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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde des S in L, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 20. Juni 1996, Zl. Fr-240/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 20. Juni 1996, mit welchem der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsbürger, gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 des Fremdengesetzes (FrG) ausgewiesen wurde. Die angefochtene Entscheidung wurde damit begründet, daß der Beschwerdeführer am 19. April 1996 gemeinsam mit einem weiteren Fremden unter Umgehung der Grenzkontrolle von Ungarn kommend illegal nach Österreich eingereist und "von einer österreichischen Bundesheerpatrouille ohne Dokumente sowie mit geringfügigen Barmittel betreten und anschließend festgenommen worden" sei. Die Hintanhaltung der illegalen Einreise von Fremden überwiegend ohne Barmittel und Reisedokumente liege im öffentlichen Interesse; der unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers ohne entsprechende Barmittel stelle eine derart grobe Beeinträchtigung der maßgeblichen öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen von solchem Gewicht dar, daß das Dringendgebotensein der Ausweisung und damit die Zulässigkeit dieser Maßnahme auch unter Ausschluß der aufschiebenden Wirkung zu bejahen gewesen sei. Ein aus dem Asylgesetz 1991 resultierendes (vorläufiges) Aufenthaltsrecht wäre dem Beschwerdeführer nur bei direkter Einreise zugekommen, eine solche liege jedoch nicht vor, weil der Beschwerdeführer nicht direkt aus dem Irak, sondern aus Ungarn illegal nach Österreich eingereist sei. Daß in Ungarn prinzipiell kein staatliches Asylverfahren für außereuropäische Asylwerber vorgesehen sei, stehe der Annahme der Verfolgungssicherheit in Ungarn grundsätzlich nicht entgegen. Die bloße Tatsache, daß ein Staat (Ungarn) die Genfer Flüchtlingskonvention nicht vollinhaltlich, sondern nur auf in Europa stattfindende Ereignisse vorbehalten ratifiziert habe, lasse nicht zwingend den Schluß zu, daß dieser Staat anderen Flüchtlingen keinen Schutz vor Verfolgung gewähren würde. Vielmehr komme es darauf an, ob etwaige in Kraft befindliche Bestimmungen zum Schutz von Asylwerbern auch tatsächlich angewendet würden. Es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, daß der Beschwerdeführer das in Ungarn mögliche UNHCR-Verfahren samt dem damit verbundenen de-facto-Schutz vor Verfolgung nicht hätte in Anspruch nehmen können. Das neue, bereits am 1. Mai 1994 in Kraft getretene ungarische Ausländerrecht habe in seinem Art. 32 das Refoulement-Verbot des Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention übernommen, weshalb das Bundesasylamt auch diesbezüglich zum Schluß gekommen sei, daß dem Beschwerdeführer der erforderliche Schutz im Falle eines begründeten und glaubhaften Vorbringens zukomme oder zugekommen wäre. Abgesehen davon sei das Asylverfahren des Beschwerdeführers seit dem 14. Mai 1996 mit Bescheid des Bundesministers für Inneres rechtskräftig negativ abgeschlossen worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bestreitet die maßgebliche Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde nicht, daß er unter Umgehung der Grenzkontrolle illegal nach Österreich eingereist und unmittelbar danach ohne Dokumente sowie mit bloß geringfügigen Barmitteln betreten worden sei. Er hält den angefochtenen Bescheid aber deswegen für rechtswidrig, weil er bis nach Ungarn und zwar an die ungarisch-österreichische Grenze gebracht worden sei, und ihm nur gesagt worden sei, daß er einen bestimmten Weg einschlagen müsse, wobei er allerdings nicht gewußt habe, daß er sich zu diesem Zeitpunkt seines Aussteigens noch auf ungarischem Staatsgebiet befunden habe. Ungarn sei ein kommunistischer Staat, weshalb anzunehmen sei, daß er von dort - mangels Ratifikation der Genfer Flüchtlingskonvention hinsichtlich außereuropäischer Flüchtlinge durch Ungarn - in den Irak zurückgeschickt werden würde. Von der belangten Behörde seien keine Ermittlungen durchgeführt worden, um sicher zu sein, daß er nicht von Ungarn in den Irak zurückgeschoben würde. Die belangte Behörde habe sich nicht die Mühe gemacht, nachzuforschen, ob in den ungarischen Vorschriften nicht auch Ausnahmen vom Refoulement-Verbot festgelegt seien.
Auf dem Boden der von der belangten Behörde schlüssig getroffenen Feststellungen betreffend die Art der Einreise des Beschwerdeführers ist der von ihr gezogene rechtliche Schluß auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG unbedenklich, zumal die belangte Behörde auch davon ausgehen konnte, daß die Ausweisung des Beschwerdeführers angesichts der Art seiner Einreise im Interesse der öffentlichen Ordnung gemäß § 17 Abs. 2 FrG notwendig war. Damit kann dahingestellt bleiben, ob der angefochtene Bescheid auch auf § 17 Abs. 2 Z. 4 FrG gestützt werden konnte (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1996, Zl. 96/21/0701).
Zwar darf eine Ausweisung gegen Fremde nicht verhängt werden, die im Besitz eines vorläufigen Aufenthaltsrechts gemäß § 7 des Asylgesetzes 1991 sind. Die belangte Behörde konnte im vorliegenden Fall aber schon deswegen davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 gewesen ist, weil zu diesem Zeitpunkt einerseits der Asylantrag des Beschwerdeführers rechtskräftig abgewiesen, andererseits seiner dagegen erhobenen Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof (noch) nicht die aufschiebende Wirkung zuerkannt war, was gerichtsbekannt ist. Ob - und inwieweit - der Beschwerdeführer in Ungarn Gefahr gelaufen wäre, in den Irak zurückgeschoben zu werden, ist vorliegend im Zusammenhang mit der Frage, ob er gemäß § 6 Asylgesetz 1991 direkt nach Österreich eingereist ist, daher nicht zu beurteilen.
Die Beschwerde läßt somit erkennen, daß sie unbegründet ist; sie war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996210672.X00Im RIS seit
20.11.2000