TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/20 L519 2229914-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.09.2021
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Entscheidungsdatum

20.09.2021

Norm

BFA-VG §53 Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §46

Spruch


L519 2229914-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. ZOPF über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch den RA Mag. BURGER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 30.03.2021, Zl. 120627305-190240984, betreffend Kostenersatz gemäß § 53 Abs. 1 BFA-VG, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:


I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet), ein Staatsangehöriger der Türkei, wurde am XXXX in der Türkei, geboren.

Der BF hielt sich seit 1990 in Österreich auf und war seit 08.10.1990 durchgehend im Bundesgebiet gemeldet. Ab 01.10.2004 verfügte er über eine Niederlassungsbewilligung, welche am 08.04.2015 auf den Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot Karte Plus“ zurückgestuft wurde. Zuletzt wurde dieser Aufenthaltstitel am 07.01.2021 verlängert.

I.2. Mit Urteil des LG XXXX vom 16.10.2009, rk. am 18.05.2010, Zahl 15 Hv 43/2009I, wurde der BF wegen schwerer Körperverletzung gemäß §§ 83 Abs 1 und 84 Abs 1 StGB für schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

I.3. Mit Urteil des LG XXXX vom 30.11.2011, rk. am 18.04.2012, Zahl 035 HV 155/2011k, wurde der BF wegen Besitzes von Suchtgift gemäß § 28 Abs 1, 2. Satz und Abs 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

I.4. Mit Urteil des BG XXXX vom 08.04.2014, rk. am 12.04.2014, Zahl 018 U 383/2013s, wurde der BF wegen unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen gemäß § 136 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe von 200 TS zu je € 4,- (sohin € 800,-) verurteilt.

I.5. Am 28.05.2015 wurde der BF vom LG XXXX , rk. am 28.05.2015, Zahl 024 HV 3/2015a, wegen versuchten Diebstahls gemäß §§ 15, 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

I.6. Mit Urteil des LG XXXX vom 09.03.2015, rk. am 23.06.2015, Zahl 021 HV 37/2014w, wurde der BF wegen versuchter Nötigung gemäß §§ 15, 105 StGB und Suchgifthandels gemäß §§ 28 Abs 1, 1.Satz, 1.Fall und 2.Fall SMG und §§ 28a Abs 1, 5.Fall SMG, sowie §§ 15 StGB, 28a Absatz 1, 2.Fall und 3. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt.

I.7. Mit Urteil des LG XXXX vom 09.06.2016, rk. am 17.01.2017, Zahl 013 HV 21/2016z, wurde der BF wegen Suchtgifthandels gemäß § 27 (1 und 3) SMG und Verbrecherischen Komplotts gemäß § 277 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

I.8. Betreffend beabsichtigte Erlassung einer Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot wurde dem BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Schreiben vom 08.03.2019 die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt.

Von der rechtlichen Vertretung wurde mit Eingabe vom 19.03.2019 mitgeteilt, dass der BF seit 1990 in Österreich aufhältig ist. Er besuchte die Schule, schloss die Lehre zum Baumaschinenschlosser ab und war vor seiner Inhaftierung bei diversen Firmen beschäftigt. Die Taten hätte der BF ausschließlich aufgrund der Suchtgiftproblematik begangen. Der BF würde jedenfalls seine Taten bereuen.

I.9. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.02.2020, Zl. XXXX , wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG 2005 iVm § 9 BFA-VG erlassen (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung des BF in die Türkei gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.).

Mit Verfahrensanordnung vom 20.02.2020 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig eine Rechtsberatungsorganisation für das Beschwerdeverfahren beigegeben. Weiters bestehe nach § 52a Abs 2 BFA-VG die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Rückkehrberatungsgespräch.

I.11. Am 20.03.2020 wurde von der rechtsfreundlichen Vertretung gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 20.02.2020 fristgerecht Beschwerde erhoben.

I.12. Vom Bundesverwaltungsgericht wurde die Beschwerde gegen den Bescheid am 13.07.2020, Zl. L510 2229914-1/5E, als verspätet zurückgewiesen. Ausgeführt wird, dass der Bescheid dem Rechtsvertreter am 20.02.2020 zugestellt worden ist. Die Beschwerdefrist endete am 19.03.2020, weswegen sich die am 20.03.2020 erstellte und dem Bundesamt übermittelte Beschwerde als verspätet erweist.

I.13. Die Behandlung der Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof am 07.10.2020, Zl. E 2833/2020-5, abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Der Bescheid des BFA erwuchs somit in Rechtskraft.

