TE Vwgh Erkenntnis 1979/4/19 0668/78

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Veröffentlicht am 19.04.1979
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Index

Gewerberecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
40/01 Verwaltungsverfahren
50/01 Gewerbeordnung

Norm

AVG §56
B-VG Art130 Abs2
GewO 1973 §366 Abs1 Z2
GewO 1973 §5 Z2
VStG §19
VStG §22
VStG §44a lita
VStG §44a Z1 implizit

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
0669/78

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Dolp und die Hofräte Dr. Hrdlicka, Dr. Baumgartner, Dr. Griesmacher und Dr. Weiss als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Gaismayer, über die Beschwerden des FK in S, vertreten durch Dr. Josef Heis, Rechtsanwalt in Innsbruck, Anichstraße 10/I, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Tirol 1) vom 17. November 1977, Zl. IIa-9328/3, und 2) vom 17. November 1977, Zl. IIa-9395/2, beide betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde gegen den erstgenannten Bescheid wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 150,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der zweitgenannte Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 3.340,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I. In dem gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachtes der unbefugten Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart „Bar“ im August 1977 im Standort Innsbruck, X-straße 2, eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren, gab dieser am 2. September 1977 vor dem Stadtmagistrat Innsbruck als Beschuldigter vernommen an, daß er den ihm angelasteten Sachverhalt nicht bestreite. Er weise aber darauf hin, daß er sich vor Eröffnung dieses Lokales genau davon überzeugt habe und daß es auch im Zuge einer Kommissionierung festgestellt worden sei, daß alle erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen getroffen gewesen seien. Es sei ihm auch seitens der Behörde zugesagt worden, daß mit der Konzessionserteilung nur noch darauf gewartet werden müsse, ob das Bauamt eine Betriebsanlagengenehmigung für erforderlich halte oder nicht, und daß ansonsten alle Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession vorhanden seien. Er habe daher bereits ab 1. August 1977 in Erwartung der Erteilung der Konzession das Personal für die Bar eingestellt und diese auch Anfang August eröffnet. Hinsichtlich der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse verwies der Beschwerdeführer laut Niederschrift auf den Steuerbescheid sowie auf die Sorgepflicht für seine Ehegattin und drei minderjährige Kinder.

Mit Straferkenntnis vom 26. September 1977 erkannte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck den Beschwerdeführer der Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 schuldig, weil er im August 1977 im Standort Innsbruck-Igls, X-straße 2, das Gast- und Schankgewerbe in der Betriebsart „Bar“ ohne die hiezu erforderliche Gewerbeberechtigung ausgeübt habe. Er verhängte über ihn hiefür „gemäß § 366 leg. cit.“ eine Geldstrafe von S 15.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von 3 Wochen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die dem Beschwerdeführer angelastete Handlungsweise - die den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 360 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 erfülle - stehe auf Grund der Verantwortung des Beschwerdeführers im Zusammenhalt mit den durchgeführten behördlichen Erhebungen fest. In Anbetracht sämtlicher Umstände, insbesondere des offenbar beträchtlichen Umfanges der unbefugten Tätigkeit (15 Angestellte), sowie im Hinblick auf general- und spezialpräventive Rücksichten erscheine die verhängte Strafe angemessen.

In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, er habe den Barbetrieb im Vertrauen auf die baldige Konzessionserteilung eröffnet, und er berief sich insbesondere auf das Vorliegen eines Notstandes, weil der Barbetrieb zur Sicherung von Arbeitsplätzen für ca. 20 Personen und zur Vermeidung wirtschaftlicher Schäden notwendig gewesen sei; so hätte insbesondere die Errichtung des Betriebes mit einem Aufwand von etwa S 12,000.000,-- ohne sofortige Inbetriebnahme zu einer Existenzgefährdung geführt. Des weiteren sei die Betriebsaufnahme noch in der Sommersaison 1977 auch im Interesse des Fremdenverkehrs in Igls gewesen. Die verhängte Strafe in der Höhe von S 15.000,-- sei auf jeden Fall unbillig und es gehe nicht an, daß der Stadtmagistrat Innsbruck einerseits für den Betrieb anfallende Steuern und Abgaben vorschreibe und andererseits über ihn die vorangeführte Strafe verhänge.

