sei negativ entschieden worden, ebenso seine Beschwerde. Der Beschwerdeführer könne jedoch nach wie vor nicht in den Irak zurückkehren, weswegen er einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz stelle.
Im Zuge der niederschriftlichen Befragung vor dem BFA am 18.09.2017 wiederholte der Beschwerdeführer seine vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes getätigten Angaben. Er sei im Irak angegriffen und attackiert worden, wodurch er Verletzungen am ganzen Körper erlitten habe. Er habe dies schon im Rahmen seines ersten Verfahrens erzählt. Im Falle einer Rückkehr in den Irak, würde er getötet und wie ein Verräter behandelt werden, weil er nach Europa gegangen sei. Seinen Glauben betreffend gab er an, Moslem zu sein. Hinsichtlich seiner persönlichen Angaben führte der Beschwerdeführer ergänzend aus, dass er nun mit einer Österreicherin verheiratet sei, mit der er seit XXXX 2017 zusammenlebe und die ihn finanziell unterstütze. Zum Beweis dafür legte er eine Heiratsurkunde vom XXXX 2017 vor. Kennengelernt hätten sie sich vor ca. einem Jahr und fünf Monaten in der Nähe des Bahnhofes. Seit Anfang des Jahres seien die beiden zusammen und seit XXXX würden sie auch zusammenleben. Des Weiteren gab er an, in Österreich bisher keiner Beschäftigung nachgegangen zu sein. Er verfüge im Irak noch über Angehörige, mit welchen er regelmäßig telefoniere.
Am 25.10.2017 fand die zeugenschaftliche Einvernahme der Ehegattin des Beschwerdeführers statt. Diese führte aus, dass die den Beschwerdeführer am Bahnhof kennengelernt habe und seit XXXX 2017 mit diesem zusammen sei. Sie selbst beziehe die Mindestsicherung und der Beschwerdeführer bekomme 215,- Euro monatlich von der BH XXXX . XXXX würden sie in einem gemeinsamen Haushalt im Haus ihrer Mutter, zusammen mit ihrer Tochter, deren Mann und Kind leben. Gemeinsam mit dem Beschwerdeführer plane sie zwei Kinder. Der Beschwerdeführer könne derzeit nicht arbeiten.
5. Mit Bescheid des BFA vom 31.10.2017, Zl XXXX , wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine im ersten Verfahrensgang bereits dargelegten Ausreisegründe aufrechterhalten habe und sich somit kein neuer Sachverhalt ergebe, aus dem auf eine Asylrelevanz zu schließen wäre. Hinsichtlich des Eingriffs in das Privat- und Familienleben nach Art. 8 EMRK wurde ausgeführt, dass ein solcher nach einer Prüfung als zulässig erachtet werde. Das BFA stellte weiters fest, dass sich die allgemeine maßgebliche Lage im Irak seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung im Asylverfahren nicht entscheidungswesentlich geändert habe. Auch hinsichtlich Art. 8 EMRK habe sich kein berücksichtigungswürdiger Sachverhalt ergeben.
6. Mit Schriftsatz vom 24.11.2017 erhob der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde und begehrte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Dabei wurde auf neue Tatsachen, wie die Hochzeit des Beschwerdeführers und die veränderte Sicherheitslage im Irak, hingewiesen, sodass eine Zurückweisung wegen „entschiedener Sache“ mangels Sachidentität nicht vorzunehmen gewesen wäre. In der Beschwerde wurden eigene Länderfeststellungen – primär aus den Jahren 2015 und 2016 – vorgelegt.
7. Wider den Beschwerdeführer wurde am 08.06.2018 eine Strafverfügung wegen Verletzung des § 121 Abs. 2 FPG iVm § 12 AsylG erlassen und eine Geldstrafe in der Höhe von 100,- Euro verhängt.
8. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.02.2019, Zl G313 2124366-2/14E, wurde der Bescheid des BFA vom 31.10.2017 behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen. Begründet wurde diese Entscheidung mit der mangelnden Auseinandersetzung mit der individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers.
9. Am 01.04.2019 wurde ein Schriftstück des Pfarramtes XXXX vorgelegt, in welchem der Pfarrer bestätigte, dass der Beschwerdeführer seit XXXX 2018 regelmäßig die heilige Messe besuche.
10. Im Zuge der neuerlichen niederschriftlichen Befragung vor dem BFA am 06.08.2019 legte der Beschwerdeführer eine Taufurkunde der „ XXXX “ vom XXXX 2018, ein ÖSD Zertifikat A1, eine Bestätigung über die nicht bestandene Integrationsprüfung A2, ein Empfehlungsschreiben und einen Mietvertrag der Caritas vor. Hinsichtlich seiner Ehegattin gab der Beschwerdeführer an, diese im XXXX 2016 über Facebook kennengelernt und nach fünf Monaten Gefühle für sie entwickelt zu haben. Das erste Mal hätten sie sich XXXX XXXX 2017 beim Bahnhof getroffen und seit XXXX oder XXXX 2017 würden sie in einem gemeinsamen Haushalt wohnen. Er gehe nach wie vor keiner Beschäftigung nach und habe regelmäßigen Kontakt zu seiner Familie im Irak. Nach seinen Gründen für den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz befragt, führte der Beschwerdeführer aus, dass die gesamte Familie seinetwegen Probleme bekommen habe. Circa drei Mal seien die Milizen zu seiner Familie nachhause gekommen und hätten dieser mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer ein Verräter sei, da er gegen die Fatwa verstoßen und nicht mitgekämpft habe. Des Weiteren sei er zum Christentum konvertiert. Im Falle seiner Rückkehr in den Irak befürchte er, getötet zu werden.
11. Mit Bescheid des BFA vom 03.09.2019, Zl. XXXX , wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt VI.).
Begründend wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde hinsichtlich seiner Konversion gesamtheitlich keine wahre Überzeugung in Bezug auf den behaupteten Glauben erkennen habe können und davon ausgehen müsse, dass es sich im gegenständlichen Fall lediglich um eine Scheinkonversion handle, durch die sich der Beschwerdeführer einen positiven Ausgang des Asylverfahrens erhoffe. So habe der Beschwerdeführer bspw. lediglich sehr vage Angaben machen können, wie sein Interesse für das Christentum entstanden sei, habe die Bedeutung des christlichen Festes Ostern nicht gekannt und habe nur ganz oberflächliche Unterschiede zwischen dem Christentum und dem Islam schildern können. Ansonsten habe sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen auf jene Fluchtgründe gestützt, welche er bereits im ersten Asylverfahren geltend gemacht habe. Aufgrund des Umstandes, dass seinen diesbezüglichen Ausreisegründen die Glaubwürdigkeit zur Gänze abgesprochen worden sei, sei nun auch nicht glaubhaft, dass sein Bruder bzw. seine Familie in irgendeiner Form in der Heimat davon betroffen gewesen sei bzw. immer noch seien. Das BFA konnte weiters keine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung des Beschwerdeführers im Falle seiner Rückkehr in den Irak erkennen. Hinsichtlich Art. 8 EMRK wurde festgestellt, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib überwiegen würde.
Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 03.09.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
12. Gegen diesen am 06.09.2019 ordnungsgemäß zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz des rechtsfreundlichen Vertreters des Beschwerdeführers fristgerecht am 30.09.2019 Beschwerde erhoben.
Darin wurde begründend ausgeführt, dass es unerfindlich sei, weshalb der Umstand, dass die Heirat am XXXX 2017 erfolgt sei und der gemeinsame Haushalt sei XXXX 2017 bestehe, die Ehe in irgendeiner Weise fragwürdig erscheinen lasse. Darüber hinaus sei die finanzielle Abhängigkeit des Beschwerdeführers von seiner Ehegattin evident. Ebenfalls unerfindlich sei es, auf welcher Basis und unter Zugrundelegung welcher Länderberichte die Feststellung abgeleitet werde, dass dem Beschwerdeführer in seinem Heimatland keine Verfolgung drohe. Des Weiteren fehle der Feststellung, wonach nur eine „angebliche“ Konversion zum Christentum stattgefunden habe, jede Grundlage und erschöpfe sich die Begründung in Floskeln. Es sei Tatsache, dass der Beschwerdeführer getauft worden und daher der Verfolgung im Irak ausgesetzt sei.
13. Am 23.10.2020 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung im Beisein des Beschwerdeführers, seines rechtsfreundlichen Vertreters sowie der Ehegattin des Beschwerdeführers als Zeugin durchgeführt. Im Verlauf dieser Verhandlung wurde dem Beschwerdeführer einerseits Gelegenheit gegeben, die der Antragstellung zugrundeliegenden Umstände umfassend darzulegen. Mit der Ladung wurde dem Beschwerdeführer die Länderfeststellungen vom Irak übermittelt und ihm die Möglichkeit eingeräumt bis spätestens in der Verhandlung dazu Stellung zu nehmen.
14. Sowohl bereits vor, als auch nach der mündlichen Verhandlung kam es zu einer Vielzahl an Eingaben der Ehegattin des Beschwerdeführers. So erschien diese, nach bereits zuvor erfolgtem Telefonat mit der erkennenden Richterin, am 20.10.2020 persönlich beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, und ersuchte um eine positive Entscheidung bezüglich dem Beschwerdeführer. Des Weiteren langten über 40 (!) E-Mails oder sonstige Eingaben der Ehegattin beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Zusammenfassend wird zumeist die physische und psychische Verfassung der Ehegattin geschildert, um eine positive Entscheidung bezüglich des Asylverfahrens ihres Ehemannes gebeten und viele medizinische Unterlagen sowie Unterlagen betreffend die Integration des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin in Vorlage gebracht, darunter: eine Bestätigung der Ablegung der A2 Integrationsprüfung am 15.10.2020 (OZ 11), ein arbeitsrechtlicher Vorvertrag (OZ 12), Schreiben bezüglich Tod bzw. Bestattung der verstorbenen Mutter der Ehegattin (OZ 13, 15), ein Zeugnis zur Integrationsprüfung A2 (OZ 19), ein ärztliches Attest (OZ 30, 31, 42), Schreiben der Bezirkshauptmannschaft XXXX (OZ 40, 41), ein Schreiben des AMS vom 05.11.2020 (OZ 42), ein Arbeitsvertrag der Ehegattin vom XXXX 2021 (OZ 44), eine Inskriptionsvereinbarung für einen B1 Deutschkurs (OZ 49), eine Bestätigung einer Gewerbeanmeldung am XXXX 2021 (OZ 53) und am XXXX 2021 (OZ 63), Bestätigungen bzgl. der Beschäftigung der Ehegattin (OZ 54, 55, 56), eine Bestätigung über eine geplante kirchliche Hochzeit (OZ 59, 60), mehrere medizinische Unterlagen betreffend die Ehefrau des Beschwerdeführers (OZ 17, 21, 22, 32, 33, 34, 35, 36, 38, 42) sowie mehrere Fotos (OZ 14, 16, 18, 26, 27, 28, 29, 50, 51), ein Video (OZ 39) und eine Sprachaufnahme (OZ 25). Im XXXX 2021 wurde letztlich noch der Trauungsschein des Beschwerdeführers zum Beweis dafür, dass am XXXX 2021 eine kirchliche Trauung stattgefunden habe (OZ 64 bis 66) vorgelegt.
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt:
1.1. Feststellungen zur Person:
1.1.1. Der Beschwerdeführer besitzt die irakische Staatsbürgerschaft. Er wurde am XXXX in XXXX als schiitischer Moslem geboren und gehört der Volksgruppe der Araber an. Die aktuelle Religionszugehörigkeit konnte nicht festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer ist XXXX 2015 legal und in Besitz eines irakischen Reisepasses aus dem Irak in die Türkei gereist. In Österreich reiste er spätestens am XXXX 2015 illegal und schlepperunterstützt ein und stellte am selben Tag erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer ist seit XXXX 2017 mit der österreichischen Staatsbürgerin XXXX , geb. XXXX , verheiratet. Aus der ehe sind bis zum Entscheidungszeitpunkt keine gemeinsamen Kinder hervorgegangen.
Der Beschwerdeführer lernte seine Ehegattin im XXXX 2016 über Facebook kennen und traf sich mit dieser erstmals im XXXX 2017 in XXXX beim Bahnhof. Seit XXXX 2017 lebt er mit ihr in einem gemeinsamen Haushalt. Die gemeinsame Wohnung finanzieren sie mit den staatlichen Unterstützungen, die beide erhalten. Der Beschwerdeführer unterstützt seine Ehegattin bei Aktivitäten des täglichen Lebens und begleitet diese zu Arztbesuchen. Am 04.07.2021 fand die kirchliche Hochzeit des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin in der Pfarre XXXX statt. Zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehegattin besteht kein Abhängigkeitsverhältnis.
Die Ehegattin des Beschwerdeführers bezieht ca. 640,- Euro an staatlichen Beihilfen. Seit XXXX 2021 arbeitet sie zumindest geringfügig als Zustellerin. Seit XXXX 2021 arbeitet sie für die XXXX Gastronomiebetriebs GmbH und ist bei der ÖGK versichert.