I.14. Von der LPD XXXX wurde der BF am 27.09.2020 wegen Verdachtes der Körperverletzung gemäß § 83 Abs 1 StGB bei der StA XXXX zur Anzeige gebracht. So soll er am 24.07.2020 seine Lebensgefährtin mit einer Vielzahl von Schlägen und Tritten verletzt haben. Aus diesem Grund wurde auch ein Betretungs- und Annäherungsverbot für den BF ausgesprochen.

I.15. Der BF wurde am 31.12.2020 von der LPD XXXX festgenommen, weil er sich davor an unbekannten Orten im Bundesgebiet aufhielt und sich offenbar dem Zugriff der Behörden zu entziehen suchte. Aus diesem Grund wurde die Lebensgefährtin observiert und konnte so unter erheblichem Ermittlungsaufwand der Aufenthaltsort des BF in Erfahrung gebracht werden.

I.16. Mit Mandatsbescheid des BFA vom 03.01.2021, Zahl 120627305-2100010007, wurde gem. § 76 Abs 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründend wurde angeführt, dass der BF aufgrund der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot der Aufforderung zur Ausreise nicht nachgekommen ist und aufgrund seines unbekannten Aufenthaltes im Bundesgebiet auch für die Behörde nicht greifbar war. Mit in der Verhandlung mündlich verkündetem Erkenntnis des BVwG vom 13.01.2021, W250 2238380-2/8Z, wurde der Beschwerde gegen den Mandatsbescheid stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben. Gleichzeitig wurde die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklärt. Begründend wurde ausgeführt, der BF hätte keine der in § 76 Abs 3 FPG genannten Tatbestände erfüllt, weswegen keine Fluchtgefahr vorliege und die Voraussetzungen für eine weitere Anhaltung in Schubhaft nicht vorliegen.

Die für 03.01.2021 geplante Abschiebung auf dem Luftweg konnte mangels PCR Test nicht durchgeführt werden.

I.17. Vom Bundesamt wurde im Rahmen der geplanten Abschiebung am 16.01.2021 ein Festnahmeauftrag nach § 34 Abs. 3 Z 3 BVA-VG erlassen. Von der rechtlichen Vertretung wurde am 22.01.2021 ein Antrag auf Aufhebung der Festnahmeanordnung gestellt.

I.18. Von der LPD XXXX wurde über den BF am 19.01.2021 eine Geldstrafe von € 600,- verhängt, weil dieser seiner Pflicht zur Ausreise aus dem Bundesgebiet (§ 120 Abs. 1b iVm §§ 52 Abs. 8 und 31 Abs. 1 FPG) nicht nachgekommen war.

I.19. Der BF wurde am 24.01.2021 in Begleitung von drei Polizeibeamten mit dem Flug Nr. TK XXXX von Wien nach Istanbul auf dem Luftweg abgeschoben. Es ereigneten sich dabei keine Vorfälle.

I.20 Mit Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 20.01.2021, 120627305/190240984, wurde dem BF gemäß § 53 Abs. 1 BFA-VG iVm § 57 Abs. 1 AVG aufgetragen, dem Bund die Kosten der Durchsetzung der gegen ihn gesetzten aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie die entstandenen Dolmetschkosten in der Höhe von insgesamt Euro 1.971,84 zu ersetzen. Begründend wurde ausgeführt, dass dem Bund diese Kosten durch die gegen den BF gesetzten Maßnahmen entstanden seien.

I.21. Mit Schriftsatz vom 08.02.2021 erhob der Rechtsvertreter des BF Vorstellung gegen diesen Bescheid. Begründend wurde ausgeführt, dass die Maßnahmen zur Durchführung der Abschiebung nicht notwendig und außerdem unverhältnismäßig gewesen wären, weil sich der BF rechtzeitig zur Abschiebung gestellt hätte. Beantragt wurde, der Vorstellung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, sodass der BF vorerst seine finanziellen Belange und den Neuanfang in der Türkei vorrangig vornehmen und organisieren kann.

I.22. Mit Schreiben vom 19.02.2021 verständigte das Bundesamt die Rechtsvertretung des BF vom Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kostenersatzverpflichtung. Inhaltlich wurde ausgeführt, dass die vorgeschriebenen Kosten aus der begleiteten Abschiebung resultieren und deswegen vom BF zu begleichen sind. Innerhalb von drei Wochen könne dazu Stellung genommen werden.

