TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/15 W119 1431375-6

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.06.2021
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Entscheidungsdatum

15.06.2021

Norm

AsylG 2005 §3
AVG §68 Abs1
AVG §71
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2 Z1

Spruch


W119 1431375-6/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

I. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 8.4.2021, Zl. 820748704/200905634, beschlossen:

A) Der beschwerdeführenden Partei wird gemäß § 71 AVG die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 8.2.2021, Zl. 820748704/200905634, bewilligt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , XXXX , StA. Armenien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 8.2.2021, Zl. 820748704/200905634, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin brachte nach illegaler Einreise am 19.5.2012 im Bundesgebiet ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz ein.

Vor Organwaltern des öffentlichen Sicherheitsdienstes bzw. einem Organwalter des Bundesasylamtes (im Folgenden auch: belangte Behörde) brachte sie zu ihren Fluchtgründen im Wesentlichen Folgendes vor:

Nach der Tradition der Jesiden dürfe ein Mädchen vor der Ehe keinen Sex haben. Sie hätte entgegen dieser Tradition eine sexuelle Beziehung zu einem Tadschiken gehabt. Als ihre Familie davon erfahren hätte, hätten sie ihr Vater und ihr Cousin zusammengeschlagen, weil sie Schande über die Familie gebracht habe.

Der erste Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 23.11.2012 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status einer Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt (Spruchpunkt III.).

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Asylgerichtshof mit Entscheidung vom 21.2.2013 hinsichtlich Spruchpunkt I. gem. § 3 AsylG 2005 abgewiesen, sodass dieser in Rechtskraft erwuchs. In Erledigung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. und III. wurde der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gem. § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Begründend führte der Asylgerichtshof im Wesentlichen aus, dass einzelfallspezifische, über die Ermittlung der allgemeinen Berichtslage hinausgehende Ermittlungsschritte bezüglich der individuellen Lage der zum damaligen Zeitpunkt schwangeren Beschwerdeführerin, insbesondere des sozialen, familiären und wirtschaftlichen Umfeldes in Armenien erforderlich wären. Hierzu werde abzuklären sein, ob die Beschwerdeführerin tatsächlich Jesidin sei. Vor dem Hintergrund des gegenwärtigen Ermittlungsstandes könne die Frage nicht beantwortet werden, ob die in Armenien aufhältigen Verwandten auch gewillt wären, sie zu unterstützen, oder ob sie – falls sie tatsächlich Jesidin wäre – als von der jesidischen Gesellschaft Ausgestoßene anzusehen und im Fall einer Rückkehr quasi auf sich alleine gestellt sei, was für das Treffen von Feststellungen zur individuellen Überlebensfähigkeit der Beschwerdeführerin von erheblicher Bedeutung sein werde. Auch der tatsächliche Zugang zu den angeführten Sozialleistungen würde zu klären sein.

Es wurde jedoch festgehalten, aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ergebe sich unwiderlegt, dass sich die behauptetermaßen stattgefundenen Verfolgungshandlungen außerhalb ihres Herkunftsstaates abgespielt hätten, weshalb zumindest im Hinblick auf Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides eine weitere Auseinandersetzung mit dem Wahrheitsgehalt des Vorbringens der Beschwerdeführerin unterbleiben könne.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 3.7.2013, Zl. 1207.487-BAI, wurde der Beschwerdeführerin in weiterer Folge gem. § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde neuerlich die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt (Spruchpunkt III.).

Geglaubt werde der Beschwerdeführerin, dass sie in der armenischen SSR geboren worden und dort aufgewachsen sei. Die Angaben, wonach ihre Eltern und auch die Großeltern in der armenischen SSR geboren, aufgewachsen und auch armenische Staatsbürger seien, seien ebenfalls glaubwürdig gewesen. Aus den Bestimmungen des armenischen Staatsbürgerschaftsgesetzes sei abzuleiten, dass die Beschwerdeführerin nach wie vor als armenische Staatsbürgerin anzusehen sei.

Zur Rückkehrsituation wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin nicht glaubhaft darlegen habe können, dass sie im Fall ihrer Rückkehr keine Lebensgrundlage hätte, weil ihr zugemutet werden könne, dass sie selbst für ihren Lebensunterhalt aufkomme. Zudem sei die Grundversorgung in Armenien gewährleistet und könne nach § 67 Asylgesetz eine finanzielle Rückkehrhilfe als Startkapital dienen. Es bestehe auch die Möglichkeit zur Inanspruchnahme nationaler staatlicher Hilfsprogramme. Weiter würden diverse internationale Organisationen Rückkehrern Hilfestellung in verschiedener Form anbieten. Zudem habe sie nicht glaubhaft machen können, tatsächlich einer Verfolgung durch die eigene Familie ausgesetzt zu sein, zumal die zwischenzeitige Recherche in der Russischen Föderation ergeben hätte, dass die Angaben der Beschwerdeführerin zum Aufenthalts- und Wohnort ihrer Familie ebenfalls nicht den Tatsachen entsprochen hätten. Es sei somit nicht glaubhaft, dass sie im Fall ihrer Rückkehr von Seiten der Familie und von Seiten der Jesiden keine Unterstützung erwarten könne.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid vom 3.7.2013 wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin weder russische noch armenische Staatsangehörige sei und im Falle ihrer Rückkehr auch keine Unterstützung zu erwarten habe. Sie sei eine ledige Frau mit Kleinkind. Für sie gebe es keine besonderen Förderungen oder Privilegien. Die Arbeitslosigkeit von Frauen sei hoch, zudem würden sie in der Arbeitswelt diskriminiert. Sexuelle Belästigung sei explizit nicht verboten. Als Jesidin habe sie wegen ihres Verhaltens auch von ihrer Familie keine Unterstützung zu erwarten.

Im Weiteren wurden mehrere psychotherapeutische bzw. psychologische Stellungnahmen sowie eine Deutschkursbesuchsbestätigung vorgelegt.

Mit Beschwerdeergänzung vom 30.7.2013 bzw. vom 1.8.2013 brachte sie im Wesentlichen vor, dass ihr Familienname richtig wie im Spruch zweitgenannt lautet.

In der vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12.4.2014 abgehaltenen Verhandlung gab die Beschwerdeführerin unter anderem an, sie habe ein Kind von einem Tadschiken, mit dem sie zwei Monate in Russland zusammen gewesen sei. In Armenien lebten nach wie vor vier Onkel und deren Familien.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.9.2014 wurde die Beschwerde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführerin im Heimatland eine asylrelevante Verfolgung drohe. Ebenso könne unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht festgestellt werden, dass sie im Falle einer Rückkehr der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt wäre.

