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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
BFA-VG 2014 §9Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Engel, in der Rechtssache der Revision des A R in S, vertreten durch Dr.in Julia Ecker, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Opernring 7/18, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. August 2021, W129 2207406-2/4E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der aus dem Iran stammende Revisionswerber stellte erstmals am 29. Dezember 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005. Er brachte vor, homosexuell zu sein und Christ werden zu wollen. Daher werde er in seinem Heimatland verfolgt.
2 Dieser Antrag wurde im Instanzenzug vom Bundesverwaltungsgericht mit dem am 13. Oktober 2020 im Anschluss an die von ihm durchgeführte Verhandlung mündlich verkündeten Erkenntnis abgewiesen. Unter einem wurde gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung erlassen (und es wurden weitere nach dem Gesetz vorgesehene Aussprüche getätigt). Das Vorbringen des Revisionswerbers zu den Gründen einer Verfolgung im Herkunftsstaat wurde als unglaubwürdig eingestuft.
3 Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der an ihn (nach antragsgemäß erfolgter) Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 24. Februar 2021, E 4380/2020-7, ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Daraufhin brachte der Revisionswerber beim Verwaltungsgerichtshof einen Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe ein. Dieser Antrag wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Mai 2021, Ra 2021/18/0175-4, abgewiesen. Die Erhebung einer Revision gegen das am 13. Oktober 2020 mündlich verkündete und mit 25. November 2020 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis ist beim Verwaltungsgerichtshof nicht verzeichnet.
4 Am 17. Juni 2021 stellte der Revisionswerber den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, den er wiederum mit einer Verfolgung im Heimatland wegen seiner Homosexualität begründete. Hinsichtlich seines Glaubens führte er aus, er habe bei der ersten Antragstellung den Rat des Dolmetschers befolgt, wonach er angeben solle, Christ werden zu wollen. Der Revisionswerber wolle aber weder Christ noch Moslem sein. Er brauche keine Religion. Im Iran müsse man aber sagen, dass man Moslem sei.
5 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, das das Asylverfahren des Revisionswerbers nicht zugelassen hatte, wies den Folgeantrag mit Bescheid vom 13. Juli 2021 wegen entschiedener Sache zurück, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung sowie ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt.
6 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht ohne Durchführung einer Verhandlung als unbegründet abgewiesen. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Der Revisionswerber wendet sich zur Begründung der Zulässigkeit der Revision - unter unterschiedlichen Aspekten - gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts.
11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der zur Rechtskontrolle berufene Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. etwa VwGH 14.9.2021, Ra 2020/20/0405, mwN).
12 Dem Revisionswerber, der in erster Linie seine eigenen beweiswürdigenden Überlegungen an die Stelle des Bundesverwaltungsgerichts gesetzt wissen möchte, gelingt es nicht aufzuzeigen, dass die Erwägungen des Verwaltungsgerichts mit einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangelhaftigkeit behaftet wären.
13 Wenn in der Revision die unterbliebene Vernehmung von Zeugen angesprochen wird, so ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach im Fall einer unterbliebenen Vernehmung - um die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers darzulegen - in der Revision konkret darzulegen ist, was die betreffende Person im Fall ihrer Vernehmung hätte aussagen können und welche anderen Feststellungen auf Grund dessen zu treffen gewesen wären (vgl. VwGH 26.2.2021, Ra 2021/14/0044, mwN). Diesen Anforderungen kommt der Revisionswerber mit seinen bloß pauschal gehaltenen und nicht näher konkretisierten Ausführungen nicht nach.
14 Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bereits das Bundesverwaltungsgericht festgehalten hat, dass der Revisionswerber die Zeugen jeweils nur mit ihrem Vornamen benannt hat. Trotz der Ankündigung, die Nachnamen und eine (ladungsfähige) Adresse „nachzuliefern“, sei eine solche Bekanntgabe nicht erfolgt. Dem wird in der Revision nichts entgegengesetzt.
15 Vor diesem Hintergrund ist auch nicht zu sehen, dass die Voraussetzungen für die Abstandnahme von der Verhandlung nicht gegeben gewesen wären (vgl. zu den hier maßgeblichen Voraussetzungen bei Beschwerden gegen im Zulassungsverfahren getroffene Entscheidungen ausführlich VwGH 30.6.2016, Ra 2016/19/0072).
16 Der Revisionswerber wendet sich weiters gegen die im Rahmen der Erlassung der Rückkehrentscheidung nach § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) vorgenommene Interessenabwägung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt ist und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. VwGH 25.5.2021, Ra 2021/20/0163, mwN).
17 Der Revisionswerber legt seinen Ausführungen zu diesem Thema die Richtigkeit seines Vorbringens zu seiner Homosexualität zugrunde. Damit entfernt er sich vom festgestellten Sachverhalt (sh. § 41 VwGG), sodass er schon deshalb nicht aufzeigt, dass die nach § 9 BFA-VG vorgenommene Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts unvertretbar wäre. Es ist aber auch nicht zu sehen, dass dem Verwaltungsgericht bei der Berücksichtigung und der Gewichtung der für die Entscheidung maßgeblichen Umstände ein vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmender Fehler unterlaufen wäre.
18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 20. Oktober 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021200366.L00Im RIS seit
17.11.2021Zuletzt aktualisiert am
30.11.2021