I.23. Die Stellungnahme der rechtlichen Vertretung langte am 15.03.2021 ein. Darin wird ausgeführt, dass der BF ohnehin freiwillig ausgereist wäre und auch die Kosten des Dolmetschers nicht notwendig gewesen wären, weil der BF akzentfrei Deutsch spricht. Die Abschiebung wäre zudem unzulässig, weil ein Antrag auf Aufhebung des Einreiseverbotes gestellt worden sei und aufgrund einer positiven Prognose davon auszugehen ist, dass der Antrag zu Gunsten des BF entschieden werde würde. Auch sei nicht ersichtlich, wie sich die Kosten zusammensetzen würden.

I.24. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 30.03.2021, Zl. 120627305-190240984, wurde dem BF aufgetragen, gemäß § 53 Abs. 1 BFA-VG dem Bund die Kosten der Durchsetzung der gegen ihn gesetzten aufenthaltsbeendenden Maßnahmen in der Höhe von insgesamt Euro 1.971,84 zu ersetzen.

Begründend wurde ausgeführt, dass den BF betreffend eine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen wurde. Trotz dieser seit 19.03.2020 rechtskräftig und durchsetzbaren Rückkehrentscheidung erachtete es der BF nicht für notwendig, seiner Pflicht zur Ausreise aus dem Bundesgebiet nachzukommen. Die Frist für die freiwillige Ausreise endete am 02.04.2020 und obgleich eine Ausreise in die Türkei trotz der COVID-19 Epidemie möglich gewesen sei, sei der BF nicht ausgereist. Für Barauslagen, die der Behörde erwachsen, sofern sie nicht nach von Amts wegen zu tragen, hat die Partei aufzukommen, die den verfahrensleitenden Antrag gestellt hat. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen dann den Beteiligten, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind. Aufgrund der Verurteilungen und aufgrund der nicht unverzüglich angetretenen Ausreise waren diese Gründe beim BF gegeben.

I.25. Mit Schriftsatz vom 27.04.2021 erhob der Rechtsvertreter des BF Beschwerde gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid. Die Begründung deckt sich dabei weitgehend mit dem bisherigen Vorbringen. Der BF wäre jedenfalls in der Türkei noch nicht sesshaft geworden, er hätte sein gesamtes Erspartes bereits aufgebraucht, die zwangsweise Vorschreibung des Bundesamtes gefährde seinen notwendigen Unterhalt noch mehr. Eine begleitete Abschiebung wäre nicht notwendig gewesen, der BF habe sich dieser freiwillig gestellt. Auch können die Kosten nicht nachvollzogen werden, weil keine detailreiche Auflistung angeführt wurde. Jedenfalls sei der notwendige Unterhalt des BF gefährdet, weswegen die gegenständlichen Kosten vom Bund zu tragen sind. Zumindest werde eine Reduzierung der Gebühren ins Auge zu fassen sein. Beantragt wird weiter, den Bescheid ersatzlos aufzuheben, in eventu in der Sache selbst zu entscheiden und die Gebühren für uneinbringlich zu erklären, indem der Beschwerde stattgegeben und der Bescheid aufgehoben wird, in eventu den Bescheid aufzuheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen, in eventu die Gebühren der Höhe nach zu reduzieren, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und dem Bund den Ersatz der Kosten aufzuerlegen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Der Beschwerdeführer führt den im Spruch angeführten Namen, er ist Staatsangehöriger der Türkei und somit Drittstaatsangehöriger. Der Beschwerdeführer wurde am XXXX in der Türkei geboren. Der BF ist ledig und hat keine Kinder. Die Identität des BF steht fest.

Der BF hielt sich seit 1990 in Österreich auf und war seit 08.10.1990 durchgehend im Bundesgebiet gemeldet. Ab 01.10.2004 verfügte er über eine Niederlassungsbewilligung, welche am 08.04.2015 auf den Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot Karte Plus“ zurückgestuft wurde. Zuletzt wurde dieser Aufenthaltstitel am 07.01.2021 verlängert.

Der BF besuchte in Österreich von 1990 bis 1997 die Schule und erlernte den Beruf des Baumaschinenschlossers. Er war bis zu seiner Inhaftierung mit Unterbrechungen berufstätig.

I.1.2. Der Beschwerdeführer wurde insgesamt sechs Mal von einem Gericht wegen strafbarer Handlungen verurteilt, vorwiegend wegen Delikten nach dem SMG, darunter auch wegen Drogenhandel.

