TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/20 W282 2220473-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.07.2021
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Entscheidungsdatum

20.07.2021

Norm

BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs4
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch


W282 2220473-1/39E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Serbien, vertreten durch RA Mag. German BERTSCH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2019, Zl. XXXX , wegen Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.09.2020 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Befristung des Einreiseverbots in Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides auf 8 (acht) Jahre erhöht wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Vorverfahren bzw. Verfahrenshistorie

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) kam mit seiner Mutter im Jahr 1981 nach Österreich, in deren Pass er eingetragen war. Am 19.11.1981 erfolgte die erste polizeiliche Anmeldung des BF in Kitzbühel. Am 14.03.1990 stellte die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel einen unbefristeten Sichtvermerk aus, der am 21.09.1994 von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz übertragen wurde.

2. Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom XXXX .1996 wurde der BF wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahls durch Einbruch gem. § 129 StGB iVm § 5 JGG zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt, der Ausspruch der verhängten Strafe jedoch für eine Probezeit von 3 Jahren vorbehalten.

3. Am 23.02.1997 wurde dem BF ein unbefristeter Sichtvermerk ausgestellt.

4. Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom XXXX .1997 wurde der BF wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch gem. § 129 StGB iVm § 5 JGG zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt, weil er nach Aufdrücken eines Kippfensters und anschließendem Einsteigen in Wohnungen Bargeld in Höhe von ATS 50.000 bzw. ATS 350 weggenommen hatte. Der Ausspruch der verhängten Strafe wurde jedoch für eine Probezeit von 3 Jahren vorbehalten.

5. Mit Urteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom XXXX .1999 wurde der BF wegen des Vergehens der öffentlichen unzüchtigen Handlung gem. § 218 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à ATS 170 verurteilt, weil er in einem Café onaniert hatte. Die Strafe wobei wurde allerdings unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.

6. Am 13.07.1999 beantragte der BF bei der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn die Übertragung seiner von der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel am 14.03.1990 erteilten unbefristeten Niederlassungsbewilligung.

7. Mit Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom XXXX .2000 wurde der BF wegen Diebstahls von ATS 240 gem. § 127 StGB zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen à ATS 150 verurteilt. Mit Schriftsatz der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 14.04.2000 wurde der BF darüber informiert, dass in Erwägung gezogen werde, gegen ihn wegen mehrfacher strafgerichtlicher Verurteilungen ein auf 6 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Gebiet der Republik Österreich zu erlassen. Dem BF wurde die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung der Verständigung eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Diese Stellungnahme langte am 28.04.2000 bei der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn ein, in welcher der BF ausführte, dass ihm bewusst sei, dass er wiederholt gegen die österreichischen Gesetze verstoßen habe. Er bat zudem, seine familiären Probleme und die Dauer seines Aufenthaltes bei der rechtlichen Beurteilung seines Verhaltens zu berücksichtigen. Ein Aufenthaltsverbot stelle eine Katastrophe für den BF dar. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 06.09.2000 wurden die bei der Behörde anhängigen Verfahren auf Übertragung der unbefristeten Niederlassungsbewilligung und wegen eines Aufenthaltsverbotes bis zur rechtskräftigen Entscheidung der bei Gerichten anhängigen Strafverfahren ausgesetzt.

8. Mit Urteil des Amtsgerichts Lindau (Deutschland) vom XXXX .2000 wurde der BF wegen exhibitionistischer Handlungen in 15 Fällen (Onanieren in der Öffentlichkeit) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Mit Schriftsatz der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 26.02.2001 wurde der BF darüber informiert, dass beabsichtigt sei, wegen seiner wiederholten Straffälligkeit ein auf 6 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Gebiet der Republik Österreich zu erlassen. Er könne binnen 2 Wochen ab Zustellung dieser Verständigung eine schriftliche Stellungnahme dazu abgeben. Eine Stellungnahme des BF langte am 07.03.2001 bei der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn ein, in welcher ausgeführt wurde, dass die höchste Verurteilung des BF eine bedingte Freiheitsstrafe von lediglich 4 Monaten sei, weshalb die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht vorliegen würden. Die private Lebenssituation des BF habe sich zudem seit den letzten Verurteilungen positiv verändert, er habe fast sein ganzes Leben in Österreich verbracht, weshalb ein Aufenthaltsverbot massiv in sein Privat- und Familienleben eingreifen würde.

9. Mit Schriftsatz der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 20.04.2001 wurde der BF darüber informiert, dass von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes abgesehen werde. Bei einem erneuten Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung müsse er jedoch mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes rechnen.

10. Mit Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom XXXX 2003 wurde der BF wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen gem. § 218 StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 2 Euro verurteilt.

11. Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom XXXX .2004 wurde der BF wegen des 16-fachen Verbrechens nach § 28 Abs. 2 SMG und wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe für die Dauer von 2 Jahren verurteilt, weil er 497 Gramm Kokain an einen verdeckten Ermittler übergeben und zusätzlich eine Teilmenge von 3,3 Gramm Kokain besessen hatte.

12. Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom XXXX .2005 wurde der BF wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB gem. § 129 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt, weil er in mehrere PKW eingestiegen war und dabei Handys und Bargeld entwendet hatte. Mit Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck vom XXXX .2005 wurde die verhängte Freiheitsstrafe auf 1 Jahr erhöht.

13. Mit Schriftsatz der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 30.01.2006 wurde der BF darüber informiert, dass beabsichtigt sei, gegen ihn wegen seiner wiederholten Straffälligkeit fremdenpolizeiliche Maßnahmen zu erlassen. Er könne binnen 2 Wochen ab Zustellung dieser Verständigung eine schriftliche Stellungnahme abgeben. Erneut gab der ein Stellungnahme ab, die am 07.02.2006 bei der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn einlangte, in welcher er ausführte, dass er seine begangenen Straftaten nunmehr sehr bereue, er habe damals persönliche Probleme gehabt. Zudem habe er keinerlei Bezugspersonen in Serbien und sehe Österreich als seine Heimat an.

14. Mit Urteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom XXXX .2006 wurde der BF wegen der Vergehen der sexuellen Belästigung und der öffentlich geschlechtlichen Handlungen nach § 218 Abs. 1 Z 2 StGB zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 2 Euro verurteilt, weil er mehrfach öffentlich onaniert hatte. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 21.06.2007 wurde der BF darüber informiert, dass beabsichtigt sei, gegen ihn fremdenpolizeiliche Maßnahmen zu erlassen. Er könne binnen 2 Wochen ab Zustellung dieser Verständigung eine schriftliche Stellungnahme abgeben. Der BF erstattete eine weitere Stellungnahme, welche am 06.07.2007 bei der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn einlangte, in welcher er wie schon zuvor ausführte, dass der BF seine begangenen Straftaten sehr bereue. Der BF sei in Österreich sozial verankert und wisse nicht, wie er in Serbien überleben könne.

15. Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom XXXX .2007 wurde der BF wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB gem. § 129 iVm § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt, weil er mit Hilfe eines widerrechtlich erlangten Schlüssels in mehreren Fällen in ein Gasthaus eingestiegen war und Bargeld in Höhe von mehreren Tausend Euro gestohlen hatte.

16. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 21.02.2008 wurde dem BF die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes angedroht, sollte er neuerlich von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt werden.