Weiters habe unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden können, dass hinsichtlich der Beschwerdeführerin die Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Armenien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, das Bundesasylamt habe völlig zutreffend argumentiert, dass das ausreisekausale Vorbringen im dargestellten Ausmaß als nicht glaubhaft bzw. nicht asylrelevant zu qualifizieren sei. In Ergänzung dazu wurde jedoch erwogen, dass die Beschwerdeführerin armenische Staatsangehörige sei, vom Bundesverwaltungsgericht habe aber nicht festgestellt werden können, dass sie zur jesidischen Volksgruppe gehörte. Im Rahmen der vor dem Bundesverwaltungsgericht abgehaltenen Beschwerdeverhandlung sei auch zu Tage getreten, dass sie im Fall einer Rückkehr nach Armenien dort sehr wohl über ein soziales Auffangnetz in Form von Verwandten und Unterkunft verfügen würde. Aufgrund der Unglaubwürdigkeit der Angaben der Beschwerdeführerin zu Identität, Staatsangehörigkeit, Fluchtgrund und Aufenthalt in der Russischen Föderation gehe das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass ihre gesamte Familie nach wie vor in Armenien lebe und sie bei ihrer Rückkehr auch deren Unterstützung erwarten könne. Zudem habe sich die Beschwerdeführerin während des gesamten Asylverfahrens nicht einmal ansatzweise bemüht, Bescheinigungsmittel für ihr Vorbringen beizuschaffen.

In Armenien lebten jedenfalls vier Onkel sowie zwei Cousins der Beschwerdeführerin. Ihre Familie besitze in Armenien nach wie vor die Hälfte eines Hauses, ein Onkel die andere Hälfte.

Ausführlich wurde in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts dann dargelegt, aus welchen Gründen anzunehmen ist, dass die Beschwerdeführerin versuchte, ihre Staatsangehörigkeit zu verschleiern. Nicht nur, dass sie selbst unterschiedliche Angaben zu ihrer Herkunft gemacht habe und sowohl ein erstes Rechercheergebnis vom 30.5.2013 als eben auch das (damals) aktuelle vom 6.8.2014 ergeben hätten, dass die Angaben der Beschwerdeführerin nicht stimmten, habe sie letztlich selbst angegeben, dass sie in Russland nie gemeldet gewesen sei, jedoch in Armenien, wo sie bis ca. zu ihrem 12 Lebensjahr gelebt habe.

In der Folge wurde ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG eingebracht, in welchem im Wesentlichen dargelegt wurde, der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin habe dem rechtsfreundlichen Vertreter am 16.9.2014 Unterlagen übergeben, welche die Beschwerdeführerin wohl am 12.9.2014 erhalten hätte und diese seien noch am Tag vor der Zustellung des abschließenden Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgericht vom 15.9.2014 eingelangt, weshalb diese noch zu berücksichtigen gewesen wären. In diesen Unterlagen wurden im Wesentlichen Ausführungen über jesidische Frauen in Armenien getätigt und es wurde festgehalten, dass die Beschwerdeführerin keine Unterstützung von ihren Verwandten erhalten würde. Ferner wurde ausgeführt, dass die Ausführungen im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach die Beschwerdeführerin armenische Staatsbürgerin sei, nicht nachvollziehbar wären. Die dem Gericht vorgelegten Kopien der Reisepässe der Eltern und Brüder der Beschwerdeführerin würden belegen, dass die Feststellungen des Gerichtes nicht stimmten. Die Beschwerdeführerin hätte in Armenien keine Existenzgrundlage.

Der Antrag auf Wiederaufnahme wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.11.2014 abgewiesen. Das Gericht hielt fest, dass es sich bei den in Kopie vorgelegten Unterlagen um einen Behindertenausweis des Bruders der Beschwerdeführerin, die Reisepässe ihrer Mutter und ihres Vaters sowie ein Dokument über die Vormundschaft des Vaters über ihren Bruder handle und es wurde erwogen, dass aufgrund der erfolgten Beweisaufnahme die bisher im Verfahren getroffenen Feststellungen bzw. die beweiswürdigenden Aspekte durch die Vorlage neuer Unterlagen nicht widerlegt hätten werden können. Es sei nicht gelungen, neu hervorgekommene Tatsachen vorzulegen, die die entscheidungsrelevanten Umstände derartig betreffen würden, sodass sie – wären sie seinerzeit berücksichtigt worden – voraussichtlich zu einem anderen Ergebnis geführt hätten bzw. im wiederaufgenommenen Verfahren führen würden. Vielmehr habe die Beschwerdeführerin mehrfach falsche, immer wieder geänderte Personalien angegeben, welche die Erhebungen erschwert und zu drei Recherchen geführt hätten, bis sie schlussendlich Identitätsdokumente von Verwandten vorgelegt habe, welche jedoch wiederum nicht mit dem Vorbringen übereinstimmten. Das Vorbringen hinsichtlich der Probleme von alleinstehenden Frauen in Armenien stelle keinen neuen Sachverhalt dar. In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass das Fluchtvorbringen bereits als unglaubwürdig qualifiziert worden sei.

Am 18.8.2015 stellte die Beschwerdeführerin ihren zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Erstbefragt führte sie aus, dass sie im Falle der Rückkehr nach Russland oder Armenien von ihrer Familie umgebracht würde.

Am 4.12.2017 wurde sie vor der Behörde niederschriftlich einvernommen. Zum Grund für das Verlassen ihres Heimatlandes gab sie an, dass sie bereits alles erzählt habe. Für Jesiden sei es streng verboten, vor der Ehe Geschlechtsverkehr zu haben. Sie wolle nunmehr zu ihrem ersten Asylantragsvorbringen „noch eine Wahrheit hinzufügen“. Anlässlich des ersten Interviews habe sie wahrheitswidrig angegeben, Ende Juni 2012 nach Österreich gekommen zu sein. Tatsächlich sei sie Ende März 2012 nach Österreich gekommen. Die Schlepper hätten sie zu einem Armenier gebracht, der ihr helfen wollte und sie mit einem Jesiden, der heute ihr Lebensgefährte und Vater ihrer Kinder sei, in Kontakt gebracht. Beim ersten Interview hätte sie nichts von ihrer Schwangerschaft gewusst. Danach habe sie aber wahrheitswidrig angegeben, dass ihr erstes Kind nicht von ihrem Lebensgefährten, sondern von einem anderen Mann, mit dem sie vor ihrer Ausreise nach Österreich Geschlechtsverkehr gehabt hätte, wäre. Ihr Lebensgefährte habe ihr damals verboten, ehrlich zu sein, was sie nun aber sein wolle. Sie könne nicht nach Armenien zurück, weil sie eine Sünde begangen habe; diese Tat sei bei den Jesiden nicht erlaubt. Sie habe Angst, es sei lebensbedrohlich für sie.