Aus diesem Grund wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.02.2020, Zl. 120627305-190240984, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG 2005 iVm § 9 BFA-VG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung des BF in die Türkei gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei. Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG wurde ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise gewährt. Mit Verfahrensanordnung vom 20.02.2020 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig eine Rechtsberatungsorganisation für das Beschwerdeverfahren beigegeben. Weiters bestehe nach § 52a Abs 2 BFA-VG die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Rückkehrberatungsgespräch.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht am 13.07.2020, Zl. L510 2229914-1/5E, als verspätet zurückgewiesen. Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof am 07.10.2020, Zl. E 2833/2020-5, abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Der Bescheid des BFA erwuchs somit in Rechtskraft. Der BF hat die eingeräumte 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise ungenützt verstreichen lassen.

I.1.3. Der BF wurde am 31.12.2020 von der LPD XXXX festgenommen, weil er sich davor an unbekannten Orten im Bundesgebiet aufhielt und sich offenbar dem Zugriff der Behörden zu entziehen suchte. Aus diesem Grund wurde die Lebensgefährtin observiert und konnte so unter erheblichen Ermittlungsaufwand der Aufenthaltsort in Erfahrung gebracht werden. Mit Mandatsbescheid des BFA vom 03.01.2021, Zahl 120627305-2100010007, wurde gegen den BF gem. § 76 Abs 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die für 03.01.2021 geplante Abschiebung auf dem Luftweg konnte mangels PCR Test nicht durchgeführt werden.

In der Einvernahme zur Schubhaft vor dem Bundesamt gab der BF am 08.01.2021 deutlich zu erkennen, dass er nicht in die Türkei zurück möchte. So teilte er mit, dass er Ende Jänner 2021 seine Lebensgefährtin heiraten werde und zudem bereits über 700 Unterschriften gegen die bevorstehende Abschiebung gesammelt hätte.

Mit in der Verhandlung mündlich verkündetem Erkenntnis des BVwG vom 13.01.2021, W250 2238380-2/8Z, wurde der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklärt.

I.1.4. Von der LPD XXXX wurde über den BF am 19.01.2021 eine Geldstrafe von € 600,- verhängt, weil dieser seiner Pflicht zur Ausreise aus dem Bundesgebiet (§ 120 Abs 1b iVm §§ 52 Abs 8 und 31 Abs 1 FPG) nicht nachkam.

I.1.6. Aufgrund des unmissverständlich feststellbaren Willens des BF, nicht in die Türkei abgeschoben zu werden und den insgesamt sechs rechtskräftigen Verurteilungen, wurde der Abschiebung eine Eskorte von drei besonders geschulten Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes beigezogen. Die am 24.01.2021 durchgeführte Abschiebung des BF mit dem Flug Nr. TK XXXX von Wien nach Istanbul erfolgte im Beisein dieser Eskorte. Durch die Abschiebung entstanden dem Bund Kosten in der Höhe von Euro 1.971,84. Dieser Betrag setzte sich aus den Kosten für das Flugticket (Euro 226,21), sowie den Kosten für die Flugtickets der Eskorte von Wien-Schwechat nach Istanbul und retour von Istanbul nach Wien-Schwechat (Euro 1.692,63) und der Hotelreservierung (Euro 27,-) zusammen.

II.2. Beweiswürdigung:

II.2.1. Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt unter zentraler Zugrundelegung der im Verfahren erster Instanz (EAM-Verfahren, Verhängung der Schubhaft) vom Beschwerdeführer abgegebenen Stellungnahmen sowie des Inhaltes der gegen die im Verfahren angefochtenen Bescheide erhobenen Beschwerden, Einholung aktueller Auszüge aus dem Strafregister und des Informationsverbundsystem Zentrales.

II.2.2. Der eingangs angeführte Verfahrensgang sowie die dazu getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verfahrensakts der belangten Behörde sowie den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes.

II.2.3. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Abstammung und seinem Religionsbekenntnis sowie dessen persönlichen und familiären Lebensumständen im Herkunftsstaat sowie seinen Familienverhältnissen ergeben sich aus den im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers in den Verfahren vor dem belangten Bundesamt und dem Bundesverwaltungsgericht, dem Inhalt des Verwaltungsaktes und dem Datenstand des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister, sie sind im Beschwerdeverfahren nicht strittig.

Die rechtskräftigen Verurteilungen ergeben sich aus dem Strafregisterauszug der Republik Österreich.

II.2.4. Die der Abschiebung des BF nach Istanbul zugrunde gelegten Kosten von Euro 1.971,84 für Flugtickets und Hotelnächtigungen waren der dem Verwaltungsakt einliegenden Abrechnungen des Verkehrsbüros Business Travel GmbH zu entnehmen.