17. Mit Urteil des Bezirksgerichts Feldkirch vom XXXX .2009 wurde der BF wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung gem. § 218 Abs. 1 Z 2 StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 2 Euro verurteilt, weil er öffentlich onaniert hatte.

18. Mit Strafbescheid des Untersuchungsamtes Altstätten (Schweiz) vom XXXX 2010 wurde der BF der mehrfachen sexuellen Handlungen mit einem Kind, des mehrfachen Exhibitionismus sowie der sexuellen Belästigung schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe von 110 Tagessätzen zu je CHF 30,00 verurteilt, wobei der Vollzug der Geldstrafe unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren aufgeschoben wurde. Zudem wurde er zu einer Busse von CHF 200 verurteilt und ihm für die Dauer der Probezeit die Weisung erteilt, sich einer deliktsspezifischen, ambulanten Therapie zu unterziehen.

19. Mit Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom XXXX 2010 wurde der BF wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen gem. § 218 Abs. 1 Z 2 StGB zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen à 4 Euro verurteilt, weil er öffentlich onaniert hatte.

20. Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom XXXX 2010 wurde der BF wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 2 StGB und des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe für die Dauer von 18 Monaten verurteilt, wobei ein Teil der Freiheitsstrafe für die Dauer von 12 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen und dem BF die Weisung erteilt wurde, unmittelbar nach seiner Haftentlassung einer psychotherapeutischen Behandlung bzw. Therapie zu unterziehen. Demnach hatte der BF eine Frau im Zuge einer Auseinandersetzung zur Seite gestoßen, worauf diese mehrere Stufen eines Podests hinuntergestürzt war, sowie eine unmündige Person (ein siebenjähriges Mädchen) dazu veranlasst, ihm hinter eine Bäckerei zu folgen und seinen nackten Penis zu streicheln, während er onanierte.

21. Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom XXXX .2011 wurde der BF wegen des Verbrechens des teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt, weil er über ein Fenster in ein Hotel bzw. durch Aufdrücken einer verschlossenen Terrassentüre eingestiegen war und dabei Bargeld in Höhe von mehr als 3.000 Euro gestohlen hatte.

22. Mit Strafbefehl des Untersuchungsamtes Altstätten (Schweiz) vom XXXX .2012 wurde der BF wegen gewerbsmäßigen Diebstahls und des mehrfachen Hausfriedensbruches mit einer unbedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten bestraft. Zudem wurde die am XXXX .2010 durch das Untersuchungsamt Altstätten ausgesprochene Geldstrafe nicht widerrufen und die Probezeit um ein Jahr verlängert.

23. Mit Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom XXXX .2012 wurde der BF wegen der Vergehen der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen nach § 218 Abs. 2 StGB zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen à 4 Euro verurteilt, weil er mehrfach öffentlich onaniert hatte.

24. Mit Abwesenheitsurteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom XXXX .2016 wurde der BF wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen gem. § 218 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt, weil er einer jungen Frau anbot sie mit dem Auto nach Hause zu bringen, dann als „Gegenleistung“ von ihr verlangte ihm zuzusehen, während er onanierte und sie mehrfach aufgefordert hatte, sein erigiertes Glied während des Vorgangs zu betrachten sowie sie schlussendlich dazu genötigt hatte, sein Ejakulat mit einem Taschentuch aufzufangen.

25. Mit Urteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom XXXX 2017 wurde der BF wegen der Vergehen der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen gem. § 218 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt, weil er vor einem Restaurant sowie mehrfach in Zügen onaniert hatte, wobei er jeweils von Frauen wahrgenommen wurde.

26. Mit Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom XXXX .2019 wurde der BF wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen gem. § 218 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitstrafe von 3 Monaten verurteilt, weil er in einem Zug öffentlich masturbiert hatte. Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 11.12.2019 wurde das verhängte Strafmaß auf 5 Monate erhöht.

27. Mit Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom XXXX .2019 wurde der BF aus dem Vollzug der über ihn mit Urteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom XXXX .2017 verhängten Freiheitsstrafe von 6 Monaten nach Verbüßung von zwei Dritteln der Freiheitsstrafe am 28.06.2019 bedingt entlassen. Die Probezeit wurde mit 3 Jahren bestimmt, für deren Dauer Bewährungshilfe angeordnet sowie dem BF die Weisung erteilt, sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen.

2. Gegenständliches Verfahren

2.1. Am 25.04.2019 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) niederschriftlich einvernommen: Im Zuge dieser Einvernahme wurde dem BF die Möglichkeit eingeräumt, zu den Länderfeststellungen des Bundesamtes eine Stellungnahme abzugeben, die der BF jedoch ablehnte.

2.2. Mit gegenständlichem Bescheid des Bundesamtes vom XXXX .2019 wurde gegen den BF gem. § 52 Abs. 5 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt II.) sowie gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von 6 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.). Gem. § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise des BF nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) sowie einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gem. § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Begründend wurde ausgeführt, der weitere Aufenthalt des BF stelle aufgrund seines bisherigen Verhaltens und der getroffenen Zukunftsprognose eine gegenwärtige und schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

2.3. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schriftsatz vom 18.06.2019 fristgerecht Beschwerde. In dieser wurde ausgeführt, dass der BF trotz seiner mehrfach gesetzten exhibitionistischen Handlungen keine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Zusätzlich seien die lange Aufenthaltsdauer in Österreich sowie der Umstand, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Serbien völlig auf sich allein gestellt wäre, zu berücksichtigen, weshalb die Rückkehrentscheidung unzulässig sei. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 26.06.2019 vom Bundesamt vorgelegt.

Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom 04.03.2020 wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung G313 abgenommen und der Gerichtabteilung W282 neu zugewiesen.

2.4. Mit Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom XXXX .2019 wurde der BF wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen gem. § 218 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt, weil er in einem Wettlokal in Bregenz sein Glied entblößt und öffentlich masturbiert hatte.

2.5 Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom XXXX .2020 wurde der BF des Vergehens der Nötigung gem. § 105 Abs. 1 StGB, des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung gem. § 88 Abs. 1 und 3 StGB sowie der Vergehen der Gefährdung der körperlichen Sicherheit gem. § 89 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. Demnach hatte der BF eine andere Person durch Gewalt zu einer Handlung genötigt, indem er auf einer Autobahn einen LKW auf dem Pannen- bzw. Verzögerungsstreifen rechts überholt hatte, sodann wieder über alle Spuren auf die linke Überholspur gefahren war und seinen PKW vor einem anderen PKW, von dem er sich zuvor durch langsames Fahren belästigt gefühlt hatte, abrupt abgebremst hatte, sodass der Lenker dieses PKW, um eine Kollision zu vermeiden, stark abbremsen hatte müssen, was diesem zwar gelungen, jedoch Auslöser einer Massenkarambolage gewesen war, bei der weitere Fahrzeuglenker verletzt wurden. Mit Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck von 16.06.2020 wurde die Freiheitsstrafe auf 9 Monate angehoben.

