TE Vwgh Beschluss 2021/10/20 Ra 2021/20/0239

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Veröffentlicht am 20.10.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Eder und Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Engel, in der Rechtssache der Revision des M N in W, vertreten durch Mag. Thomas Reisinger, Rechtsanwalt in 4400 Steyr, Stadtplatz 20-22/1/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Mai 2021, W192 2166248-2/7E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber ist ein afghanischer Staatsangehöriger und stellte am 30. Oktober 2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

2        Das Bundesverwaltungsgericht wies diesen Antrag im Beschwerdeverfahren mit Erkenntnis vom 8. August 2019 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Am 12. Mai 2020 stellte der Revisionswerber einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz und brachte zusammengefasst vor, dass seine Feinde erstarkt seien und er aufgrund seines Lebens in Österreich Verfolgung befürchte.

4        Nach Zulassung des Asylverfahrens wies Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Folgeantrag des Revisionswerbers mit Bescheid vom 3. September 2020 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten nach § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.), und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest (Spruchpunkt VI.).

5        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht ohne Durchführung einer Verhandlung mit dem gegenständlichen Erkenntnis hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis III. des Bescheides als unbegründet ab. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV. bis VI. gab das Bundesverwaltungsgericht statt und behob diese. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung erklärte das Bundesverwaltungsgericht bis zum 8. September 2021 für vorübergehend unzulässig. Weiters sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Die Revision wendet sich in ihrer Zulassungsbegründung gegen die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach im Zusammenhang mit den im Folgeantrag behaupteten Fluchtgründen des Revisionswerbers eine entschiedene Sache vorgelegen sei.

10       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Prüfung des Vorliegens der entschiedenen Sache von der rechtskräftigen Vorentscheidung auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit derselben nochmals zu überprüfen. Identität der Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (vgl. VwGH 30.9.2020, Ra 2020/20/0277, mwN).

11       Bei wiederholten Anträgen auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufweisen, dem Relevanz zukommt (vgl. VwGH 18.1.2021, Ra 2020/20/0425, mwN).

12       Die Beurteilung, ob die behauptete Sachverhaltsänderung einen „glaubhaften Kern“ aufweist, erfolgt stets im Rahmen der Beweiswürdigung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. erneut VwGH 18.1.2021, Ra 2020/20/0425, mwN).

13       Eine Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung zeigt die Revision mit ihrem Vorbringen, das im Wesentlichen das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers, welchem das Bundesverwaltungsgericht mit näherer und schlüssiger Begründung keinen Glauben schenkte, wiederholt, nicht auf.

14       Soweit der Revisionswerber sich gegen den Entfall einer Verhandlung betreffend die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten wendet, zeigt er nicht auf, dass eine vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmende Fehlerhaftigkeit vorliege (vgl. zur Maßgeblichkeit des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG im Fall der Zurückweisung eines Antrages nach Zulassung des Asylverfahrens etwa VwGH 22.2.2021, Ra 2020/18/0537, mwN).

15       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 20. Oktober 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021200239.L00

Im RIS seit

16.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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