Entscheidungsdatum
29.07.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W159 2233574-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. von Serbien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.06.2020, Zl. XXXX , nach einer mündlichen Verhandlung am 29.06.2021, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und XXXX wird gemäß §§ 54, 55 und 58 Abs. 2 AsylG eine ‚Aufenthaltsberechtigung plus' für ein Jahr erteilt.
III. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchteile III. und IV. stattgegeben und diese ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Das Amt der Wiener Landesregierung, MA 35, Einwanderung und Staatsbürgerschaft, hat den Antrag des Beschwerdeführers vom 04.04.2019 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Daueraufenthalt – EU“ nach dem Bundesgesetz über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich mit Bescheid vom 13.08.2019 abgewiesen. Begründend wurde angegeben, dass der Beschwerdeführer keine behördliche Meldung vom 21.10.2014 bis 03.05.2017 und vom 03.05.2017 bis 26.03.2019 im Bundesgebiet habe. Es sei auch ersichtlich, dass eine Versicherungslücke vom 31.01.2015 bis 04.02.2019 vorhanden sei. Der Beschwerdeführer sei nicht in der Lage gewesen, Nachweise zu erbringen, die den Lebensmittelpunkt in Österreich nachweisen würden. Es sei daher davon auszugehen, dass er sich in den letzten Jahren nicht in Österreich aufgehalten habe und lediglich zu Besuchszwecken im Bundesgebiet anwesend gewesen sei. Gemäß § 20 Abs 4 NAG obliege der Nachweis über den Aufenthalt dem Fremden, da der Beschwerdeführer diesen nicht erbringen habe können, gelte sein unbefristetes Aufenthaltsrecht als erloschen.
Mit Schreiben vom 27.03.2020 teilte das Amt der Wiener Landesregierung mit, dass der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt-EU“ erstinstanzlich abgewiesen worden sei. Das Verwaltungsgericht Wien habe mit dem Erkenntnis vom 09.01.2020 die Beschwerde abgewiesen und den angefochtenen Bescheid bestätigt. Die Entscheidung sei in Rechtskraft erwachsen.
Mit Schreiben vom 13.05.2020 verständigte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom Ergebnis der Beweisaufnahme.
Das Bundesasylamt erteilte mit Bescheid vom 23.062020, Zl.: XXXX , keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem § 57 AsylG (Spruchpunkt I.) Im Spruchpunkt II. wurde gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm §9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen. Im Spruchpunkt III. wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei. Im Spruchpunkt IV. wurde gem. § 55 Abs. 1-3 eine freiwillige Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt
Beweiswürdigend wurde angeführt, dass der Beschwerdeführer serbischer Staatsangehöriger mit feststehender Identität sei. Er sei am XXXX geboren worden und im arbeitsfähigen Alter. Er sei gesund sowie der serbischen Sprache mächtig. Er sei nicht im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels für das österreichische Bundesgebiet. Laut seinen Angaben würde er sich seit 26.03.2019 erneut im österreichischen Bundesgebiet befinden. Er habe am 04.04.2019 bei der MA 35 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Daueraufenthalt-EU“ gestellt. Dieser Antrag sei mit Bescheid negativ entschieden worden und durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichts mit 09.01.2020 in Rechtskraft erwachsen. Die MA 35 habe auch festgestellt, dass das unbefristete Aufenthaltsrecht erloschen sei.
In der rechtlichen Beurteilung führte die Behörde zu Spruchpunkt I. aus, dass die Voraussetzungen für den Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG nicht vorliegen würden. Zu Spruchpunkt II. wurde angegeben, dass gegen einen Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten würde, gem § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Diese Entscheidung würde nicht in das Privat- oder Familienleben (Art. 8 Abs. 2 EMRK) des Beschwerdeführers eingreifen. Im Spruchpunkt III. wurde festgehalten, dass mit einer Rückkehrentscheidung festzustellen sei, dass die Abschiebung in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig sei. Im Spruchpunkt IV. wurde mit der Rückkehrentscheidung eine freiwillige Frist für die Ausreise festgelegt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwälte XXXX fristgerecht Beschwerde. Es wurde angegeben, dass sich die Behörde auf die Annahme stützen würde, dass das unbefristete Aufenthaltsrechts des Beschwerdeführers erloschen sei und er sich daher unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten würde. Aufgrund der Stempel im Reisepass sei ersichtlich, dass ein Erlöschen des unbefristeten Aufenthaltstitels gem. § 20 Abs 4 NAG nicht vorliege. Die rechtskräftige Entscheidung des VwG Wiens sei jedoch bindend. Der Beschwerdeführer würde sich seit 20 Jahren ununterbrochen in Österreich aufhalten. Er würde seine Mutter in Serbien immer wieder kurzfristig besuchen. Es sei eine Abwägung des privaten mit den öffentlichen Interessen vorzunehmen, wobei auf den nunmehr zwanzigjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich Bedacht zu nehmen sei. Hierbei wurde auf die Judikatur des VwGH vom 16.10.2012, 2012/18/0062 verwiesen. Es wurde auch erwähnt, dass der Beschwerdeführer bei seiner Familie in Wien, teilweise unangemeldet, aufhältig gewesen sei. Dies könne von seiner Gattin und seinem Sohn bestätigt werden.
Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 29.06.2021 an, an welcher der Beschwerdeführer in Begleitung seines Rechtsvertreters, XXXX sowie fünf Zeugen teilnahm. Ein Vertreter der belangten Behörde war nicht erschienen. Der Beschwerdeführer gab an, er spreche schon gut Deutsch und werde nur im Bedarfsfall auf den Dolmetscher zurückgreifen.
Der Beschwerdeführer brachte ein Dienstzeugnis der Fa. XXXX vom 29.06.2021 sowie eine Art Dienstausweis der XXXX , die im Auftrag der XXXX fährt, sowie Kopien des Reisepasses mit Ein- und Ausreisestempel in Vorlage.
Befragt gab er an, er halte seine Beschwerde und sein bisheriges Vorbringen aufrecht. Er brachte keine Ergänzungen oder Korrekturen vor. Der Beschwerdeführer legte seinen serbischen Reisepass, gültig bis 27.01.2030 vor und gab an serbischer Staatsangehöriger und in XXXX in Serbien geboren worden zu sein. Er habe im Laufe seines Lebens bis 2001 in Serbien und danach immer in Österreich gelebt. Er habe den Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt EU“ besessen. Seit 2002 lebe er in Österreich mit seiner Frau. Diese sei damals schon in Österreich ansässig gewesen.
Er habe in Serbien keine Probleme mit staatlichen Behördenorganen oder Privatpersonen gehabt. Auf die Frage des Richters, ob er einer Minderheit angehöre, antwortete der Beschwerdeführer nein, er gehöre der serbischen Volksgruppe an und sei orthodoxen Glaubens.
Der Beschwerdeführer gab an, er habe in Serbien 4 Jahre die Volksschule, 4 Jahre die Mittelschule besucht und vier Jahre lang Automechaniker gelernt und auch abgeschlossen. Er hätte sich mit einer weiteren Ausbildung für Spezialmaschinen spezialisieren wollen, habe diese aber abgebrochen. Er habe sich seinen Lebensunterhalt größtenteils als LKW-Fahrer verdient. In Österreich habe er etwa zwei Jahre als Eisenbieger gearbeitet. Jetzt würde er fixe Touren für die XXXX fahren und Containertransporte (WAP) machen.
Auf die Frage des Richters, wann er das letzte Mal in Serbien gewesen sei, erzählte er, er sei dieses Jahr im Mai für ca. 5 Tage in Serbien gewesen. Seine Mutter würde noch in Serbien leben und fahre er sie ein bis zweimal im Jahr besuchen. Sein Vater sei 2015 verstorben und da er keine Geschwister habe, hab er das Haus geerbt, in welchem seine Mutter noch wohnen würde.
Befragt gab der Beschwerdeführer an, er sei seit 2001 verheiratet. Er habe seine Frau in Serbien kennengelernt. Seine Frau habe schon damals in Österreich gelebt. Sie sei auf Urlaub in Serbien gewesen. Sie hätten in Österreich geheiratet. Seine Frau sei österreichische Staatsbürgerin. Er würde nach wie vor mit ihr zusammenleben. Seine Frau und er hätten einen gemeinsamen Sohn namens XXXX , welcher am XXXX geboren wurde. Sein Sohn würde noch bei ihnen wohnen und von den Eltern bei Bedarf unterstützt werden. Sein Sohn habe eine Handverletzung vom Boxen und absolviere zurzeit eine Lehre als Tischler.
Der Beschwerdeführer gab an, er selbst würde ungefähr 2.000 € netto verdienen und legte hierzu seine Lohn- und Gehaltsabrechnung von März bis Mai 2021 vor.
Er selbst sei kein Mitglied bei irgendwelchen Vereinen oder Institutionen. Er habe österreichische Freunde, nicht viele, bei der XXXX Arbeitskollegen. Er würde auch kein Sprachdiplom besitzen. Wenn er nach Serbien zurückkehren müsste, wäre dies eine persönliche Katastrophe, denn er würde seit über 20 Jahren in Österreich leben. Er wolle weiter hier in Österreich bleiben und als LKW-Fahrer arbeiten.