2.6 Am 29.09.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, in welcher der BF ausführlich über seine familiäre Situation in Österreich, der Situation in seinem Herkunftsstaat, seiner Integration sowie seiner vielfachen Straffälligkeit befragt wurde. Das Bundesamt blieb der Verhandlung entschuldigt fern. Im Zuge dieser Verhandlung brachte der Vertreter des BF vor, dass laut einem Sexualtherapeuten das fehlangepasste Sexualverhalten des BF auf seine Spielsucht zurückzuführen sei. Seit er sich in Therapie befinde, sei der BF im Hinblick auf sexuelle Belästigungen nicht mehr rückfällig geworden. Die Verkündung des Erkenntnisses entfiel, da erst im Rahmen der Verhandlung die teils umfangreichen Verurteilungen des BF in der Schweiz zu Tage traten. Die Abschriften dieser Strafurteile mussten ebenso angefordert werden, wie Auszüge über die gegen den BF verhängten Verwaltungsstrafen in Vorarlberg. Jene Aktenbestandteile wurden nach Einlangen dem BFV am 08.10.2020 zur Kenntnis- und Stellungnahme übermittelt.

2.7. Noch vor Erlassung des ggst. Erkenntnisses wurde dem BVwG von der BH Dornbirn Ende Oktober 2020 ein Ermittlungsbericht der LPD Vorarlberg übermittelt, wonach der BF wegen des Verdachts auf des Verdachtes des Diebstahls bzw. schweren Diebstahls und Entfremdung unbarerer Zahlungsmittel (§§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 229 Abs 1, 241e Abs 1 StGB) in Untersuchungshaft genommen wurde. Am 30.10.2020 langte beim BVwG der diesbezügliche Abschluss Bericht der LPD Vorarlberg an die StA Feldkirch und am 02.11.2020 eine Abschrift des Beschlusses des LG Feldkirch über die Verhängung der Untersuchungshaft über den BF ein.

2.8. Mit Beschluss des BVwG vom 02.11.2020, W282 2220473-1/32Z wurde das ggst. Verfahren gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Beendigung des vor dem Landesgericht Feldkirch diesbezüglich als Ermittlungsverfahren geführten Strafverfahrens gegen den Beschwerdeführer ausgesetzt.

2.9. Über Anfrage vom 02.03.2021 teilte das LG Feldkirch mit, dass der BF zur GZ XXXX zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt worden wäre; das Urteil sei aber noch nicht rechtskräftig, da noch ein Berufungsverfahren beim OLG Innsbruck anhängig sei.

2.10 Am 17.06.2021 langte die Abschrift des Urteils des LG Feldkirch zur GZ XXXX samt HV-Protokoll sowie das Berufungsurteil des OLG Innsbruck zur GZ XXXX vom 02.06.2021 ein. Die Haftstrafe des BF war vom OLG Innsbruck auf zwei Jahre reduziert worden.

2.11. Mit Schreiben vom 21.06.2021 wurde dem Rechtsvertreter (RV) des BF und dem Bundesamt sowohl das Urteil des LG Feldkirch als auch das Berufungsurteil des OLG Innsbruck zur Kenntnis- und Stellungnahme übermittelt. Unter einem wurde dem BF unter Verweis auf seine fortgesetzte erhebliche Straffälligkeit nach Ergehen des verfahrensgegenständlichen Bescheides und der sich daraus gravierend verschlechternden Zukunfts- und Gefährdungsprognose mitgeteilt, dass das BVwG in Aussicht nehme, die Befristung des verhängten Einreiseverbotes um 2 Jahre auf 8 Jahre zu erhöhen, da ein längerer Beobachtungszeitraum für ein mögliches Wohlerhalten nach der Haftentlassung notwendig sei. Gleichzeitig wurde dem BF hierzu eine Stellungnahmefrist bis zum 12.07.2021 eingeräumt. Eine Stellungnahme langte weder seitens des Bundesamtes noch seitens des BF bzw. BFV ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Der BF führt den Namen XXXX , wurde am XXXX geboren und ist Staatsangehöriger von Serbien.

Der BF kam mit seiner Mutter im Jahr 1981 nach Österreich, in deren Pass er eingetragen war. Am 19.11.1981 erfolgte die erste polizeiliche Anmeldung des BF in Kitzbühel. Seit dem 14.03.1990 verfügte der BF in Österreich über einen unbefristeten Aufenthaltstitel, was aktuell dem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt EU“ entspricht. Dieser Aufenthaltstitel wurde jedoch mit der Durchsetzbarkeit der im Bescheid des Bundesamtes vom XXXX 2019 angeordneten Rückkehrentscheidung ungültig, weil das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zuerkannte. Der BF verfügt somit derzeit über keinen gültigen Aufenthaltstitel für Österreich. Der BF befindet sich derzeit in Strafhaft in der Justizanstalt Feldkirch. Zuvor war er seit Ende Oktober 2020 dort bereits in Untersuchungshaft angehalten worden.

Der BF lebte vor seiner Haft zusammen mit seinen Eltern in Dornbirn. Der BF hat drei Schwestern, von denen zwei in Vorarlberg und eine in Deutschland lebt. Der BF ist gesund und nimmt derzeit keine Medikamente.

Der BF ist ledig und hat keine Kinder. Er absolvierte die Pflichtschule und verfügt über keine Berufsausbildung, er ist weder Mitglied in einem Verein aktiv noch geht er ehrenamtlichen Tätigkeiten nach. Der BF bezog in den letzten 10 Jahren fast ausschließlich Sozialleistungen wie Notstandshilfe, Überbrückungshilfe oder Arbeitslosengeld. So war der BF seit Anfang des Jahres 2011 einzig von XXXX .2015 - XXXX 2015 als Arbeiter erwerbstätig.

Der BF verfügt in Serbien weder über Familienmitglieder noch über sonstige nahe Angehörige.

Der BF ist in Österreich vielfach vorbestraft, in seinem Strafregisterauszug scheinen 20 Verurteilungen, überwiegend wegen Eigentumsdelikten und exhibitionistischer Handlungen, auf (vgl. hierzu II.1.2). Zudem ist der BF mehrfach verwaltungsstrafrechtlich bescholten. Der BF wurde auch in Deutschland wegen exhibitionistischer Handlungen in 15 Fällen sowie in der Schweiz wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit einem Kind, mehrfachem Exhibitionismus sowie sexueller Belästigung bzw. wegen gewerbsmäßigen Diebstahls und mehrfachen Hausfriedensbruchs strafrechtlich verurteilt.

Der BF stellt eine äußert schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

1.2 Zur Straffälligkeit des Beschwerdeführers

Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom XXXX 1996 wurde der BF wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahls durch Einbruch gem. § 129 StGB iVm § 5 JGG zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt, der Ausspruch der verhängten Strafe jedoch für eine Probezeit von 3 Jahren vorbehalten.

Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom XXXX .1997 wurde der BF wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch gem. § 129 StGB iVm § 5 JGG zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt, weil er nach Aufdrücken eines Kippfensters und anschließendem Einsteigen in Wohnungen Bargeld in Höhe von ATS 50.000 bzw. ATS 350 weggenommen hatte. Der Ausspruch der verhängten Strafe wurde jedoch für eine Probezeit von 3 Jahren vorbehalten.

Mit Urteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom XXXX .1999 wurde der BF wegen des Vergehens der öffentlichen unzüchtigen Handlung gem. § 218 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à ATS 170 verurteilt, weil er in einem Café onaniert hatte. Die Strafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.