Mit Schreiben vom 3.5.2018 wurde der Beschwerdeführerin Parteiengehör gewährt und wurden ihr aktuelle Länderfeststellungen übermittelt. Zudem wurden ihr ihre strafrechtlichen Eintragungen – zu diesem Zeitpunkt 3 Verurteilungen und 5 Eintragungen im kriminalpolizeilichen Aktenindex – vorgehalten und wurde sie aufgefordert, etwaige Änderungen zu ihrem Privat- und Familienleben bekannt zu geben.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.8.2018 wurde der zweite Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Ferner wurde festgehalten, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe und wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 4 FPG wurde ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.11. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid der belangten Behörde vom 18.6.2019, Zl. 820748704/151113906, gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Der Beschwerde wurde gem. § 18 (1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt. Gemäß § 53 FPG wurde ein Einreiseverbot für die Dauer von sieben Jahren erlassen.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 7.12.2018 wurde der dagegen erhobenen Beschwerde stattgegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Am 1.4.2019 wurde die Beschwerdeführerin erneut vor der Behörde einvernommen.

Sie gab an, dass sie gesund und der Fluchtgrund derselbe geblieben sei. Zu ihrer Familie habe sie keinen Kontakt mehr und gab sie wiederum die ursprüngliche, mehrfach überprüfte Adresse in Russland an, wo sich die Familie bei ihrer Ausreise befunden hätte. Es hätten sich keine neuen Gründe ergeben, der Fluchtgrund sei derselbe. Sie sei sich auch bewusst, dass ihr Aufenthalt ein unsicherer ist. Hinsichtlich der Deutschkenntnisse gab sie an, zwar zwei Deutschkurse besucht zu haben, aber immer mit den Kindern zusammen zu sein und damit nicht viel Kontakt zu anderen Personen zu haben. Befragt zu den Diebstählen gab sie an, sie hätte aus Geldmangel Lebensmittel gestohlen. Ihre Fluchtgründe würden sich auf Russland und nicht Armenien beziehen. Sie sei zwar in Armenien geboren, aber staatenlos. Später nochmals nachgefragt, was gegen eine Rückkehr nach Armenien spreche, führte sie aus, dass sie Angst vor ihren Verwandten dort habe. Diese würden sie umbringen, da sie sich in einen Mann einer anderen Religion verliebt habe. Seit drei Jahren habe sie aber keinen Kontakt mehr zur Familie. Ein Onkel habe sie einmal angerufen und gesagt, sie solle zurück nach Armenien kommen. Sie glaube aber, dass sie zurückkommen solle, um umgebracht zu werden, da sie die Ehre der Familie verletzt habe.

Nunmehr wolle sie sich aber von ihrem Mann – mit dem sie nicht verheiratet sei – trennen. Sie habe zwar keinen neuen Partner, der Mann habe aber Drogenprobleme, nehme ihr ihr Geld weg und hätten sie häusliche Probleme. Sie werde geschlagen und habe bereits mit den Betreuern gesprochen, dass sie ihn verlassen wolle.

In weiterer Folge wurden zwei Urteile gegen die Beschwerdeführerin wegen Diebstahls (vom 12.2.2019 und 1.7.2014) nachgereicht.

Von ihr selbst wurden folgende Dokumente vorgelegt: Unterstützungsschreiben ihrer privaten Deutschlehrerin, Deutschkursbestätigung A1.2, Zeugnis Integrationsprüfung A2.

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid der belangten Behörde vom 18.6.2019, Zl. 820748704/151113906, gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status einer Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Der Beschwerde wurde gem. § 18 (1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt. Gemäß § 53 FPG wurde ein Einreiseverbot für die Dauer von sieben Jahren erlassen.

Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates wurde begründend im Wesentlichen dargetan, dass sich die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Fluchtgründe zur Gänze auf ihr bereits als unglaubhaft festgestelltes Vorbringen aus ihrem Vorverfahren stützten. Sie habe bei der ersten Einvernahme lediglich angegeben, dass sie nicht Ende Juni, sondern im März 2012 nach Österreich gekommen wäre und hier ihren Lebensgefährten kennengelernt habe.

In einer Gesamtbetrachtung des Sachverhaltes stehe zweifelsfrei fest, dass sie den nunmehr zweiten Antrag ausschließlich zur Verhinderung ihrer Abschiebung gestellt habe.

Zur Situation im Falle der Rückkehr wurde festgehalten, dass die Behörde nicht davon ausgehe, dass ihr in Armenien die Existenzgrundlage komplett entzogen wäre. Sie habe bei ihrer Einvernahme angegeben, dass sie vier Onkel in Armenien hätte und hätte sie daher die Möglichkeit, zu diesen zurückzukehren.

Im Hinblick auf das verhängte Einreiseverbot wurde ausgeführt, dass insgesamt fünf Strafanzeigen sowie drei rechtskräftige Verurteilungen zu ihrer Person verzeichnet worden seien (beispielhaft wurden dazu zwei Verurteilungen unter Angabe der gesetzlichen Grundlagen für die Verurteilung und die Dauer der verhängten Freiheitsstrafe angeführt). Da sie eine Wiederholungstäterin sei, sei das Einreiseverbot von sieben Jahren gerechtfertigt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.9.2019, GZ L526 1431375-5/7E, gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm §§ 9, 18 (1) BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55, sowie § 53 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass gemäß Spruchpunkt VIII. die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 und 2 BFA-VG aberkannt und die Dauer des Einreiseverbots auf 5 Jahre herabgesetzt wird.

Begründend wurde dabei im Wesentlichen festgestellt, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Armenierin handle. Sie sei jung und arbeitsfähig mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer – wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich – gesicherten Existenzgrundlage.

Ihr Mann sei seit 5.4.2019 nicht mehr an derselben Adresse gemeldet wie der Rest der Familie (die Beschwerdeführerin und ihre Kinder). Die Beschwerdeführerin habe sich wegen häuslicher Gewalt und Problemen von ihm getrennt.

Sie halte sich seit 7 Jahren im Bundesgebiet auf und sei rechtswidrig und mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet eingereist. Sie lebe von der Grundversorgung und habe trotz eines besuchten Deutschkurses (A 2) lediglich geringfügige Deutschkenntnisse. Sie habe eine Integrationsprüfung abgelegt.

