TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/6 W205 2197501-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.07.2021
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Entscheidungsdatum

06.07.2021

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
AVG §68
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W205 2197501-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Schnizer-Blaschka über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Kenia, vertreten durch Kocher & Bucher Rechtsanwälte OG, 8010 Graz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.06.2021, Zl. 1174985605/210539015, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 68 AVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. 


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz:

Die Beschwerdeführerin, eine kenianische Staatsangehörige, reiste legal auf dem Luftweg unter Verwendung ihres Reisepasses und eines Visums in das Bundesgebiet ein und stellte am 27.11.2017 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz.

Hierzu wurde sie noch am selben Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich erstbefragt. Dabei gab die Beschwerdeführerin zu ihren Fluchtgründen befragt an, bei der Präsidentenwahl in Kenia am 08.08.2017 Wahlhelferin gewesen zu sein. Im Zuge dessen seien sie und ihre Freundin gezwungen worden, Zettel zu unterschreiben, die ein anderes Ergebnis als ausgezählt worden sei, aufgewiesen hätten. Die Beschwerdeführerin und ihre Freundin hätten sich geweigert, den Zettel zu unterschreiben. Am nächsten Tag habe die Beschwerdeführerin einen Anruf erhalten, wo ihr mitgeteilt worden sei, dass ihre Freundin umgebracht worden sei. Auch gegenüber der Beschwerdeführerin habe der Anrufer gedroht, sie und ihre Familie umzubringen, wenn sie das Land nicht verlasse.

Am 30.04.2018 fand eine Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) statt. Zu ihren Fluchtgründen gab sie im Wesentlichen an, dass sie einen Job als Wahlprüferin in Kenia am 08.08.2017, zum Ende der Wahl, innegehabt habe. Sie habe die Wahlkarten überprüft und im Zuge dessen Unregelmäßigkeiten in Bezug auf die Unterschriften der Wähler festgestellt. Sie und ihre Freundin hätten ein Papier unterzeichnen sollen, um zu dokumentieren, dass alles rechtmäßig verlaufen sei. Die Beschwerdeführerin und ihre Freundin hätten nicht unterschrieben und seien nach Hause gegangen. Am nächsten Tag habe die Beschwerdeführerin einen anonymen Anruf erhalten, wobei ihr mitgeteilt worden sei, dass ihre Freundin ermordet worden sei, und auch die Beschwerdeführerin und ihr Sohn ermordet würden, wenn sie nicht das Land verlassen oder die Unterschrift auf dem Papier leisten würde. Ihre Freundin habe sie am Tag dieses Anrufs nicht mehr telefonisch erreichen können. Daraufhin habe sie sich versteckt, bis sie genug Geld für die Ausreise am 22.09.2017 beisammengehabt habe. Abgesehen von diesem Problem mit der Unterschrift sei es ihr in Kenia gut gegangen und habe sie nie Probleme gehabt.

Mit Bescheid vom 06.05.2018 wies das BFA den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kenia (Spruchpunkt II.) ab und erteilte der Beschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.). Gegen die Beschwerdeführerin wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Kenia zulässig sei (Spruchpunkt V.) Es wurde ihr keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.). Zudem erkannte die Behörde einer Beschwerde gegen den Bescheid die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VII.) und erließ gegen die BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VIII.).

Die Beschwerdeführerin erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde.

Das Bundesverwaltungsgericht erkannte der Beschwerde mit Erkenntnis vom 08.06.2018, Zl. W244 2197501-1/2Z, die aufschiebende Wirkung zu und behob Spruchpunkt VII. ersatzlos.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 14.05.2019 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Englisch und im Beisein des Rechtsberaters der Beschwerdeführerin eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher die Beschwerdeführerin u.a. ausführlich zu ihren persönlichen Umständen im Herkunftsstaat, ihren Fluchtgründen und ihrer Integration in Österreich befragt wurde.

Mit Eingabe vom 19.07.2019 übermittelte die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsberatung eine Stellungnahme zu ihrem Privat- und Familienleben, sowie eine Stellungnahme ihres Lebensgefährten.

Mit hg. Erkenntnis vom 16.09.2019, Zl. W252 2197501-1/23E, (im Folgenden: Vergleichserkenntnis) wurde die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I., II., III., IV., V. und VIII. als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wurde mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Das hg Vergleichserkenntnis wurde der Beschwerdeführerin am 17.09.2019 wirksam zugestellt und erwuchs in zweiter Instanz in Rechtskraft.

2. Verfahren über den vorliegenden Folgeantrag:

Am 23.04.2021 stellte die Beschwerdeführerin ihren zweiten, den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Am selben Tag wurde die Beschwerdeführerin zu ihrem Folgeantrag erstbefragt. Die Beschwerdeführerin erklärte sich einverstanden, dass die Erstbefragung ohne ihre Rechtsvertretung durchgeführt werde. Befragt, was sich seit der Rechtskraft konkret gegenüber ihrem bereits entschiedenen Verfahren – in persönlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Gefährdungslage im Herkunftsstaat – verändert habe, gab die Beschwerdeführerin ua Folgendes an:

„Nachdem mein erster Asylantrag in Österreich abgelehnt wurde, wollte ich nach Kenia zurückkehren. Ich sprach mit meinem Bruder, der sagte, es sei in Ordnung wenn ich zurückkomme, aber ich müsse heiraten sowie die Klitorisbeschneidung über mit ergehen lassen. Ich kann sonst nirgendwo in Kenia leben. Ich müsste also bei meiner Familie wohnen. Wenn ich bei meiner Familie leben würde, müsste ich aus traditionellen Gründen aufgrund meines Volksstammes (Kalenji) beschnitten werden. Frauen müssen sich aus traditionellen Gründen vor der Hochzeit der Klitorisbeschneidung unterziehen. Ich würde zu einer Heirat gezwungen werden und kann mir meinen Bräutigam nicht aussuchen, meine Familie würde den Mann aussuchen. Das hat mir mein Bruder telefonisch mitgeteilt, dass das die Tradition unseres Volksstammes ist und man sonst nicht akzeptiert wird.

[.…]

Haben Sie alle Ausreise-, Flucht, oder Verfolgungsgründe genannt?

Ja das waren alle Fluchtgründe

Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat?

Das einzige was ich wirklich fürchte, ist die erzwungene Klitorisbeschneidung. Ohne dem würde ich nicht von meiner Familie und der Gemeinschaft akzeptiert werden.

Gibt es konkrete Hinweise, dass Ihnen bei Ihrer Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe, die Todesstrafe droht, oder sie mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen haben?

Nein, aber es ist die Tradition bei unserem Volksstamm. Andere Strafen oder Folgen befürchte ich nicht.

Seit wann sind Ihnen die Änderungen der Situation/Ihrer Fluchtgründe bekannt?

Als 2019 mein Asylantrag negativ entschieden wurde, schickte mich das BFA zur kenianischen Botschaft in Wien, um mir die notwendigen Dokumente für die Rückreise zu holen. Die Botschaft stellte mir aber keine Dokumente aus, da ich keine Beweise hatte, dass ich aus Kenia stamme, da ich meinen Reisepass bei der Ankunft in Österreich entsorgt hatte. Ungefähr zwei Wochen später habe ich mit meinem Bruder telefoniert, der mir die Folgen meiner Rückkehr erläuterte.“

Zudem übermittelte die Beschwerdeführerin mit ihrer Asylantragstellung einen näher begründeten Schriftsatz, datiert mit 14.04.2021, an das BFA und gab bekannt, die im Spruch genannte Rechtsvertretung bevollmächtigt zu haben und beantragte, ihr internationalen Schutz im Sinne von Asyl (§ 3 AsylG 2005) zu gewähren, ihr in eventu den Status einer subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG 2005 zuzuerkennen und eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 zu erteilen und in eventu festzustellen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen die Beschwerdeführerin auf Dauer unzulässig sei und ihr amtswegig einen Aufenthaltstitel gem. § 55 AsylG zu erteilen.

