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82/02 Gesundheitsrecht allgemeinNorm
B-VG Art7 Abs1 / GerichtsaktLeitsatz
Keine Verletzung im Gleichheitsrecht durch Abweisung eines Antrags auf finanzielle Vergütung einer Gesellschaft nach dem EpidemieG 1950 für deren Verdienstentgang durch die Quarantäne einer Arbeitnehmerin; kein Anspruch auf Entschädigung auf Grund der freiwilligen Absonderung nach telefonischer Empfehlung durch einen – nicht einem zuständigen Organe bzw einer befugten Behörde zuzurechnenden – Mitarbeiter vom Bürgerservice der "Gesundheitsnummer 1450"Spruch
I. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch die angefochtenen Erkenntnisse weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
II. Die Beschwerden werden abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die beschwerdeführende Gesellschaft durch die angefochtenen Erkenntnisse in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Die beschwerdeführende Gesellschaft beantragte am 28. April 2020 bzw am 7. Mai 2020 für zwei näher bezeichnete Dienstnehmer die Vergütung des Verdienstentganges gemäß §32 Epidemiegesetz 1950, nachdem sich die Dienstnehmer für bestimmte Zeiträume im März 2020 nach Anruf bei der Gesundheitshotline 1450 in Heimquarantäne begeben hatten, weil sie mit einer positiv auf das Coronavirus getesteten Ärztin Kontakt gehabt hatten.
2. Mit Bescheid vom 10. bzw 24. November 2020 wurden die Anträge der beschwerdeführenden Gesellschaft von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden abgewiesen, weil für die von der beschwerdeführenden Gesellschaft genannten Zeiträume keine der in §32 Abs1 Epidemiegesetz 1950 aufgezählten behördlichen Maßnahmen angeordnet worden seien. Insbesondere sei keine Absonderungsmaßnahme auf Grundlage von §§7 und 17 Epidemiegesetz 1950 verfügt worden. Es sei vielmehr eine selbstüberwachte Heimquarantäne erfolgt.
3. Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich jeweils mit Erkenntnis vom 30. Dezember 2020 bzw 25. Jänner 2021 als unbegründet ab.
Begründend führt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zusammengefasst aus, dass der Aufenthalt in Heimquarantäne, solange diese nicht unter eine der Ziffern des §32 Abs1 EpidemieG 1950 zu subsumieren sei, keine Vergütungsansprüche rechtfertige. In Betracht käme allenfalls ein Anspruch nach §32 Abs1 Z1 EpidemieG 1950. Es sei jedoch unbestritten, dass gegen die Mitarbeiter der beschwerdeführenden Gesellschaft kein Absonderungsbescheid iSd §7 oder §17 EpidemieG 1950 erlassen worden sei. Dies werde auch in den Beschwerden nicht behauptet, sondern vielmehr vorgebracht, dass die Heimquarantäne telefonisch angeordnet worden sei und diese telefonische Anordnung ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt sei. Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes sei "systemimmanent" davon auszugehen, dass ausschließlich an die Rechtssatzform "Bescheid" entsprechende weitere Ansprüche anknüpfen würden. Lediglich ein Bescheid biete die Grundlage dafür, den Rechtsunterworfenen Pflichten aufzuerlegen und, falls der bescheidmäßigen Anordnung nicht Folge geleistet werde, Sanktionen zu ergreifen. Aus Sicht der Rechtsunterworfenen biete ein Bescheid wiederum Gewähr dafür, dessen Rechtmäßigkeit durch die Instanzen überprüfen zu lassen. Im Ergebnis bestehe kein Anspruch der beschwerdeführenden Gesellschaft auf Vergütung für den Verdienstentgang gemäß §32 EpidemieG 1950.
4. Gegen diese Entscheidungen richten sich die vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden, in denen die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art2 StGG und Art7 B-VG und auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK sowie in der Beschwerde zu E221/2021 auch in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (§32 Abs1 Z1 Epidemiegesetz 1950) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Erkenntnisse, in eventu die Abtretung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird.