Im Strafregister der Republik Österreich - geführt von der Landespolizeidirektion Wien – schienen folgende Verurteilungen auf:

XXXX

§ 127 StGB

Datum der (letzten) Tat 23.12.2013

Freiheitsstrafe 1 Monat, bedingt, Probezeit 3 Jahre

XXXX

zu XXXX

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

XXXX

XXXX

XXXX

§ 127 StGB

§ 15 StGB § 127 StGB

Datum der (letzten) Tat 12.10.2013

Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf XXXX

XXXX

zu XXXX

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

XXXX

XXXX

XXXX

§§ 127, 131 1. Fall StGB

Datum der (letzten) Tat 05.02.2014

Freiheitsstrafe 8 Monate, davon Freiheitsstrafe 7 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf XXXX

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf XXXX

XXXX

XXXX

Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am XXXX

XXXX

XXXX

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

XXXX

XXXX

XXXX

§ 127 StGB

Datum der (letzten) Tat 20.09.2014

Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre.“

Der belangten Behörde sei zuzustimmen, wenn diese anführe, dass das Vorbringen im zweiten Asylverfahren lediglich eine Wiederholung der bereits im ersten Verfahren angegeben Fluchtgründe darstelle bzw. nicht glaubwürdig und nicht asylrelevant sei.

Völlig richtig sei auch, dass – wie bereits der Asylgerichtshof in seiner Entscheidung vom 21.2.2013 festgehalten habe – die Probleme in Russland nicht zu einer Schutzgewährung im Hinblick auf den Herkunftsstaat Armenien führen können. Wie bereits in den Vorentscheidungen dargelegt, könne aufgrund mehrerer Recherchen und Erhebungen davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin armenische Staatsangehörige und nicht, wie sie nun wiederum behauptet habe, staatenlos sei. Rechtskräftig als unglaubwürdig sei auch bereits das Vorbringen beurteilt worden, sie werde in Armenien, insbesondere, weil sie eine jesidische Frau sei, wegen Verstoßes gegen die guten Sitten verfolgt. Auch die Verfolgung wegen Verstoßes gegen die guten Sitten sei damit im gegenständlichen Verfahren letztlich nicht mehr relevant, auch wenn die Beschwerdeführerin vorerst behauptetet habe, durch eine außereheliche Beziehung mit einem Tadschiken gegen die guten Sitten verstoßen zu haben und nunmehr durch die außereheliche Verbindung mit dem Lebensgefährten, welcher drei Kinder entstammten. Das Grundvorbringen sei in beiden Fällen das gleiche und werde an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass letztlich nicht einmal die jesidische Abstammung der Beschwerdeführerin festgestellt habe werden können. Ein Zusammenhang des Vorbringens mit einer etwaig zu befürchtenden „Blutrache“ – wie in der Beschwerde erstmalig behauptet – könne auch nicht nachvollzogen werden, da diesem Begriff im landläufigen Sinn das Prinzip zur Sühnung von Verbrechen zugrunde liege, wobei eine Familie oder die Sippschaft eines Opfers einer Gewalttat oder Ehrenverletzung Rache an der Familie oder Sippe des Täters nehme, um so eine Konfliktbereinigung innerhalb einer Fehde vorzunehmen. Die behauptete Verfolgung durch die eigenen Familienangehörigen würde damit selbst im Falle der Glaubwürdigkeit nicht unter Blutrache fallen. Das Konstrukt der sozialen Gruppe wiederum stelle einen Auffangtatbestand dar, welcher nach der Judikatur restriktiv auszulegen sei. Die in diesem Zusammenhang behauptete Verfolgung aufgrund des Geschlechts als Angehörige der Gruppe der Frauen in Armenien entspreche keinesfalls den restriktiven Kriterien für die Annahme einer sozialen Gruppe und fielen die diesbezüglichen Ausführungen auch im Hinblick auf die Kinder jedenfalls unter das Neuerungsverbot.

Nochmals werde darauf hingewiesen, dass das Vorbringen bereits rechtskräftig als unglaubwürdig beurteilt worden sei.

Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde gehe das Bundesverwaltungsgericht auch davon aus, dass die Beschwerdeführerin den zweiten Antrag auf internationalen Schutz nur gestellt habe, um die Abschiebung hinauszuzögern. Die diesbezügliche Argumentation der Behörde sei nachvollziehbar und gerade im Hinblick auf den Verfahrensgang unter Berücksichtigung der mehrfachen Antragstellungen auch nachvollziehbar.

Das einzig neue Element in dem Verfahren stelle letztlich der Umstand dar, dass die Beschwerdeführerin sich nunmehr von ihrem Lebensgefährten trennen wolle und inzwischen auch kein gemeinsames Zusammenleben mehr vorliege. Nunmehr habe sie sich offenbar aufgrund häuslicher Gewalt und den Drogenproblemen des Partners von diesem getrennt. Diese geänderte Situation sei zwar im Hinblick auf die Rückkehrentscheidung und im Rahmen der Refoulementprüfung zu berücksichtigen, ändere jedoch nichts im Hinblick auf die Entscheidungen betreffend § 3 AsylG und letztlich auch § 8 AsylG.

Am 3.3.2020 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf internationalen Schutz in der Schweiz und wurde nach erfolgter Dublin-Zustimmung am 23.9.2020 nach Österreich überstellt.

Am 23.9.2020 stellte die Beschwerdeführerin im Bundesgebiet den gegenständlichen und somit dritten Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag).

Bei der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung durch die Beamten des öffentlichen Sicherheitsdienstes erklärte die Beschwerdeführerin, in Armenien geboren und armenische Staatsangehörige zu sein. Sie gehöre der Volksgruppe der Jesiden und der Religion der Sonnentempler an. Ihre Muttersprache sei Jesidisch, sie spreche Russisch und Deutsch.

Die alten Fluchtgründe blieben aufrecht, neu wäre, dass sie sich von ihrem Mann getrennt habe, der derzeit eine Haftstrafe in Österreich verbüße. Er habe sie geschlagen, Drogen genommen und sie zum Stehlen gezwungen. Sie befürchte, dass er ihr die Kinder wegnehme, wenn sie in ihr Heimatland zurückkehre. Dies seien alle Fluchtgründe, andere Gründe gebe es für den Folgeantrag nicht. Bei einer Rückkehr befürchte sie, ihr Mann würde die Kinder wegnehmen.

Am 19.10.2020 wurde die Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen und erklärte zunächst, nicht an Erkrankungen zu leiden.

Seit der seit 25.9.2019 rechtskräftigen Entscheidung habe sie sich vom 2.3.2020 bis 23.9.2020 gemeinsam mit ihren Kindern in der Schweiz aufgehalten. Sie wolle sich scheiden lassen, standesamtlich sei sie mit ihrem Mann nicht verheiratet gewesen, sondern traditionell von April 2012 bis Oktober 2019. Seit Oktober 2019 wohnten sie nicht mehr zusammen, sie wolle sich traditionell von ihrem Gatten trennen. Wie sie gehört habe, sei er inhaftiert, wo wisse sie nicht. Kontakt bestehe seit Oktober 2019 keiner mehr.

