TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/16 W211 2194552-2

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Veröffentlicht am 16.06.2021
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Entscheidungsdatum

16.06.2021

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
AsylG-DV 2005 §4
BFA-VG §9 Abs2
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W211 2194552-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Barbara SIMMA LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX alias XXXX alias XXXX , geb XXXX .1992 alias XXXX .1993, StA. Iran alias Kasachstan alias Niederlande, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin stellte am XXXX .2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid vom XXXX .2018, Zl. XXXX , wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ab, erkannte ihr den Status der subsidiär Schutzberechtigten nicht zu, erteilte ihr keinen Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigenden Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Iran zulässig sei. Der Beschwerdeführerin wurde eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise erteilt. Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am XXXX .2019 mit Erkenntnis vom 13.11.2019, GZ. W242 2194552-1/12E, als unbegründet ab. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom XXXX .2020, Zl. Ra 2019/14/0620-9 wurde eine daraufhin erhobene Revision zurückgewiesen.

Am XXXX .2019 stellte die Beschwerdeführerin einen "Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK - Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens" gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung plus) mittels Formblatt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Darin erklärte die Beschwerdeführerin unter anderem über Deutschkenntnisse auf Niveau A 2 zu verfügen und den Mangelberuf der Krankenschwester erlernt zu haben, wobei eine Nostrifizierung eingeleitet worden sei. Weiter lebe ihr asylberechtigter Ehemann, mit dem sie seit XXXX .2018 verheiratet sei, in Österreich. Dem Antrag beigefügt waren Kopien und beglaubigte Übersetzungen ihrer iranischen Geburtsurkunde und ihres Personalausweises, die Kopie einer Heiratsurkunde des Standesamts XXXX vom XXXX .2018, Gehaltsabrechnungen für die Monate Mai bis November 2019, die Kopie eines Mietvertrages vom XXXX .2017, die Kopie einer Bestätigung der XXXX Gebietskrankenkasse über die Mitversicherung bei ihrem Ehemann vom XXXX .2019, und eine Bestätigung der Flüchtlings- und Integrationsarbeit Internationale Baptistengemeinde XXXX vom XXXX .2019.

Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2020, der Beschwerdeführerin persönlich zugestellt am XXXX .2020, wurde der Beschwerdeführerin zu ihrem Antrag vom XXXX .2019 mitgeteilt, dass dieser unvollständig eingebracht worden sei. Der Beschwerdeführerin werde die Möglichkeit gegeben ihren Antrag zu verbessern bzw. zu heilen. Zum Zeitpunkt der Antragstellung müsse gemäß § 8 Asylgesetz-Durchführungsverordnung 2005 (AsylG-DV 2005) ein gültiges Reisedokument vorgelegt werden. Dies habe die Beschwerdeführerin jedoch unterlassen. Weiter seien eine genaue schriftliche Begründung, aus welchen Gründen ein Aufenthaltstitel nach § 55 Abs. 1 AsylG 2005 erteilt werden solle und ein Deutschprüfungszertifikat zwecks Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung dem Antrag beizufügen. Auch diese Dokumente habe die Beschwerdeführerin nicht vorgelegt. Die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, die fehlenden Dokumente innerhalb von zwei Wochen nachzureichen bzw. Antragsmängel zu beheben und darauf hingewiesen, dass widrigenfalls ihr Antrag zurückgewiesen werde.

Am XXXX .2020 suchte die Beschwerdeführerin das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl persönlich auf und legte neben den zuvor genannten Dokumenten die Kopie eines Zertifikats über die positive Absolvierung einer Deutsch-Prüfung auf Niveau A2 des ÖSD vom XXXX 2019 vor.

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2020 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom XXXX 2019 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Aufenthaltsberechtigung plus“ gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen. Begründend wurde darin ausgeführt, dass es die Beschwerdeführerin trotz erteiltem Verbesserungsauftrag unterlassen habe, einen Reisepass bzw. ein gültiges Reisedokument vorzulegen. Sie habe auch keinen Heilungsantrag nach § 4 AsylG-DV 2005 gestellt. Da das Anbringen der Beschwerdeführerin somit einen Mangel aufgewiesen habe, sei eine Bearbeitung des Antrages nicht möglich, und dieser gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückzuweisen gewesen.