Die beschwerdeführende Gesellschaft begründet ihre Beschwerde damit, das Landesverwaltungsgericht habe jegliche Ermittlungstätigkeit zur Existenz von Absonderungsbescheiden gemäß §7 Epidemiegesetz 1950 unterlassen und keine mündliche Verhandlung durchgeführt. Soweit die telefonisch über die Mitarbeiter angeordnete Quarantäne rechtlich als (fern-)mündlicher Bescheid gemäß §62 Abs1 AVG zu qualifizieren sei, sei bereits nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts §32 Abs1 Z1 Epidemiegesetz 1950 erfüllt. Bescheide gemäß §§7 und 17 Epidemiegesetz 1950 könnten jedenfalls seit Inkrafttreten des §46 EpidemieG 1950 idF BGBI. I 43/2020 rechtswirksam auch telefonisch erlassen werden. Soweit die telefonisch angeordnete Quarantäne rechtlich nicht als Bescheid zu qualifizieren sei, unterstelle das Verwaltungsgericht §32 Abs1 Z1 EpidemieG 1950 einen verfassungswidrigen Inhalt, wenn es für den Vergütungsanspruch das Vorliegen eines Bescheides über die Absonderung gemäß §§7 bzw 17 EpidemieG 1950 verlange. §7 Abs1a EpidemieG 1950 regele nicht, in welcher Rechtsform die Absonderung zu erfolgen habe. Die telefonische Anordnung sei, wenn sie keinen Bescheid darstelle, als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu deuten. Die Mitarbeiter der beschwerdeführenden Gesellschaft seien "von der Corona-Hotline aufgefordert [worden], sich in Quarantäne zu begeben". Die Aufforderung sei als Befehl der belangten Behörde an die Mitarbeiter mit unverzüglichem Befolgungsanspruch zu deuten. Bei Ausschluss einer behördlichen Absonderungsmaßnahme, die als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt erlassen werde, vom Vergütungsanspruch gegenüber behördlichen Absonderungsmaßnahmen im Wege eines Bescheides läge eine unsachliche Differenzierung vor. Eine Rechtfertigung, den Vergütungsanspruch von der Form der behördlichen Anordnung der Absonderung gemäß §§7 oder 17 Epidemiegesetz 1950 abhängig zu machen, bestehe nicht. §32 Abs1 Z1 Epidemiegesetz 1950 sei daher verfassungskonform so auszulegen, dass darunter sämtliche behördliche Absonderungsmaßnahmen ungeachtet ihrer Rechtsform fielen.
5. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.
6. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat die Gerichtsakten vorgelegt und keine Gegenschrift erstattet.
7. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hat auf Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes eine Äußerung zur Einrichtung der "Gesundheitsnummer 1450" abgegeben.
II. Rechtslage
1. Die §§7, 32 und 43 Epidemiegesetz 1950 (EpiG), BGBl 186/1950, idF BGBl 702/1974 (§32) bzw BGBl I 63/2016 (§§7 und 43) lauteten wie folgt:
"Absonderung Kranker.
§7. (1) Durch Verordnung werden jene anzeigepflichtigen Krankheiten bezeichnet, bei denen für kranke, krankheitsverdächtige oder ansteckungsverdächtige Personen Absonderungsmaßnahmen verfügt werden können.
(1a) Zur Verhütung der Weiterverbreitung einer in einer Verordnung nach Abs1 angeführten anzeigepflichtigen Krankheit können kranke, krankheitsverdächtige oder ansteckungsverdächtige Personen angehalten oder im Verkehr mit der Außenwelt beschränkt werden, sofern nach der Art der Krankheit und des Verhaltens des Betroffenen eine ernstliche und erhebliche Gefahr für die Gesundheit anderer Personen besteht, die nicht durch gelindere Maßnahmen beseitigt werden kann. Die angehaltene Person kann bei dem Bezirksgericht, in dessen Sprengel der Anhaltungsort liegt, die Überprüfung der Zulässigkeit und Aufhebung der Freiheitsbeschränkung nach Maßgabe des 2. Abschnitts des Tuberkulosegesetzes beantragen. Jede Anhaltung ist dem Bezirksgericht von der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen, die sie verfügt hat. Das Bezirksgericht hat von Amts wegen in längstens dreimonatigen Abständen ab der Anhaltung oder der letzten Überprüfung die Zulässigkeit der Anhaltung in sinngemäßer Anwendung des §17 des Tuberkulosegesetzes zu überprüfen, sofern die Anhaltung nicht vorher aufgehoben wurde.