Mit Ladung vom 03.05.2021 zur Einvernahme am 06.05.2021 wurden der Beschwerdeführerin unter anderem das Länderinformationsblatt Kenia Gesamtaktualisierung am 17.7.2018 in Vorbereitung zur Einvernahme zwecks Stellungnahme übermittelt. Die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin wurde hiervon in Kenntnis gesetzt.

Am 05.05.2021 langte (neuerlich) eine Vertreterbekanntgabe der im Spruch genannten Rechtsvertretung beim BFA ein.

Am 06.05.2021 wurde die Beschwerdeführerin von einer Organwalterin des BFA niederschriftlich einvernommen. Diese Einvernahme verlief im Wesentlichen folgendermaßen:

„[…]

LA: Sie werden von der Kanzlei Kocher & Bucher in diesem Verfahren vertreten. Wissen Sie ob heute von besagter Kanzlei noch jemand zur Einvernahme erscheinen wird?

VP: Nein, es wird niemand kommen.

LA: Welche ist Ihre Muttersprache und welche Sprachen sprechen Sie sonst noch?

VP: Meine Muttersprache ist Kalinjin, ich spreche auch noch Englisch und Suaheli.

LA: Sind Sie damit einverstanden, die heutige Einvernahme in der Sprache Englisch durchzuführen, die Sie laut Ihren Angaben ausreichend beherrschen?

VP: Ja.

LA: Wie verstehen Sie den/die anwesende(n) Dolmetscher(in)?

VP: Gut, es ist ok.

LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen eine der anwesenden Personen vor?

VP: Nein.

[…]

LA: Wie geht es Ihnen heute?

VP: Es geht mir gut.

LA: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?

VP: Ja.

LA: Leiden Sie an schwerwiegenden Krankheiten oder nehmen Sie Medikamente ein?

VP: Nein.

LA: Das heißt Sie sind gesund?

VP: Ja.

LA: Sie wurden zu gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz am 23.04.2021 (PI-Graz Paulustor) bereits erstbefragt. Entsprechen die dabei von Ihnen gemachten Angaben der Wahrheit bzw. möchten Sie dazu noch Korrekturen oder Ergänzungen anführen?

VP: Nein, es gibt aber eine Sache die ich korrigieren möchte. Ich bin mit einem Visum nach Österreich gekommen und jemand hat eine Verpflichtungserklärung für mich unterschrieben.

LA: Wer hat diese Erklärung für Sie unterschrieben und ist diese noch gültig?

VP: Ich weiß nicht ob sie noch gültig ist, aber sein Name ist XXXX .

LA: Wurde Ihnen die Erstbefragung auch rückübersetzt und wurde alles richtig protokolliert?

VP: Ja, es war alles korrekt.

LA: Haben Sie auch in Ihrem ersten Verfahren der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht? Oder möchten Sie etwas korrigieren oder ergänzen?

VP: Nein, ich möchte keine Korrekturen machen. Nachgefragt gebe ich an, dass alle meinen Angaben der Wahrheit entsprechen.

LA: Haben Sie außerhalb Ihres Herkunftsstaates – im Besonderen nach Rechtskraft im letzten Verfahren (17.09.2019 – 2. Instanz) - bereits irgendwo gearbeitet?

VP: Nein, ich habe nicht gearbeitet.

LA: Hat sich seit Rechtskraft im letzten Verfahren (17.09.2019 – 2. Instanz) eine Änderung in Ihren familiären Verhältnissen hier in Österreich ergeben?

VP: Nein.

LA: Hat sich seit Rechtskraft im letzten Verfahren (17.09.2019 – 2. Instanz) eine Änderung in Ihrem Privatleben hier in Österreich ergeben, haben Sie zu anderen Personen ein enges Verhältnis oder ein Abhängigkeitsverhältnis?

VP: Nein.

LA: Hat sich seit Rechtskraft im letzten Verfahren (17.09.2019 – 2. Instanz) eine Änderung in Ihren familiären Verhältnissen im Herkunftsstaat ergeben?

VP: Ja. Nach meiner negativen Entscheidung sollte ich in mein Land zurückkehren. Dann rief ich meinen Bruder an, ich sagte ihm, dass ich zurückkehren möchte. Er sagte ja es ist in Ordnung, komm zurück nach Hause. Wenn ich dann zurückgewesen wäre, dann hätte ich beschnitten und verheiratet werden sollen.

LA: Verfügen Sie gegenwärtig über Barmittel?

VP: Nein.

LA: Wie finanzieren Sie Ihr Leben in Österreich seit Ihrer erstmaligen Einreise bis jetzt?

VP: Am Anfang als ich kam, lebte ich bei einer Person, die mich eingeladen hatte. Als ich von dort wegging war ich dann in einem Lager. Und bis zum jetzigen Zeitpunkt erhielt ich Unterstützung von der Kirche und auch von meinen Freunden. Das ist alles.

LA: Beziehen ober bezogen Sie in Österreich Grundversorgung?

VP: Am Anfang als ich im Lager lebte ja, und dann als es hieß, dass ich nicht mehr länger im Camp bleiben kann, weil ich mit einem Visum gekommen bin, habe ich nichts mehr bekommen.

LA: Wo konnten Sie dann wohnen?

VP: Die Kirche hat mir dann ein Zimmer zur Verfügung gestellt, sie halfen mir dann bei der Miete, sie gaben mir Geld, damit ich die Miete bezahlen kann.

LA: Sie leben noch immer in einem Zimmer, welches von der Kirche finanziert wird?

VP: Ja.

LA: Wie finanzierten Sie Ihr Leben im Herkunftsstaat?

VP: Ich habe als Köchin gearbeitet.

LA: Sie haben in Ihrem ersten Verfahren angegeben, dass Sie in Nairobi in einer Wohnung gelebt hätten. Haben Sie in dieser Wohnung allein gelebt?

VP: Ich lebte dort allein mit meinem Hund.

LA: Können Sie mir Ihre damalige Adresse in Nairobi angeben?

VP: Ich kann die Adresse nicht sagen, weil es in Kenia Ort gibt, an denen es keine Adressen gibt.

LA: Sind Sie vorbestraft?

VP: Nein, noch nicht.

V: Sie haben am 27.11.2017 unter der Zahl 1174985605/171322992 Ihren ersten Asylantrag gestellt, der rechtskräftig abgewiesen wurde. Ihr Vorverfahren erlangte auf Grundlage des Erkenntnisses vom BVwG, Zahl W244 2197501-1/2Z, nach Zustellung mit 17.09.2019 die Rechtskraft in II. Instanz.

LA: Warum stellen Sie einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz?

VP: Weil ich zu diesem Zeitpunkt nicht zurückkehren kann wegen der Beschneidung.

LA: Gibt es noch weitere Gründe für die gegenständliche Antragstellung?

VP: Nein, es gibt keinen anderen Grund, es geht um die Beschneidung.

