TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/26 G313 2245487-2

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Veröffentlicht am 26.08.2021
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Entscheidungsdatum

26.08.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35 Abs3

Spruch


G313 2245487-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA.: Afghanistan, (BF), vertreten durch RA Dr. Gregor KLAMMER, gegen die mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 06.08.2021, Zl. XXXX, angeordnete Anhaltung in Schubhaft ab 11.08.2021 zu Recht:

A)

I.       Die Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft am 11.08.2021 wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II.     Der Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft ab 12.08.2021 wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG stattgegeben und die Anhaltung des BF in Schubhaft vom 12.08.2021 bis 20.08.2021 für rechtswidrig erklärt.

III.    Der Antrag des BF und des BFA auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des BFA vom 06.08.2021 wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG über den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet, und ausgesprochen, dass die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach Entlassung des BF aus der derzeitigen Haft eintreten.

2. Es wurde gegen diesen Bescheid und gegen die Anhaltung des BF in Schubhaft Beschwerde erhoben. Mit Beschwerde wurde beantragt auszusprechen, dass die Anhaltung in Schubhaft seit 11.08.2021 (in eventu spätestens seit 16.08.2021) in rechtswidriger Weise erfolgte, und auszusprechen, dass die Voraussetzungen für eine weitere Anhaltung des BF nicht vorliegen.

3. Am 17.08.2021 wurde dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die Beschwerde samt dazugehörigem Akt vorgelegt. Seitens des BVwG wurde ein Kostenersatzantrag gestellt.

4. Am 19.08.2021 langte beim BVwG zudem ein nicht von der vom BF nicht aufgelösten weiterhin aufrechten Rechtsvertretung, zweites von einem Rechtsanwalt verfasstes mit „Haftbeschwerde“ betiteltes Beschwerdeschreiben ein, in welchem auf die Unmöglichkeit und Unzulässigkeit der Abschiebung des BF nach Afghanistan hingewiesen und beantragte wurde, die Anhaltung des BF in Schubhaft als rechtswidrig festzustellen und dem BF Kostenersatz zuzusprechen („Eingabegebühr und Aufwandsersatz im gesetzlichen Umfang“).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Afghanistan.

1.2. Er befand sich vom 11.08.2021 bis 20.8.2021 in Schubhaft.

1.3. Es ist zu einer zunehmenden Verschlechterung der Sicherheitslage in Afghanistan gekommen:

Die Taliban haben am 12.08.2021 die Stadt Herat und am 14.08.2021 Mazar-e Sharif eingenommen. Am 15.08.2021 besetzten die Taliban die Hauptstadt Kabul.

Von einer zeitnah möglichen Abschiebung des BF – innerhalb der zulässigen Schubhafthöchstdauer – konnte aufgrund der sich erheblich verschlechterten Sicherheitslage in Afghanistan in Zusammenhang mit der durch die radikalislamistischen Taliban ab 12.08.2021 im Land erfolgten Machtübernahme nicht ausgegangen werden.

2. Beweiswürdigung:

2.2.1. Der Verfahrensgang und die Feststellungen P. 1.1. bis 1.8. beruhen auf dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt.

2.2.2. Von der unter Punkt II.1.9. festgestellten sich in Afghanistan zunehmend verschlechterten Sicherheitslage wurde laufend in öffentlichen Medien berichtet.

Es ist amtsbekannt, dass eine für 03.08.2021 in Kooperation mit Deutschland geplant gewesene Charterabschiebung nach Afghanistan nicht durchgeführt werden konnte, da von Afghanistan keine Landegenehmigung erteilt wurde.