Mit Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom XXXX .2000 wurde der BF wegen Diebstahls von ATS 240 gem. § 127 StGB zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen à ATS 150 verurteilt.

Mit Urteil des Amtsgerichts Lindau (Deutschland) vom XXXX .2000 wurde der BF wegen exhibitionistischer Handlungen in 15 Fällen (Onanieren in der Öffentlichkeit) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Mit Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom XXXX .2003 wurde der BF wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 2 Euro verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom XXXX .2004 wurde der BF wegen des 16-fachen Verbrechens nach § 28 Abs. 2 SMG und wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe für die Dauer von 2 Jahren verurteilt, weil er 497 Gramm Kokain an einen verdeckten Ermittler übergeben und zusätzlich eine Teilmenge von 3,3 Gramm Kokain besessen hatte.

Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom XXXX .2005 wurde der BF wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB gem. § 129 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt, weil er in mehrere PKW eingebrochen war und dabei Handys und Bargeld entwendet hatte. Mit Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck vom XXXX .2005 wurde die verhängte Freiheitsstrafe auf 1 Jahr erhöht.

Mit Urteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom XXXX .2006 wurde der BF wegen der Vergehen der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen nach § 218 Abs. 1 Z 2 StGB zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 2 Euro verurteilt, weil er mehrfach öffentlich onaniert hatte.

Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom XXXX .2007 wurde der BF wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB gem. § 129 iVm § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt, weil er mit Hilfe eines widerrechtlich erlangten Schlüssels in mehreren Fällen in ein Gasthaus eingestiegen war und Bargeld in Höhe von mehreren Tausend Euro gestohlen hatte.

Mit Urteil des Bezirksgerichts Feldkirch vom XXXX .2009 wurde der BF wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung gem. § 218 Abs. 1 Z 2 StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 2 Euro verurteilt, weil er öffentlich onaniert hatte.

Mit Strafbescheid des Untersuchungsamtes Altstätten (Schweiz) vom XXXX .2010 wurde der BF der mehrfachen sexuellen Handlungen mit einem Kind, des mehrfachen Exhibitionismus sowie der sexuellen Belästigung schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe von 110 Tagessätzen zu je CHF 30,00 verurteilt, wobei der Vollzug der Geldstrafe unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren aufgeschoben wurde. Zudem wurde er zu einer Busse von CHF 200 verurteilt und ihm für die Dauer der Probezeit die Weisung erteilt, sich einer deliktsspezifischen, ambulanten Therapie zu unterziehen. Konkret

Mit Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom XXXX .2010 wurde der BF wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen gem. § 218 Abs. 1 Z 2 StGB zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen à 4 Euro verurteilt, weil er öffentlich onaniert hatte.

Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom XXXX .2010 wurde der BF wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 2 StGB und des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe für die Dauer von 18 Monaten verurteilt, wobei ein Teil der Freiheitsstrafe für die Dauer von 12 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen und dem BF die Weisung erteilt wurde, unmittelbar nach seiner Haftentlassung einer psychotherapeutischen Behandlung bzw. Therapie zu unterziehen. Demnach hatte der BF eine Frau im Zuge einer Auseinandersetzung zur Seite gestoßen, worauf diese mehrere Stufen eines Podests hinuntergestürzt war.

Er hatte weiters ein siebenjähriges Mädchen dazu veranlasst, seinen nackten Penis zu streicheln, während er hinter einer Bäckerei onaniere. Der BF war die vorhegende Nacht in einer Diskothek gewesen und hatte dort eine Frau kennengelernt mit der er sich unterhielt. Sowohl die Frau als auch der BF waren alkoholisiert. Die Frau verließ das Lokal und wollte mit ihrem KfZ nach Hause fahren, wurde jedoch von der Polizei angehalten und ihr wurde der Führerschein aufgrund ihrer Alkoholisierung entzogen. Der BF brachte in Folge diese Frau morgens mit seinem Fahrzeug nach Hause. Er war dabei in einem erregten Zustand, da er auf geschlechtliche Handlungen zwischen ihm und der Frau hoffte. Letztlich stieg die Frau aber an ihrem Wohnort aus, ohne dass es zu solchen Handlungen kam. Der BF ging im Zustand einer diesbezüglich erregten Frustration in eine nahe Bäckerei, wo er frühstücken wollte. Bereits dort fragte er die ihm bekannte Angestellte, ob sie ihm beim onanieren zusehen wolle. Als diese klar verneinte, kam jenes siebenjährige Mädchen - das spätere Opfer - in die Bäckerei, als der BF diese gerade verließ. Als auch das Mädchen die Bäckerei verließ, rief der BF, der bereits hinter der Bäckerei onanierte, das Mädchen zu sich; diese leistete dem Folge. Er sagte dem Mädchen er würde hier „lulu“ machen, könne dies aber nicht allein und fragte ob sie ihm nicht helfen könne, was das Mädchen durch Anfassen seines Penis letztlich auch tat, während er masturbierte.

Die angeordnete psychotherapeutische Behandlung bzw. Therapie begann der BF, brach sie jedoch in Folge aufgrund neuer Verurteilungen ab.

Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom XXXX .2011 wurde der BF wegen des Verbrechens des teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt, weil er über ein Fenster in ein Hotel bzw. durch Aufdrücken einer verschlossenen Terrassentüre eingestiegen war und dabei Bargeld in Höhe von mehr als 3.000 Euro gestohlen hatte.

Mit Strafbefehl des Untersuchungsamtes Altstätten (Schweiz) vom XXXX .2012 wurde der BF wegen gewerbsmäßigen Diebstahls und des mehrfachen Hausfriedensbruches mit einer unbedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten bestraft. Zudem wurde die am 09.03.2010 durch das Untersuchungsamt Altstätten ausgesprochene Geldstrafe nicht widerrufen und die Probezeit um ein Jahr verlängert.

Mit Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom XXXX .2012 wurde der BF wegen der Vergehen der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen nach § 218 Abs. 2 StGB zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen à 4 Euro verurteilt, weil er mehrfach öffentlich onaniert hatte.

Mit Abwesenheitsurteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom XXXX .2016 wurde der BF wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen gem. § 218 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt, weil er vor einer Frau onaniert und sie mehrfach aufgefordert hatte, sein erigiertes Glied während des Vorgangs zu betrachten sowie sie schlussendlich darum gebeten hatte, sein Ejakulat mit einem Taschentuch aufzufangen. Zuvor hatte er der junge Frau angeboten sie mit seinem Auto nach Hause zu bringen, war dann aber mit ihr weiter durch die Gegend gefahren anstatt sie nach Hause zu bringen und hatte abseits an einem Parkplatz gehalten, um dort vor der jungen Frau zu masturbieren.

Mit Urteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom XXXX .2017 wurde der BF wegen der Vergehen der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen gem. § 218 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt, weil er vor einem Restaurant sowie mehrfach in Zügen der ÖBB öffentlich onaniert hatte. Der BF wurde aus dem Vollzug dieser Freiheitsstrafe vorzeitig bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren entlassen. Am 24.02.2020 wurde die Probezeit vom LG Feldkirch (siehe unten) auf 5 Jahre verlängert und schließlich am 20.07.2020 vom BG Bregenz die bedingte Entlassung widerrufen.