LA: Was genau hat nun Ihr Bruder zu Ihnen gesagt?

VP: Mein Bruder hat mir gesagt, dass es gemäß der Tradition dazu kommen muss, dass ich beschnitten und verheiratet werde, er sagte mir auch, dass ich in meinem Elternhaus nicht leben kann. Das ist alles.

LA: Ist es richtig, dass Sie als Kind körperlich zu schwach für eine Beschneidung gewesen wären?

VP: Ja.

LA: Laut dem von Ihnen vorgelegten schriftlichen Antrag auf internationalen Schutz vom 14.04.2021 wurden Sie aufgrund Ihrer schwachen Konstitution noch nicht beschnitten. Was genau ist damit gemeint?

VP: Ich kann es nicht genau sagen, aber manchmal habe ich chronische Rückenschmerzen, aber die Ärzte können keinen Grund dafür finden.

LA: Diese chronischen Rückenschmerzen hatten Sie auch schon in Kenia?

VP: Nein.

LA: Warum sind Sie wegen Ihrer schwachen Konstitution noch nicht beschnitten worden, können Sie mir das erklären?

VP: Ja, weil ich immer krank war, ich hatte ein sehr schwaches Immunsystem. Ich war immer krank, Malaria, Typhus. Und als ich dann 16 Jahre alt war, zog ich von zu Hause aus und zog nach Nairobi. Ich bin nur zwei oder dreimal im Jahr zu meiner Familie zurückgekehrt. Und das war der Grund, warum es nie zu einer Gelegenheit kam, mich zu einer Beschneidung zu zwingen.

LA: Seit wann wissen Sie nun, dass Sie beschnitten werden sollten?

VP: Mein Bruder hat es mir gesagt, er hat mir das gesagt, als ich vorhatte zurückzukehren. Und ich habe auch keinen anderen Ort, an den ich zurückkehren könnte, als mein elterliches Zuhause.

LA: Aber die Beschneidung an sich, war auch schon in Ihrer Kindheit ein Thema?

VP: Ja.

LA: Sie haben ja die Schule besucht und eine Ausbildung gemacht. Wie wurden der Schulbesuch und die Ausbildung finanziert?

VP: Das Meiste habe ich selbst übernommen in dem ich bei anderen Leuten arbeitete, und ihre Wohnungen putzte. Als ich dann nach der Schule eine Arbeit in einem Restaurant ohne Ausbildung bekam, habe ich mich darum bemüht eine Ausbildung zu machen.

LA: Und in dieser Zeit erhielten Sie nie Unterstützung durch Ihre Familie?

VP: Nein.

LA: Wurden Sie nachdem Sie von Ihrer Familie weggezogen sind, überhaupt noch in irgendeiner Weise von Ihrer Familie unterstützt?

VP: Nein.

LA: Warum war das so?

VP: Meine Eltern haben nicht gearbeitet, sie waren tatsächlich beide Alkoholiker und haben ihr Geld beide für den Alkohol ausgegeben.

LA: Haben Sie den Kontakt zu Ihren Eltern auch wegen einer möglichen Beschneidung vermieden?

VP: Ja.

LA: Sie haben im Jahr 2017 Ihren ersten Asylantrag in Österreich gestellt. Damals waren Sie 31 Jahre alt. Wie kam es, dass Sie in diesem Alter noch nicht beschnitten waren?

VP: Der Grund war, dass ich von zu Hause ausgezogen bin, und mich nicht mehr im elterlichen Zuhause aufhielt, und wenn ich einmal dort war dann blieb ich nur ein oder zwei Nächte und ging gleich wieder zurück.

LA: Sie haben in Ihrer Erstbefragung zu Ihrem ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich (27.11.2017) angegeben, dass Sie zwei Schwestern hätten. Sind diese beiden Schwestern bereits beschnitten worden?

VP: Ich sagte ein Bruder und eine Schwester. Ja, meine ältere Schwester wurde beschnitten.

LA: Wann wurde Ihre Schwester beschnitten?

VP: Ich kann mich nicht genau an das Jahr erinnern, es war vor langer Zeit.

LA: Wie alt waren Sie damals?

VP: Zu diesem Zeitpunkt war ich 24 Jahre alt, als meine Schwester beschnitten wurde, und ich befand mich nicht in Kenia.

LA: Wo waren Sie zu dieser Zeit?

VP: Ich hielt mich bei Verwandten in Uganda auf.

LA: Was haben Sie dort gemacht?

VP: Ich habe mich dort um meine alte Tante gekümmert.

LA: Wie lange haben Sie sich dort aufgehalten?

VP: Ich war ein Jahr lang dort.

LA: Warum haben Sie Ihre Befürchtungen bzgl. einer Beschneidung in Ihrem ersten Verfahren nicht angeführt?

VP: Zu diesem Zeitpunkt habe ich mich damals nicht damit auseinandergesetzt. Ich habe mich mit diesen politischen Dingen auseinandergesetzt aber nicht damit.

LA: Aber Sie haben damals schon gewusst, dass Sie bei einer Rückkehr nach Kenia, mit dem Risiko einer Beschneidung zu rechnen haben?

VP: Ja.

LA: Wie heißt denn Ihr Bruder und wann ist er geboren?

VP: Er ist XXXX geboren, sein Name ist XXXX .

LA: Warum haben Sie in Ihrem ersten Verfahren bei Ihrer Erstbefragung und Ihrer Einvernahme vor dem BFA angegeben, dass Sie zwei Schwestern hätten?

VP: Ich habe immer gesagt, dass ich einen Bruder oder eine Schwester habe und Calistus ist ein männlicher Name.

LA: Es gibt in Kenia auch Kirchenorganisationen und NGOs bei denen Frauen Unterstützung und Hilfe finden können. Mit Beschneidung bedrohte Frauen können dort auch eine Zuflucht finden. Was sagen Sie dazu?

VP: Die meiste Zeit findet man derartige Organisationen nur in den großen Städten. Meistens finden diese Beschneidungen irgendwo in den abgelegenen Dörfern statt, und es ist unwahrscheinlich, dass man an diesen Orten auf Menschen trifft, die einen mit derartigen Organisationen in Verbindung bringen können.

LA: Aber Sie könnten diese Organisationen ja von sich aus aufsuchen?

VP: Ich wusste nichts von diesen Organisationen. Bis ich diese einmal im Internet entdeckte und ab da erst wusste, dass es diese Organisationen gibt.

LA: Seit wann wissen Sie nun von diesen Organisationen?

VP: Nicht lange, seit ca. zwei Monaten.

LA: Sie haben bereits einen Sohn, welcher bei Ihren Eltern in Kenia lebt. Wer ist der Vater dieses Kindes?

VP: Weiß ich nicht.

LA: Wie kommt es, dass Sie Ihren Sohn Ihren alkoholkranken Eltern zur Betreuung überlassen?

VP: Meine Eltern haben sich dann geändert, und ich habe ihn dort gelassen, weil er dort eine Unterkunft und zu Essen hat und weil er dort zur Schule gehen kann.

LA: Wie alt ist Ihr Sohn?

VP: Im August wird er 14 Jahre.

LA: Sie haben ein uneheliches Kind, und Ihre Eltern kümmern sich um dieses. Sie wurden bis jetzt nicht beschnitten, Sie sind bereits Mutter und sorgten in Kenia durch eigene Erwerbstätigkeit als Köchin für Ihren Unterhalt. Warum sollten Sie dies nicht auch nach Ihrer Rückkehr wieder machen können?