Der Beschwerdeführer hat bis zu seiner Ausreise aus dem Irak im XXXX 2015 gemeinsam mit seiner Familie in einem Eigentumshaus in XXXX gelebt. Die Familie des Beschwerdeführers besteht aus seinen Eltern, drei Schwestern sowie einem Bruder, welche nach wie vor in XXXX bzw. XXXX wohnen. Die Schwestern des Beschwerdeführers sind verheiratet. Zumindest im XXXX 2019 hatte der Beschwerdeführer noch gelegentlichen Kontakt zu seiner im Irak lebenden Familie. Es leben darüber hinaus noch weitere Verwandte des Beschwerdeführers in XXXX , darunter sein Onkel väterlicherseits, mit welchem der Beschwerdeführer regelmäßig in Kontakt steht. Eine Tante des Beschwerdeführers wohnt in XXXX sowie ein weiterer Onkel in XXXX .
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Familie abgebrochen ist.
Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Heimatland über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt.
Der Beschwerdeführer hat im Irak neun Jahre lang die Grundschule besucht und verdiente seinen Lebensunterhalt als selbstständiger Dekorateur und Maler sowie als Bauarbeiter.
Der Beschwerdeführer lebt seit seiner Antragstellung auf internationalen Schutz im XXXX 2015 von der österreichischen Grundversorgung. Im Zeitraum von XXXX 2017 bis 08.08.2017 und 10.03.2020 bis 01.06.2020 bezog er keine Leistungen aus der Grundversorgung. Am XXXX 2021 hat der Beschwerdeführer das Gewerbe des Botendienstes und am XXXX 2021 das Gewerbe des Hausbetreuers angemeldet.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich, abgesehen von seiner Ehegattin, keine weiteren Familienangehörigen oder Verwandte. Abgesehen von seiner Mitgliedschaft in einer christlichen Gemeinde, ist der Beschwerdeführer in keinem Verein Mitglied und auch nicht ehrenamtlich tätig. Sein Freundes- bzw. Bekanntenkreis beschränkt sich auf die Mitglieder seiner Kirchengemeinde. Mit der Tochter seiner Ehegattin hat der Beschwerdeführer aktuell keinen Kontakt. Der Beschwerdeführer spricht die deutsche Sprache auf gutem Niveau (A1 Prüfung wurde bereits abgelegt). Am 15.10.2020 hat der Beschwerdeführer die ÖIF Integrationsprüfung auf dem Sprachniveau A2 absolviert. Der Beschwerdeführer meldete am XXXX 2021 das Gewerbe des Botendienstes und am XXXX 2021 das Gewerbe des Hausbetreuers an und verfügt über eine Einstellungszusage der XXXX .
Der Beschwerdeführer leidet unter keiner schweren oder lebensbedrohlichen Krankheit. Eine etwa im XXXX 2015 erlittene Schlüsselbeinfraktur heilte ohne bleibende Beeinträchtigungen oder Schmerzen ab. Er ist arbeitsfähig.
Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.
1.1.2. Der erste Antrag auf internationalen Schutz wurde vom BFA mit Bescheid vom 21.03.2016, Zl XXXX , abgewiesen und wider den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung in den Irak erlassen. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.06.2017, Zl. L524 2121336-1/14E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und erwuchs die Entscheidung in der Folge in Rechtskraft
Der Beschwerdeführer ist seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und stellte am 08.08.2017 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Nachdem ein zurückweisender Beschluss des BFA vom 31.10.2017 mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.02.2019 behoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen wurde, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Bescheid des BFA vom 03.09.2019, Zl XXXX , abgewiesen und gegen den Beschwerdeführer neuerlich eine Rückkehrentscheidung in den Irak erlassen.
1.2. Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen des Heimatstaates:
Im gegenständlichen Fall ergab sich weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die den Beschwerdeführer betreffenden asylrelevanten Gründe, noch der Lage im Herkunftsstaat noch in sonstigen in der Person des Beschwerdeführers gelegene Umstände.
Es können keine neuen Tatsachen festgestellt werden, welchen asylrechtliche Bedeutung zukommen.
Eine, nach der Rechtslage erforderliche, wesentlichen Änderung der Rechts- bzw. Sachlage konnte seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung nicht festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer hat im neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz kein neues relevantes Vorbringen erstattet und sich grundsätzlich auf dieselben Fluchtgründe wie im Vorverfahren auf internationalen Schutz bezogen; die neuen Vorbringen, wonach er im Falle einer etwaigen Rückkehr in den Irak getötet werde, da man ihn wegen des Aufenthaltes in Europa wie ein Verräter behandeln würde, sein Bruder bzw. seine Familie im Irak Probleme wegen ihm bekommen hätten und diese mehrmals von den schiitischen Milizen aufgesucht worden seien, sowie die Konversion zum Christentum, weisen keinen glaubhaften Kern auf.
1.3. Zur aktuellen Lage im Irak wird auf folgende Feststellungen verwiesen:
Zum Irak werden folgende Feststellungen getroffen:
(Anmerkung: Die Feststellungen sind durch die Staatendokumentation des BFA zusammengestellt und entsprechen dem Stand vom XXXX 2020).
Politische Lage
Letzte Änderung: 17.3.2020
Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert (KAS 2.5.2018) und es wurde ein neues politisches System im Irak eingeführt (Fanack 2.9.2019). Gemäß der Verfassung vom 15.10.2005 ist der Irak ein islamischer, demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat (AA 12.1.2019; vgl. GIZ 1.2020a; Fanack 2.9.2019), der aus 18 Gouvernements (muhafaz?t) besteht (Fanack 2.9.2019). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (RoI 15.10.2005). Die Kurdische Region im Irak (KRI) ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Gouvernements Dohuk, Erbil und Sulaymaniyah. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung (Kurdistan Regional Government, KRG), verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte (Fanack 2.9.2019). Beherrschende Themenblöcke der irakischen Innenpolitik sind Sicherheit, Wiederaufbau und Grundversorgung, Korruptionsbekämpfung und Ressourcenverteilung, die systemisch miteinander verknüpft sind (GIZ 1.2020a).
An der Spitze der Exekutive steht der irakische Präsident, der auch das Staatsoberhaupt ist. Der Präsident wird mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (majlis al-nuww?b, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat) für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt und kann einmal wiedergewählt werden. Er genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt, mit denen er den Präsidialrat bildet, welcher einstimmige Entscheidungen trifft (Fanack 2.9.2019).
Der Premierminister wird vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt (Fanack 2.9.2019; vgl. RoI 15.10.2005). Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik und ist auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte (Fanack 27.9.2018).
Die gesetzgebende Gewalt, die Legislative, wird vom irakischen Repräsentantenrat (Parlament) ausgeübt (Fanack 2.9.2019). Er besteht aus 329 Abgeordneten (CIA 28.2.2020; vgl. GIZ 1.2020a). Neun Sitze werden den Minderheiten zur Verfügung gestellt, die festgeschriebene Mindest-Frauenquote im Parlament liegt bei 25% (GIZ 1.2020a).