Es gebe Verwandte in Armenien (Onkel, Cousins und Cousinen), die Eltern lebten in Russland, in Nowosibirsk. Seit acht Jahren habe sie keinen Kontakt zu ihnen. Zudem gebe es in Russland zwei Brüder. Insgesamt habe die Beschwerdeführerin sechs Onkel und eine Tante. Zu ihren Verwandten in Armenien bestehe kein Kontakt.

Zwischen 2013 und 2014 hätte sie einmal mit einer unterdrückten Nummer ihre Mutter angerufen, die sich von ihr losgesagt habe. Auch ihre Cousinen hätten keinen Kontakt gewollt.

Über den Grund für den Folgeantrag habe die Beschwerdeführerin schon in ihrer ersten Befragung gesprochen. Sie hätte sich in einen Mann verliebt und eine Beziehung gehabt, was in ihrer Gesellschaft nicht erlaubt wäre.

Ihr ehemaliger Lebensgefährte habe schon Verwandte hier in Österreich, die sie aber nicht nennen dürfe. Kontakt zu ihnen gebe es keinen. Als sie sich in der Schweiz befunden habe, hätte eine Frau, die mit ihr im Frauenhaus gelebt habe, sie angerufen und gesagt, dass Verwandte ihres Mannes nach ihr gefragt hätten. Diese Dame lebe seit zehn Jahren hier, spreche Türkisch und sei aus dem Irak.

Sonstige Beziehungen habe die Beschwerdeführerin in Österreich nicht, vor ca. vier Jahren habe sie Kontakt zu einer Lehrerin in Vorarlberg gehabt, die Telefonnummer sei jedoch verloren gegangen. Zur Österreichern pflege die Beschwerdeführerin nun keine Beziehungen.

Seit Rechtskraft ihres Vorverfahrens im September 2019 habe die Beschwerdeführerin keine Integrationsschritte getätigt, sie habe sich die ganze Zeit in der Schweiz befunden. Vor ihrer Ausreise hätte sie für zwei Monate in einem Pflegeheim ausgeholfen, diese Irakerin habe Unterlagen darüber. Der Beschwerdeführerin wurde eine Frist zur Vorlage bis 28.10.2020 gesetzt.

Der Besuch ihres Deutschkurses sei im Vorverfahren schon bekannt gewesen, mit den drei Kindern wäre es schwer, mehr zu machen. In Vereinen sei die Beschwerdeführerin nicht und auch nicht ehrenamtlich tätig. Berufstätig sei sie im Bundesgebiet niemals gewesen.

Ihre alten Fluchtgründe seien natürlich noch aufrecht, aber sie habe noch ein Problem. Ihr Mann drohe ihr, die Kinder wegzunehmen und bei ihren Verwandten (dem Vater und den Brüdern) Schmutziges über die Beschwerdeführerin zu erzählen. Er habe gesagt, er würde ihren Verwandten verraten, wo sie sich versteckte. Jene wüssten angeblich nicht, dass sie sich in Österreich befinde. Ihr Mann habe zwar keinen Kontakt zu ihren Verwandten, könne ihn jedoch einen herstellen.

Vorgehalten, es sei schon im Vorverfahren bekannt gewesen, dass sie ihren Mann verlassen habe, und zwar laut ihren damaligen Angaben schon am 5.4.2019, bestritt die Beschwerdeführerin dies und behauptete, es wäre im Oktober 2019 gewesen. Sie habe von April 2019 bis März 2020 im Frauenhaus gelebt, aber ihr Mann habe darauf bestanden, die Kinder zu besuchen und diese als Druckmittel eingesetzt.

Die Beschwerdeführerin fürchte sich, nach Armenien zurückzukehren. Alleine mit drei Kindern hätte sie keine Überlebenschance, außerdem habe sie Angst vor ihren Eltern und Verwandten. Wenn eine Frau mit der Ehre der Familie spiele, sei der sichere Tod vorbestimmt. Die Verwandten ihres Mannes würden ihr die Kinder wegnehmen, davor habe sie noch mehr Angst. Sie wäre Jesidin und wisse, was traditionell immer in solchen Fällen passiere. Vorgehalten, es habe bis jetzt nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführerin Jesidin sei und gefragt, ob sie irgendwelche Dokumente habe, behauptete sie, diese Dokumente wären bei ihren Eltern, weshalb sie diese nicht besorgen könnte. Weiters vorgehalten, dass sie auch unter anderem Namen aufgetreten sei, erklärte sie, sie wäre mit zwölf Jahren aus Armenien ausgereist, habe jedoch keinen Pass, sondern nur eine Geburtsurkunde gehabt, die sich bei ihren Eltern befinde.

Nachgefragt, was sich für sie persönlich seit Rechtskraft des Vorverfahrens vom September 2019 in Bezug auf ihr Familienleben und die Situation in der Heimat geändert habe, antwortete die Beschwerdeführerin, zwischen Armenien und Aserbaidschan herrsche ein Kriegskonflikt. Sie wohne seit sechs Monaten nur mit ihren Kindern und fühle sich ohne ihren Mann viel besser.

Mitgeteilt, es bestehe die Absicht, den Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, nachdem sich im Vergleich zum Vorverfahren kein neuer und wesentlich geänderter Sachverhalt ergeben habe, erwiderte die Beschwerdeführerin, sie wäre 20 Jahre nicht in Armenien gewesen, könne die Sprache nicht und spreche Jesidisch. Nachgefragt, wie sie sich bis zum zwölften Lebensjahr in Armenien verständigt habe, antwortete sie, sie habe damals Armenisch gesprochen, dies aber verlernt.

Mit gegenständlich bekämpftem Bescheid des Bundesamtes vom 8.2.2021 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG hinsichtlich des Status der Asylberichtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen festgestellt, dass die Identität der Beschwerdeführerin nicht feststehe. Sie sei in Österreich mehrfach straffällig und auch verurteilt worden.

Es bestünden keine schweren psychischen Störungen und oder schwere oder ansteckende Krankheiten.

Das erste Asylverfahren sei am 17.9.2014 rechtskräftig in zweiter Instanz abgeschlossen worden, das zweite am 25.9.2019. In den beiden vorangegangenen Verfahren seien alle bis zur Entscheidung dieser Asylverfahren entstandenen Sachverhalte berücksichtigt worden. Die Vorverfahren beruhten auf einem nicht glaubhaften Vorbringen.

Die Beschwerdeführerin halte ihre alten Fluchtgründe aufrecht. Die Trennung von ihrem Lebensgefährten könne nicht als neuer Sachverhalt festgestellt werden. Auch könne nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin einer asylrelevanten Verfolgung oder Bedrohung in Armenien ausgesetzt sei oder im Falle einer Rückkehr in eine existenzgefährdende Notlage geraten und ihr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen würde. Im Bundesgebiet liege keine maßgeblich ausgeprägte und verfestigte private oder familiäre Integration vor.

