TE Bvwg Beschluss 2021/6/16 W137 2169470-2

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Veröffentlicht am 16.06.2021
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Entscheidungsdatum

16.06.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §76
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §9 Abs1 Z3
VwGVG §9 Abs1 Z4
VwGVG §9 Abs3

Spruch


W137 2169470-2/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Peter HAMMER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, vertreten durch: RA Dr. Gustav ECKHARTER, betreffend die (geplante) Ausübung von unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 06.09.2017:

A)

I. Die Beschwerde gegen die geplante Abschiebung wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

II. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer wurde am 29.08.2017 im Bundesgebiet festgenommen. Am 30.08.2017 wurde über ihn mit Bescheid die Schubhaft angeordnet. Mit Schreiben vom 31.08.2017 brachte der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter in einem Schriftsatz mehrere Beschwerden ein. Beantragt wurde in diesem Schriftsatz die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Festnahme am 29.08.2017 sowie der damit verbundenen Anhaltung (Punkt 1), die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaft (Punkte 2, 3 und 4), die Erklärung der für 06.09.2017 angekündigten Abschiebung für unzulässig (Punkt 5) sowie der Ersatz der Kosten (Punkt 6).

2.       Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang drei Verfahren angelegt – betreffend Schubhaft (2169470-1), geplante Abschiebung (2169470-2) sowie Festnahme/Anhaltung (2169470-3). Dies wurde dem Beschwerdeführer im Wege seines Rechtsanwalts auch zur Kenntnis gebracht.

3.       Mit einem weiteren Bescheid vom 30.08.2017 wurde bezüglich des Beschwerdeführers zudem eine Rückkehrentscheidung – verbunden mit einem befristeten Einreiseverbot – erlassen. Diesbezüglich ist beim Bundesverwaltungsgericht (zur Zahl L525 2104527-2) seit 29.09.2017 ein Beschwerdeverfahren anhängig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. angeführten Verfahrensgang wird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt.

Im Rahmen der Erlassung der Schubhaft ging das Bundesamt von der Möglichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers im Rahmen eines Charters am 06.09.2017 aus. Dies erwies sich bereits am 31.08.2017 als unmöglich, weshalb die Schubhaft an diesem Tag bereits wieder beendet wurde.

Das Beschwerdeverfahren bezüglich die Rückkehrentscheidung ist gegenwärtig noch beim Bundesverwaltungsgericht anhängig (zur Zahl L525 2104527-2).

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen betreffend den Verfahrensgang ergeben sich aus dem vorliegenden Akteninhalt.

Der Zeitpunkt der Festnahme ergibt sich aus der Aktenlage – gleiches gilt für Anordnung und Beendigung der Schubhaft sowie die Begründung der letzteren.

Die Feststellungen betreffend das auf die Rückkehrentscheidung vom 30.08.2017 bezogene Beschwerdeverfahren ergeben sich aus einer Einsicht in den diesbezüglichen Gerichtsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.“

3.2. Dem Bundesverwaltungsgericht obliegt die Zuständigkeit für Beschwerden, die sich gegen Akte der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt richten, welche dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zuzurechnen sind. Das Bundesverwaltungsgericht ist somit für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu A)

3.3. Mit der hier relevanten Beschwerde wird ausschließlich eine „geplante Maßnahme“ bekämpft. Für eine solche Beschwerde mangelt es jedoch an einer gesetzlichen Grundlage. Eine Maßnahmenbeschwerde ist erst möglich, sobald eine Maßnahme – also ein Akt unmittelbarer Befehls und Zwangsgewalt – gesetzt worden ist.

Im Übrigen findet sich auch in der von einem berufsmäßigen Parteienvertreter (Rechtsanwalt) verfassten Beschwerde kein Hinweis auf eine allfällige rechtliche Grundlage. Soweit die gegenständliche Beschwerde beziehungsweise der Antrag auf Erklärung der „für den 06.09.2017 angekündigten Abschiebung“ für unzulässig mit der Rechtswidrigkeit der diesbezüglichen Rückkehrentscheidung begründet wird, kann das am Gesagten nichts ändern. Dies unabhängig vom Ausgang dieses gesonderten Beschwerdeverfahrens.

Nur der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers am 06.09.2017 bereits vom Bundesamt am 31.08.2017 für faktisch nicht möglich eingestuft worden ist und damit auch zur Beendigung der Schubhaft geführt hat.

4. Kostenersatz

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz; sie hat diesen allerdings nicht beantragt. Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei hingegen kein Kostenersatz.

5. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Sie wurde auch von dem durch einen Rechtsanwalt vertretenen Beschwerdeführer nicht beantragt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

gesetzliche Grundlage Mangelhaftigkeit mangelnder Anknüpfungspunkt Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W137.2169470.2.00

Im RIS seit

15.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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