II.2.5. Das beharrliche Ignorieren einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung durch den BF und der damit verbundene rechtswidrige Aufenthalt in Österreich (was dem BF bekannt sein musste und war, da er auch darauf vom Bundesamt mehrfach hingewiesen wurde) sowie seine diesbezüglichen Äußerungen in den Einvernahme vor dem Bundesamt am 08.01.2021, bei der er sein Bestreben in Österreich zu bleiben, klar erkennbar zum Ausdruck brachte, liessen darauf schließen, dass der BF im Fall seiner Abschiebung Widerstand leisten wird. Vor diesem Hintergrund war die Abschiebung des BF im Beisein einer Eskorte von drei besonders geschulten Einsatzbeamten nach Istanbul jedenfalls begründet.

Im Einzelnen: Die im Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Zl. 120627305-190240984, mit dem eine Rückkehrentscheidung ausgesprochen wurde, festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise endete am 02.04.2020. Gleichzeitig mit dem Bescheid wurden dem BF eine Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG hinsichtlich einer Rechtsberatungsorganisation für das Beschwerdeverfahren und nach § 52a Abs 2 BFA-VG die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Rückkehrberatungsgespräch nachweislich zugestellt. Dem BF war somit sehr wohl bekannt, dass er sich unrechtmäßig in Österreich aufhält. Obgleich eine Ausreise in die Türkei trotz der COVID-19 Epidemie jederzeit möglich gewesen wäre, ignorierte der BF die rechtskräftige Ausreiseverpflichtung bis zu seiner Abschiebung am 24.01.2021. Es wurden demnach vom BF keine Schritte gesetzt, den illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet zu beenden und freiwillig auszureisen.

Der BF konnte am 31.12.2020 von der LPD festgenommen werden, nachdem er sich davor an unbekannten Orten im Bundesgebiet aufhielt und sich offenbar dem Zugriff der Behörden zu entziehen versuchte. Aus diesem Grund wurde die Lebensgefährtin observiert und konnte so unter erheblichem Ermittlungs- und Kostenaufwand der Aufenthaltsort des BF in Erfahrung gebracht werden. Die für den 03.01.2021 vorgesehene Abschiebung scheiterte einzig daran, dass die Fluglinie die Beförderungsbedingungen änderte und ein gültiger PCR Test für den Flug notwendig gewesen wäre, der jedoch nicht vorlag.

Über den BF wurde in der Folge Schubhaft verhängt und wurde dieser am 08.01.2021 vom Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er unmissverständlich zu verstehen, dass er sein weiteres Leben in Österreich verbringen wird und nicht in die Türkei zurückkehren möchte. So führte er aus, dass er seit 31 Jahren in Österreich lebe und mit Türken nichts zu tun hätte. Er würde nicht verstehen, dass er „rausgeschmissen“ werden würde, schließlich hätte er einen Wandel zu einem ordentlichen Leben vollzogen. Auch wäre für den 30.01.2021 geplant, dass er seine Lebensgefährtin ehelicht und würde er vom Vater den Familienbetrieb, das Bahnhofslokal „Fatamorgana“ übernehmen, weil dieser an Krebs erkrankt sei. Auch sei sein Bewährungshelfer strikt gegen die Abschiebung in die Türkei. Ferner habe er über 700 Unterschriften gegen seine Abschiebung gesammelt und betrachte er Österreich als sein Land. Er kenne sonst nichts und wisse nicht, was er in der Türkei machen solle.

Aufgrund des beständigen Ignorierens der Ausreiseverpflichtung in Verbindung mit seinem mehr als deutlich zum Ausdruck gebrachten Willen in Österreich zu bleiben, wurde folgerichtig die begleitete Abschiebung als dringend geboten erachtet. Die zwangsweise Abschiebung des BF sei durch sein Verschulden (Nichtausreise trotz rechtskräftiger und durchsetzbarer Rückkehrentscheidung) verursacht worden. Die begleitete Abschiebung war nach Ansicht des Bundesamtes rechtmäßig und notwendig gewesen, da der BF nach Ansicht der Behörde nicht freiwillig ausgereist wäre und der dringende Verdacht bestanden habe, dass der BF sich bei einer Abschiebung ohne Polizeibegleitung widersetzt hätte.