VP: Bei einer Rückkehr jetzt müsste ich in Kenia wieder von null beginnen, sich jetzt in Kenia um einen Job, um eine Arbeit umzusehen ist sehr herausfordernd.

LA: Warum sind Sie nach Rechtskraft Ihres ersten Verfahrens (17.09.2019) nicht in Ihren Herkunftsstaat zurückgereist?

VP: Ich konnte nicht reisen, da ich über kein Dokument verfügte, mit dem ich reisen kann. Das war der Grund, ich hatte kein Dokument, um damit zurückzukehren.

LA: Sie hätten sich dieses Dokument ja besorgen können.

VP: Das konnte ich nicht.

LA: Können Sie mir das erklären, warum Sie das nicht konnten?

VP: Ohne ein Dokument, sagte die kenianische Botschaft, könnten Sie nicht verifizieren ob ich aus Kenia kommen würde oder aus einem anderen Land.

LA: Das heißt Sie waren auf der kenianischen Botschaft und hätten dort um ein Dokument angesucht?

VP: Ich wurde vom BFA dorthin geschickt nachdem mein Verfahren negativ entschieden wurde. Ja, sie haben gesagt, ich muss zur Botschaft gehen, also bin ich zur Botschaft.

LA: Von sich aus hätten Sie sich um kein Dokument bemüht?

VP: Da bin ich mir nicht sicher.

LA: Wann war jetzt dieses Telefonat mit Ihrem Bruder?

VP: Das war nach meiner zweiten negativen Entscheidung, ich ging zur Botschaft. Und das war dann der Zeitpunkt, an dem ich meinen Bruder anrief.

LA: Warum stellen Sie dann erst jetzt diesen Antrag auf internationalen Schutz?

VP: Ich habe es gemacht, wegen dieser Beschneidung. Als mein Bruder mir dann drohte, dass ich diese Beschneidung durchführen lassen muss, war es für mich sehr schwierig und ich entschloss mich zu diesem Antrag.

LA: Aber dieses Telefonat mit Ihrem Bruder hat ja offensichtlich schon im Jahr 2019 stattgefunden?

VP: Ja.

LA: Warum haben Sie dann bis April 2021 gewartet, um den Antrag zu stellen?

VP: Ich dachte mir vielleicht bekomme ich das Dokument von der Botschaft, oder vielleicht kommt die Polizei wegen einer Abschiebung. Ich machte immer noch eine Ausbildung. Alles mitsammen war einfach zu viel, und ich konnte mich noch nicht zu etwas entscheiden.

LA: Sie haben sich jetzt eineinhalb Jahre lang unrechtmäßig in Österreich aufgehalten. Möchten Sie dazu etwas angeben?

VP: Nein.

Vorhalt: Gegenwärtig läuft gegen Sie ein Verfahren am LG Klagenfurt wegen Sozialleistungsbetrugs. Sie waren auch am 12.01.2021 zur Hauptverhandlung geladen.

LA: Wollen Sie sich dazu äußern?

VP: Nein.

LA: Wieso haben Sie bei Ihrem ersten Antrag auf internationalen Schutz falsche Personalien angegeben?

VP: Weil ich Angst davor hatte, dass Sie mich vielleicht nach Kenia zurückabschieben, wenn ich meinen richtigen Namen und meine richtigen Daten nenne.

LA: Ihnen wird nun mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Antrag auf int. Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und Ihren faktischen Abschiebeschutz aufzuheben. Sie können nunmehr dazu Stellung nehmen.

VP: Ich habe nichts zu sagen.

LA: Ihnen wurden bereits am 04.05.2021 die aktuellen Länderfeststellungen zur Lage in Kenia ausgefolgt. Möchten Sie nunmehr eine Stellungnahme zu dieser Länderfeststellung abgeben?

VP: Nein.

LA: Es wird Ihnen durch die Ausfolgung der gegenständlichen Mitteilung gem. § 29 (3) Z. 4 u. 6 mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Antrag auf int. Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, ferner wird beabsichtigt, Ihren faktischen Abschiebeschutz abzuerkennen. Zudem unterliegen Sie einer Meldeverpflichtung gem. § 15a AsylG.

Anmerkung: Dem Asylwerber werden die VAO gem. § 29 (3) Z. 4 u. 6 AsylG 2005, sowie gem. § 52a (2) BFA-VG ausgehändigt. Mit Unterschriftleistung in der betreffenden Einvernahme gelten die angeführten VAO übernommen.

Anmerkung: Ihnen wird nun zur Kenntnis gebracht, dass Sie nach einer Frist von mindestens 24 Stunden im Zuge einer niederschriftlichen Befragung die Möglichkeit haben, zu diesem Sachverhalt Stellung zu beziehen. Von diesem Termin werden Sie schriftlich in Kenntnis gesetzt. Sollten Sie diesem Termin nicht nachkommen, müssen Sie damit rechnen, dass das Verfahren in Ihrer Abwesenheit fortgesetzt wird.

LA: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Angaben vollständig und so ausführlich wie Sie es wollten zu machen?

VP: Ja.

LA: Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?

VP: Nein.

Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. Nach erfolgter Rückübersetzung:

LA: Haben Sie den/die Dolmetscher/in während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?

VP: Ja, das habe ich.

LA: Hat Ihnen der/die Dolmetscher/in alles rückübersetzt?

VP: Ja, es gibt nur eine Sache, die nicht richtig übersetzt wurde.

LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?

VP: Ich habe gesagt, dass ich meinen Sohn bei meinen Eltern gelassen habe, damit ich arbeiten kann, dann habe ich Geld, dass ich ihnen schicken kann, damit er genug zu essen hat.

Ansonsten ist alles richtig protokolliert.

LA: Schicken Sie Ihren Eltern seit Sie in Österreich sind, auch noch Geld für Ihren Sohn?

VP: Ja.

LA: Wie schaffen Sie das ohne Einkommen?

VP: Von dem Geld, das ich für Essen und Kleidung bekomme, lege ich etwas Geld zur Seite und schicke es meinem Sohn.

LA: Wieviel ist das ungefähr, und wie häufig senden Sie Geld zu Ihrem Sohn?

VP: Alle drei Monate schicke ich 150 Euro.

LA: Wünschen Sie die Ausfolgung einer schriftlichen Ausfertigung?

VP: Ja. (Anm.: dem ASt. wird eine schriftliche Ausfertigung dieser Niederschrift ausgefolgt)

[…]“

Mit Verfahrensanordnung von 06.05.2021 wurde die Beschwerdeführerin insbesondere informiert, dass seitens des BFA beabsichtigt sei, ihren Folgeantrag zurückzuweisen, da aufgrund des bisherigen Ermittlungsverfahrens davon auszugehen sei, dass entschiedene Sache vorliege, sowie ihren faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben.

Mit weiterer Verfahrensordnung von nämlichen Tag wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG verpflichtet, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.

Die Verfahrensanordnungen wurden zudem der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin übermittelt.

Mit Ladung vom 20.05.2021 wurde die Beschwerdeführerin zu einer weiteren Einvernahme am 01.06.2021 geladen und die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin hierüber in Kenntnis gesetzt.

Am 01.06.2021 wurde die Beschwerdeführerin erneut von einer Organwalterin des BFA niederschriftlich befragt. Dabei gab sie im Wesentlichen an:

„[…]

LA: Wie verstehen Sie die heute anwesende Dolmetscherin?