(2) Kann eine zweckentsprechende Absonderung im Sinne der getroffenen Anordnungen in der Wohnung des Kranken nicht erfolgen oder wird die Absonderung unterlassen, so ist die Unterbringung des Kranken in einer Krankenanstalt oder einem anderen geeigneten Raume durchzuführen, falls die Überführung ohne Gefährdung des Kranken erfolgen kann.
(3) Zum Zwecke der Absonderung sind, wo es mit Rücksicht auf die örtlichen Verhältnisse geboten erscheint, geeignete Räume und zulässig erkannte Transportmittel rechtzeitig bereitzustellen, beziehungsweise transportable, mit den nötigen Einrichtungen und Personal ausgestattete Barackenspitäler einzurichten.
(4) Abgesehen von den Fällen der Absonderung eines Kranken im Sinne des Abs2 kann die Überführung aus der Wohnung, in der er sich befindet, nur mit behördlicher Genehmigung und unter genauer Beobachtung der hiebei von der Behörde anzuordnenden Vorsichtsmaßregeln erfolgen.
(5) Diese Genehmigung ist nur dann zu erteilen, wenn eine Gefährdung öffentli-cher Rücksichten hiedurch nicht zu besorgen steht und der Kranke entweder in eine zur Aufnahme solcher Kranker bestimmte Anstalt gebracht werden soll oder die Überführung nach der Sachlage unbedingt geboten erscheint.
Vergütung für den Verdienstentgang.
§32. (1) Natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes ist wegen der durch die Behinderung ihres Erwerbes entstandenen Vermögensnachteile dann eine Vergütung zu leisten, wenn und soweit
1. sie gemäß §§7 oder 17 abgesondert worden sind, oder
2. ihnen die Abgabe von Lebensmitteln gemäß §11 untersagt worden ist, oder
3. ihnen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit gemäß §17 untersagt worden ist, oder
4. sie in einem gemäß §20 im Betrieb beschränkten oder geschlossenen Unternehmen beschäftigt sind, oder
5. sie ein Unternehmen betreiben, das gemäß §20 in seinem Betrieb beschränkt oder gesperrt worden ist, oder
6. sie in Wohnungen oder Gebäuden wohnen, deren Räumung gemäß §22 angeordnet worden ist, oder
7. sie in einer Ortschaft wohnen oder berufstätig sind, über welche Verkehrsbeschränkungen gemäß §24 verhängt worden sind,
und dadurch ein Verdienstentgang eingetreten ist.
(2) Die Vergütung ist für jeden Tag zu leisten, der von der in Abs1 genannten behördlichen Verfügung umfaßt ist.
(3) Die Vergütung für Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, ist nach dem regelmäßigen Entgelt im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes, BGBl Nr 399/1974, zu bemessen. Die Arbeitgeber haben ihnen den gebührenden Vergütungsbetrag an den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen auszuzahlen. Der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund geht mit dem Zeitpunkt der Auszahlung auf den Arbeitgeber über. Der für die Zeit der Erwerbsbehinderung vom Arbeitgeber zu entrichtende Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung und der Zuschlag gemäß §21 des Bauarbeiterurlaubsgesetzes 1972, BGBl Nr 414, ist vom Bund zu ersetzen.
(4) Für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen ist die Entschädigung nach dem vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen zu bemessen.
(5) Auf den gebührenden Vergütungsbetrag sind Beträge anzurechnen, die dem Vergütungsberechtigten wegen einer solchen Erwerbsbehinderung nach sonstigen Vorschriften oder Vereinbarungen sowie aus einer anderweitigen während der Zeit der Erwerbsbehinderung aufgenommenen Erwerbstätigkeit zukommen.