Mit Bescheid vom 17. November 1977 wies der Landeshauptmann von Tirol die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Er verwies im Berufungsbescheid auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Straferkenntnisses und führte ergänzend aus, in der Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung infolge Unterlassung einer Straftat, durch welche die Lebensmöglichkeiten selbst nicht unmittelbar bedroht seien, könne ein Notstand im Sinne des § 6 VStG 1950 nicht erblickt werden. Im übrigen müsse dem Beschwerdeführer auf Grund der Ergebnisse der Lokaleignungsprüfung vom 29. Juli 1977, bei der er persönlich anwesend gewesen sei, bekannt gewesen sei, daß infolge einer baulichen Projektsänderung die Lokaleignung zu diesem Zeitpunkt nach nicht eindeutig habe festgestellt und auch nicht durch Auflagen habe abgesichert werden können, weil eben die Umplanung noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Auch habe der Beschwerdeführer noch am 24. Oktober 1977 eine Präzisierung des Konzessionsansuchens vorgenommen, worauf erst die Konzessionserteilung habe erfolgen können. Wenn er also trotz Kenntnis der Sach- und Rechtslage den Betrieb eröffnet und das Risiko einer Verwaltungsübertretung auf sich genommen habe, könne er sich nicht dadurch beschwert erachten, daß die Behörde von den ihr zustehenden Strafmitteln Gebrauch mache. Im Hinblick auf den Grad des Verschuldens - die Tat lasse erkennen, daß der Beschwerdeführer durchaus bereit gewesen sei, aus wirtschaftlichen Erwägungen das Risiko einer Bestrafung auf sich zu nehmen - und die weiteren im erstinstanzlichen Straferkenntnis angeführten erschwerenden Umstände, denen als mildernd lediglich das Tatsachengeständnis des Beschwerdeführers gegenübergestanden sei, werde auch das Strafausmaß als angemessen erachtet. Die Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers (er sei Inhaber mehrerer Gastbetriebe) hätten ebenfalls nicht zur Herabsetzung der Strafe führen können.

II. Noch vor der am 30. September 1977 erfolgten Zustellung des zu Punkt I. genannten Straferkenntnisses vom 26. September 1977 an den Beschwerdeführer wurden gegen diesen seitens der Bundespolizeidirektion Innsbruck mehrere Anzeigen erstattet, welche die in Rede stehende unbefugte Gewerbeausübung durch den Beschwerdeführer auch im Monat September zum Inhalt hatten. Im Zuge eines hierüber eingeleiteten weiteren Strafverfahrens verwies der Beschwerdeführer auf sein Vorbringen in der Berufung gegen das zu Punkt I. genannten, gegen ihn bereits gefällte Straferkenntnis.

Mit Straferkenntnis vom 18. Oktober 1977 erkannte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck den Beschwerdeführer neuerlich der Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 schuldig, weil er im September 1977 im Standort Innsbruck-Igls, X-straße 2, das Gast- und Schankgewerbe in der Betriebsart „Bar“ ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausgeübt habe. Er verhängte hiefür über ihn eine Geldstrafe von S 30.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von 6 Wochen. Die Behörde nahm auch in diesem Fall die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale der Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 im Hinblick auf die eigene Verantwortung des Beschwerdeführers im Zusammenhalt mit den durchgeführten behördlichen Erhebungen an.

Eine auch gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung wies der Landeshauptmann von Tirol mit Bescheid vom 17. November 1977 als unbegründet ab, setzte jedoch die verhängte Geldstrafe auf eine solche von S 15.000,-- unter gleichzeitiger Bemessung einer Ersatzarreststrafe in der Dauer von 3 Wochen herab. Die Begründung des Berufungsbescheides hinsichtlich der Erfüllung des Tatbestandes der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung deckt sich im wesentlichen mit den Ausführungen in dem zu Punkt I. genannten Berufungsbescheid.