VP: Ja.

LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen eine der anwesenden Personen vor?

VP: Nein.

LA: Sie wurden am 23.04.2021 im Zuge einer Erstbefragung, sowie weiter am 06.05.2021 im Zuge Ihrer ersten Einvernahme vor dem Bundesamt zum Sachverhalt befragt. Halten Sie die von Ihnen gemachten Angaben aufrecht?

VP: Ich halte alle meinen Angaben aufrecht.

LA: Möchten Sie bzgl. der beiden Einvernahmen heute noch Korrekturen anführen?

VP: Das Einzige was ich noch sagen möchte ist, dass ich im Alter von 12 Jahren durch meinen Stiefbruder vergewaltigt wurde. Weil sie mir die Vergewaltigung nicht glaubten und dachten, dass ich es auch wollte, deshalb haben sie immer darauf bestanden mich zu beschneiden, damit das nicht wieder passiert.

LA: Das heißt, dass Sie seit dem Alter von 12 Jahren, befürchten mussten beschnitten zu werden?

VP: Ja.

LA: Haben Sie noch etwas zu ergänzen?

VP: Nein.

LA: Hat sich seit der letzten Einvernahme noch irgendetwas geändert?

VP: Nein.

LA: Gibt es in der Zwischenzeit ein Verurteilung in Österreich?

VP: Nein.

LA: Möchten Sie heute noch eine Stellungnahme zu den aktuellen Länderfeststellungen zu Kenia abgeben?

VP: Nein.

LA: Am 06.05.2021 nahmen Sie die Verfahrensanordnung gem. § 29 (3) Ziffer 4 + 6 AsylG 2005 nachweislich im Zuge der Einvernahme entgegen.

Haben Sie im Zuge der heutigen Einvernahme noch Ergänzungen zum gegenständlichen Sachverhalt vorzubringen?

VP: Für mich ist es sehr schlimm, eine Rückkehr nach Kenia würde meine Beschneidung bedeuten und das will ich nicht.

Anmerkung: Die bisherige Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. Nach erfolgter Rückübersetzung:

LA: Haben Sie den/die Dolmetscher/in während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?

VP: Ja.

LA: Hat Ihnen der/die Dolmetscher/in alles rückübersetzt?

VP: Ja.

LA: Haben Sie Einwände gegen die Niederschrift oder wurde alles korrekt protokolliert?

VP: Keine Einwände.

VP: von sich aus: Weil ich letztes Mal gefragt wurde, warum ich mein Kind bei meinen Eltern gelassen habe, möchte ich angeben, dass mein Stiefbruder mich mehrmals vergewaltigt hat. Deshalb wurde ich im Alter von 16 Jahren schwanger. Und ich habe es erst vor der Geburt gemerkt, weil ich die Wehen bekam. Das Kind haben meine Eltern genommen, ich hatte keinen Bezug und wollte es nicht.

LA: Möchten Sie eine Kopie der Niederschrift?

VP: Ja. (Anm. der VP wird eine Kopie der Niederschrift ausgefolgt.)

[…]“

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10.06.2021 wurde der zweite Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 23.04.2021 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und dieser Antrag auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) jeweils gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Begründend stellte das BFA im Wesentlichen fest, die Beschwerdeführerin leide an keinen schweren, lebensbedrohlichen Krankheiten, sie sei 35 Jahre alt und nicht immungeschwächt. Im neuerlichen Asylverfahren habe die Beschwerdeführerin nicht glaubwürdig weitere asylrelevante Gründe vorgebracht bzw. hätte sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben.

Beweiswürdigend wurde im Wesentlichen begründend ausgeführt, die Beschwerdeführerin gebe gegenständlich Antragsgründe an, die ihr bereits bei der ersten Antragsstellung auf internationalen Schutz bewusst gewesen seien. Es sei kein nach Rechtskraft des ersten Verfahrens entstandener Sachverhalt vorgebracht worden. Die Beschwerdeführer wäre damals nicht beschnitten worden, weil sie körperlich zu schwach gewesen sei und sei die Beschneidung schon in ihrer Kindheit ein Thema gewesen. Sie habe in Kenia den Kontakt zu ihren Eltern wegen einer möglichen Beschneidung vermieden. Die Beschwerdeführerin habe jene Befürchtungen im ersten Verfahren nicht angeführt, weil sie sich damals damit nicht auseinandergesetzt habe, sondern mit politischen Dingen. Sie habe aber schon damals gewusst, dass sie bei einer Rückkehr nach Kenia mit dem Risiko einer Beschneidung zu rechnen habe. Hinsichtlich der Befürchtung der Beschwerdeführerin, bei ihrer Rückkehr nach Kenia beschnitten zu werden seien die diesbezüglichen Angaben als unglaubwürdig zu werten, zumal die Beschwerdeführerin plötzlich bei ihrem Parteiengehör vom 01.06.2021 angegeben habe, seit dem Alter von 12 Jahren infolge einer Vergewaltigung durch ihren Stiefbruder, eine Beschneidung zu befürchten, weil ihr bezüglich der Vergewaltigung nicht geglaubt worden sei und gedacht worden sei, die Beschwerdeführerin hätte dies gewollt. Da sie auch angeben habe, mehrmals vom Stiefbruder vergewaltigt worden zu sein und deshalb mit 16 Jahren schwanger geworden zu sein, hätte die Beschwerdeführerin spätestens nach der Geburt ihres Kindes beschnitten werden müssen, wenn die Beschneidung der Verhinderung des Geschlechtsverkehrs dienen sollte, zumal jener durch die Schwangerschaft offenkundig geworden sei. Es sei nicht glaubwürdig, dass die Beschwerdeführerin schon mit 12 Jahren beschnitten hätte werden sollen, und sie im Alter von 16 Jahren noch immer nicht beschnitten worden sei. Auch habe die Beschwerdeführerin im Erstverfahren angegeben, ihr Sohn sei 2008 geboren worden, zu jenem Zeitpunkt sei jedoch die Beschwerdeführerin bereits 22 Jahre alt gewesen, weshalb auch diesen Angaben kein Glauben geschenkt werde. Im Übrigen habe die Beschwerdeführerin auch befragt angegeben zu wissen, dass es – vor allem in Städten – zahlreiche Organisationen gebe, die Hilfe für Frauen in vulnerablen Situationen wie Beschneidung anbieten. Die BF könne – falls sie tatsächlich jemals von einer Beschneidung bedroht werden sollte – Schutz suchen und selbstständig die nötigen Entscheidungen treffen, wie sie diese bei der Ausreise von Kenia nach Österreich getroffen habe. Auch werde darauf hingewiesen, dass die von der Rechtsvertretung angeführten Länderberichte zum Großteil aus Quellen datiert vor der letzten Rückkehrentscheidung stammen würden und sich ausschließlich auf Genitalverstümmelung in Kenia beziehen würden. Dass dies gesetzlich verboten sei, aber noch immer praktiziert werde, gehe auch aus den aktuellen Länderinformationen hervor. Jene von der Beschwerdeführerin angeführten Informationen seien von der Rechtskraft des ersten Verfahrens umfasst.

Festgehalten wurde, dass sich die Situation in Kenia bis auf das Auftreten einer weltweiten Pandemie seit Rechtskraft der letzten Rückkehrentscheidung in Bezug die Person der Beschwerdeführerin nicht entscheidungswesentlich geändert habe, weshalb auch keine maßgebliche Änderung eingetreten sei. Insbesondere erfordere die aktuelle COVID-19-Situation nicht die Zuerkennung von subsidiären Schutz.