Gegen den oben genannten Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, in welcher im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass die Beschwerdeführerin die gemäß Verbesserungsauftrag geforderten Unterlagen fristgerecht nachgereicht habe. Hinsichtlich des Reisepasses werde ausgeführt, dass die iranische Botschaft der Beschwerdeführerin telefonisch mitgeteilt habe, dass wegen der COVID-Pandemie der Parteienverkehr ausgesetzt worden sei. Aufgrund einer zwischenzeitlichen Zurücklegung der Vertretungsvollmacht habe es die Beschwerdeführerin unterlassen, einen Heilungsantrag zu stellen. Eine Ausstellung eines iranischen Reisepasses erfolge nicht durch die Botschaft, sondern man erhalte ein Heimreisezertifikat und müsse auf die Ausstellung eines Reisepasses im Iran warten. Da die Beschwerdeführerin aus einer verfolgten Familie komme, würde eine Rückreise einen Verstoß gegen den Art. 3 EMRK bedeuten.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und langten am XXXX .2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin, eine iranische Staatsbürgerin, stellte am XXXX .2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid vom XXXX .2018, Zl. XXXX , wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ab, erteilte ihr keinen Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigenden Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass ihre Abschiebung in den Iran zulässig sei. Der Beschwerdeführerin wurde eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise erteilt. Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am XXXX .2019 mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 13.11.2019, GZ. W242 2194552-1/12E als unbegründet ab.

Am XXXX .2019 stellte die Beschwerdeführerin einen "Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK - Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens" gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung plus). Dem Antrag beigefügt waren Kopien und beglaubigte Übersetzungen ihrer iranischen Geburtsurkunde und ihres Personalausweises, die Kopie einer Heiratsurkunde des Standesamts XXXX vom XXXX .2018, Gehaltsabrechnungen des Ehegatten für die Monate Mai bis November 2019, die Kopie eines Mietvertrages vom XXXX .2017, die Kopie einer Bestätigung der XXXX Gebietskrankenkasse über die Mitversicherung bei ihrem Ehemann vom XXXX .2019 und eine Bestätigung der Flüchtlings- und Integrationsarbeit Internationale Baptistengemeinde XXXX vom XXXX .2019.

Mit Verbesserungsauftrag vom XXXX .2020 forderte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Beschwerdeführerin auf, ein gültiges Reisedokument, eine genaue schriftliche Begründung, aus welchen Gründen ein Aufenthaltstitel nach § 55 Abs. 1 AsylG 2005 erteilt werden solle und ein Deutschprüfungszertifikat zwecks Erfüllung des Modul 1 der Integrationsvereinbarung vorzulegen. Es wurde der Beschwerdeführerin in diesem Schreiben mitgeteilt, dass, falls sie dieser Aufforderung nicht nachkommt, ihr Antrag als unzulässig zurückgewiesen werde.

Am XXXX .2020 suchte die Beschwerdeführerin das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl persönlich auf und legte neben den zuvor genannten Dokumenten die Kopie eines Zertifikats über die positive Absolvierung einer Deutsch-Prüfung auf Niveau A2 des ÖSD vom XXXX .2019 vor.

Die Beschwerdeführerin hat im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl keinen Reisepass bzw. gültiges Reisedokument vorgelegt und auch keinen begründeten Antrag auf Heilung nach § 4 Abs. 1 AsylG-DV 2005 gestellt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.12.2014, GZ. L509 1435102-1/15E wurde dem Ehemann der Beschwerdeführerin der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahren der Beschwerdeführerin ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind unstrittig.

Die Feststellung zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin gründet auf der von der Beschwerdeführerin im Laufe des Verfahrens vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegten Kopie eines iranischen Personalausweises.

Die Feststellung, dass das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.11.2019, GZ. W242 2194552-1/12E in Rechtskraft erwuchs, ergibt sich auch daraus, dass eine dagegen erhobene Revision mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.03.2020, Zl. Ra 2019/14/0620, zurückgewiesen wurde.