Nach einem ethnisch-konfessionellen System (Muhasasa) teilen sich die drei größten Bevölkerungsgruppen des Irak - Schiiten, Sunniten und Kurden - die Macht durch die Verteilung der Ämter des Präsidenten, des Premierministers und des Parlamentspräsidenten (AW 4.12.2019). So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnit, der Premierminister ist ein Schiit und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018). Viele sunnitische Iraker stehen der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber. Die Machtverteilungsarrangements zwischen Sunniten, Schiiten und Kurden festigen den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindern die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 12.1.2019).
Am 12.5.2018 fanden im Irak Parlamentswahlen statt, die fünfte landesweite Wahl seit der Absetzung Saddam Husseins im Jahr 2003. Die Wahl war durch eine historisch niedrige Wahlbeteiligung und Betrugsvorwürfe gekennzeichnet, wobei es weniger Sicherheitsvorfälle gab als bei den Wahlen in den Vorjahren (ISW 24.5.2018). Aufgrund von Wahlbetrugsvorwürfen trat das Parlament erst Anfang XXXX zusammen (ZO 2.10.2018).
Am 2.10.2018 wählte das neu zusammengetretene irakische Parlament den moderaten kurdischen Politiker Barham Salih von Patriotischen Union Kurdistans (PUK) zum Präsidenten des Irak (DW 2.10.2018; vgl. ZO 2.10.2018; KAS 5.10.2018). Dieser wiederum ernannte den schiitischen Politik-Veteranen Adel Abd al-Mahdi zum Premierminister und beauftragte ihn mit der Regierungsbildung (DW 2.10.2018). Nach langen Verhandlungsprozessen und zahlreichen Protesten wurden im Juni 2019 die letzten und sicherheitsrelevanten Ressorts Innere, Justiz und Verteidigung besetzt (GIZ 1.2020a).
Im November 2019 trat Premierminister Adel Abdul Mahdi als Folge der seit dem 1.10.2019 anhaltenden Massenproteste gegen die Korruption, den sinkenden Lebensstandard und den ausländischen Einfluss im Land, insbesondere durch den Iran, aber auch durch die Vereinigten Staaten (RFE/RL 24.12.2019; vgl. RFE/RL 6.2.2020). Präsident Barham Salih ernannte am 1.2.2020 Muhammad Tawfiq Allawi zum neuen Premierminister (RFE/RL 6.2.2020). Dieser scheiterte mit der Regierungsbildung und verkündete seinen Rücktritt (Standard 2.3.2020; vgl. Reuters 1.3.2020). Am 17.3.2020 wurde der als sekulär geltende Adnan al-Zurfi, ehemaliger Gouverneur von Najaf als neuer Premierminister designiert (Reuters 17.3.2020).
Im XXXX 2019 hat das irakische Parlament eine der Schlüsselforderung der Demonstranten umgesetzt und einem neuen Wahlgesetz zugestimmt (RFE/RL 24.12.2019; vgl. NYT 24.12.2019). Das neue Wahlgesetz sieht vor, dass zukünftig für Einzelpersonen statt für Parteienlisten gestimmt werden soll. Hierzu soll der Irak in Wahlbezirke eingeteilt werden. Unklar ist jedoch für diese Einteilung, wie viele Menschen in den jeweiligen Gebieten leben, da es seit über 20 Jahren keinen Zensus gegeben hat (NYT 24.12.2019).
Die nächsten Wahlen im Irak sind die Provinzwahlen am 20.4.2020, wobei es sich um die zweite Verschiebung des ursprünglichen Wahltermins vom 22.12.2018 handelt. Es ist unklar, ob die Wahl in allen Gouvernements des Irak stattfinden wird, insbesondere in jenen, die noch mit der Rückkehr von IDPs und dem Wiederaufbau der Infrastruktur zu kämpfen haben. Die irakischen Provinzwahlen umfassen nicht die Gouvernements Erbil, Sulaymaniyah, Duhok und Halabja, die alle Teil der KRI sind, die von ihrer eigenen Wahlkommission festgelegte Provinz- und Kommunalwahlen durchführt (Kurdistan24 17.6.2019).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand- XXXX -2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 13.3.2020
- Al Jazeera (15.9.2018): Deadlock broken as Iraqi parliament elects speaker, https://www.aljazeera.com/news/2018/09/deadlock-broken-iraqi-parliament-elects-speaker-180915115434675.html, Zugriff 13.3.2020
- AW - Arab Weekly, The (4.12.2019): Confessional politics ensured Iran’s colonisation of Iraq, https://thearabweekly.com/confessional-politics-ensured-irans-colonisation-iraq, Zugriff 13.3.2020
- CIA - Central Intelligence Agency (28.2.2020): The World Factbook – Iraq, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/iz.html, Zugriff 13.3.2020
- DW - Deutsche Welle (2.10.2018): Iraqi parliament elects Kurdish moderate Barham Salih as new president, https://www.dw.com/en/iraqi-parliament-elects-kurdish-moderate-barham-salih-as-new-president/a-45733912, Zugriff 13.3.2020
- Fanack (2.9.2019): Governance & Politics of Iraq, https://fanack.com/iraq/governance-and-politics-of-iraq/, Zugriff 13.3.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2020a): Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 13.3.2020
- ISW - Institute for the Study of War (24.5.2018): Breaking Down Iraq's Election Results, http://www.understandingwar.org/backgrounder/breaking-down-iraqs-election-results, Zugriff 13.3.2020
- KAS - Konrad Adenauer Stiftung (5.10.2018): Politische Weichenstellungen in XXXX und Wahlen in der Autonomen Region Kurdistan, https://www.kas.de/c/document_library/get_file?uuid=e646d401-329d-97e0-6217-69f08dbc782a&groupId=252038, Zugriff 13.3.2020
- KAS - Konrad Adenauer Stiftung (2.5.2018): Mapping the Major Political Organizations and Actors in Iraq since 2003, http://www.kas.de/wf/doc/kas_52295-1522-1-30.pdf?180501131459, Zugriff 13.3.2020
- Kurdistan24 (17.6.2019): Iraq's electoral commission postpones local elections until XXXX 2020, https://www.kurdistan24.net/en/news/80728bf3-eb95-4e76-a30f-345cf9a48d3c, Zugriff 13.3.2020
- NYT - The New York Times (24.12.2019): Iraq’s New Election Law Draws Much Criticism and Few Cheers, https://www.nytimes.com/2019/12/24/world/middleeast/iraq-election-law.html, Zugriff 13.3.2020
- Reuters (17.3.2020): Little-known ex-governor Zurfi named as new Iraqi prime minister-designate, https://www.reuters.com/article/us-iraq-pm-designate/iraqi-president-salih-names-adnan-al-zurfi-as-new-prime-minister-designate-state-tv-says-idUSKBN21419J?il=0, Zugriff 17.3.2020
- Reuters (1.3.2020): Iraq's Allawi withdraws his candidacy for prime minister post: tweet, https://www.reuters.com/article/us-iraq-politics-primeminister/iraqs-allawi-withdraws-his-candidacy-for-prime-minister-post-tweet-idUSKBN20O2AD, Zugriff 13.3.2020
- RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (6.2.2020): Iraqi Protesters Clash With Sadr Backers In Deadly Najaf Standoff, https://www.ecoi.net/en/document/2024704.html, Zugriff 13.3.2020
- RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (24.12.2019): Iraqi Parliament Approves New Election Law, https://www.ecoi.net/de/dokument/2021836.html, Zugriff 13.3.2020
- RoI - Republic of Iraq (15.10.2005): Constitution of the Republic of Iraq, http://www.refworld.org/docid/454f50804.html, Zugriff 13.3.2020
- Standard, Der (2.3.2020): Designierter irakischer Premier Allawi bei Regierungsbildung gescheitert, https://www.derstandard.at/story/2000115222708/designierter-irakischer-premier-allawi-bei-regierungsbildung-gescheitert, Zugriff 13.3.2020
- ZO - Zeit Online (2.10.2018): Irak hat neuen Präsidenten gewählt, https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-10/barham-salih-irak-praesident-wahl, Zugriff 13.3.2020
Parteienlandschaft
Letzte Änderung: 17.3.2020
Laut einer Statistik der irakischen Wahlkommission beläuft sich die Zahl der bei ihr registrierten politischen Parteien und politischen Bewegungen auf über 200. 85% davon, national und regional, haben religiös-konfessionellen Charakter (RCRSS 24.2.2019).