Laut Dienstanweisung sind bei einer begleiteten Abschiebung immer drei Polizeibeamte einzusetzen (aufgrund der Eigensicherung). Dabei seien Durchsetzungskosten von Euro 1.971,84 entstanden (dieser Betrag setzt sich aus den Kosten für das Flugticket (Euro 226,21), sowie den Kosten für die Flugtickets der Eskorte von Wien-Schwechat nach Istanbul und retour von Istanbul nach Wien-Schwechat (Euro 1.692,63) und der Hotelreservierung (Euro 27,-) zusammen). Die Tickets seien entsprechend der Dienstanweisung vorgeschrieben und über das Verkehrsbüro gebucht worden. Insgesamt sind dem BF somit Euro 1.971,84 vorzuschreiben. Gemäß § 53 Abs. 1 BFA-VG sei der Ersatz der Durchsetzungskosten eindeutig geregelt und gesetzlich zwingend vorgeschrieben.

II.2.6. Von der rechtlichen Vertretung wird behauptet, dass der BF freiwillig ausgereist wäre und zudem § 113 Abs 6 FPG vorsehe, dass die Kosten vom Bund zu tragen sind, wenn diese uneinbringlich wären. Auch sei kein Dolmetsch notwendig gewesen, weil der BF akzentfrei Deutsch spreche. Zudem würde keine detaillierte Kostenaufstellung vorliegen. § 79 AVG würde ferner regeln, dass Kosten die uneinbringlich sind der Bund zu tragen habe. Der BF hätte sein gesamtes Erspartes bereits aufgebraucht, er hätte in der Türkei zudem keine Verwandten und Freunde, die ihn auffangen könnten. Der notwendige Unterhalt des BF sei deswegen gefährdet.

Diesen Ausführungen wird entgegnet, dass die Mittellosigkeit des BF lediglich substanzlos behauptet und durch keine wie auch immer gearteten Nachweise belegt ist. Dem entgegen gab beispielsweise der BF in der Einvernahme im Schubhaftverfahren bekannt, dass er in Österreich € 10.000,- gespart hätte. Auch ist es fern jeder Realität, wenn die rechtliche Vertretung ausführt, dass der BF in der Türkei keinen Anschluss finden würde und weder Verwandte noch Freunde hätte, die ihn unterstützen würden. So ist dem Bericht der begleiteten Abschiebung des B.M.I vom 25.01.2021 zu entnehmen, dass der BF mit seinem in Istanbul wohnhaften Onkel vor der Abschiebung ein Telefongespräch führte und mit diesem die Abholung vom Flughafen in Istanbul vereinbart wurde. Der BF verfügt somit sehr wohl über Verwandte in der Türkei, vielmehr sogar in Istanbul. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt aus diesem Grund nicht, dass die Kosten vom Bund zu tragen sind bzw. beim BF uneinbringlich sein sollen. Eine Gefährdung des notwendigen Unterhaltes ist zudem ebenfalls nicht erkennbar.

Auch die Ausführungen zu Dolmetschkosten und Nichtvorliegen einer detaillierten Kostenaufstellung führen sich von selbst ad absurdum. Es wurden dem BF nämlich keine Kosten für eine Dolmetscherleistung vorgeschrieben. Die Kosten setzen sich vielmehr aus den Rechnungen des Verkehrsbüros Business Travel GmbH Nr. 20810/5028636 (€ 27,-) vom 07.01.2021, Nr. 20810/5026568 (€ 1.692,63) vom 05.01.2021 und Nr. 20810/5026566 (€ 252,21) vom 05.01.2021, sohin gesamt € 1.971,84 zusammen.

In einer Gesamtbetrachtung war deswegen die Abschiebung des BF im Beisein einer Eskorte von drei besonders geschulten Einsatzbeamten nach Istanbul und die Vorschreibung der dafür entstandenen Kosten in der genannten Höhe gerechtfertigt.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A) (Spruchpunkt I)

II.3.2.1. Maßgebliche gesetzliche Bestimmungen:

§ 46 FPG

(1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

§ 53 BFA-VG

(1) Es sind folgende Kosten, die dem Bund entstehen, von dem Fremden - soweit dem nicht Art. 30 Dublin-Verordnung entgegensteht - zu ersetzen:

1. Kosten, die bei der Durchsetzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück des FPG entstehen,

2. Dolmetschkosten im Rahmen von Verfahrenshandlungen gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG.

(2) ................

(4) § 79 AVG ist sinngemäß anzuwenden. Kosten gemäß Abs. 1, die uneinbringlich sind, trägt der Bund.

§ 53 BFA-VG entspricht im Wesentlichen dem geltenden § 113 FPG (Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 53 BFA-VG).

§ 113 FPG

(1) Es sind folgende Kosten, die der Landespolizeidirektion oder dem Bund entstehen, von dem Fremden zu ersetzen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

Kosten, die bei der Durchsetzung der Zurückschiebung entstehen,

2.