Ein neuer Sachverhalt sei sohin im Zuge des neuen Verfahrens nicht glaubwürdig vorgebracht worden.

Da weder in der maßgeblichen Sachlage – und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre der Beschwerdeführerin gelegen sei, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen sei – noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, stehe die Rechtskraft des Erkenntnisses vom 16.09.2019, Zl. W252 2197501-1/23E, dem neuerlichen Antrag sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten iSd § 3 AsylG, als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten iSd § 8 AsylG entgegen, weswegen das BFA zu einer Zurückweisung verpflichtet sei.

Zur allgemeinen Situation in Kenia traf das BFA im angefochtenen Bescheid folgende Feststellungen:

COVID-19:

Stand 09.07.2020

Die vorliegenden offiziellen, an die WHO bzw. die AU übermittelten Zahlen weisen bei vielen afrikanischen Staaten nach wie vor (teils gravierende) Abweichungen vom internationalen Mittel auf. Dafür gibt es nach Amtswissen mehrere mögliche Gründe, darunter folgende:

•        (Infrastruktur) Tests sind nur manchmal und/oder in geringer Zahl verfügbar.

•        (Politik) Regierungen versuchen, das tatsächliche Ausmaß zu verschleiern.

•        (Infrastruktur) Eingeschränkte Ressourcen, die Sicherheitslage oder mangelnde Infrastruktur ermöglichen Tests nur in bestimmten Landesteilen.

•        (Gesellschaft) Zahlreiche Menschen halten sich tagsüber im Freien auf, wodurch die Ansteckungsgefahr reduziert wird; geringer Durchmischung (z.B. Großveranstaltungen gesellschaftlich wenig relevant, geringes Nachtleben).

•        (Infrastruktur, Gesellschaft) Todeszahlen zu Covid-19 können nur in bestimmten Bereichen (v.a. in Krankenhäusern) korrekt erfasst werden.

•        (Geografie, Bevölkerung) Insellage, geringe oder hohe Bevölkerungsdichte

Die meisten Staaten Afrikas melden weiterhin eine vergleichsweise niedrige Infektionsrate. Die vorhandenen Zahlen geben das Infektionsgeschehen indes nur unvollständig wieder. Denn wegen der teils sehr schwachen Gesundheitssysteme ist anzunehmen, dass es weitaus mehr Kranke und Todesfälle gibt, als die Behörden offiziell melden. Unter anderem fehlen vielfach Testmöglichkeiten, ländliche Gebiete sind schlecht erschlossen und unterversorgt, zudem verfügen Kliniken und Gesundheitsstationen meist nur über sehr begrenzte Ressourcen (Focus 6.7.2020; vgl. CDDEP 7.5.2020). Gleichzeitig ist das Sterblichkeitsrisiko in Afrika vermutlich hoch, da dort mehr Menschen an einem geschwächten Immunsystem leiden, z.B. wegen Unterernährung, HIV oder anderen verbreiteten Krankheiten (CDDEP 7.5.2020). Der Direktor des Seuchenzentrums der Afrikanischen Union (AU-ACDC), John Nkengasong, erklärt, dass man für eine glaubwürdige Darstellung des Seuchenverlaufs in Afrika ca. das Zehnfache der bisher eingesetzten Tests benötigen würde (AQ 6.2020).

Generell ist nach wie vor unklar, was Afrika infolge der Seuche droht. Manche Experten glauben, dass die Erfahrung in der Seuchenbekämpfung, das tropische Klima sowie die junge und wenig mobile Bevölkerung die Ausbreitung von Covid-19 eindämmen könnte. Andere sehen die größte humanitäre Katastrophe der Geschichte heraufdämmern (Focus 6.7.2020).

Generell ist die Seuche in Afrika nach wie vor erst im Anrollen, die Steigerungsraten sind in vielen Ländern hoch (WHO 2020). Angesichts der vorhandenen – teils aber wohl fragwürdigen – Zahlen breitet sich Covid-19 langsamer aus, als prognostiziert. Die AU-ACDC rechnet mit dem Spitze der Pandemie in Afrika im August oder im September 2020 (Finanzen 30.6.2020). Im stark betroffenen Südafrika rechnet die für die Provinz Gauteng (Pretoria-Witwatersrand) zuständige Behörde mit Infektionszahlen von 120.000 Ende Juli und für Ende August mit einer Spitze von 300.000 Infizierten (das sind in dieser Provinz 2,5% der Bevölkerung) (N24, 2.7.2020). In ganz Afrika stieg die Zahl an Infizierten allein in der Woche 24.6.2020-1.7.2020 um 28% (WHO 1.7.2020).

Bei der Gesamtzahl an Infizierten sind folgende Länder am meisten betroffen (Stand 5.7.2020): Südafrika (187.977), Ägypten (74.035), Nigeria (28.167), Algerien (15.500), Ghana (19.388) und Marokko (13.822); Vergleichswert: Österreich (18.196) (WHO 2020).

Wird die Bevölkerungszahl (entnommen: CIA, 2020) in Relation zur Zahl an Infizierten gesetzt, ergibt sich folgende Reihe: In Dschibuti ist oder war eine Person von 194 infiziert, in Südafrika einer von 300, in Gabun einer von 397, auf den Kapverden einer von 408, auf Saõ Tomé und Príncipe einer von 526; in relevanten HKS lauten die Quoten: Algerien 2.772:1,

Ägypten 1.406:1, Gambia 38.070:1, Marokko 2.573:1, Nigeria 7.599:1, Somalia 3.972:1, Tunesien 9.928:1; Vergleichswerte: Österreich 487:1, USA 120:1 (WHO 2020);

Die meisten aktiv Infizierten (ohne Verstorbene und Genesene) im Verhältnis zur Bevölkerung finden sich in KW 27 in: Südafrika (162 von 100.000 Einwohnern), Gabun (137), auf den Kapverden (122), auf den Seychellen (70), Mauretanien (69), auf Saõ Tomé (60), in Guinea-Bissau (56), der Zentralafrikanischen Republik (50) und Ägypten (48). Weniger als eine aktiv infizierte Person findet sich in Burkina Faso, auf Mauritius, im Niger, im Tschad und in Uganda. Vergleichswert Österreich: 10 (WHO 2020; AU-ACDC 2020).

Aufgrund der geringen Zuwachsrate in den letzten Wochen als erfolgreich im Kampf gegen die Ausbreitung bezeichnet werden können v.a. Dschibuti (wo bereits zum zweiten Mal ein signifikanter Rückgang erfolgte), Mauritius und Tunesien. Auch aus dem Niger, dem Tschad und Burkina Faso werden geringe Zuwächse gemeldet (WHO 2020), allerdings wird in diesen Ländern kaum getestet (AU-ACDC 2020).

Hier die Zuwachsraten relevanter Herkunftsstaaten im Format Neuinfektionen pro Million Einwohner und Tag (OWD 9.7.2020):

Große Unterschiede gibt es bei der Zahl und Art durchgeführter Tests. Dabei wäre es für das Ausbremsen der Pandemie entscheidend, möglichst große Teile der Bevölkerung auf das Virus zu testen (Focus 6.7.2020). In manchen Ländern werden aber offenbar nur Personen mit Symptomen getestet – verbunden mit einer (vermutlich) hohen Schattenzahl. In Algerien und im Sudan ist einer von drei Tests positiv, in der DR Kongo und in Somalia einer von vier, an der Elfenbeinküste, in Ägypten und in Nigeria einer von fünf. Vergleich: Österreich 1:40, Tunesien 1:62, Marokko 1:55, Mauritius 1:504 (AU-ACDC 2020).

