TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/28 96/18/0463

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Veröffentlicht am 28.11.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 Z1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):96/18/0464

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerden des M, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 21. August 1996, Zl. SD 694/96, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Zurückweisung einer Berufung als verspätet in einem Aufenthaltsverbots-Verfahren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 21. August 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der Jugoslawischen Föderation, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid vom 27. Februar 1996 gemäß § 71 Abs. 1 AVG abgewiesen. Mit Bescheid vom selben Tag wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes für die Dauer von fünf Jahren als verspätet zurück.

Im erstgenannten Bescheid wird begründend festgehalten, daß die Frist zur Erhebung einer Berufung gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid vom 27. Februar 1996 versäumt worden und somit die wesentliche Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages erfüllt sei (§ 71 Abs. 1 AVG).

Der Beschwerdeführer habe diesen Antrag im wesentlichen damit begründet, daß der Aufenthaltsverbotsbescheid seinem rechtsfreundlichen Vertreter am 1. März 1996 zugestellt worden wäre und sein Anwalt ihm eine Kopie dieses Bescheides mit der gleichzeitigen Einladung, in seine Kanzlei zu kommen, übersandt hätte. Die Mutter des Beschwerdeführers hätte dieses Poststück übernommen, jedoch verabsäumt, es dem Beschwerdeführer rechtzeitig auszuhändigen.

Der Beschwerdeführer habe im Rahmen eines bei der Erstbehörde geführten Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eine Vollmacht vorgelegt, aus der hervorgehe, daß er seinem Rechtsanwalt Prozeßvollmacht erteilt und diesen überdies ermächtigt hätte, ihn (den

Beschwerdeführer) ... "sowohl vor Gerichts-, Verwaltungs- und

Finanzbehörden als auch außerbehördlich zu vertreten, Prozesse anhängig zu machen und davon abzustehen, Zustellungen aller Art, insbesondere auch Klagen, Urteile und Grundbuchsbescheide anzunehmen, Vertretungen zu begehren und zu leisten,

Rechtsmittel aller Art zu ergreifen und zurückzuziehen, ... und

überhaupt alles vorzukehren, was er für nützlich und notwendig erachte".

Aus dem Inhalt dieser Vollmacht gehe sohin keinesfalls hervor und werde vom Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet, daß er seinem Vertreter untersagt hätte, ohne seine ausdrückliche Weisung eine Berufung zu erheben. Danach wäre es in der Verantwortung des Anwaltes gelegen, vorsorglich die Berufung zu erheben. Da der Vertretene grundsätzlich für die Handlungen und Unterlassungen seines anwaltlichen Vertreters einzustehen habe, habe der Beschwerdeführer die Folgen dieser Unterlassung zu tragen. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 AVG sei der Antrag demnach zu Recht von der Erstbehörde abgewiesen worden.

Der zweitgenannte Bescheid wird damit begründet, daß der Beschwerdeführer die Berufungsfrist versäumt habe, dessen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen worden und die Berufung somit als verspätet zurückzuweisen sei.

2. Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden mit dem Begehren, sie wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die beiden, wegen ihres sachlichen Zusammenhaltes verbundenen Beschwerden erwogen:

1.1. Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit wendet die Beschwerde ein, daß der "tatsächliche Wiedereinsetzungsgrund die Sphäre des Beschwerdeführers", nicht aber das Verhalten des Beschwerdeführervertreters (der den Aufenthaltsverbotsbescheid an die Adresse des Beschwerdeführers weitergeleitet und sohin seinen Verpflichtungen ordnungsgemäß Folge geleistet habe) betreffe. Das unvorhersehbare, unabwendbare Unterlassen der Mutter des Beschwerdeführers, diesem den übermittelten Bescheid fristgerecht zu übergeben, habe das Fristversäumnis bedingt. Die Zustellung des Aufenthaltsverbotsbescheides sei an den Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters erfolgt. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers habe keinerlei Auftrag gehabt, ein Rechtsmittel zu erheben. Es erscheine nicht vertretbar, daß es "in die Verantwortung des Anwalts" falle, vorsorglich eine Berufung gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid zu erheben, ohne mit dem Beschwerdeführer vorher Kontakt gehabt und ohne Auftrag hiezu zu haben.

1.2. Dieses Vorbringen ist verfehlt. Ein ausdrückliches Verbot des Beschwerdeführers an seinen anwaltlichen Vertreter, ohne seine ausdrückliche Weisung eine Berufung zu erheben, wird von der Beschwerde nicht behauptet. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hätte in einem solchen Fall der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers vorsorglich die Berufung erheben müssen. Da dies nicht geschehen ist, hat der Beschwerdeführer - da der Klient grundsätzlich für die Handlungen und Unterlassungen seines anwaltlichen Vertreters einzustehen hat - die Folgen dieser Unterlassung zu tragen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. September 1982, Zlen. 81/02/0085, 0091, mwH).

2. Vor dem Hintergrund des Gesagten ist der Verfahrensrüge, daß der festgestellte Sachverhalt dahingehend ergänzungsbedürftig erscheine, daß die Mutter des Beschwerdeführers als Zeugin zum Wiedereinsetzungsgrund zu vernehmen gewesen wäre, der Boden entzogen.

3. Der Beschwerdeführer wurde daher durch die Abweisung seines Wiedereinsetzungsantrages nicht in seinen Rechten verletzt. Da die Berufung unbestritten nach Ablauf der Rechtsmittelfrist erhoben worden war, wurde der Beschwerdeführer auch durch die Zurückweisung derselben in keinem Recht verletzt; auf das gegen das Aufenthaltsverbot gerichtete Beschwerdevorbringen ist somit nicht weiter einzugehen.

4. Da bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996180463.X00

Im RIS seit

03.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.12.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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