Die vorliegenden Beschwerden richten sich gegen die zu Punkt I. (Zl. 669/78) und II. (Zl. 668/78) bezeichneten Bescheide. Dem gesamten Beschwerdevorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht wegen der Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 bestraft zu werden, als verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und hierüber erwogen:

Zu I. (hg. Zl. 669/78):

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- oder mit einer Arreststrafe bis zu sechs Wochen zu ahnden ist, wer ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z. 2) ohne die erforderliche Konzession ausübt. Voraussetzung für die behördliche Annahme der Erfüllung dieses, den Gegenstand eines sogenannten Ungehorsamsdeliktes im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG 1950 bildenden Verwaltungsstraftatbestandes ist daher die Ausübung eines konzessionierten Gewerbes - im vorliegenden Fall die des Gastgewerbes in der Betriebsart „Bar“ (§§ 189, 192 GewO 1973) - ohne die hiefür erforderliche rechtskräftige (vgl. hiezu hg. Beschluß vom 9. November 1977, Zl. 2264/77, sowie das hierauf bezugnehmende hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1978, Zl. 33/78, auf die, gleichwie hinsichtlich der in weiterer Folge zitierten nichtveröffentlichten hg. Entscheidungen, unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen wird) - Konzession, was sachverhaltsmäßig im vorliegenden Fall seitens des Beschwerdeführers in keinem Verfahrensstadium in Abrede gestellt wurde.

Wenn sich der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren auf das Vorliegen eines wegen des Erfordernisses der sofortigen Inbetriebnahme der Bar zufolge der hohen Investitions- und Herstellungskosten für ihn gegebenen „Notstandes“ berufen hat - ein Umstand, der im übrigen in der Beschwerde nicht mehr releviert wird - so hat hiezu bereits die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend darauf hingewiesen, daß in der bloßen Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung, durch welche die Lebensmöglichkeiten selbst nicht unmittelbar bedroht sind, ein Notstand im Sinne des § 6 VStG 1950 nicht erblickt werden kann (vgl. hiezu hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1956, Slg, N. F. Nr. 4074/A). Da ferner der Beschwerdeführer den allfälligen Mangel eines Verschuldens auf seiner Seite im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG 1950 nicht einmal behauptungsmäßig vorgebracht hat, erscheint sohin der hier in Rede stehende, durch die belangte Behörde erfolgte Schuldspruch, sowohl im Hinblick auf die nach dem Akteninhalt zu berücksichtigende Sach- als auch die sich hieraus ergebende Rechtslage voll gedeckt.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich darauf verweist, seiner Ansicht nach sei eine Rechtswidrigkeit des zu Punkt I. angefochtenen Bescheides schon deshalb gegeben, da er wegen der gleichen Deliktshandlung auch in dem zu Punkt II. gegen ihn eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren neuerlich bestraft worden sei, so ist ihm folgendes entgegenzuhalten:

Das der belangten Behörde vorgelegene tatbestandsmäßige Sachverhaltsbild läßt eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen des Beschwerdeführers erkennen, welche vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände und des diesbezüglichen Gesamtkonzeptes des Beschwerdeführers zu einer Einheit zusammentreten, die sich in der strafrechtlichen Figur des fortgesetzten Deliktes manifestiert (vgl. hiezu hg. Erkenntnis vom 10. Februar 1977, Slg. N. F. Nr. 9246/A). In Hinsicht darauf stellt auch die hier in Rede stehende Verwaltungsübertretung der unbefugten Gewerbeausübung ein fortgesetztes Delikt dar, das die Anwendung des im § 22 VStG 1950 normierten Kumulationsprinzips ausschließt. In diesem Zusammenhang liegt ein Verstoß gegen das Verbot der mehrfachen Bestrafung lediglich dann nicht vor, wenn der Täter die verpönte Tätigkeit (hier: unbefugte Gewerbeausübung) nach vorangegangener Bestrafung fortsetzt und hiefür abermals bestraft wird. In diesem Fall umfaßt die neuerliche Bestrafung alle seit der letzten Bestrafung gesetzten Tathandlungen, wobei weiters zu bemerken bleibt, daß die Bestrafung für einen bestimmten Tatzeitraum auch die in diesem gelegenen, allenfalls erst später bekannt gewordenen Einzeltathandlungen, erfaßt (vgl. hiezu die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 4. Juli 1977, Zlen. 2601/76, u.a., und die dort zitierte Rechtslehre und Rechtsprechung). Danach stellt sich aber die Frage der im Zusammenhang mit einem fortgesetzten Delikt allenfalls in unzulässiger Weise erfolgten mehrfachen Bestrafung nur im Falle einer neuerlichen Bestrafung wegen gleichartiger Deliktshandlungen, keinesfalls aber, wenn - wie nach der Aktenlage auch in dem zu Punkt I. behandelten Verwaltungsstrafverfahren - erstmals eine Bestrafung des Täters unter Ausspruch einer Strafe erfolgt, da es ja der Täter ansonsten geradezu in der Hand hätte, durch ständige Fortsetzung seiner verbotenen Handlungsweise eine behördliche Bestrafung überhaupt zu verhindern.

Wenn der Beschwerdeführer des weiteren im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zur verhängten Strafe zunächst geltend macht, die belangte Behörde habe als angewendete Gesetzesbestimmung unrichtigerweise die den Straftatbestand enthaltende Norm des § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 herangezogen, so kann eine Schlüssigkeit dieses Vorbringens nicht erkannt werden, weil einerseits der Einleitungssatz des § 366 Abs. 1 GewO 1973 die Strafbestimmung für sämtliche der in der Folge in Z. 1 bis 4 angeführten Straftatbestände enthält und ferner der Hinweis „leg. cit.“ (legis citatae) entgegen der offenbaren Meinung des Beschwerdeführers lediglich die neuerliche Anführung „GewO 1973“ ersetzt.

Es kann aber auch den Beschwerdeausführungen zur Strafhöhe nicht gefolgt werden. In diesem Zusammenhang ist zunächst auf § 19 VStG 1950 in seiner im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vor der Novellierung durch das Bundesgesetz vom 1. Februar 1978, BGBl. Nr. 117/1978, geltenden Fassung zu verweisen, wonach die Strafe innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafsatzes zu bemessen ist. Dabei sind außer den mildernden und erschwerenden Umständen im ordentlichen Verfahren auch die Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen. In diesem Rahmen überläßt das Gesetz die Bemessung der Strafhöhe dem Ermessen der Behörde. Die Strafbemessung ist im Sinne des Art. 130 Abs. 2 B-VG nicht rechtswidrig und damit auch der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof entzogen, wenn die Behörde von dem ihr zustehenden Ermessen keinen gesetzwidrigen Gebrauch macht (vgl. hiezu die diesbezüglichen Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1976, Zlen. 2306/75, u.a.). Im vorliegenden Fall hatte der Beschwerdeführer laut der unwidersprochen gebliebenen Niederschrift im Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich seiner Vermögens- und Einkommensverhältnisse auf den „Steuerbescheid“ und im Zusammenhang mit seinen Familienverhältnissen auf die Sorgepflicht für seine Gattin und drei minderjährige Kinder verwiesen. Konkrete Angaben über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse hatte der Beschwerdeführer ungeachtet der Festsetzung der Strafhöhe im Straferkenntnis der Verwaltungsbehörde erster Instanz nicht gemacht, sondern lediglich auf den seiner Meinung nach gegebenen Widerspruch hingewiesen, daß die Behörde einerseits eine Geldstrafe von S 15.000,-- festsetze und andererseits für den Betrieb anfallende Steuern und Abgaben vorschreibe. Zu diesem Berufungsvorbringen hatte die belangte Behörde auf die Strafzumessungsgründe des erstinstanzlichen Straferkenntnisses verwiesen, danach den offenbar beträchtlichen Umfang der unbefugten Tätigkeit (15 Angestellte) sowie general- und spezialpräventive Rücksichten als erschwerend angenommen, ergänzend als mildernd lediglich das Tatsachengeständnis gewertet und hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers ausgeführt, daß dieser Inhaber mehrerer Gastgewerbebetriebe sei.