Wie im Erkenntnis des BVwG vom 19.08.2021, Zl. W282 2242837-2, festgehalten, wurde – wie Medienberichten zu entnehmen ist – von afghanischen Behörden als Grund für die Absage des Charterfluges am 03.08.2021 die COVID-19 Situation genannt. Der Lageeinschätzung der Staatendokumentation vom 02.08.2021 ist noch nicht zu entnehmen, dass die größten Städte Afghanistans vor dem Fall an die Taliban stünden. Es wurde nur festgehalten, dass die Regierung mehr Truppen nach Herat entsende, um die Taliban dort aufzuhalten. Dass der Eroberungsfeldzug der Taliban derart schnell von Statten gehen würde, konnte die belangte Behörde nicht vorausahnen, geht doch aus Medienberichten hervor (z.B.: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/afghanistan-sicherheit-evakuierung-kaim-100.html, (15.08.2021); https://www.srf.ch/news/international/vormarsch-der-taliban-ex-nato-general-fall-von-kabul-ist-nur-eine-frage-der-zeit (13.08.2021), dass selbst US-amerikanische Geheimdienste von der Schnelligkeit des Vormarsches der Taliban überrascht waren und bis zum Fall der größten Städte bzw. bis den Fall von Kabul frühestens in einem Zeitraum von 3 bis 4 Monaten erwartet hätten. Auch die vom Bundesamt betriebene Staatendokumentation gab bis dato keine neue Lageeinschätzung seit 02.08.2021 ab.

Somit war nicht ersichtlich, warum schon zum 04.08.2021 – nach Absage des für 03.08.2021 geplant gewesenen Charterfluges – für das BFA die absolute Unmöglichkeit der Durchführung von Abschiebungen erkennbar gewesen sein sollte.

Nach Absage des für 03.08.2021 geplanten Charterfluges fanden weitere Bemühungen um einen neuen Charterflug statt. Ein solcher war für 07.09.2021 vorgesehen.

Erst mit der rapiden Verschlechterung der Sicherheitslage durch Eroberung der größten Städte Herat und Mazar-e-Sharif wurde letztlich offenkundig, dass die Kampfmoral der afghanischen Armee vollständig gebrochen war und diese auch nicht mehr in Lage war, Bevölkerungszentren und die Hauptstadt Kabul vor den Taliban zu schützen.

Da insbesondere die Städte Herat und Mazar-e-Sharif als Hauptzielpunkte für innerstaatliche Fluchtalternativen (IFA) für sog „young able men“ in Afghanistan dienen (unter weiteren in der EASO Country Guidance genannten Voraussetzungen), wird davon ausgegangen, dass mit dem raschen Fall der Stadt Herat im Nordwesten des Landes am 12.08.2021 jener Punkt erreicht war, an dem die belangte Behörde von der Unmöglichkeit der Durchführung von zeitnahen Abschiebungen innerhalb der gesetzlichen Schubhafthöchstgrenzen ausgehen müssen hätte.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A)

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. (…).“

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ überschriebene § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes lautet:

㤠22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(…).“

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

3.1.3. Der BF, afghanischer Staatsangehöriger, besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG.

Im vorliegenden Fall ist die mit Bescheid des BFA vom 06.08.2021 gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG angeordnete Anhaltung in Schubhaft Anfechtungsgegenstand.

Der BF befand sich ab 11.08.2021 in Schubhaft.

Es ist zu einer zunehmenden Verschlechterung der Sicherheitslage In Afghanistan gekommen.

Davon wurde laufend in öffentlichen Medien berichtet.

Die Taliban haben am 12.08.2021 die Stadt Herat und am 14.08.2021 Mazar-e Sharif eingenommen. Am 15.08.2021 besetzten die Taliban die Hauptstadt Kabul.

Von einer zeitnah möglichen Abschiebung des BF – innerhalb der zulässigen Schubhafthöchstdauer – konnte aufgrund der sich erheblich verschlechterten Sicherheitslage in Afghanistan in Zusammenhang mit der durch die radikalislamistischen Taliban ab 12.08.2021 im Land erfolgten Machtübernahme nicht ausgegangen werden.