[…]
Behördliche Kompetenzen.
§43. (1) Die Bestimmungen des Gesetzes vom 30. April 1870, RGBl. Nr 68, betreffend die Organisation des öffentlichen Sanitätsdienstes, bleiben durch die Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes unberührt.
(3) Beim Auftreten von Scharlach, Diphtherie, Abdominaltyphus, Paratyphus, Flecktyphus, Blattern, Asiatischer Cholera, Pest, Ägyptischer Augenentzündung, Wutkrankheit, Bißverletzungen durch wutkranke oder wutverdächtige Tiere sowie in sonstigen Fällen dringender Gefahr sind die im §5 Abs1 bezeichneten Erhebungen und die in den §§7 bis 14 bezeichneten Vorkehrungen auch sofort an Ort und Stelle von den zuständigen, im öffentlichen Sanitätsdienste stehenden Ärzten zu treffen.
(4) Die Einleitung, Durchführung und Sicherstellung sämtlicher in diesem Gesetze vorgeschriebener Erhebungen und Vorkehrungen zur Verhütung und Bekämpfung anzeigepflichtiger Krankheiten beziehungsweise die Überwachung und Förderung der in erster Linie von den zuständigen Sanitätsorganen getroffenen Vorkehrungen sind Aufgabe der Bezirksverwaltungsbehörde.
(5) Dem Landeshauptmann obliegt im Rahmen seines örtlichen Wirkungsbereichs die Koordinierung und Kontrolle der Maßnahmen der Bezirksverwaltungsbehörden gemäß Abs4. Besteht der Verdacht oder die Kenntnis über einen bundesländerübergreifenden Ausbruch einer Erkrankung gemäß §1 Abs1 und 2, so haben die Landeshauptmänner der betroffenen Bundesländer zusammenzuarbeiten und ihre Tätigkeiten zu koordinieren.
(6) Das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend ist im Fall von Krankheitsausbrüchen vom Landeshauptmann unverzüglich zu verständigen. "
2. §46 Epidemiegesetz 1950 (EpiG), BGBl 186/1950, der zuvor Militärapotheken geregelt hat, lautet seit 15. Mai 2020 (BGBl I 43/2020; die Überschrift erst seit 8. Juli 2020 [BGBl I 62/2020]) wie folgt:
"Telefonischer Bescheid
§46. (1) Bescheide gemäß §7 oder §17 dieses Bundesgesetzes können für die Dauer der Pandemie mit COVID-19 abweichend von §62 Abs1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl Nr 51/1991 in der geltenden Fassung, aufgrund eines Verdachts mit der Infektion von SARS-CoV-2 auch telefonisch erlassen werden.
(2) Die Absonderung endet, wenn die Behörde nicht innerhalb von 48 Stunden einen Bescheid über die Absonderung gemäß §7 dieses Bundesgesetzes wegen einer Infektion mit SARS-CoV-2 erlässt.
(3) Der Inhalt und die Verkündung eines telefonischen Bescheides ist zu beurkunden und der Partei zuzustellen."
III. Erwägungen
Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:
1. Die – zulässigen – Beschwerden sind nicht begründet.
2. Der Verfassungsgerichtshof hegt aus Anlass der Beschwerdefälle keine Bedenken gegen die den angefochtenen Entscheidungen zugrunde liegenden Rechtsvorschriften.
3. Die beschwerdeführende Gesellschaft macht eine Verletzung ihrer verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art2 StGG, Art7 B-VG) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 des 1. ZPEMRK) geltend, weil ihr die Vergütung des Verdienstentganges entgegen §7 iVm §32 Abs1 Z1 und Abs3 EpidemieG 1950 verweigert worden sei, obwohl ihre Dienstnehmer von Mitarbeitern der "Gesundheitsnummer 1450" abgesondert worden seien.