In manchen Ländern wurde zudem erst ein sehr geringer Teil der Bevölkerung getestet: in Tansania nicht eine Person von 10.000, in weiteren 11 Staaten (u.a. Nigeria, Sudan, DR Kongo) nicht eine von 1.000. Vergleichswerte: Österreich 1:14, Mauritius 1:8, Marokko 1:46, Tunesien 1:161 (AU-ACDC 2020).

Die folgende Grafik veranschaulicht anhand von Zahlen der WHO (WHO 2020) das Verhältnis von bestätigten Infektionen und durchgeführten Tests:

In vielen Staaten gibt es bis dato keinen merkbaren Ansturm auf die Spitäler (HB 2.6.2020). In manchen Ländern – etwa in Kenia – gehen möglicherweise Infizierte nicht ins Spital, weil sie die Kosten scheuen. Zudem waren öffentliche Gesundheitseinrichtungen schon vor Covid19 überfüllt, das Personal überlastet. Für Covid-19-Patienten stehen in Kenia nur knapp 80 Intensivbetten und 123 Beatmungsgeräte zur Verfügung. In Somalia werden Covid-19Patienten im einzigen funktionierenden staatlichen Krankenhaus behandelt (DF 3.6.2020). Die Intensivmedizin ist in den meisten afrikanischen Staaten schwach ausgeprägt (DF 5.7.2020). Generell sterben die meisten Menschen still daheim, ohne in eine Statistik einzugehen (HB 2.6.2020). Selbst in Ägypten, wo es ein vergleichsweise gut entwickelte medizinische Infrastruktur gibt und von wo vergleichsweise hohe Todeszahlen gemeldet werden, geht man davon aus, dass die eigentliche Zahl an Toten um einiges höher liegt (AQ 6.2020). Aus dem bislang am meisten betroffenen Südafrika, das über eine wesentlich ausgeprägtere medizinische Infrastruktur verfügt, als die meisten anderen Staaten des Kontinents, kommen unterschiedliche Meldungen. So gibt es in der Provinz Western Cape weniger Patienten – und auch weniger Tote – als ursprünglich prognostiziert worden war. In Kapstadt ist nach wie vor eine Reserve von 1.400 Betten vorhanden. Man geht davon aus, dass diese Kapazität Ende Juli annähernd ausgeschöpft werden wird (CNN 6.7.2020). Andererseits gibt es in der Provinz Eastern Cape Anzeichen dafür, dass das Gesundheitssystem am Rand der Überlastung steht. Dort mussten mehrere Spitäler wegen interner Infektionen geschlossen werden (Focus 6.7.2020), Gesundheitspersonal der Armee wird eingesetzt, um ziviles Personal zu entlasten (CGTN 5.7.2020).

Die gesundheitlichen Kollateralschäden durch nationale, kontinentale und internationale Maßnahmen gegen die Pandemie werde für Afrika sehr hoch geschätzt. Dies betrifft etwa unterbrochene Immunisierungskampagnen, HIV- und Tuberkulose-Behandlung oder auch Programme zur Malariaprävention (AQ 6.2020; vgl. DW 26.5.2020). Durch die Störung der Gesundheitsversorgung werden in den nächsten fünf Jahren z.B. mehrere Millionen zusätzliche Tuberkulosefälle erwartet. Bei Kindern wird von einem Anstieg anderer Infektionskrankheiten ausgegangen (DW 26.5.2020). In manchen Ländern erreichen Malariamedikamente oder Moskitonetze die Betroffenen nicht. Auch hier wird ein Anstieg an Infizierten und Todesfällen erwartet und zwar laut WHO auf bis zu 769.000 Tote in Subsahara (2018: ca. 390.000) (AQ 6.2020, vgl. DW 26.5.2020). Und weil die Nahrungsmittelpreise steigen, können sich viele Menschen noch weniger Lebensmittel leisten. Dies führt zu einem Anstieg an Hunger und Unterernährung (DW 26.5.2020).

Die Umsetzung von in vielen Staaten verhängten Ausgangssperren, Lockdowns und andere Maßnahmen zum Social Distancing wurden durch soziokulturelle, ökonomische und politische Faktoren erschwert (CDDEP 7.5.2020). Zudem sind afrikanische Regierungen hinsichtlich der Umsetzung verhängter Maßnahmen zurückhaltend. Eine Umsetzung – wie etwa in westlichen Ländern – ist schlichtweg nicht möglich (AQ 6.2020). So weist etwa Südafrika – trotz einem der nominell härtesten Lockdowns weltweit (Focus 6.7.2020) – eine ungebrochen exponentielle Kurve auf (WHO 2020). In Slums und Townships sind Abstandsregeln kaum einzuhalten. Mittlerweile hat Südafrika zahlreiche Maßnahmen gelockert oder zurückgenommen. Schulen und Universitäten wurden wieder geöffnet, Restaurantbesuche sind wieder möglich und Sportveranstaltungen finden statt (Focus 6.7.2020). Ein Experte erklärt: „Man muss gewährleisten, dass die Märkte beliefert werden und Grundnahrungsmittel hinreichend zur Verfügung stehen. Das haben die afrikanischen Regierungen teilweise ein bisschen spät bemerkt, dass der totale Lockdown dazu führt, dass es die Gefahr von Hungerunruhen gibt, weil auf den Märkten nichts mehr zu kaufen war oder die Preise exorbitant gestiegen waren“ (DF 5.7.2020). Rund 80% der Menschen arbeiten in der informellen Wirtschaft, etwa als Tagelöhner, sie können nicht ins Homeoffice wechseln. Die meisten leben von der Hand in den Mund und sind existenziell bedroht, wenn sie ihr tägliches Brot nicht mehr verdienen können (Focus 6.7.2020). Die meisten Länder haben folglich die Maßnahmen gelockert (Finanzen 30.6.2020), denn auch die ökonomischen Folgen erwiesen sich als verheerend (Focus 6.7.2020).

Hier eine Karte mit aktuellen Lockdown-Regelungen („stay-at-home“), wobei es innerhalb eines Landes unterschiedliche Regelungen geben kann (OWD 1.7.2020):

In der Ökonomie wurde für Afrika im April ein Schrumpfen der Wirtschaft von 1,6% vorhergesagt. Diese Zahl wurde vom Internationalen Währungsfonds mittlerweile auf 3,2% nach oben korrigiert. Das Einkommen pro Kopf wird demnach um durchschnittlich 7% sinken (Finanzen 30.6.2020). Lieferketten waren und sind unterbrochen, Arbeitsplätze gehen verloren, der Tourismus und auch die Nachfrage nach afrikanischen Exportprodukten (v.a. Rohstoffe) ist eingebrochen. Darunter leiden insbesondere auch erdölproduzierende Länder. In Nigeria gehen deshalb mehr als die Hälfte der geplanten Staatseinnahmen verloren (HB 2.6.2020; vgl. Kappl 4.6.2020). Zahlreiche Länder rutschen in eine neue Verschuldungskrise (Kappl 4.6.2020).