Mit Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom XXXX 2019 wurde der BF wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen gem. § 218 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitstrafe von 3 Monaten verurteilt, weil er erneut in einem Zug sichtbar masturbiert hatte. Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 11.12.2019 wurde das Strafmaß auf 5 Monate erhöht.

Mit Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom XXXX .2019 wurde der BF wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen gem. § 218 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt, weil er in einem Wettlokal in Bregenz sein Glied entblößt und öffentlich masturbiert hatte.

Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom XXXX .2020 wurde der BF wegen des Vergehens der Nötigung gem. § 105 Abs. 1 StGB, des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung gem. § 88 Abs. 1 und 3 StGB sowie der Vergehen der Gefährdung der körperlichen Sicherheit gem. § 89 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. Demnach hatte der BF eine andere Person durch Gewalt zu einer Handlung genötigt, indem er auf der Autobahn A14 einen LKW auf dem Pannen- bzw. Verzögerungsstreifen rechts überholt hatte, sodann über 2 Fahrspuren auf die linke Überholspur verrissen habe um seinen PKW vor einem anderen PKW, den der BF zuvor bedrängt hatte, abrupt abgebremst hatte, sodass der Lenker dieses PKW, um eine Kollision zu vermeiden, stark abbremsen hatte müssen, was diesem zwar gelungen, jedoch Auslöser einer Massenkarambolage gewesen war. Dabei wurde eine Frau verletzt, die hinter dem PKW jener Person, vor der der BF absichtlich und unvermittelt bremste, mit ihrem PKW gefahren war und nicht mehr rechtzeitig abbremsen konnte. Mit Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck von 16.06.2020 wurde die Freiheitsstrafe auf 9 Monate angehoben.

Mit Urteil des LG Feldkirch vom XXXX .2021, GZ XXXX wurde der BF wegen der Vergehen des schweren Diebstahls durch Einbruch §§ 127, 128 Abs. 1 Z 5, 129 Abs. 1 Z 3 u. § 15 StGB, der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel gemäß § 241e StGB, betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach §§ 15, 148a StGB sowie wegen Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. Mit Berufungsurteil des OLG Innsbruck zur GZ XXXX vom XXXX .2021 wurde die Haftstrafe des BF zwei Jahre reduziert. Der BF wurde schuldig gesprochen in Hohenems Einschleichdiebstähle begangen zu haben, wobei er den Opfern fremde bewegliche Sachen im Gesamtwert von 16.960 € entwendete. Er erbeute dabei auch Bankomatkarten, mit denen er in Folge hohe Bargeldbeträge vom Konto der Opfer behob. Weiter kaufte er mit dieser Bankomatkarte auch Zugtickets der ÖBB, wobei er von einer Videoüberwachung aufgenommen und so letztlich dadurch und durch einen Zugbegleiter der ÖBB identifiziert wurde, nachdem dieses Monatsticket von der ÖBB gesperrt wurde. Weiters entwendete er auch Kundenkarten und eine e-card eines Opfers.

Der BF zeigte sich in der Hauptverhandlung vor dem LG Feldkirch nicht geständig und leugnete die Taten.

1.2. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers nach Serbien

Gemäß Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung – HStV), gehört der Herkunftsstaat des BF, Serbien, zu den sicheren Herkunftsstaaten, weshalb eine Rückkehr für den BF zumutbar ist.

Der BF hat in Serbien Zugang zur Sozialhilfe, zu einer kostenfreien Krankenversicherung und Zugang zu medizinischer Behandlung, dies auch im Hinblick auf die Behandlung seiner (vorgebrachten) psychischen Erkrankung.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Serbien

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Serbien vom 02.09.2020, Version 2:

Politische Lage

Die politische Lage ist stabil. In der Grenzregion zu Kosovo kann es zu Spannungen kommen. Insbesondere in Belgrad und anderen Städten sind vereinzelt Proteste und Demonstrationen möglich, die meistens friedlich verlaufen (AA 23.9.2019b).

Tausende von Demonstranten gingen auch am 11.5.2019 auf die Straßen, um gegen Präsident Aleksandar Vu?i? und seine Regierung zu demonstrieren. Sie werfen der Regierung Korruption und Einschränkung der Medienfreiheit vor. Die wöchentlichen Proteste begannen im Dezember 2018 und wurden durch einen Angriff auf einen Oppositionsführer ausgelöst (BN 13.5.2019).

Serbien hat ein gewisses Maß an Vorbereitung bei der Umsetzung des Rechtsbestands im Bereich Sicherheit erreicht. Einige Fortschritte wurden durch die Stärkung des Rechtsrahmens zur Bekämpfung der Geldwäsche und die Erfüllung der meisten Empfehlungen des letzten Jahres erzielt. Serbien trägt als Transitland weiterhin erheblich zur Steuerung der gemischten Migrationsströme in die EU bei, indem Serbien eine aktive und konstruktive Rolle spielt und effektiv mit seinen Nachbarn und EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeitet. Bei der Umsetzung der integrierten Grenzschutzstrategie und des Aktionsplans hat Serbien einige Fortschritte erzielt. Die Strategie und der Aktionsplan zur Bekämpfung der irregulären Migration wurden angenommen (EK 29.5.2019).

Ein Zwischenfall mit serbischen Soldaten, denen am 7.9.2019 die Einreise zu einer Gedenkfeier in Kroatien verweigert wurde, hat zu einem Eklat zwischen den beiden Ländern geführt. Zagreb kritisierte eine "Provokation" aus Belgrad, in Serbien wurde dem Nachbarland Geschichtsrevisionismus vorgeworfen. Die serbische Militärdelegation hatte am 7.9.2019 in Jasenovac an einer Gedenkfeier der serbisch-orthodoxen Kirche für die Opfer des dortigen Konzentrationslagers teilnehmen wollen. Elf Militärangehörigen, die laut Medien in Zivil unterwegs waren und ihre Uniformen im Gepäck hatten, hatte die kroatische Grenzpolizei die Einreise verweigert. Laut Kroatien war die Delegation nicht angemeldet, die serbische Seite behauptet das Gegenteil. Der Delegation gehörten Berichten zufolge Offiziere der Militärakademie sowie Kadetten und Schüler des Militärgymnasiums an (Der Standard 9.9.2019).

Die im Norden der Republik Serbien gelegene Provinz Vojvodina zeichnet sich durch eine eigenständige, durch jahrhundertealte Koexistenz der Serben mit verschiedenen nationalen Minderheiten (u.a. Ungarn, Rumänen, Ruthenen, Kroaten, Deutschen) geprägte Tradition aus. In der mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnten Grenzregion Südserbiens zu Kosovo und Nordmazedonien (Gebiet der Gemeinden Bujanovac, Preševo, Medvedja) ist die Lage stabil (AA 3.11.2019).

Die von serbischer Seite als politische Strafzölle empfundenen 100 %-Erhöhungen der Importzölle für Waren in den Kosovo bleiben weiterhin der Hauptgrund der erneut belasteten bilateralen Beziehungen zu Pristina (VB 29.9.2019).

Rechtsschutz/Justizwesen

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, aber die Gerichte bleiben weiterhin anfällig für Korruption und politischen Einfluss (USDOS 11.3.2020).