Es gibt vier große schiitische politische Gruppierungen im Irak: die Islamische Da‘wa-Partei, den Obersten Islamischen Rat im Irak (eng. SCIRI) (jetzt durch die Bildung der Hikma-Bewegung zersplittert), die Sadr-Bewegung und die Badr-Organisation. Diese Gruppen sind islamistischer Natur, sie halten die meisten Sitze im Parlament und stehen in Konkurrenz zueinander – eine Konkurrenz, die sich, trotz des gemeinsamen konfessionellen Hintergrunds und der gemeinsamen Geschichte im Kampf gegen Saddam Hussein, bisweilen auch in Gewalt niedergeschlagen hat (KAS 2.5.2018).
Die Gründung von Parteien, die mit militärischen oder paramilitärischen Organisationen in Verbindung stehen ist verboten (RCRSS 24.2.2019) und laut Executive Order 91, die im Februar 2016 vom damaligen Premierminister Abadi erlassen wurde, sind Angehörige der Volksmobilisierungskräfte (PMF) von politischer Betätigung ausgeschlossen (Wilson Center 27.4.2018). Milizen streben jedoch danach, politische Parteien zu gründen (CGP 4.2018). Im Jahr 2018 traten über 500 Milizionäre und mit Milizen verbundene Politiker, viele davon mit einem Naheverhältnis zum Iran, bei den Wahlen an (Wilson Center 27.4.2018).
Die sunnitische politische Szene im Irak ist durch anhaltende Fragmentierung und Konflikte zwischen Kräften, die auf Gouvernements-Ebene agieren, und solchen, die auf Bundesebene agieren, gekennzeichnet. Lokale sunnitische Kräfte haben sich als langlebiger erwiesen als nationale (KAS 2.5.2018).
Abgesehen von den großen konfessionell bzw. ethnisch dominierten Parteien des Irak, gibt es auch nennenswerte überkonfessionelle politische Gruppierungen. Unter diesen ist vor allem die Iraqiyya/Wataniyya Bewegung des Ayad Allawi von Bedeutung (KAS 2.5.2018).
Die folgende Grafik veranschaulicht die Sitzverteilung im neu gewählten irakischen Parlament. Sairoon (ein Bündnis aus der Sadr-Bewegung und der Kommunistischen Partei) unter der Führung des schiitischen Geistlichen Muqtada as-Sadr, ist mit 54 Sitzen die größte im Parlament vertretene Gruppe, gefolgt von der Fatah-Koalition des Führers der Badr-Milizen, Hadi al-Amiri und der Nasr-Allianz unter Haider al-Abadi und der Dawlat al Qanoon-Allianz des ehemaligen Regierungschefs Maliki (LSE 7.2018).
Quellen:
- CGP - Center for Global Policy (4.2018): The Role of Iraq‘s Shiite Militias in the 2018 Elections, https://www.cgpolicy.org/wp-content/uploads/2018/04/Mustafa-Gurbuz-Policy-Brief.pdf, Zugriff 13.3.2020
- KAS - Konrad Adenauer Stiftung (2.5.2018): Mapping the Major Political Organizations and Actors in Iraq since 2003, http://www.kas.de/wf/doc/kas_52295-1522-1-30.pdf?180501131459, Zugriff 13.3.2020
- LSE - London School of Economics and Political Science (7.2018): The 2018 Iraqi Federal Elections: A Population in Transition?, http://eprints.lse.ac.uk/89698/7/MEC_Iraqi-elections_Report_2018.pdf, Zugriff 13.3.2020
- RCRSS - Rawabet Center for Research and Strategic Studies (24.2.2019): Law of political parties in Iraq: proposals for amendment, https://rawabetcenter.com/en/?p=6954, Zugriff 13.3.2020
- Wilson Center (27.4.2018): Part 2: Pro-Iran Militias in Iraq, https://www.wilsoncenter.org/article/part-2-pro-iran-militias-iraq, Zugriff 13.3.2020
Kurdische Region im Irak (KRI) / Autonome Region Kurdistan
Letzte Änderung: 17.3.2020
Die Kurdische Region im Irak (KRI) wird in der irakischen Verfassung, in Artikel 121, Absatz 5 anerkannt (Rudaw 20.11.2019). Die KRI besteht aus den Gouvernements Erbil, Dohuk und Sulaymaniyah. sowie aus dem im Jahr 2014 durch Ministerratsbeschluss aus Sulaymaniyah herausgelösten Gouvernement Halabja, wobei dieser Beschluss noch nicht in die Praxis umgesetzt wurde. Verwaltet wird die KRI durch die kurdische Regionalregierung (KRG) (GIZ 1.2020a).
Das Verhältnis der Zentralregierung zur KRI hat sich seit der Durchführung eines Unabhängigkeitsreferendums in der KRI und einer Reihe zwischen XXXX und Erbil „umstrittener Gebiete“ ab dem 25.9.2017 deutlich verschlechtert. Im Oktober 2017 kam es sogar zu lokal begrenzten militärischen Auseinandersetzungen (AA 12.1.2019). Der langjährige Präsident der KRI, Masoud Barzani, der das Referendum mit Nachdruck umgesetzt hatte, trat als Konsequenz zurück (GIZ 1.2020a).