Hinsichtlich des Lockdowns für Arbeitsplätze gestaltet sich die Situation so (OWD 1.7.2020):

Hier Einkommens-unterstützenden Maßnahmen für Menschen, die ihre Arbeit verloren haben oder nicht arbeiten können/dürfen (muss sich nicht auf alle Arbeitenden in allen Sparten beziehen und kann auch innerhalb von Staaten variieren) (OWD 1.7.2020):


Hier eine Karte mit Maßnahmen zur Abfederung von durch Covid-19 verursachten Schuldenlasten (OWD 1.7.2020):

Für die Grundversorgung schlimm ist das Ausbleiben von Geldtransfers aus dem Ausland (Kappl 4.6.2020). Ein in Afrika agierendes Geldtransferunternehmen berichtet, dass die von der Diaspora übermittelten Remissen im Zeitraum März/April 2020 um mehr als 70% eingebrochen sind (AQ 5.2020). In den Slums von Nairobi haben wiederum etwa vier Fünftel der Bewohner ihr Einkommen im Lockdown ganz oder teilweise verloren (Focus 6.7.2020). Sowohl internationale Organisationen wie z.B. UNICEF (UNICEF 29.6.2020), als auch internationale NGOs, wie z.B. World Vision, sind in zahlreichen Staaten Afrikas mit Unterstützungs- und Hilfsmaßnahmen zur Eindämmung und Abfederung der Pandemie aktiv. Allein World Vision hilft in 26 Ländern Afrikas (WV 2.7.2020). Viele afrikanische Regierungen haben in großem Umfang Lebensmittelrationen an städtische Arme verteilt (DF 5.7.2020). Genaue Daten zu sozialen Maßnahmen einzelner Staaten sind mitunter schwierig zu recherchieren und werden erst bei konkretem Bedarf erhoben.

Laut Weltwirtschaftsforum steht Afrika außerdem vor der schlimmsten Landwirtschaftskrise seit Menschengedenken. Die Landwirtschaft hat schon vor Covid-19 unter

Überschwemmungen, Dürren und Schädlingen gelitten, der Virus verschlimmert die Situation noch einmal. Dadurch wird auch die Nahrungsmittelversorgung getroffen. Das Problem ist eine Unterbrechung der Logistik beim Angebot von hochwertigem Saatgut. In ganz Afrika versuchen Staaten, Saatgut anzukaufen; in Nigeria wird bereits Saatgut an Landwirte verteilt (WEF 30.6.2020).

Auch Reisebeschränkungen werden nach und nach aufgehoben. Trotz Warnungen der WHO, dass die Wiederaufnahme von Linienflügen ohne Begleitmaßnahmen zu einem Zuwachs an Infektionen führen werde, hatten zum Zeitpunkt 2.7.2020 Kamerun, Äquatorialguinea, Tansania und Sambia Flüge wieder aufgenommen. Die fünfzehn ECOWASStaaten stehen kurz davor (WHO 2.7.2020). Nahezu alle afrikanischen Staaten haben ihre Grenzen allerdings weiterhin geschlossen (OWD 8.7.2020):

Bei Reiseeinschränkungen innerhalb der Staaten sieht die Situation anders aus. Die hier dargestellte Lage bezieht sich aber unter Umständen nicht auf alle Landesteile eines Staates (OWD 8.7.2020):

Noch weniger Einschränkungen gibt es bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Auch die hier dargestellte Lage bezieht sich unter Umständen nicht auf alle Landesteile eines Staates (OWD 8.7.2020):


Quellen:

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-        AQ – Anonyme Quelle (6.2020): Regelmäßiger Newsletter eine Analyseagentur

-        AQ – Anonyme Quelle (5.2020): Regelmäßiger Newsletter eine Analyseagentur

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Zahlen, https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/NeuartigesCoronavirus-(2019-nCov).html, Zugriff 6.7.2020

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Coronavirus Disease 2019 (COVID-19). Latest updates on the COVID-19 crisis in Africa CDC, https://africacdc.org/covid-19/, Zugriff 8.7.2020

-        CDDEP – Center for Disease Dynamics, Economics & Policy (7.5.2020): https://cddep.org/covid-19/covid-19-in-africa-national-projections-of-exposed-contagioussymptomatic-severe-cases%e2%80%8b/, Zugriff 8.5.2020

-        CGTN - China Global Television Network (5.7.2020): South African military’s health officials deployed to fight COVID-19, https://africa.cgtn.com/2020/07/05/south-africanmilitarys-health-officials-deployed-to-fight-covid-19/, Zugriff 6.7.2020

-        CIA (2020): CIA World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/resources/theworld-factbook/, Zugriff 9.5.2020

-        CNN (6.7.2020): Africa's battle against Covid-19 will be won or lost here, https://edition.cnn.com/2020/07/06/africa/western-cape-south-africa-coronavirus-epicenterintl/index.html, Zugriff 6.7.2020

-        DF – Deutschlandfunk (5.7.2020): „Nicht immer der Kontinent der Krisen und Krankheiten“, https://www.deutschlandfunk.de/coronavirus-verbreitung-in-afrika-nicht-immer-der-

kontinent.694.de.html?dram:article_id=479943, Zugriff 6.7.2020

-        DF – Deutschlandfunk (3.6.2020): Afrikas Gesundheitsnöte, https://www.deutschlandfunk.de/corona-erkenntnisse-einer-krise-afrikasgesundheitsnoete.724.de.html?dram:article_id=477925, Zugriff 5.6.2020

-        DW – Deutsche Welle (26.5.2020): Hilfsorganisationen befürchten Corona-

Kollateralschäden in Afrika, https://www.dw.com/de/hilfsorganisationen-bef%C3%Bcrchtencorona-kollateralsch%C3%A4den-in-afrika/a-53571864, Zugriff 5.6.2020

-        Finanzen – Finanzen.at (29.6.2020): IWF - Folgen von Corona in Afrika schlimmer als zuvor erwartet, https://www.finanzen.at/nachrichten/aktien/iwf-folgen-von-corona-in-afrikaschlimmer-als-zuvor-erwartet-1029350515, Zugriff 6.7.2020

-        Focus (6.7.2020): Mehrere Millionen Tote erwartet: Die schlimmste Corona-Epidemie droht der Welt erst noch, https://www.focus.de/gesundheit/news/corona-in-afrika-die-schlimmsteepidemie-droht-der-welt-erst-noch_id_12170350.html, Zugriff 6.7.2020

-        HB – Handelsblatt (2.6.2020): Das Coronavirus verschärft die wirtschaftlichen und sozialen Probleme Afrikas, https://www.handelsblatt.com/politik/international/pandemie-dascoronavirus-verschaerft-die-wirtschaftlichen-und-sozialen-problemeafrikas/25873896.html?ticket=ST-694848-dRLGYauqbbb5pahbt1wI-ap5, Zugriff 5.6.2020

-        Kappl, Robert / Der Standard (4.6.2020): Afrika droht ein verlorenes Jahrzehnt, https://www.derstandard.at/story/2000117866719/afrika-droht-ein-verlorenes-jahrzehnt, Zugriff 5.6.2020

-        N24 – News24 (2.7.2020): Covid-19: 'It'll be overcrowded in hospitals' - Gauteng MEC predicts 300 000 cases by end of August, https://www.news24.com/news24/southafrica/news/covid-19-itll-be-overcrowded-inhospitals-gauteng-mec-predicts-300-000-cases-by-end-of-august-20200702, Zugriff

6.7.2020

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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