Somit habe sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert.

Das Bundesamt traf umfassende herkunftsbezogene Feststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin und der dortigen Corona-Lage.

Am 10.2.2021 wurden dieser Bescheid sowie die Information gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG betreffend die amtswegige Zurverfügungstellung der BBU GmbH als Rechtsberatung der Beschwerdeführerin ordnungsgemäß gegen Unterschriftsleistung zugestellt. In der Rechtsmittelbelehrung wurde darauf hingewiesen, dass die Rechtsmittelfrist zwei Wochen betrage.

Am 12.3.2021 stellte die Beschwerdeführerin, vertreten durch die BBU GmbH, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, erhob gleichzeitig Beschwerde und beantragte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde begründend vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin am 22.2.2021 bei der amtswegig zur Verfügung gestellten Rechtsberatung ein Beratungsgespräch bezüglich der Bescheide wahrgenommen habe. Im Laufe dieses Gesprächs habe sie ihren ausdrücklichen Wunsch einer Beschwerdeerhebung geäußert und für sich und ihre minderjährigen Kinder eine Vertretungsvollmacht unterzeichnet. Durch die Rechtsberaterin sei ihr versichert worden, dass die Beschwerde fristgerecht verfasst und dem Bundesamt übermittelt werde. Anschließend habe die Rechtsberaterin eine vierwöchige Rechtsmittelfrist ausgehend vom Bescheiddatum, sohin mit Fristende 8.3.2021, berechnet. In weiterer Folge sei aufgrund zeitlicher Ressourcen der Fall an eine andere Rechtsberaterin derselben Organisation übergeben worden. Am 1.3.2021 habe sich diese mit dem verfahrensgegenständlichen Fall befasst und festgestellt, dass ihre Kollegin irrtümlich eine falsche Rechtsmittelfrist ins System eingetragen habe und dementsprechend die Frist bereits abgelaufen sei.

Die Beschwerdeführerin habe sich darauf verlassen können, dass die Rechtsberaterin der BBU GmbH sich alle Informationen, die für eine fristgerechte Einbringung der Beschwerde und Berechnung der Rechtsmittelfrist benötigt würden, erfrage und in Kenntnis der Rechtsmittelfrist für zurückweisende Entscheidungen sei. Daher sei der Beschwerdeführerin überhaupt kein Verschulden zuzurechnen.

Bezüglich der erhobenen Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 8.2.2021 wurde im Wesentlichen ausgeführt, die belangte Behörde habe es unterlassen, die Einvernahme durch einen Organwalter desselben Geschlechts durchzuführen. Im bekämpften Bescheid wäre nicht erkennbar, dass sich das Bundesamt ausreichend mit den neu hervorgekommenen Tatsachen beschäftigt habe. Die Beschwerdeführerin hätte gleichlautend vorgebracht, dass sie als alleinstehende Frau mit drei Kindern und ohne familiäre Unterstützung in Armenien nicht Fuß fassen könne. Ebenso fehle eine nähere Befragung dazu, was genau sie und ihre Kinder vom ehemaligen Lebensgefährten und dessen Familie zu befürchten hätten. Die Beschwerdeführerin hätte bei einer Einvernahme durch eine weibliche Organwalterin ausführen können, dass sie von ihrem Mann fast täglich geschlagen und zu sexuellen Handlungen genötigt worden sei. Er sei drogenabhängig und habe sie gezwungen, Diebstähle zu begehen. Aufgrund all dieser Vorfälle habe die Beschwerdeführerin es im Oktober 2019 endgültig geschafft, sich von ihm zu trennen. Sie lebe in der ständigen Angst, dass er ihr auflauere und die Kinder wegnehme. Ebenso laufe die Beschwerdeführerin seit der Trennung im Oktober 2019 Gefahr, dass ihr bei einer Rückkehr der Kinder von den Verwandten entzogen würden.

Auch habe die belangte Behörde es unterlassen, eine neuerliche Rückkehrentscheidung zu treffen, mit der Begründung, dass eine aufrechte Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot bestehe und keine neuen Tatsachen gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG hervorgekommen seien. Die Beschwerdeführerin habe sich jedoch in der Zwischenzeit von dem Mann, der sie zu den Diebstählen gedrängt habe, getrennt und sei über sechs Jahre nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten. Da sie geltend gemacht habe, von ihrem getrennten Mann geschlagen und bedroht worden zu sein, hätte das Bundesamt von amtswegen eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz zu prüfen gehabt.

Mit gegenständlich bekämpftem Bescheid vom 8.4.2021 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 12.3.2021 gemäß § 71 Abs. 1 AVG abgewiesen.

Dazu führte die belangte Behörde begründend im Wesentlichen aus, dass die Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat bereits mit Bescheid vom 18.6.2019 festgestellt worden sei und sich daher – mangels einer im gegenständlichen Verfahren erlassenen Rückkehrentscheidung – eine neuerliche Feststellung gemäß § 52 Abs. 9 FPG erübrige. Unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere § 59 Abs. 5 FPG, sowie der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe im gegenständlichen Fall die Erlassung einer neuen Rückkehrentscheidung zu unterbleiben, nachdem einerseits aktuell eine aufrechte Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot bestehe und andererseits keine neuen Tatsachen gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG hervorgekommen seien, welche eine nochmalige Bemessung der Dauer des Einreiseverbots erfordern würden.

Der Bescheid sei ordnungsgemäß und rechtmäßig am 10.2.2021 an die Beschwerdeführerin zugestellt worden. Erst zwölf Tage später, am 22.2.2021, habe diese ein Beratungsgespräch wahrgenommen. Es liege kein unabwendbares und unvorhergesehenes Ereignis vor, welches sie gehindert habe, fristgerecht eine Beschwerde einzubringen.

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage sämtlicher Asylanträge der Beschwerdeführerin, der Einvernahmen vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und des Bundesasylamtes bzw. Bundesamts sowie vor dem Asylgerichtshof und Bundesverwaltungsgericht, der bislang ergangenen Entscheidungen der belangten Behörde, des Asylgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts, des Wiedereinsetzungsantrages und der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid, der im Verfahren vorgelegten Schriftsätze sowie der Einsichtnahme in die Verwaltungs- und Gerichtsakten und das österreichische Strafregister werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Die Beschwerdeführerin ist armenische Staatsangehörige.

Sie stellte nach illegaler Einreise am 19.5.2012 ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde vom Bundesasylamt und in weiterer Folge vom Asylgerichtshof mit Entscheidung vom 21.2.2013 hinsichtlich Spruchpunkt I. (Nichtzuerkennung des der Status einer Asylberechtigten) gem. § 3 Asylgesetz 2005 abgewiesen, sodass dieser in Rechtskraft erwuchs.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 3.7.2013 wurde der Beschwerdeführerin in weiterer Folge gem. § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG wurde neuerlich die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt (Spruchpunkt III.). Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.9.2014 wurde die dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

In der Folge wurde ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG eingebracht, welcher mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.11.2014 abgewiesen wurde.