Es wird folglich die Anhaltung des BF in Schubhaft am 11.08.2021 für rechtmäßig, ab Bekanntwerden der sich maßgeblich verschlechterten Lage in Afghanistan mit der Einnahme der Stadt Herat durch die Taliban am 12.08.2021 bis zur Entlassung des BF aus der Schubhaft am 20.08.2021 um 12:00 Uhr jedoch für rechtswidrig erklärt, konnte die belangte Behörde nach Bekanntwerden der sich maßgeblich verschlechterten Sicherheitslage in Afghanistan rund um die Machtübernahme durch die radikalislamistischen Taliban ab 12.08.2021 doch auf keinen Fall mehr von einer zeitnahen die gesetzlichen Höchstgrenzen der Anhaltung in Schubhaft berücksichtigenden möglichen Abschiebung des BF ausgehen.

Der Verfassungsgerichtshof erkannte in einer am Mittwoch, dem 18.08.2021, ergangenen Entscheidung einer Beschwerde gegen eine Entscheidung des BVwG vom 04.08.2021, womit seitens des BVwG die Fortsetzung der Schubhaft weiterhin als verhältnismäßig erachtet wurde, die aufschiebende Wirkung zu und begründete dies wörtlich wie folgt:

„Vor dem Hintergrund der aktuellen Länderinformationen zu Afghanistan ist für den VfGH nicht zu erkennen, dass eine zeitnahe – die gesetzlichen Höchstgrenzen der Anhaltung in Schubhaft berücksichtigende – Abschiebung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat möglich ist. Die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft (und der damit einhergehende Freiheitsentzug) erweisen sich jedoch nur dann als verhältnismäßig, wenn das zu sichernde Verfahren letztlich zu einer Abschiebung führen kann.“ (VfGH-Beschluss E 3115/2021-4 vom 18.08.2021)

Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Der BF, der am 11.08.2021 in Schubhaft genommen wurde, befindet sich nunmehr nicht mehr in Schubhaft. Er wurde am 20.08.2021 um 12:00 Uhr aus der Schubhaft entlassen.

Da der BF sich nunmehr nicht mehr in Schubhaft befindet, ist mit gegenständlicher Entscheidung nicht (mehr) festzustellen, ob zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

3.1.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG konnte unterbleiben, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde vor dem Hintergrund der aktuellen Länderberichtslage – eindeutig – geklärt erschien und auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im gegenständlichen Fall zu keinem anderen Entscheidungsergebnis führen können hätte.

3.1.5. Zu einem Kostenersatz

3.1.5.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 35 Abs. 7 VwGVG ist auf Antrag der Partei Aufwandersatz zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

3.1.5.2. Im gegenständlichen Verfahren wurde mit Schubhaftbeschwerde vom 19.08.2021

gegen die Anhaltung in Schubhaft Beschwerde erhoben und ein Kostenersatzantrag gestellt.

Das BFA hat auch einen Antrag auf Kostenersatz im Sinne des § 35 VwGVG gestellt.

Da der Beschwerde gegen die Anhaltung des BF in Schubhaft ab 11.08.2021 nur teilweise stattgegeben bzw. die Beschwerde gegen die Anhaltung am 11.08.2021 als unbegründet abgewiesen sowie der Beschwerde gegen die Anhaltung ab 12.08.2021 stattgegeben und die Anhaltung in Schubhaft vom 12.08.2021 bis 20.08.2021 für rechtswidrig erklärt wurde, war sowohl der BF als auch das BFA nur hinsichtlich eines Teiles der zu beurteilenden Anhaltung in Schubhaft als unterlegen zu betrachten. Das steht einem Kostenersatz nach dem gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG auch im Schubhaftbeschwerdeverfahren anwendbaren § 35 VwGVG entgegen (vgl. VwGH vom 26.04.2018, Ra 2017/21/0240). Das Kostenbegehren des BF und des BFA wird daher abgewiesen.

3.2. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Fluchtgefahr Interessenabwägung öffentliche Interessen Schubhaft Schubhaftbeschwerde Sicherungsbedarf Verhältnismäßigkeit Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G313.2245487.2.00

Im RIS seit

16.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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