Der Konflikt zwischen XXXX und Erbil hat sich im Lauf des Jahres 2018 wieder beruhigt, und es finden seither regelmäßig Gespräche zwischen den beiden Seiten statt. Grundlegende Fragen wie Öleinnahmen, Haushaltsfragen und die Zukunft der umstrittenen Gebiete sind jedoch weiterhin ungelöst zwischen XXXX und der KRI (AA 12.1.2019).
Die KRI ist seit Jahrzehnten zwischen den beiden größten Parteien geteilt, der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP), angeführt von der Familie Barzani, und deren Rivalen, der Patriotischen Union Kurdistans (PUK), die vom Talabani-Clan angeführt wird (France24 22.2.2020; vgl. KAS 2.5.2018). Die KDP hat ihr Machtzentrum in Erbil, die PUK ihres in Sulaymaniyah. Beide verfügen einerseits über eine bedeutende Anzahl von Sitzen im Irakischen Parlament und gewannen andererseits auch die meisten Sitze bei den Wahlen in der KRI im XXXX 2018 (CRS 3.2.2020). Der Machtkampf zwischen KDP und PUK schwächt einerseits inner-kurdische Reformen und andererseits Erbils Position gegenüber XXXX (GIZ 1.2020a). Dazu kommen Gorran („Wandel“), eine 2009 gegründete Bewegung, die sich auf den Kampf gegen Korruption und Nepotismus konzentriert (KAS 2.5.2018; vgl. WI 8.7.2019), sowie eine Reihe kleinerer islamistischer Parteien (KAS 2.5.2018).
Auch nach dem Rücktritt von Präsident Masoud Barzani teilt sich die Barzani Familie die Macht. Nechirvan Barzani, langjähriger Premierminister unter seinem Onkel Masoud, beerbte ihn im Amt des Präsidenten der KRI. Masrour Barzani, Sohn Masouds, wurde im Juni 2019 zum neuen Premierminister der KRI ernannt (GIZ 1.2020a) und im XXXX 2019 durch das kurdische Parlament bestätigt (CRS 3.2.2020).
Proteste in der KRI gehen auf das Jahr 2003 zurück. Die Hauptforderungen der Demonstranten sind dabei gleich geblieben und drehen sich einerseits um das Thema Infrastrukturversorgung und staatliche Leistungen (Strom, Wasser, Bildung, Gesundheitswesen, Straßenbau, sowie die enormen Einkommensunterschiede) und andererseits um das Thema Regierungsführung (Rechenschaftspflicht, Transparenz und Korruption) (LSE 4.6.2018). Insbesondere in der nordöstlichen Stadt Sulaymaniyah kommt es zu periodischen Protesten, deren jüngste im Februar 2020 begannen (France24 22.2.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand- XXXX -2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 13.3.2020
- CRS - Congressional Research Service (3.2.2020): Iraq and U.S. Policy, https://fas.org/sgp/crs/mideast/IF10404.pdf, Zugriff 13.3.2020
- France24 (22.2.2020): Iraqi Kurds rally against 'corruption' of ruling elite, https://www.france24.com/en/20200222-iraqi-kurds-rally-against-corruption-of-ruling-elite, Zugriff 13.3.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2020a): Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 13.3.2020
- KAS - Konrad Adenauer Stiftung (2.5.2018): Mapping the Major Political Organizations and Actors in Iraq since 2003, http://www.kas.de/wf/doc/kas_52295-1522-1-30.pdf?180501131459, Zugriff 13.3.2020
- LSE - London School of Economics and Political Science (4.6.2018): Iraq and its regions: The Future of the Kurdistan Region of Iraq after the Referendum, http://eprints.lse.ac.uk/88153/1/Sleiman%20Haidar_Kurdistan_Published_English.pdf, Zugriff 13.3.2020
- Rudaw (20.11.2019): Will the Peshmerga reform – or be integrated into the Iraqi Army?, https://www.rudaw.net/english/analysis/201120191, Zugriff 13.3.2020
- WI - Washington Institute (8.7.2019): Gorran and the End of Populism in the Kurdistan Region of Iraq , https://www.washingtoninstitute.org/fikraforum/view/gorran-and-the-end-of-populism-in-the-kurdistan-region-of-iraq, Zugriff 13.3.2020
Sicherheitslage
Letzte Änderung: 17.3.2020
Im XXXX 2017 erklärte die irakische Regierung den militärischen, territorialen Sieg über den Islamischen Staat (IS) (Reuters 9.12.2017; vgl. AI 26.2.2019). Die Sicherheitslage hat sich, seitdem verbessert (FH 4.3.2020). Ende 2018 befanden sich die irakischen Sicherheitskräfte (ISF) in der nominellen Kontrolle über alle vom IS befreiten Gebiete (USDOS 1.11.2019).
Derzeit ist es staatlichen Stellen nicht möglich, das Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen. Insbesondere schiitische Milizen, aber auch sunnitische Stammesmilizen handeln eigenmächtig. Die im Kampf gegen den IS mobilisierten, zum Teil vom Iran unterstützten Milizen sind nur eingeschränkt durch die Regierung kontrollierbar und stellen eine potenziell erhebliche Bedrohung für die Bevölkerung dar. Durch die teilweise Einbindung der Milizen in staatliche Strukturen (zumindest formaler Oberbefehl des Ministerpräsidenten, Besoldung aus dem Staatshaushalt) verschwimmt die Unterscheidung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren (AA 12.1.2019).
In der Wirtschaftsmetropole Basra im Süden des Landes können sich die staatlichen Ordnungskräfte häufig nicht gegen mächtige Stammesmilizen mit Verbindungen zur Organisierten Kriminalität durchsetzen. Auch in anderen Landesteilen ist eine Vielzahl von Gewalttaten mit rein kriminellem Hintergrund zu beobachten (AA 12.1.2019). Insbesondere in XXXX kommt es zu Entführungen durch kriminelle Gruppen, die Lösegeld für die Freilassung ihrer Opfer fordern (FIS 6.2.2018). Die Zahl der Entführungen gegen Lösegeld zugunsten extremistischer Gruppen wie dem IS oder krimineller Banden ist zwischenzeitlich zurückgegangen (Diyaruna 5.2.2019), aber UNAMI berichtet, dass seit Beginn der Massenproteste vom 1.10.2019 fast täglich Demonstranten in XXXX und im gesamten Süden des Irak verschwunden sind. Die Entführer werden als „Milizionäre“, „bewaffnete Organisationen“ und „Kriminelle“ bezeichnet (New Arab 12.12.2019).