Das serbische Justizwesen besteht aus einem Verfassungsgericht, dem Obersten Gerichtshof, 30 Bezirksgerichten und 138 Gemeindegerichten. Daneben bestehen spezielle Gerichte wie Verwaltungsgerichte und Handelsgerichte. Im Belgrader Bezirksgericht existiert eine Sonderkammer für die Verfolgung von Kriegsverbrechen, daneben existiert eine Staatsanwaltschaft für Kriegsverbrechen - beiden zusammen obliegt die juristische Aufarbeitung der Kriegsverbrechen aus den Balkankriegen der 1990er Jahre. Ihre Einrichtung ist Teil des Prozesses der Schließung des UN-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien (Den Haag) und der Überführung seiner Aufgaben auf die nationalen Justizbehörden in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien (LIPortal 6.2019).

Serbien hat im Bereich Justiz einige Fortschritte erzielt; während die Empfehlungen des Vorjahres nur teilweise umgesetzt wurden, wurden bei der Reduzierung alter Vollstreckungsfälle und der Weiterverfolgung von Maßnahmen zur Harmonisierung der Gerichtspraxis Fortschritte erzielt. Einige Änderungen der Regeln für die Ernennung von Richtern und Staatsanwälten und für die Bewertung der Arbeit von Richtern und Staatsanwälten wurden angenommen, aber das System muss nach der Annahme der Verfassungsänderungen grundlegend überarbeitet werden, um eine leistungsbezogene Stellenbesetzungen und Beförderungen von Richtern zu ermöglichen. Politische Einflussnahme im Bereich der Justiz bleibt weiterhin ein Problem. Die Verfassungsreform befindet sich im Gange (EK 25.9.2019).

Das Parlament hat am 21.5.2019 eine umstrittene Änderung des Strafrechts gebilligt, gemäß der Straftäter, die wegen Vergewaltigung und Ermordung eines Minderjährigen oder einer schwangeren oder behinderten Person zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt werden, zukünftig keine Möglichkeit einer frühzeitigen Entlassung mehr haben. Bislang belief sich die Höchststrafe in Serbien auf 40 Jahre. Der Europarat kritisierte den Gesetzesentwurf und sprach von einem Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (BN 27.5.2019).

Prinzipiell kann sich jede Person in Serbien, die sich privaten Verfolgungshandlungen ausgesetzt sieht, sowohl an die Polizei wenden als auch direkt bei der Staatsanwaltschaft persönlich oder schriftlich eine Anzeige einbringen. Auch können entsprechende Beschwerden an die Ombudsmann Institutionen getätigt werden. Darüber hinaus besteht auch für solche Personen, die Möglichkeit der Aufnahme in das Zeugen- bzw. Opferschutzprogramm. Die Bevölkerung hat die Möglichkeit, sich wegen rechtswidriger Akte der Sicherheitsdienste an den serbischen Ombudsmann oder den serbischen Datenschutzbeauftragten zu wenden (VB 29.9.2019).

Sicherheitsbehörden

Die Polizei des Landes untersteht der Aufsicht des Innenministeriums, wobei die Behörden eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte ausüben. Die Effektivität der Polizei variiert. Die meisten Beamten sind ethnische Serben, jedoch sind auch Angehörige von Minderheiten als Polizeibeamte tätig. Korruption und Straffreiheit in der Polizei sind ein Problem. Im Laufe des Jahres 2019 stellten Experten der Zivilgesellschaft fest, dass sich die Qualität der polizeilichen internen Ermittlungen weiter verbessert hat. Die neu geschaffene Antikorruptionsabteilung im Innenministerium wurde geschaffen, um schwere Korruption zu untersuchen. Es gibt keine spezialisierte Regierungsstelle, die Morde durch die Sicherheitskräfte untersuchen kann. Die Polizei, das Sicherheitsinformationszentrum (BIA) und die Direktion für die Vollstreckung strafrechtlicher Sanktionen untersuchen solche Fälle durch interne Kontrollen. In den ersten acht Monaten 2019 reichte die interne Kontrolle des Innenministeriums 136 Strafanzeigen gegen 285 Personen wegen 388 Verbrechen ein; 124 waren Polizisten und 161 Zivilbeamte. In 45 der Fälle wurden die Täter zu Haftstrafen verurteilt (USDOS 13.3.2020).

Durch eine unsystematische Umsetzung der Reform, ohne größeren Plan und Strategie, sind die eigentlichen Ziele, die Polizei zu de-kriminalisieren, de-politisieren, de-militarisieren und eine Dezentralisierung einzuleiten, bis heute nur bedingt erreicht. Gegenwärtig unterstehen die etwa 43.000 Polizisten des Landes dem Innenministerium und sind u.a. unterteilt in Zoll, Kriminalpolizei, Grenzpolizei sowie zwei Anti-Terroreinheiten, die „Special Antiterrorist Unit“ und die „Counterterrorist Unit“ (BICC 6.2019).

Es kommt in Einzelfällen immer noch vor, dass die Sicherheitsbehörden ihre Vollmachten überschreiten oder Anträge und Anfragen nicht so effizient bearbeiten. Dies beschränkt sich jedoch nicht auf bestimmte Personengruppen, sondern bezieht sich auf alle Einwohner der Republik Serbien. Alle Einwohner bzw. Bürger der Republik Serbien haben den gleichen Zugang zum Justizwesen, zu den Gerichten und den Polizeibehörden. Rechtsschutzmittel gegen polizeiliche Übergriffe sind vorgesehen, nämlich Strafanzeige und/oder Disziplinarverfahren. Jedoch gibt es keine „besonderen“ Rechtsschutzmittel betreffend Übergriffe gegen Roma-Angehörige. Diese sind, wie alle Einwohner der Republik Serbien, vor dem Gesetz gleich (VB 29.9.2019).

Allgemeine Menschenrechtslage

Die rechtlichen und institutionellen Rahmen für die Wahrung der Grundrechte sind weitgehend vorhanden. Es wurden Änderungen zur Verbesserung des Rechtsrahmens für nationale Minderheiten angenommen. Eine konsequente und effiziente Umsetzung der Rechtsvorschriften und der politischen Maßnahmen muss jedoch sichergestellt werden (EK 29.5.2019).

Die Lage der Menschenrechte in Serbien ist insgesamt gut. Serbien hat die wichtigsten internationalen Menschenrechtskonventionen in nationales Recht übernommen. 2013 hat die serbische Regierung eine Anti-Diskriminierungsstrategie verabschiedet. Ein effektiver gesetzlicher Rahmen zum Schutz von Serbiens zahlreichen ethnischen Minderheiten existiert. Trotzdem existieren verschiedene Schwächen im Menschenrechts- und Minderheitenschutz. Probleme in der Verwirklichung der Menschenrechte bestehen etwa durch die Schwäche des Rechtsstaats und die noch immer unzureichende juristische Aufarbeitung der Kriegszeit (GIZ Geschichte & Staat 6.2019).

