TE Vwgh Beschluss 2021/10/21 Ra 2021/09/0191

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Veröffentlicht am 21.10.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
82/02 Gesundheitsrecht allgemein

Norm

B-VG Art133 Abs4
COVID-19-MaßnahmenG 2020
COVID-19-MaßnahmenV BGBl II 96/2020
EpidemieG 1950 §20
EpidemieG 1950 §32
EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z1
EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z5
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision der A GmbH in B, vertreten durch Mag. Robert Reich-Rohrwig, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Brucknerstraße 2/5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 19. April 2021, LVwG-AV-558/001-2021, betreffend Ansprüche nach dem Epidemiegesetz 1950 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Die revisionswerbende Partei betreibt eine Raststation mit Beherbergung und Restaurant samt angeschlossener Tankstelle mit Shop und Gastronomie.

2        Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 12. Februar 2021 wurde der auf § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) gestützte Antrag der revisionswerbenden Partei vom 10. Juni 2020 auf Vergütung des Verdienstentganges für den Zeitraum vom 16. März 2020 bis 14. Mai 2020 und auf Vergütung der von der revisionswerbenden Partei als Dienstgeberin geleisteten Entgeltfortzahlungen für den Zeitraum vom 16. März 2020 bis 28. Mai 2020 abgewiesen.

3        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit Erkenntnis vom 19. April 2021, soweit sie sich gegen die Abweisung des Antrages auf Vergütung des Verdienstentganges für den Zeitraum vom 16. März 2020 bis 14. Mai 2020 und auf Vergütung der von der revisionswerbenden Partei als Dienstgeberin geleisteten Entgeltfortzahlungen für den Zeitraum vom 16. März 2020 bis 28. Mai 2020 richtete, als unbegründet ab. Unter einem fasste es einen Beschluss, mit dem die Beschwerde soweit sie sich gegen die Nichtgewährung einer Vergütung des Verdienstentganges für den Zeitraum vom 15. Mai 2020 bis zum 28. Mai 2020 richtete, gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen wurde. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

4        Dagegen erhob die revisionswerbende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 7. Juni 2021, E 1855/2021-5, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

5        In der Folge wurde die vorliegende außerordentliche Revision eingebracht, in der zur Zulässigkeit zusammengefasst geltend gemacht wird, die mit der COVID-19 Maßnahmenverordnung verfügten Betretungsverbote seien auch Betriebsbeschränkungen im Sinn des § 20 EpiG gewesen, weshalb eine entsprechende Entschädigung (gemeint offensichtlich nach § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG) per grundrechtskonformer Auslegung der geltenden Bestimmungen in Entsprechung des Gleichheitsgebots zustehe. Die revisionswerbende Partei sei dadurch auch im Sinn des § 32 Abs. 1 Z 1 EpiG in ihrem Erwerb behindert worden, weil die Mitarbeiter gemäß § 7 EpiG abgesondert worden seien. Sowohl die Mitarbeiter als auch die Kunden seien „quasi als generell krankheitsverdächtige oder ansteckungsverdächtige Personen im Verkehr mit der Außenwelt beschränkt“ worden.

6        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1 VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 24.2.2021, Ra 2021/03/0018, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG iVm Abs. 9 VwGG verwiesen wird, dargelegt hat, setzt ein Anspruch auf Vergütung für den Verdienstentgang nach § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG - ausgehend vom klaren Wortlaut - voraus, dass das vom Anspruchswerber betriebene Unternehmen „gemäß § 20 in seinem Betrieb beschränkt oder gesperrt worden ist“. Anspruchsvoraussetzung ist demnach eine Betriebsbeschränkung oder -sperre nach der Bestimmung des § 20 EpiG. Eine auf § 20 EpiG gestützte Betriebsschließung oder -beschränkung erfolgte im vorliegenden Fall jedoch nicht (vgl. bereits Ausführungen zum diesbezüglich identen Zulässigkeitsvorbringen im hg. Beschluss vom 1.9.2021, Ra 2021/03/0152; siehe zudem auch VwGH 23.3.2021, Ra 2021/09/0046, mwN).

10       Soweit in der Zulässigkeitsbegründung geltend gemacht wird, es lägen die Voraussetzungen für einen Vergütungsanspruch gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 EpiG vor, ist darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in den Beschlüssen vom 23.4.2021, Ra 2020/09/0070, und vom 8.6.2021, Ra 2021/09/0091, auf deren Begründungen gemäß § 43 Abs. 2 iVm Abs. 9 VwGG verwiesen wird, eine interpretative Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 32 Abs. 1 Z 1 EpiG auf Grund von „generellen Quarantäneanordnungen“ verneint hat.

11       Im Übrigen haben Gesetzgeber bzw. Verordnungserlasser des COVID-19-Maßnahmengesetzes bzw. der „COVID-19-Verordnungen“ die in Rede stehenden Einschränkungen nicht isoliert erlassen, sondern „in ein umfangreiches Maßnahmen- und Rettungspaket eingebettet“ (vgl. die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 14.7.2020, G 202/2020, Punkt 2.3.6). Der Verwaltungsgerichtshof hegt daher keine Bedenken, wenn nicht für alle Maßnahmen nach dem EpiG, die (mittelbare) Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb eines Unternehmens haben, eine Entschädigung nach § 32 EpiG vorgesehen wird (vgl. erneut VwGH 8.6.2021, Ra 2021/09/0091).

12       Da in der Revision somit keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 21. Oktober 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021090191.L00

Im RIS seit

17.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

17.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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