Die zunehmenden Spannungen zwischen dem Iran und den USA stellen einen zusätzlichen, die innere Stabilität des Irak gefährdenden Einfluss dar (ACLED 2.10.2019a). Nach einem Angriff auf eine Basis der Volksmobilisierungskräfte (PMF) in Anbar, am 25. August (Al Jazeera 25.8.2019), erhob der irakische Premierminister Mahdi Ende XXXX erstmals offiziell Anschuldigungen gegen Israel, für eine Reihe von Angriffen auf PMF-Basen seit XXXX 2019 verantwortlich zu sein (ACLED 2.10.2019b; vgl. Reuters 30.9.2019). Raketeneinschläge in der Grünen Zone in XXXX , nahe der US-amerikanischen Botschaft am 23. XXXX 2019, werden andererseits pro-iranischen Milizen zugeschrieben, und im Zusammenhang mit den Spannungen zwischen den USA und dem Iran gesehen (ACLED 2.10.2019b; vgl. Al Jazeera 24.9.2019; Joel Wing 16.10.2019).
Als Reaktion auf die Ermordung des stellvertretenden Leiters der PMF-Kommission, Abu Mahdi Al-Muhandis, sowie des Kommandeurs der Quds-Einheiten des Korps der Islamischen Revolutionsgarden des Iran, Generalmajor Qassem Soleimani, durch einen Drohnenangriff der USA am 3.1.2020 (Al Monitor 23.2.2020; vgl. MEMO 21.2.2020; Joel Wing 15.1.2020) wurden mehrere US-Stützpunkte durch den Iran und PMF-Milizen mit Raketen und Mörsern beschossen (Joel Wing 15.1.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand- XXXX -2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 13.3.2020
- ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (2.10.2019a): Mid-Year Update: Ten Conflicts to Worry About in 2019, https://www.acleddata.com/2019/08/07/mid-year-update-ten-conflicts-to-worry-about-in-2019/, Zugriff 13.3.2020
- ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (2.10.2019b): Regional Overview – Middle East 2 October 2019, https://www.acleddata.com/2019/10/02/regional-overview-middle-east-2-october-2019/, Zugriff 13.3.2020
- AI - Amnesty International (26.2.2019): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2018 - Iraq [MDE 14/9901/2019], https://www.ecoi.net/en/file/local/2003674/MDE1499012019ENGLISH.pdf, Zugriff 13.3.2020
- Al Jazeera (24.9.2019): Two rockets 'hit' near US embassy in Baghdad's Green Zone, https://www.aljazeera.com/news/2019/09/rockets-hit-embassy-baghdad-green-zone-190924052551906.html, Zugriff 13.3.2020
- Al Jazeera (25.8.2019): Iraq paramilitary: Israel behind drone attack near Syria border, https://www.aljazeera.com/news/2019/08/iraq-paramilitary-israel-drone-attack-syria-border-190825184711737.html, Zugriff 13.3.2020
- Al Monitor (23.2.2020): Iran struggles to regain control of post-Soleimani PMU, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2020/02/iraq-iran-soleimani-pmu.html, Zugriff 13.3.2020
- Diyaruna (5.2.2019): Baghdad sees steep decline in kidnappings, https://diyaruna.com/en_GB/articles/cnmi_di/features/2019/02/05/feature-02, Zugriff 13.3.2020
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 – Iraq, https://freedomhouse.org/country/iraq/freedom-world/2020, Zugriff 13.3.2020
- FIS - Finnish Immigration Service (6.2.2018): Finnish Immigration Service report: Security in Iraq variable but improving, https://yle.fi/uutiset/osasto/news/finnish_immigration_service_report_security_in_iraq_variable_but_improving/10061710, Zugriff 13.3.2020
- Joel Wing, Musings on Iraq (15.1.2020): Pro-Iran Hashd Continue Attacks Upon US Interests In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2020/01/pro-iran-hashd-continue-attacks-upon-us.html, Zugriff 13.3.2020
- Joel Wing, Musings on Iraq (16.10.2019): Islamic State Not Following Their Usual Pattern In Attacks In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/10/islamic-state-not-following-their-usual.html, Zugriff 13.3.2020
- MEMO - Middle East Monitor (21.1.2020): Iraq’s PMF appoints new deputy head as successor to Al-Muhandis, https://www.middleeastmonitor.com/20200221-iraqs-pmf-appoints-new-deputy-head-as-successor-to-al-muhandis/, Zugriff 13.3.2020
- New Arab, The (12.12.2019): 'We are not safe': UN urges accountability over spate of kidnappings, assassinations in Iraq, https://www.alaraby.co.uk/english/news/2019/12/11/un-urges-accountability-over-spate-of-iraq-kidnappings-assassinations, Zugriff 13.3.2020
- Reuters (9.12.2017): Iraq declares final victory over Islamic State, https://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-iraq-islamicstate/iraq-declares-final-victory-over-islamic-state-idUSKBN1E30B9, Zugriff 13.3.2020
- Reuters (30.9.2019): Iraqi PM says Israel is responsible for attacks on Iraqi militias: Al Jazeera, https://www.reuters.com/article/us-iraq-security/iraqi-pm-says-israel-is-responsible-for-attacks-on-iraqi-militias-al-jazeera-idUSKBN1WF1E5, Zugriff 13.3.2020
- USDOS - US Department of State (1.11.2019): Country Report on Terrorism 2018 - Chapter 1 - Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2019162.html, Zugriff 13.3.2020
Islamischer Staat (IS)
Letzte Änderung: 17.3.2020
Seit der Verkündigung des territorialen Sieges des Irak über den Islamischen Staat (IS) durch den damaligen Premierminister al-Abadi im XXXX 2017 (USCIRF 4.2019; vgl Reuters 9.12.2017) hat sich der IS in eine Aufstandsbewegung gewandelt (Military Times 7.7.2019) und kehrte zu Untergrund-Taktiken zurück (USDOS 1.11.2019; vgl. BBC 23.12.2019; FH 4.3.2020). Zahlreiche Berichte erwähnen Umstrukturierungsbestrebungen des IS sowie eine Mobilisierung von Schläferzellen (Portal 9.10.2019) und einen neuerlichen Machtzuwachs im Norden des Landes (PGN 11.1.2020).