Die Feststellungen, dass die Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl keinen Reisepass bzw. kein gültiges Reisedokument vorgelegt und auch keinen begründeten Antrag auf Heilung nach § 4 Abs. 1 AsylG-DV 2005 gestellt hat, ergeben sich aus dem Verwaltungsakt. Auch erklärte die Beschwerdeführerin in der Beschwerde selbst, es im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unterlassen zu haben, einen entsprechenden Heilungsantrag zu stellen (siehe S. 1 der Beschwerde).

Die Feststellung, dass dem Ehemann der Beschwerdeführerin mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.12.2014, GZ. L509 1435102-1/15E der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde, ergibt sich aus dem entsprechenden Verwaltungsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter_innen, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichter_innenzuständigkeit vor.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Im vorliegenden Beschwerdefall ergibt sich, dass aus dem Akteninhalt des Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt als geklärt anzusehen ist.

3.2. Zu A)

3.2.1. Zum Gegenstand des Verfahrens:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf ein Verwaltungsgericht aufgrund einer gegen eine Zurückweisung erhobenen Beschwerde nur über die Rechtmäßigkeit des Zurückweisungsbescheides, nicht hingegen über den zugrundeliegenden Antrag selbst entscheiden (vgl. etwa VwGH vom 12.10.2015, Ra 2015/22/0115 mit Verweis auf VwGH vom 29.04.2015, 2013/08/0136).

Die Berufungsbehörde (nunmehr und vorliegend: das Verwaltungsgericht) kann und darf demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist. Es ist ihr aber verwehrt, über diesen Rahmen hinaus unter Überspringung der Vorinstanz mit einer Entscheidung über den Gegenstand des Verfahrens vorzugehen, würde doch dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrages und damit den Parteien eine Instanz genommen (VwGH 12.12.1989, 89/04/0151).

"Sache" im Sinne des § 28 Abs. 2 VwGVG und demnach Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ist im vorliegenden Fall die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK durch die belangte Behörde gemäß § 13 Abs. 3 AVG (vgl. VwGH vom 12.10.2015, Ra 2015/22/0115, mit Verweis auf VwGH vom 18.12.2014, Ra 2014/07/0002, 0003; VwGH vom 23.06.2015, Ra 2015/22/0040; VwGH vom 16.09.2015, Ra 2015/22/0082 bis 0084).

3.2.2. Rechtliche Grundlagen:

Die maßgebliche Bestimmung aus dem Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005) lauten auszugsweise wie folgt:

„Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.

Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58. (1) – (9) […]

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) – (14) […]“

Die anzuwendenden Bestimmungen aus der Verordnung der Bundesministerin für Inneres zur Durchführung des Asylgesetzes 2005 (Asylgesetz-Durchführungsverordnung 2005 - AsylG-DV 2005), lauten auszugsweise wie folgt:

„Verfahren

§ 4. (1) Die Behörde kann auf begründeten Antrag von Drittstaatsangehörigen die Heilung eines Mangels nach § 8 und § 58 Abs. 5, 6 und 12 AsylG 2005 zulassen:

1. im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen zur Wahrung des Kindeswohls,

2. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK oder

3. im Fall der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(2) Beabsichtigt die Behörde den Antrag nach Abs. 1 zurück- oder abzuweisen, so hat die Behörde darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Urkunden und Nachweise für Aufenthaltstitel

§ 8. (1) Folgende Urkunden und Nachweise sind – unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den Abs. 2 und 3 – im amtswegigen Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 3) beizubringen oder dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 3) anzuschließen:

1. gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);

2. Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument;

3. Lichtbild des Antragstellers gemäß § 5;

4. erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschaftsurkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde.