In Serbien gibt es entsprechende Stellen auf Republiksebene (Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte, Staatsverwaltung und lokale Selbstverwaltungs-Abteilung für Menschen- und Minderheitenrechte), als auch auf der lokalen Ebene (Stadtgemeinden-Ombudsmann), an die sich Bürger im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Weiters bestehen auch zahlreiche NGOs, welche sich mit Rechten der nationalen Gemeinschaften befassen, u.a. Helsinki Committee for Human Rights, The Humanitarian Law Centre, The Lawyers Committee for Human Rights, Belgrade Centre for Human Rights, als auch zahlreiche Roma Organisationen in ganz Serbien (VB 29.9.2019).

Bewegungsfreiheit im Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie

Die Bewegungsfreiheit der Menschen in Serbien (Staatsbürger als auch Fremde) wurde mit Beendigung des Ausnahmezustandes am 7.5.2020 nach fast 2 Monaten wieder hergestellt. Der Ausnahmezustand war aufgrund der festgestellten COVID-19 Entwicklung am 15.3.2020 durch den Präsidenten verfügt worden (VB 11.5.2020).

Seit dem 22. Mai 2020 ist eine Ein- und Durchreise nach und durch Serbien wieder ohne jede Einschränkung möglich. Reisende erhalten an der Grenze ein zweisprachiges Informationsblatt über die zu beachtenden Maßnahmen (AA 3.6.2020).

Keine Einreisebeschränkungen mehr seit 22. Mai 2020 (IOM AVRR 26.5.2020).

Die Verfassung garantiert das Recht auf Reisefreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 11.3.2020). Die Bewegungsfreiheit wird aber nicht immer angemessen geschützt (BTI 29.4.2020).

Grundversorgung

Die Stärkung der serbischen Wirtschaft ist seit Jahren eines der innenpolitischen Hauptthemen. Als EU-Beitrittskandidat strebt Serbien nach Anpassung an die EU-Standards. Die Wirtschaftszahlen zeigen große Erfolge bei der Haushaltskonsolidierung sowie eine leichte Besserung mit Blick auf die allgemeine Wirtschaftsentwicklung (AA 2.5.2019c).

Trotz erheblicher Reformanstrengungen und dem grundsätzlichen Umbau einer verstaatlichten, reglementierten und von starken Einbrüchen geprägten zu einer modernen Marktwirtschaft sieht sich Serbien auch nach einem Jahrzehnt grundlegenden Strukturproblemen gegenüber, welche die wirtschaftliche und Haushaltsstabilität bedrohen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).

Im Jahr 2019 lag die Arbeitslosenquote in Serbien bei rund 10,9%. Für das Jahr 2021 wird die Arbeitslosenquote in Serbien auf rund 13% prognostiziert. Die Jugendarbeitslosenquote (bei 14 bis 24-jährigen) wird bei rund 32,05% geschätzt. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt in Serbien rund 50,5 Milliarden US-Dollar. Für das Jahr 2024 wird das BIP Serbiens auf rund 75,2 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Serbien rund 7.223 US-Dollar. Im Jahr 2019 belief sich die durchschnittliche Inflationsrate in Serbien auf rund 2% gegenüber dem Vorjahr (Statista 24.4.2020).

Sozialbeihilfen

Armut in Serbien ist v.a. ein ländliches Phänomen und betrifft außerdem sozial benachteiligte Gruppe überproportional, unter anderem Roma. Zugleich ist das bisher gültige System der Sozialhilfe nicht angepasst an die Bedürfnisse der Bedürftigsten, es kommt bisher nur ein kleinerer Teil der Transferzahlungen bei Ihnen an. Mit Unterstützung der Weltbank hat die serbische Regierung in den letzten Jahren erste Schritte zu einer Reform des Sozialhilfesystems unternommen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).

Ein Sozialamt ist in allen Gemeinden Serbiens zu finden. Der Umfang der Aktivitäten, der seitens der Sozialämter angeboten wird, beinhaltet Unterstützung für folgende Personengruppen: Individuen oder Familien ohne Einkommen, Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen, die nicht in der Lage sind, für sich selber zu sorgen, Waisen, Drogen- oder Alkoholabhängige, Verurteilte, die sich im Gefängnis aufhalten, minderjährige Eltern, Familien mit drei oder mehr Kindern. Zusätzlich gibt es spezielle Unterstützung um Familiengewalt vorzubeugen. Sozialhilfe ist in Serbien kostenfrei. Das Sozialsystem ist für jeden serbischen Staatsbürger zugänglich (IOM Country Fact Sheet 2018).

Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld in Höhe von umgerechnet ca. 25 Euro ausbezahlt (AA 3.11.2019).

Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung ist außerhalb der größeren Städte nicht überall gewährleistet (EDA 24.9.2019).

Eine medizinische Versorgung nach deutschem Standard ist in Serbien nicht landesweit gewährleistet. Auch Krankenhäuser verfügen nicht immer über eine adäquate Ausstattung und sind mitunter nicht in der Lage, Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern angemessen medizinisch zu versorgen. Die hygienischen Rahmenbedingungen sind oft unzureichend. Vorwiegend in Belgrad existieren - oft private - Kliniken und Arztpraxen mit Ausstattungen, die europäischen Standards entsprechen (AA 23.9.2019b).

Das Gesundheits- und Krankenversicherungssystem ist in zwei Gruppen aufgeteilt: Öffentlich (kostenlos) und privat. Behandlungen und Medikamente sind gänzlich kostenlos für alle Bürger, die im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert sind. Für folgende Bürger sind Kosten und Leistungen von der Krankenversicherung abgedeckt: Neugeborene und Kinder bis zu sechs Jahren, einschließlich präventive und regelmäßige Check-Ups, Impfungen und spezielle Gesundheitspflege, Schulkinder und junge Erwachsene bis zu 19 Jahren wie Kinder bis sechs; Frauen: volle medizinische Leistungen abgedeckt; Erwachsene: volle medizinische Leistungen abgedeckt. Einfache medizinische Einrichtungen können in ganz Serbien in fast jedem Ort gefunden werden. Die größten Krankenhäuser in Serbien befinden sich in Novi Sad, Belgrad, Kragujevac und Nis. Um kostenlos behandelt zu werden, muss der Patient im Besitz einer staatlichen Krankenversicherung sein. Alle Medikamente sind erhältlich und die meisten Arzneimittel haben ähnliche Preise wie in anderen europäischen Ländern. Abhängig von der Art der Krankenversicherung sowie der Anspruchsberechtigung, kann die Behandlung entweder kostenlos oder nur teilweise gedeckt sein. Der öffentliche Krankenversicherungsfond wird durch Pflichtbeiträge aller erwerbstätigen Bürger oder Arbeitgeber im privaten Sektor finanziert. Arbeitslose Bürger besitzen eine Krankenversicherung auf Kosten des Staates. Sollte einer der Familienmitglieder eine Krankenversicherung besitzen, sind Familienmitglieder unter 26 Jahren automatisch versichert. Rückkehrer müssen ein Anmeldeformular ausfüllen und gültige Ausweisdokumente (serbische Ausweisdokumente, Geburtsurkunde und serbische Staatsbürgerschaft) beim öffentlichen Krankenversicherungsfond einreichen um im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert werden zu können (IOM 1.4.2019).