Der IS unterhält ein Netz von Zellen, die sich auf die Gouvernements Ninewa, Salah ad-Din, Kirkuk und Diyala konzentrieren, während seine Taktik IED-Angriffe auf Sicherheitspersonal, Brandstiftung auf landwirtschaftlichen Flächen und Erpressung von Einheimischen umfasst (Garda 3.3.2020). Der IS führt in vielen Landesteilen weiterhin kleinere bewaffnete Operationen, Attentate und Angriffe mit improvisierten Sprengkörpern (IED) durch (USCIRF 4.2019). Er stellt trotz seines Gebietsverlustes weiterhin eine Bedrohung für Sicherheitskräfte und Zivilisten, einschließlich Kinder, dar (UN General Assembly 30.7.2019). Er ist nach wie vor der Hauptverantwortliche für Übergriffe und Gräueltaten im Irak, insbesondere in den Gouvernements Anbar, XXXX , Diyala, Kirkuk, Ninewa und Salah ad-Din (USDOS 11.3.2020; vgl. UN General Assembly 30.7.2019). Im Jahr 2019 war der IS insbesondere in abgelegenem, schwer zugänglichem Gelände aktiv, hauptsächlich in den Wüsten der Gouvernements Anbar und Ninewa sowie in den Hamrin-Bergen, die sich über die Gouvernements Kirkuk, Salah ad-Din und Diyala erstrecken (ACLED 2.10.2019a). Er ist nach wie vor dabei sich zu reorganisieren und versucht seine Kader und Führung zu erhalten (Joel Wing 16.10.2019).
Der IS setzt weiterhin auf Gewaltakte gegen Regierungziele sowie regierungstreue zivile Ziele, wie Polizisten, Stammesführer, Politiker, Dorfvorsteher und Regierungsmitarbeiter (ACLED 2.10.2019a; vgl. USDOS 1.11.2019), dies unter Einsatz von improvisierten Sprengkörpern (IEDs) und Schusswaffen sowie mittels gezielten Morden (USDOS 1.11.2019), sowie Brandstiftung. Die Übergriffe sollen Spannungen zwischen arabischen und kurdischen Gemeinschaften entfachen, die Wiederaufbaubemühungen der Regierung untergraben und soziale Spannungen verschärfen (ACLED 2.10.2019a).
Insbesondere in den beiden Gouvernements Diyala und Kirkuk scheint der IS im Vergleich zum Rest des Landes mit relativ hohem Tempo sein Fundament wieder aufzubauen, wobei er die lokale Verwaltung und die Sicherheitskräfte durch eine hohe Abfolge von Angriffen herausfordert (Joel Wing 16.10.2019). Der IS ist fast vollständig in ländliche und gebirgige Regionen zurückgedrängt, in denen es wenig Regierungspräsenz gibt, und wo er de facto die Kontrolle über einige Gebiete insbesondere im Süden von Kirkuk und im zentralen und nordöstlichen Diyala aufgebaut hat (Joel Wing 3.2.2020).
Im Mai 2019 hat der IS im gesamten Mittelirak landwirtschaftliche Anbauflächen in Brand gesetzt, mit dem Zweck die Bauernschaft einzuschüchtern und Steuern einzuheben, bzw. um die Bauern zu vertreiben und ihre Dörfer als Stützpunkte nutzen zu können. Das geschah bei insgesamt 33 Bauernhöfen - einer in XXXX , neun in Diyala, 13 in Kirkuk und je fünf in Ninewa und Salah ad-Din - wobei es gleichzeitig auch Brände wegen der heißen Jahreszeit und infolge lokaler Streitigkeiten gab (Joel Wing 5.6.2019; vgl. ACLED 18.6.2019). Am 23.5.2019 bekannte sich der Islamische Staat (IS) in seiner Zeitung Al-Nabla zu den Brandstiftungen. Kurdische Medien berichteten zudem von Brandstiftung in Daquq, Khanaqin und Makhmour (BAMF 27.5.2019; vgl. ACLED 18.6.2019). Im XXXX 2020 hat der IS eine Büffelherde in Baquba im Distrikt Khanaqin in Diyala abgeschlachtet, um eine Stadt einzuschüchtern (Joel Wing 3.2.2020; vgl. NINA 17.1.2020).
Mit Beginn der Massenproteste im Oktober 2019 stellte der IS seine Operation weitgehend ein, wie er es stets während Demonstrationen getan hat, trat aber mit dem Nachlassen der Proteste wieder in den Konflikt ein (Joel Wing 6.1.2020).
Quellen:
- ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (2.10.2019a): Mid-Year Update: Ten Conflicts to Worry About in 2019, https://www.acleddata.com/2019/08/07/mid-year-update-ten-conflicts-to-worry-about-in-2019/, Zugriff 13.3.2020
- ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (18.6.2019): Regional Overview – Middle East 18 June 2019, https://www.acleddata.com/2019/06/18/regional-overview-middle-east-18-june-2019/, Zugriff 13.3.2020
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (27.5.2019): Briefing Notes 27. Mai 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010482/briefingnotes-kw22-2019.pdf, Zugriff 13.3.2020
- BBC News (23.12.2019): Isis in Iraq: Militants 'getting stronger again', https://www.bbc.com/news/world-middle-east-50850325, Zugriff 13.3.2020
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 – Iraq, https://freedomhouse.org/country/iraq/freedom-world/2020, Zugriff 13.3.2020
- Garda World (3.3.2020): Iraq Country Report, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/iraq, Zugriff 13.3.2020
- Joel Wing, Musings on Iraq (3.2.2020): Violence Continues Its Up And Down Pattern In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2020/02/violence-continues-its-up-and-down.html, Zugriff 13.3.2020
- Joel Wing, Musings on Iraq (6.1.2020): Islamic State Makes Its Return In December 2019, https://musingsoniraq.blogspot.com/2020/01/islamic-state-makes-its-return-in.html, Zugriff 13.3.2020
- Joel Wing, Musings on Iraq (16.10.2019): Islamic State Not Following Their Usual Pattern In Attacks In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/10/islamic-state-not-following-their-usual.html, Zugriff 13.3.2020
- Joel Wing, Musings on Iraq (5.6.2019): Islamic State’s Revenge Of The Levant Campaign In Full Swing, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/06/islamic-states-revenge-of-levant.html, Zugriff 13.3.2020
- Military Times (7.7.2019): Iraqi forces begin operation against ISIS along Syrian border, https://www.militarytimes.com/flashpoints/2019/07/07/iraqi-forces-begin-operation-against-isis-along-syrian-border/, Zugriff 13.3.2020
- NINA - National Iraqi News Agency (17.1.2020): ISIS Elements executed a herd of buffalo by firing bullets northeast of Baquba. http://ninanews.com/Website/News/Details?key=808154, Zugriff 13.3.2020
- PGN - Political Geography Now (11.1.2020): Iraq Control Map & Timeline - January 2020, https://www.polgeonow.com/2020/01/isis-iraq-control-map-2020.html, Zugriff 13.3.2020
- Portal, The (9.10.2019): Iraq launches a new process of “Will to Victory”, http://www.theportal-center.com/2019/10/iraq-launches-a-new-process-of-will-to-victory/, Zugriff 13.3.2020
- Reuters (9.12.2017):