(2) – (5) […]“

3.2.3. Anwendung der Rechtsgrundlagen auf die gegenständliche Beschwerde:

Nach dem Heilungstatbestand des § 4 Abs. 1 Z 2 AsylG-DV 2005 „kann“ die Behörde die Heilung eines Mangels (unter anderem) nach § 8 AsylG-DV 2005 (unterbliebene Vorlage der dort genannten Urkunden) „auf begründeten Antrag“ des Drittstaatsangehörigen zulassen, wenn das (gemeint: die Erteilung des Aufenthaltstitels) zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK erforderlich ist. Letzteres ist freilich in jenen Konstellationen, in denen von Amts wegen ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 zu erteilen ist, schon voraussetzungsgemäß der Fall. Dann kann es aber weder auf das Vorliegen eines „begründeten Antrags“ ankommen, noch stehen dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl andere Alternativen zur Verfügung als die an die Erteilung anschließende Ausfolgung des Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005. Vor diesem Hintergrund erwiese sich die Stellung eines Heilungsantrages als reiner Formalismus, was es nahelegt, die „Heilung“ dann auch ohne einen solchen Antrag eintreten zu lassen. Das durch § 8 AsylG-DV 2005 näher konkretisierte Erfordernis der Klärung der Identität des Fremden wäre gegebenenfalls schon dann als erfüllt anzusehen, wenn (bloß) eine eindeutige „Verfahrensidentität“ dergestalt besteht, dass es sich bei jener Person, der der Aufenthaltstitel erteilt bzw. ausgefolgt wird, mit Sicherheit um jene handelt, in Bezug auf die die dauerhafte Unzulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung ausgesprochen wurde (VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0187).

Es ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin dem in § 8 AsylG-DV normierten Erfordernis der Vorlage eines gültigen Reisedokuments nicht entsprochen hat. Sie hat im Verfahren vor der belangten Behörde zu keinem Zeitpunkt einen Reisepass vorgelegt. Da die Beschwerdeführerin keinen Reisepass vorgelegt hat, ist sie ihrer gesetzlich normierten Mitwirkungspflicht im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten trotz diesbezüglich nachweislicher Aufforderung (siehe oben) nicht ausreichend nachgekommen (vgl. VwGH 14.04.2016, Ra 2016/21/0077). Die Beschwerdeführerin hat im gegenständlichen Verfahren nicht im Sinne des § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 ausreichend mitgewirkt. Einen begründeten Antrag auf Heilung gemäß § 4 AsylG-DV 2005 hat sie schließlich nicht gestellt.

Im gegenständlichen Fall war von der Behörde auch nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG – wegen der Erklärung, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei - zu erteilen (vgl. die zugrundeliegende Konstellation in VwGH, 15.09.2106, Ra 2016/21/0187).

Da die Beschwerdeführerin ihrer Mitwirkungspflicht gemäß § 58 Abs. 11 AsylG 2005 nicht ausreichend nachkam, hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den verfahrenseinleitenden Antrag gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 zu Recht zurückgewiesen, und ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid als unbegründet abzuweisen.

Abgesehen davon ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass der Antrag der Beschwerdeführerin nach § 55 AsylG 2005 auch bei erfolgter Einbringung eines begründeten Antrags auf Heilung gemäß § 4 AsylG-DV 2005 zurückzuweisen gewesen wäre, da gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 Anträge gemäß § 55 leg. cit. als unzulässig zurückzuweisen sind, wenn gegen den/die Antragsteller_in eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht.

Im vorliegenden Fall hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 28.03.2018 hinsichtlich der Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 13.11.2019, GZ. W242 2194552-1/12E als unbegründet ab. Dabei ist insbesondere darauf aufmerksam zu machen, dass der Umstand, dass dem Ehemann der Beschwerdeführerin der Status eines Asylberechtigten zukommt, im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Rückkehrentscheidung bzw. des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG durch das Bundesverwaltungsgericht in genannten Erkenntnis bereits Berücksichtigung fand. Nunmehr geht weder aus dem Antragsvorbringen, noch aus dem sonstigen Verfahren vor der belangten Behörde oder der Beschwerde im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens der Beschwerdeführerin gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt hervor, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe oben unter A)); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Antragsteller Aufenthaltstitel Ausreise Heilung individuelle Verhältnisse Interessenabwägung mangelnder Anknüpfungspunkt öffentliche Interessen Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W211.2194552.2.00

Im RIS seit

15.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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