Eine Strafbemessung, die von dem Gedanken getragen ist, die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften durch die erforderliche Verhängung auch einschneidender Strafen zu erzwingen, ist nicht gesetzwidrig, da insbesondere der Beschwerdeführer ungeachtet seines Tatsachengeständnisses nicht etwa zu erkennen gab, in Zukunft seine gesetzwidrige Gewerbeausübung vor Erlangung der Konzession zu unterlassen. Der Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht finden, daß die belangte Behörde bei der Strafbemessung von dem ihr zustehenden Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, zumal auch in der Beschwerde selbst keinerlei konkrete Angaben aufscheinen, aus denen sich ungeachtet der angeführten Erschwerungs- und Milderungsgründe und dem Schuldgehalt der Tat eine im Hinblick auf die Obergrenze des gesetzlichen Strafsatzes nicht dem Gesetz entsprechende Ermessensübung der belangten Behörde bei Festsetzung der Höhe der Geldstrafe und des Ausmaßes der Ersatzfreiheitsstrafe ergeben würde.

Die gegen den Bescheid laut Punkt I. gerichtete Beschwerde war daher zur Gänze gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Zu II. (hg. Zl. 668/78):

Hingegen erweist sich die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Bestrafung des Beschwerdeführers wegen der Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 zufolge der Punkt II. zugrundeliegenden unbefugten Gewerbeausübung im Monat September 1977 richtet, im Ergebnis als begründet. Wie schon zu Punkt I, ausgeführt wurde, folgt aus dem Wesen einer Straftat als fortgesetztes Delikt, daß die Bestrafung für einen bestimmten Tatzeitraum auch die in diesem gelegenen, wenn auch allenfalls erst später bekannt gewordenen Einzeltathandlungen erfaßt. Das zu Punkt I. behandelte Straferkenntnis erster Instanz vom 26. September 1977 wurde dem Beschwerdeführer laut dem im Akt erliegenden Zustellnachweis am 30. September 1977 zugestellt und sohin auch erst in diesem Zeitpunkt gefällt (vgl. hiezu auch Anmerkung 4. zu § 1 Abs. 2 VStG 1950 in Mannlicher, Das Verwaltungsverfahren, 7. Auflage). Die Bestrafung durch das angeführte Straferkenntnis vom 26. September 1977 erfaßte daher im Sinne der vorstehenden Ausführungen ungeachtet der Anführung des Monates „August 1977“ im Spruch auch die im September 1977 erfolgten Einzeltathandlungen. Daß aber auch die inkriminierten Handlungen des Beschwerdeführers im September 1977 im Sinne der Annahme der belangten Behörde Einzeltathandlungen im Rahmen des in Rede stehenden fortgesetzten Deliktes der unbefugten Gewerbeausübung darstellen, ergibt sich aus den dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Sachverhaltsfeststellungen und ferner insbesondere aus der darin enthaltenen Anführung, daß in der Zwischenzeit der Strafzweck der Spezialprävention infolge der Konzessionserteilung weggefallen sei.

Da die belangte Behörde dies verkannte, war sohin der zu Punkt II. bezeichnete Bescheid in Stattgebung der Beschwerde gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 zufolge Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz zu den Punkten I. und II. gründet sich jeweils auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung vom 31. Oktober 1977, BGBl. Nr. 542/1977.

Wien, am 19. April 1979

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit fortgesetztes Delikt Ermessen besondere Rechtsgebiete Erschwerende und mildernde Umstände Vorstrafen Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der Rechtswirkungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1979:1978000668.X00

Im RIS seit

17.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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