Den zweiten, am 18.8.2015 gestellten, Antrag auf internationalen Schutz wies das Bundesamt mit Bescheid vom 20.8.2018 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Ferner wurde festgehalten, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe und wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Zudem wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 4 FPG ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 7.12.2018 wurde der Beschwerden gegen den Bescheid vom 20.8.2018 stattgegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Folglich wurde der Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid der belangten Behörde vom 18.6.2018 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status einer Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Der Beschwerde wurde gem. § 18 (1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt. Gemäß § 53 FPG wurde ein Einreiseverbot für die Dauer von sieben Jahren erlassen.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.9.2019 (rechtskräftig am 25.9.2019) wurde die dagegen erhobene Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass gemäß Spruchpunkt VIII die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 und 2 BFA-VG aberkannt und die Dauer des Einreiseverbots auf 5 Jahre herabgesetzt wird (GZ L526 1431375-5/7E).

Nach dem letzten negativen Erkenntnis reiste die Beschwerdeführerin am 2.3.2020 in die Schweiz aus, wo sie am 3.3.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte und sich bis zur Rückschiebung am 23.9.2020 aufhielt.

Eine maßgebliche Änderung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den zweiten Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin kann ebenso wenig festgestellt werden, wie eine maßgebliche Änderung der bereits in den Vorverfahren vorgebrachten Fluchtgründe.

Seit dem Abschluss des Vorverfahrens sind keine Umstände eingetreten, wonach der Beschwerdeführerin allein aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage ohne Hinzutreten individueller Faktoren in Armenien aktuell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ihrer Person drohen würde oder ihr im Falle einer Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Die Beschwerdeführerin ist gesund, arbeitsfähig und selbsterhaltungsfähig. Auch unter Berücksichtigung einer derzeit durch Covid 19 schwierigeren Lage ist nach wie vor davon auszugehen, dass sie imstande ist, bei einer Rückkehr für sich und ihre drei minderjährigen Kinder ein Auskommen zu erwirtschaften zumal – wie aus aus den Länderfeststellungen hervorgeht – auch soziale Unterstützung möglich wäre.

Hinweise auf das Vorliegen neuer Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

Gegen die Beschwerdeführerin besteht eine seit 25.9.2019 rechtskräftige Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot von fünf Jahren (GZ L526 1431375-5/7E). Die Beschwerdeführerin wies zum Entscheidungszeitpunkt vier Strafregistereinträge auf.

Festgestellt wird zudem der Vollständigkeit halber, dass sich seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.9.2019 die Integration der Beschwerdeführerin nicht verfestigt hat.

Im Bundesgebiet befinden sich noch die drei minderjährigen Kinder der Beschwerdeführerin (GZ W119 2206141, GZ W119 2206138 und GZ W119 1436703), deren Beschwerden ebenfalls mit Erkenntnissen des heutigen Tages abgewiesen und gegen die gleichzeitig Rückkehrentscheidungen erlassen wurden.

Feststellungen zur Situation aufgrund der Corona-Pandemie:

Mit Stichtag vom 2.6.2021 werden von der World Health Organization (WHO) in Armenien 222.778 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei im Fall von 4.445 der infizierten Personen der Todesfall bestätigt worden ist. Die Tendenz ist insgesamt stark fallend und mit Stand 31.5.2021 waren nurmehr 142 Personen erkrankt. (WHO Coronavirus Disease (COVID-19) Dashboard | WHO Coronavirus Disease (COVID-19) Dashboard).

Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

COVID-19

Letzte Änderung: 09.11.2020

Informationen zur COVID-19-Situation in Armenien werden hauptsächlich in diesem Kapitel ihren Eingang finden. Vereinzelte Informationen finden sich jedoch auch in den nachfolgenden Kapiteln.

Aufgrund der derzeitigen Situation in Armenien (siehe dazu auch die KI vom 28.9.2020 betreffend Berg-Karabach) können daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt aktuelle seriöse Informationen zur COVID-19-Situation nur eingeschränkt zur Verfügung gestellt werden.

Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Websites der WHO: https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports oder der John Hopkins-Universität: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6 mit täglich aktualisierten Zahlen zu kontaktieren.

Reisewarnung (Sicherheitsstufe 6) aufgrund der gegenwärtigen militärischen Kampfhandlungen um die Region Berg-Karabach und der Verhängung des Kriegsrechts. Zur Eindämmung des Coronavirus (COVID-19) wurde bis vorerst 11.01.2021 ein landesweites „Quarantäne-Regime“ erlassen. Weiterhin gelten die Maskenpflicht in allen öffentlichen Räumen und „Social Distancing“ sowie Hygieneregeln für die Geschäftswelt (BmeiA 9.11.2020).

Am 16. März 2020 rief die Regierung Armeniens den Ausnahmezustand aus, der fünf Mal verlängert wurde und am 11.September 2020 durch die Nationale Quarantäne ersetzt wurde, die nun bis 11.1.2021 gilt.

Armenien ist das am stärksten von COVID-19 betroffene Land im Südkaukasus. Trotz der Notsituation funktionieren fast alle Sektoren der armenischen Wirtschaft wieder, nachdem Unternehmen Anfang Mai wiedereröffnen durften, um den wirtschaftlichen Zusammenbruch abzuwehren.

Das Einreiseverbot in die Republik Armenien für nicht-armenische Staatsbürger vom 17.3.2020 wurde am 12.8.2020 aufgehoben, sofern der Grenzübertritt nicht auf dem Landweg erfolgt.

Der Grenzübertritt auf dem Landweg ist nur für folgende Personen gestattet:

?        Armenische Staatsangehörige und ihre Familienangehörigen;

?        Nicht-armenische Staatsangehörige mit einem legalen Aufenthaltstitel in Armenien

?        Personen diplomatischer Vertretungen, konsularischer Einrichtungen, internationaler Organisationen und ihre Familienangehörige;

?        Personen, die zu Beerdigungen und Gedenkfeiern kommen, wenn sie nahe Verwandte des Verstorbenen sind (Eltern, Ehepartner, Kinder, Geschwister)

?        Fahrer des internationalen Güterverkehrs, Güterzüge

?        Andere Sonderfälle mit spezieller Sondergenehmigung des Kommandanten, Vize-Pemierministers Tigran Avinyan

Die Einreise nach Armenien ist mit einem negativen PCR-Testergebnis aus Österreich, das max. 72 Stunden vor der Einreise gemacht wurde, gestattet. Das Testergebnis soll auf Englisch bzw. Russisch oder Armenisch ausgestellt werden. Alle Einreisenden, die ohne ein dokumentiertes PCR-Testergebnis einreisen, müssen sich auf eigene Kosten einem PCR-Test im Labor am Flughafen unterziehen und sich dort unter Quarantäne stellen bis das Ergebnis bekannt wird. Die Ergebnisse dieser PCR-Tests werden im ARMED-System registriert und der getesteten Person innerhalb von 48 Stunden zur Verfügung gestellt.