Kosten der Vollziehung der Schubhaft,

3.

Kosten, die als Aufwendungen für den Einsatz gelinderer Mittel anfallen,

4.

Dolmetschkosten.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) Wer sich gegenüber einer Landespolizeidirektion oder einer österreichischen Vertretungsbehörde zur Kostentragung nach § 21 Abs. 3 verpflichtet hat, hat die Kosten gemäß Abs. 1 zu tragen.

(4) Der Beförderungsunternehmer, der seinen Verpflichtungen gemäß § 111 Abs. 2 bis 6 nicht nachkommt, hat die Kosten, die im Zusammenhang mit der Zurückweisung des Fremden erwachsen, zu ersetzen. Hierunter fallen insbesondere Kosten, die von der Ankunft des Fremden an der Grenzübergangsstelle bis zum Vollzug der Ausreise

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

für Unterkunft, Verpflegung und allfällige medizinische Versorgung erwachsen, einschließlich der bei der Vorbereitung und Durchführung der Zurückweisung entstehenden Kosten sowie der Kosten für Begleitorgane;

 

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(5) Der Beförderungsunternehmer, der seinen Verpflichtungen gemäß § 111 Abs. 4, 5 oder 6 zwar nachkommt, aber wünscht, dass die Zurückweisung in Begleitung erfolgen soll (§ 44), hat die Kosten für die Begleitorgane zu tragen.

(6) Die Kosten, deren Ersatz die Landespolizeidirektion vorzuschreiben hat, sind von der Landespolizeidirektion, in deren Sprengel sich der Fremde aufhält, einzuheben. § 79 AVG ist sinngemäß anzuwenden. Uneinbringliche Kosten gemäß Abs. 1 Z 1 bis 4 trägt der Bund.

§ 113 Abs 1 FPG 2005 normiert - inhaltlich ebenso wie davor § 103 Abs. 1 FrG 1997 und vor diesem § 79 Abs. 1 FrG 1993 - eine Pflicht des Fremden zum Ersatz der bei der Durchsetzung einer gegen ihn bestehenden und nicht befolgten Rückkehrentscheidung entstandenen Kosten. Es kann kein Zweifel bestehen, dass nur "notwendige Kosten" zu ersetzen sind. Bei Beurteilung der Frage, welche Maßnahmen zur Durchführung einer Abschiebung erforderlich sind, sodass sich die dabei angefallenen Kosten in diesem Sinn als "notwendig" erweisen, kommt der Behörde aber ein weiter Spielraum zu (VwGH 20. 11. 2008, 2007/21/0488).

II.3.2.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall ergibt sich daraus:

Für das Bundesverwaltungsgericht steht fest, dass der BF infolge des abweisenden Erkenntnisses des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.02.2020, das in Rechtskraft erwuchs, sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren hat und die eingeräumte 14-tägig Frist für seine freiwillige Ausreise ungenützt verstreichen ließ. Mangels erkennbarer Schritte, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen, hielt sich der BF dessen ungeachtet weiterhin in Österreich auf.

Inwiefern daher die getroffene aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht rechtmäßig gewesen sei, wie vom BF in seiner Beschwerde argumentiert wurde, ist weder Gegenstand dieses Verfahrens noch nachvollziehbar. Eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einer zulässigen Abschiebung des BF in die Türkei lag auf Grund des in Rechtskraft erwachsenden Bescheides des Bundeamtes vom 20.02.2020, Zl. 120627305-190240984, vor. Die eingeräumte 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise ließ der BF ungenützt verstreichen, was demonstriert, dass er nicht gewillt war, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen.