Überlebensnotwendige Operationen sind in der Regel durchführbar, auch können z.B. in Belgrad Bypassoperationen vorgenommen werden. Einsatz, Kontrolle und Wartung von Herzschrittmachern ist in Belgrad grundsätzlich möglich (nicht jedes Modell). Herz- und sonstige Organtransplantationen (mit Ausnahme der relativ häufigen Nierentransplantationen) werden gelegentlich durchgeführt, sind aber noch keine Routineoperationen. Im Juli 2018 wurde in Serbien ein Transplantationsgesetz und ein Gesetz über eine Organspenderdatenbank, welche jedoch bis heute nicht funktionsfähig ist, verabschiedet. Mehr als 1.000 Patienten warten auf eine Organtransplantation, während die Zahl der potentiellen Spender sehr gering ist (AA 3.11.2019).

Behandelbar sind in Serbien (keine abschließende Aufzählung): Diabetes mellitus (die Versorgung mit allen Arten von gängigen Insulinpräparaten ist regelmäßig und sicher), orthopädische Erkrankungen (auch kranken-gymnastische u.ä. Therapien), psychische Erkrankungen, u.a. Depressionen, Traumata, Schizophrenie, posttraumatische Belastungsstörungen (medikamentöse und psychologische Behandlung), Atemwegserkrankungen (u.a. Asthma bronchiale), Hepatitis B und C (abhängig von der Verfügbarkeit antiviraler Medikamente, die teilweise selbst gekauft werden müssen), Epilepsie, ein Großteil der Krebsformen, Nachsorge für Herzoperationen, Krebsoperationen, orthopädische Operationen etc. Dialyse wird bei Verfügbarkeit eines Platzes durchgeführt. Es gibt auch in Belgrad und Novi Sad private Zentren zur Dialyse. Diese beiden Kliniken haben Verträge mit der staatlichen Krankenversicherung abgeschlossen, wonach sie auch bei Bedarf auf Kosten der staatlichen Krankenversicherung Dialysen durchführen können (AA 3.11.2019).

Psychische Krankheiten werden in Serbien vorwiegend medikamentös behandelt. Es besteht jedoch (wenn auch in begrenztem Umfang) auch die Möglichkeit anderer Therapieformen, so gibt es z. B. für die Teilnahme an Gruppenpsychotherapie Wartelisten. Neben dem Therapiezentrum in der Wojwodina existieren mittlerweile weitere Therapiezentren in Vranje, Leskovac und Bujanovac (Südserbien). Es gibt Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten. Schulen für Schüler mit Gehör- und Sprachschädigung sind in Serbien vorhanden. Die Grundversorgung mit häufig verwendeten, zunehmend auch mit selteneren Medikamenten, ist gewährleistet. Spezielle (insbesondere ausländische, in Einzelfällen auch in Serbien hergestellte) Präparate sind jedoch in staatlichen Apotheken nicht immer verfügbar, können aber innerhalb weniger Tage auch aus dem Ausland bestellt werden, wenn sie für Serbien zugelassen sind. Für den Patienten fällt bei Vorlage eines vom Allgemeinarzt ausgestellten Rezeptes lediglich eine Beteiligungsgebühr von 50,- RSD an (ca. 0,50 Euro) (AA 3.11.2019).

COVID-19 Pandemie

Negative Journalistenberichte über unzureichende Gesundheitssicherheitsmaßnahmen für das eingesetzte medizinische Personal als auch die Sicherheitskräfte wurden von der Regierung umgehend zurückgewiesen. Es gab anfängliche logistische Probleme im ganzen Land die entsprechende Schutzausrüstung bereitzustellen. Zugleich hat Serbien enorme Anstrengungen mithilfe der EU, Chinas und Russlands unternommen, im medizinischen Bereich nachzurüsten, so beim Ankauf zahlreicher Beatmungsgeräte. Eine flächendeckende Versorgung mit der notwendigen medizinischen Ausrüstung scheint nach zwei Monaten COVID-19 Bekämpfung landesweit gegeben zu sein. Serbien hatte den ersten festgestellten COVID-19 Fall am 6.3.2020 im Land bestätigt und nachfolgend eine täglich ansteigende Fallzahl. Gesundheitspolitisch darf der Ausnahmezustand, welcher über 53 Tage (15.3. bis 7.5.2020) Gültigkeit hatte, als erfolgreich bezeichnet werden. Mit Stand 9.5.2020 hatte Serbien 10.032 Erkrankungsfälle und damit verbunden 213 Todesfälle (VB 11.5.2020).

Das Gesundheitsministerium der Republik Serbien hat eine Homepage bezüglich des möglichen Auftretens des Coronavirus (COVID-19) mit Informationen und Verhaltensregeln auf Englisch online gestellt, welche laufend aktualisiert wird (BMEIA 12.5.2020).

Auf dem Portal www.covid19.rs werden täglich Informationen zur Ausbreitung des Coronavirus aktualisiert und Empfehlungen zum Umgang mit der Situation sowie eine Hotline-Nummer sind dort veröffentlicht. Lockerungen seit 6.5.2020:

?        Alle Exportverbote, die während der Covid-19 Krise eingeführt wurden, sind wieder aufgehoben

?        Keine Ausgangssperren

?        Kein Einsatz von Militär für zivile Zwecke

?        Öffentliche Verkehrsmittel werden wieder den Betrieb aufnehmen

?        Handschuhe- und Schutzmaskenpflicht in öffentl. Verkehrsmitteln sowie Gaststätten

?        Kindergärten öffnen wieder, aber Schulen bleiben geschlossen (Unterricht online)

?        Kinos und Theater bleiben geschlossen

?        Abstandspflicht von 2 Metern und weiterhin Social Distancing

?        Größere Zusammentreffen (Feiern) erst ab 15. Juni erlaubt, derzeit sind Versammlungen im Innen- sowie Außenbereich bis 50 Personen unter Befolgung der Schutz- und Desinfektionsmaßnahmen zugelassen (WKO 8.5.2020).

Die Vorschriften im Zusammenhang mit dem neuen Coronavirus (COVID-19) ändern sich laufend (EDA 3.6.2020).

Die Modernisierung der Labore in Serbien wird von der EU mit 7,5 Millionen Euro unterstützt. Die EU hat insgesamt 38 Millionen Euro Soforthilfe an die sechs Nicht-EU-Staaten auf dem Balkan - etwa für Beatmungsgeräte - zur Verfügung gestellt. Das weitaus meiste Geld davon (nämlich 15 Millionen) bekam Serbien, um die fünf Flugtransporte mit den Hilfsgütern zu bezahlen. In Serbien wurden bisher etwa 26.000 Personen getestet, davon waren über 4.800 positiv, das sind etwa 5,4 %. Problematisch ist zurzeit vor allem, dass das Virus sich auch in zwölf Heimen verbreitet hat - darunter zwei Heime für Behinderte. Der serbische Präsident selbst hatte angegeben, dass Serbien von China einige Beatmungsgeräte geschenkt bekommen habe und einige von China eingekauft habe (DS 16.4.2020).

Rückkehr

Seit dem 22. Mai 2020 ist eine Ein- und Durchreise nach und durch Serbien wieder ohne jede Einschränkung möglich. Reisende erhalten an der Grenze ein zweisprachiges Informationsblatt über die zu beachtenden Maßnahmen (AA 3.6.2020).

Keine Einreisebeschränkungen mehr seit 22. Mai 2020 (IOM AVRR 26.5.2020).

(Für nähere Informationen zum Ausnahmez

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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