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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art8Leitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung der Festlegung der deutschen Sprache als Geschäftssprache der Landwirtschaftskammer mangels Legitimation; kein subjektives Recht auf Gebrauch einer bestimmten Amtssprache im Rahmen der Erbringung privatwirtschaftlicher ServiceleistungenSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1. Mit der vorliegenden, ausdrücklich auf Art140 (Abs1) B-VG gestützten und als "Individualantrag" bezeichneten Eingabe begehren Dipl.-Ing. S D, F K, F K, J P, D P und F V die Aufhebung des §16 Abs2 Landwirtschaftskammergesetz 1991 (LWKG), Ktn. LGBl. 127/1991 (lautend: "Die Geschäftssprache der Landwirtschaftskammer ist die deutsche Sprache.") als verfassungswidrig.
1.2. Die zur Stellungnahme aufgeforderte Kärntner Landesregierung erstattete eine schriftliche Äußerung, in der sie für die Zurückweisung, hilfsweise aber für die Abweisung des Antrags eintrat.
2. Über den Antrag wurde erwogen:
2.1. Gemäß Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheids für sie wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausführte, setzt die Antragslegitimation daher grundlegend voraus, daß das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen jenen Anforderungen genügen, die Art140 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung der Antragslegitimation aufstellt (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10353/1985).
2.2.1. Die Antragsteller sehen sich nach eigener Bekundung als Angehörige der slowenischen Volksgruppe und Mitglieder der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Kärnten durch die bekämpfte Norm des §16 Abs2 LWKG ausschließlich insofern beschwert, als sie sich "vor den zuständigen Stellen der Kärntner Landwirtschaftskammer nicht in ihrer Muttersprache beraten" und ihre (an diese Kammer gerichteten) "Förderungsansuchen" nicht in slowenischer Sprache behandeln lassen können (S. 5 f des Antrags).
2.2.2. Nach Art8 B-VG ist die deutsche Sprache die Staatssprache der Republik. Das bedeutet, daß sie die offizielle Sprache ist, in der alle Anordnungen der Staatsorgane zu ergehen und in der diese Organe mit den Parteien und untereinander zu verkehren haben (Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts7, 1992, Rz 207; VfSlg. 9233/1981). Der von der Freiheit des privaten Sprachgebrauchs ausgehende, auf Verfassungsstufe stehende Art7 Z3 des Staatsvertrags von Wien, BGBl. 152/1955, ergänzt Art8 B-VG (VfSlg. 12836/1991), indem er die slowenische Sprache - in Beziehung auf Hoheitsakte - in bestimmten Verwaltungs- und Gerichtsbezirken "zusätzlich zum Deutschen als Amtssprache" (official language, langue officielle) zuläßt. Art7 Z3 des Staatsvertrags von Wien stellt sicher, daß der Angehörige der Minderheit sich im Verkehr mit den lokalen Behörden oder Gerichten seiner angestammten Sprache bedienen kann. Nur das Gespräch und der Schriftwechsel mit staatlichen Organen hat - auf Verlangen eines Minderheitsangehörigen - in slowenischer Sprache stattzufinden (VfSlg. 9801/1983; s. auch VfSlg. 9744/1983, 11585/1987, 12836/1991). Von nichts anderem geht auch die auf Grund des §2 Abs1 Z3 Volksgruppengesetz, BGBl. 396/1976, erlassene Verordnung der Bundesregierung vom 31. Mai 1977, BGBl. 307, über die Bestimmung der Gerichte, Verwaltungsbehörden und sonstigen Dienststellen aus, vor denen die slowenische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache zugelassen wird.
2.2.3.1. Die Antragsteller nennen nicht-hoheitliche Tätigkeiten der Kammer (s. Pkt. 2.2.1.), die sie in Anspruch nehmen wollen und die in den in der Antragsschrift zitierten Bestimmungen des LWKG (§6 Abs1 Z5 und Z8) wie folgt umschrieben werden: "Veranstaltungen von Kursen, Lehrgängen und Fachvorträgen u.ä. sowie die fachliche Beratung des im (§6) Abs3 angeführten Personenkreises" (Z5) und die Aufgabe der Landwirtschaftskammer, "zur Hebung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lage der Land- und Forstwirte und ihrer Familienangehörigen Einrichtungen und Anstalten ins Leben zu rufen und zu verwalten oder an der Errichtung und Verwaltung solcher Anstalten mitzuwirken" (Z8).
2.2.3.2. Auf diese von der Kärntner Kammer für Land- und Forstwirtschaft gleich einem Privaten erbrachten Serviceleistungen findet nach dem bereits Gesagten Art7 Z3 des Staatsvertrags von Wien indessen keine Anwendung: In diesem Umfang haben die Antragsteller folglich auch kein durch diese Norm (oder durch andere Normen) eingeräumtes subjektives Recht auf Gebrauch der slowenischen Sprache (als Amtssprache).
2.3. Der Antrag auf Aufhebung des §16 Abs2 LWKG war darum - allein schon aus den zu Pkt. 2.2.2. und 2.2.3.2. dargelegten Gründen - mangels Legitimation der Antragsteller sogleich als unzulässig zurückzuweisen.
3. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Minderheiten, Amtssprache, Landwirtschaftskammern, Privatwirtschaftsverwaltung, Rechte subjektiveEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:G241.1993Dokumentnummer
JFT_10058784_93G00241_00