Die internationalen regulären Flugverbindungen nach/von Jerewan sind derzeit eingeschränkt. Air France aus Paris und Austrian Airlines aus Wien fliegen Armenien jeweils drei Mal pro Woche an. Da sich die Flugpläne jedoch jederzeit ändern können, ist ständige Überprüfung der aktuellen Situation auf der Homepage von Austrian Airlines notwendig.

Am 19.3.2020 haben die armenischen Behörden ein vorübergehendes Ausfuhr-Verbot für bestimmte medizinische Waren erlassen, um die Versorgung des Landes sicherzustellen und eine weitere Ausbreitung des Coronavirus in Armenien einzudämmen. Das betrifft Güter wie medizinische Schutzausrüstung, Beatmungsgeräte, COVID-19-Test Kits, Atemschutzmasken, medizinische Masken, Desinfektionsmittel auf Alkoholbasis und andere Artikel.

Anfang Mai 2020 wurden die Ausgangsbeschränkungen und Reisebeschränkungen innerhalb Armeniens aufgehoben.

Cafés und Restaurants dürfen seit 4.5.2020 im Freien den Betrieb wiederaufnehmen.

Stufenweise ist seit 18. Mai 2020 auch der Indoor-Betrieb in Lokalen sowie in allen Geschäften und Einkaufszentren unter Auflagen erlaubt. Ebenfalls wurde am 18. Mai 2020 der öffentliche Verkehr wiederaufgenommen. Alle Gewerbe- und Industriebetriebe dürfen unter den vorgegebenen Hygiene-und Sicherheitsmaßnahmen wieder öffnen.

Seit Anfang Juni gilt in Armenien eine allgemeine Masken-Pflicht für alle Personen und Kinder ab 6 Jahren an öffentlichen Orten inklusive öffentliche Verkehrsmitteln sowie Taxis.

Alle Schulen und Universitäten sind seit 15. September 2020 unter bestimmten Auflagen und Vorsichtsmaßnahmen wiedereröffnet. Einige Kurse je nach Universität bzw. Hochschule werden jedoch weiterhin online angeboten.

Kindergärten sind seit 18. Mai 2020 wieder geöffnet.

Das Versammlungsverbot wurde beschränkt aufgehoben. Erlaubt sind nun öffentliche und private Versammlungen bei Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 Metern und mit obligatorischen Gesichtsmasken in einem Kreis von max. 60 Personen (WKO 5.11.2020).

Quellen:

BMeiA – Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (9.11.2020): Armenien, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/armenien/, Zugriff 9.11.2020
WKO – Wirtschaftskammer Österreich (5.11.2020): Coronavirus: Situation in Armenien, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-infos-armenien.html, Zugriff 9.11.2020

Politische Lage

Letzte Änderung: 02.09.2020

Armenien (arm.: Hayastan) umfasst knapp 29.800 km² und hatte im ersten Quartal 2019 eine Einwohnerzahl von 2,96 Millionen, was einen Rückgang von 0,3% zum Vergleichszeitraum des Vorjahres ausmachte (ArmStat 7.5.2019). Davon sind laut der Volkszählung von 2011 98,1% ethnische Armenier. Den Rest bilden kleinere Ethnien wie Jesiden und Russen (CIA 14.2.2019).

Seit der Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1991 findet in Armenien ein umfangreicher Reformprozess auf politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene hin zu einem demokratisch und marktwirtschaftlich strukturierten Staat statt. Die vorgezogenen Parlamentswahlen am 9.12.2018 konnten nach übereinstimmender Meinung aller Wahlbeobachter als frei und fair bezeichnet werden. Die im Dezember 2015 per Referendum gebilligte Verfassungsreform zielt auf den Umbau von einer semi-präsidialen in eine parlamentarische Demokratie ab. Die Änderungen betreffen u.a. eine Ausweitung des Grundrechtekatalogs sowie die weitere Stärkung des Parlaments (auch der Opposition). Das Amt des Staatspräsidenten wurde im Wesentlichen auf repräsentative Aufgaben reduziert, gleichzeitig die Rolle des Premierministers und des Parlaments gestärkt (AA 27.4.2020). Der Premierminister und der Präsident werden vom Parlament gewählt. Der Premierminister ist der Regierungsvorsitzende, während der Präsident vorwiegend zeremonielle Funktionen ausübt (USDOS 11.3.2020).

Oppositionsführer Nikol Paschinjan wurde im Mai 2018 vom Parlament zum Premierminister gewählt, nachdem er wochenlange Massenproteste gegen die Regierungspartei angeführt und damit die politische Landschaft des Landes verändert hatte. Er hatte Druck auf die regierende Republikanische Partei durch eine beispiellose Kampagne des zivilen Ungehorsams ausgeübt, was zum schockartigen Rücktritt Serzh Sargsyans führte, der kurz zuvor das verfassungsmäßig gestärkte Amt des Premierministers übernommen hatte, nachdem er zehn Jahre lang als Präsident gedient hatte (BBC 20.12.2018; vgl. AA 27.4.2020). Bei den als „Samtene Revolution“ bezeichneten Demonstrationen im April/Mai 2018 verhielten sich die Sicherheitskräfte zurückhaltend. Auch die Demonstranten waren bedacht, keinerlei Anlass zum Eingreifen der Sicherheitskräfte zu bieten (AA 27.4.2020).

Am 9.12.2018 fanden vorgezogene Parlamentswahlen statt, welche unter Achtung der Grundfreiheiten ein breites öffentliches Vertrauen genossen. Die offene politische Debatte, auch in den Medien, trug zu einem lebhaften Wahlkampf bei. Das generelle Fehlen von Verstößen gegen die Wahlordnung, einschließlich des Kaufs von Stimmen und des Drucks auf die Wähler, ermöglichte einen unverfälschten Wettbewerb (OSCE/ODIHR 10.12.2018). Die Allianz des amtierenden Premierministers Nikol Paschinjan unter dem Namen „Mein Schritt“ erzielte einen Erdrutschsieg und erreichte 70,4% der Stimmen. Die ehemalige mit absoluter Mehrheit regierende Republikanische Partei (HHK) erreichte nur 4,7% und verpasste die 5-Prozent-Marke, um in

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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