4. §32 Abs1 Z1 EpidemieG 1950 räumt einen Anspruch auf Vergütung für entstandene Vermögensnachteile ein, wenn der Betroffene "gemäß §7 [EpidemieG 1950] abgesondert worden ist"; gemäß §32 Abs3 leg cit geht der Anspruch unter den dort genannten Voraussetzungen auf den Arbeitgeber über. Gemäß §7 Abs1a EpidemieG 1950 können zur Verhütung der Weiterverbreitung von COVID-19 (vgl die zu §7 EpidemieG 1950 ergangene Verordnung RGBl. 39/1915 idF BGBl II 21/2020) kranke, krankheitsverdächtige oder ansteckungsverdächtige Personen angehalten oder im Verkehr mit der Außenwelt beschränkt werden, sofern nach der Art der Krankheit und des Verhaltens des Betroffenen eine ernstliche und erhebliche Gefahr für die Gesundheit anderer Personen besteht, die nicht durch gelindere Maßnahmen beseitigt werden kann. Kann eine zweckentsprechende Absonderung im Sinn der getroffenen Anordnungen in der Wohnung des Kranken nicht erfolgen oder wird die Absonderung unterlassen, so ist die Unterbringung des Kranken in einer Krankenanstalt oder einem anderen geeigneten Raume durchzuführen, falls die Überführung ohne Gefährdung des Kranken erfolgen kann (§7 Abs2 EpidemieG 1950).
5. §32 Abs1 Z1 EpidemieG 1950 stellt auf behördlich-hoheitliche Absonderungsanordnungen ab, die im Wege von Bescheiden oder Akten unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ergehen. Das Landesverwaltungsgericht hat seiner abweisenden Entscheidung zwar eine falsche Rechtsauffassung zugrunde gelegt (vgl VfGH 6.10.2021, E4201/2020), dessen ungeachtet war im vorliegenden Fall allerdings im Ergebnis keine Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten festzustellen: Eine freiwillige, eigeninitiative Absonderung von der Außenwelt ist nach §32 Abs1 Z1 EpidemieG 1950 nicht entschädigungsfähig (arg.: "abgesondert worden ist"). Eine solche freiwillige, eigeninitiative Absonderung liegt auch noch dann vor, wenn sie im Hinblick auf eine bloße staatliche Empfehlung erfolgt.
6. Die Einrichtung "Gesundheitsberatung 1450", die nach einer Kooperationsvereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und dem Dachverband der Sozialversicherungsträger "über die Zusammenarbeit für den bundesweiten Rollout und Dauerbetrieb der Gesundheitsberatung 1450" die Beantwortung gesundheitsbezogener Fragen zur Aufgabe hat, ist weder gesetzlich mit Hoheitsgewalt betraut, noch sind ihre Mitarbeiter nach dem Gesamtbild der Umstände den zu Absonderungen nach §7 EpidemieG 1950 zuständigen Organen bzw Behörden (§43 Abs3 und 4 EpidemieG 1950) zugeordnet oder zurechenbar. Die Erlassung hoheitlicher, iSd §32 Abs1 Z1 EpidemieG 1950 vergütungsfähiger Anordnungen durch Mitarbeiter der "Gesundheitsberatung 1450", die sohin keine zu Anordnungen befugte Behörde, sondern vielmehr eine Einrichtung des „Bürgerservice“ ist, scheidet daher von vornherein aus.
7. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist daher – im Ergebnis – durch die Abweisung ihres Entschädigungsantrages nach §32 Abs1 Z1 EpidemieG 1950 weder in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art2 StGG, Art7 B-VG) oder auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 des 1. ZPEMRK) noch in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten noch in Rechten infolge Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes verletzt worden.
IV. Ergebnis
1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die beschwerdeführende Gesellschaft in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
2. Die Beschwerden sind daher abzuweisen und gemäß Art144 Abs3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten (zum System der Abtretung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof durch den Verfassungsgerichtshof nach Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 vgl VfSlg 19.867/2014).
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
COVID (Corona), Behördenzuständigkeit, Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Bescheid mündlicherEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:E221.2021Zuletzt aktualisiert am
24.11.2021