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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §18 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des M H, vertreten durch Mag. Hans Georg Popp, Rechtsanwalt in 8112 Gratwein-Straßengel, Bahnhofstraße 9, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. April 2021, Zl. L516 2168234-1/17E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde in der Sache ein Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz abgewiesen, kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei, eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt und ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig sei.
2 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Mit Beschluss vom 8. Juni 2021, E 1915/2021-5, lehnte der VfGH die Behandlung der Beschwerde ab und trat die Beschwerde über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 13. Juli 2021, E 1915/2021-7, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
3 Mit Beschluss vom 25. August 2021, Ra 2021/01/0275-4, wies der Verwaltungsgerichtshof den Antrag des Revisionswerbers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wegen Aussichtslosigkeit der Revisionserhebung ab. Sodann erhob der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision die Bezeichnung der Rechte, in dem die revisionswerbende Partei verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten. Durch die von der revisionswerbenden Partei vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 Abs. 1 VwGG gebunden ist. Demnach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob durch die angefochtene Entscheidung irgendein subjektives Recht der revisionswerbenden Partei verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes Recht verletzt wurde, dessen Verletzung sie behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet (vgl. etwa VwGH 27.11.2020, Ra 2020/01/0312, mwN).
8 Der Revisionswerber erachtet sich vorliegend, „durch das angefochtene Erkenntnis in seinem einfachgesetzlich gewährleisteten, subjektiven Recht auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 3, 8 Abs. 1, 57 Asylgesetz, und Durchführung eines amtswegigen Ermittlungsverfahrens gem. § 18 AsylG, verletzt, da das Erkenntnis an einer Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften leidet“.
9 Zum geltend gemachten Recht auf „Durchführung eines amtswegigen Ermittlungsverfahrens gem. § 18 AsylG“ ist darauf hinzuweisen, dass die Verletzung von Verfahrensvorschriften als solche keinen Revisionspunkt darstellt, sondern zu den Revisionsgründen zählt (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG; vgl. VwGH 27.11.2020, Ra 2020/01/0312, mwN).
10 Im Hinblick auf die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten sowie eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 enthält die Revision kein Zulässigkeitsvorbringen nach § 28 Abs. 3 VwGG, weshalb die Revision im Umfang des diesbezüglichen Abspruchs des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) schon aus diesem Grund gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen ist.
11 Inhaltlich wendet sich das Zulässigkeitsvorbringen gegen die im Rahmen der Erlassung einer Rückkehrentscheidung erfolgte Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt eine Revision nur dann von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG ab, wenn sich die Rechtsfrage innerhalb des Revisionspunktes, also des von dem Revisionswerber selbst definierten Prozessthemas, stellt (vgl. VwGH 9.2.2021, Ra 2021/01/0017, mwN). Das ist hier nicht der Fall, weil die Ausführung eines entsprechenden Revisionspunktes fehlt.
12 Soweit die Revision im Übrigen ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beweiswürdigung der Verwaltungsgerichte behauptet, ist sie auf folgende Rechtsprechung hinzuweisen:
13 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes soll sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. ErläutRV 1618 BlgNR 24. GP 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. für viele VwGH 21.7.2021, Ra 2021/01/0223-0224, mwN).
14 Im Übrigen stellt die Frage, ob auf Basis eines konkret vorliegenden Standes eines Ermittlungsverfahrens ein ausreichend ermittelter Sachverhalt vorliegt oder ob weitere amtswegige Erhebungen erforderlich sind, regelmäßig keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern eine jeweils einzelfallbezogen vorzunehmende Beurteilung dar (vgl. etwa VwGH 22.3.2021, Ra 2020/01/0296, mwN). Es entspricht auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein allgemeines Recht auf eine fallbezogene Überprüfung des Vorbringens durch Recherche im Herkunftsstaat nicht besteht. Die Beurteilung der Erforderlichkeit derartiger Erhebungen im Sinn des § 18 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 obliegt der ermittelnden Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht (vgl. etwa VwGH 31.5.2021, Ra 2021/01/0168, mwN).
15 In der Revision werden vor diesem Hintergrund keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 22. Oktober 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021010275.L00Im RIS seit
16.11.2021Zuletzt aktualisiert am
16.11.2021