Der BF zeigte keinerlei Bereitschaft, Österreich freiwillig zu verlassen. Dafür sprechen die oben wiedergegebenen Ausführungen in der Einvernahme des BF beim Bundesamt im Schubhaftverfahren. Über den Umstand, dass sein Aufenthalt in Österreich nicht gesetzlich begründet und daher illegal ist, setzte sich der BF hinweg, obwohl er damit sogar von der belangten Behörde im Schubhaftverfahren konfrontiert wurde. Der BF kam seiner Verpflichtung zur Ausreise aus dem Bundegebiet beharrlich nicht nach und gab in der Einvernahme sogar an, im Land verbleiben zu wollen. Daraus kann nicht einmal ansatzweise ein kooperatives Verhalten des BF - wie in der Beschwerde behauptet - abgeleitet werden. Der BF verwirklichte durch sein Verhalten nach Rechtskraft der Rückkehrentscheidung sowohl § 46 Abs. 1 Z 2 als auch Z 3 FPG. Es lagen somit die Voraussetzungen für eine Abschiebung gemäß § 46 FPG vor. Die Abschiebung des BF am 24.01.2021 ist somit rechtmäßig erfolgt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist die Erforderlichkeit der Begleitung des abzuschiebenden Fremden während der gesamten Reise durch Exekutivbeamte aus einer ex-ante Betrachtung zu beantworten (VwGH 2007/21/0488). Flugabschiebungen stellen eine heikle fremdenpolizeiliche Maßnahme dar, weshalb unter dem Aspekt der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, sowie der Eigensicherung der an der Abschiebung beteiligten Beamten eine Sicherung durch mehrere Beamte notwendig und gerechtfertigt ist. Dass bei einer begleiteten Abschiebung immer drei Polizeibeamte zu Eigensicherung einzusetzen sind, ist nachvollziehbar.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 20.11.2008, 2007/21/0488) kommt auch der Behörde bei Beurteilung der Frage, welche Maßnahmen zur Durchführung einer Abschiebung erforderlich sind, sodass sich die dabei angefallenen Kosten in diesem Sinn als "notwendig" erweisen, ein weiter Spielraum zu. Vor diesem Hintergrund vermag auch das Bundesverwaltungsgericht an der gegenständlichen - durch drei Polizeibeamte begleiteten - Abschiebung des BF keinen Exzess an behördlichem Aufwand erkennen. Wie bereits oben aufgezeigt wurde, ist der BF beharrlich seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen, ist untertaucht und hat sich mehrmals in den Einvernahmen gegen seine Abschiebung ausgesprochen und darauf insistiert in Österreich zu bleiben.

Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, dass der BF ohnehin freiwillig ausgereist wäre, ist festzuhalten, dass der BF seiner Verpflichtung zur Ausreise beharrlich nicht nachkam und sich für den Verbleib im Bundesgebiet äußerte. Noch in der Einvernahme durch das BFA im Schubhaftverfahren gab der BF beispielsweise an, dass er Ende Jänner seine Lebensgefährtin heiraten und das Lokal seines Vaters übernehmen werde. Auch hätte er 700 Unterschriften gegen seine Abschiebung gesammelt. Anhand der Aktenlage ist daher nachvollziehbar, dass die Behörde in der gebotenen ex-ante Betrachtung einen Widerstand gegen die Abschiebung nicht ausschließen konnte bzw. vielmehr sogar erwarten musste. In einer Zusammenschau dieser Umstände war die durch drei Polizeibeamte begleitete Abschiebung des BF notwendig und rechtmäßig.

Dass die Kosten uneinbringlich wären, bzw. der notwendige Unterhalt des BF gefährdet wäre, wurde in der Beschwerde lediglich substanzlos vorgebracht. Den diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde wurde bereits in der Beweiswürdigung entgegnet, bzw. erörtert, dass der BF in Istanbul sehr wohl auf Verwandte und deren Hilfe zurückgreifen kann.

Die belangte Behörde hatte daher zu Recht gemäß § 53 Abs. 1 BFA-VG die Kosten der Durchsetzung der gegen den BF gesetzten aufenthaltsbeendenden Maßnahmen in der Höhe von insgesamt Euro 1.971,84 mit Bescheid vom BF eingefordert. Die veranschlagte Summe war drei dem Verwaltungsakt einliegenden Abrechnungen des herangezogenen Verkehrsbüros zu entnehmen und sachlich und rechnerisch nachvollziehbar.

Die geltend gemachten Flugkosten sowie die erforderliche Begleitung durch Sicherheitsorgane, stellen zweifelsohne Kosten einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück des FPG dar.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde mit dem bekämpften Bescheid nicht über die Vorstellung entschieden hat, sondern die Gebühren in einem „ordentlichen Verfahren“ nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens vorgeschrieben hat, wie aus dem bekämpften Bescheid hervorgeht.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

II.3.2.3. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach im Erkenntnis vom 28.05.2014, 2014/20/0017 und -0018, aus, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß substantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Im gegenständlichen Fall ist der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (vgl. § 27 VwGVG), wobei eine mündliche Erörterung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, vorstehend im Einzelnen zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gewährung von internationalem Schutz ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Abschiebung aufenthaltsbeendende Maßnahme aufrechte Rückkehrentscheidung Flugkostenersatz Kostenersatz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L519.2229914.2.00

Im RIS seit

17.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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