Befragt, erklärte der Beschwerdeführer dem Richter, es sei richtig, dass er von seinem früheren Arbeitgeber als Geschäftsführer eingetragen worden sei, er sei wegen Betrug angeklagt und in einem Prozess freigesprochen worden.
Der Beschwerdeführer gab an, er habe die ganze Zeit im XXXX , gewohnt.
Befragung der Zeugin (Z1) XXXX (Ehefrau)
Auf die Frage des Richters, wann und wie Sie ihren Mann kennengelernt habe, antwortete sie sie sei in Serbien auf Urlaub gewesen. Sie hätten im XXXX , Wien 2001 geheiratet. Sie würde schon seit mehr als 30 Jahre in Österreich leben und habe die Staatsbürgerschaft bekommen, da sie mit einem Österreicher verheiratet gewesen sei.
Sie würde nach wie vor mit ihrem Mann, dem Beschwerdeführer zusammenleben. Sie habe immer mit ihrem Mann zusammengelebt. Ihr Mann sei immer in Österreich gewesen, er würde nur gelegentlich seine Mutter in Serbien besuchen fahren.
Auf die Frage, wieviel Kinder sie hätte, antwortete sie, sie habe einen Sohn mit dem Beschwerdeführer. Er sei 2002 geboren worden. Sie habe auch eine Tochter aus der ersten Ehe. Ihr Sohn würde nach wie vor im gemeinsamen Haushalt leben. Der Beschwerdeführer würde den Sohn nach wie vor unterstützen, er sei ein sehr guter, braver Vater. Sie persönlich sei beim AMS gemeldet, sie habe für verschiedene Firmen, XXXX gearbeitet. Sie und ihr Mann würden in guten und schlechten Zeiten zusammenhalten. Sie würden auch den Haushalt gemeinsam führen und gemeinsam die Freizeit verbringen. Sie seien auch auf Urlaub, etwa in Ägypten gewesen.
Der Richter erkundigte sich, ob die Z1 noch Familienangehörige in Serbien habe. Sie erzählte, ihre sehr kranke Mutter, ein Bruder, ein Neffe und weitere Verwandte würden noch in Serbien leben. Wenn ihr Mann nach Serbien zurückkehren müssten, wären sie „erledigt“, sie könne es sich nicht vorstellen mit ihrem Mann nach Serbien zurückzukehren.
Befragung des Zeugen (Z2), XXXX (Sohn des Beschwerdeführers)
Befragt gab der Z2 an, sein Vater habe immer bei der Familie gelebt. Er sei, obwohl er nicht an der Adresse gemeldet gewesen sei immer mit der Z1 und dem Z2 an der Heimatadresse aufhältig gewesen. Er persönlich würde nach wie vor mit seinen Eltern in einem Haushalt leben.
Beruflich habe er seine Lehre als Tischler abgebrochen. Er würde Sport betreiben. Er woll Profiboxer, 75 kg, Mittelgewicht, werden. Beide, der Vater und die Mutter würden ihn unterstützen. Sein Vater würde arbeiten, seine Mutter sei derzeit leider arbeitslos.
Er würde sich meistens mit seinen Freunden treffen oder trainieren. Er fände es nicht schön, wenn sein Vater nach Serbien zurückkehren müsste und würde es bevorzugen, dass sein Vater bei der Familie bleibe. Er persönlich spreche Deutsch wesentlich besser als Serbisch.
Befragung der Zeugin (Z3) XXXX
Befragt gab die Z3 an, sie würde den Beschwerdeführer über ihren Freund, XXXX (Z4), seit etwa sieben Jahren kennen.
Der Beschwerdeführer sei in dieser Zeit immer in Österreich aufhältig gewesen. Sie sei an einem guten freundschaftlichen Kontakt interessiert.
Befragung des Zeugen (Z4), XXXX
Der Z4 gab an, er habe den Beschwerdeführer durch den Zeugen, XXXX kennengelernt. Er selbst könne bestätigen, dass der Beschwerdeführer immer in Österreich gewesen sei. Sie hätten fast täglich telefoniert und seien gute Freunde. Seiner Meinung nach solle der Beschwerdeführer in Wien bleiben, er sei sein Freund.
Befragung des Zeugen (Z6), XXXX
Dieser gab an, er kenne den Beschwerdeführer seit ungefähr 2005, er sei ein guter Freund des Exchefs des Beschwerdeführers. Ihre Söhne seien 2002 geboren worden und wegen der Kinder sei die Freundschaft entstanden, die bis zum heutigen Tag andauern würde.
Der Beschwerdeführer sei immer in Österreich gewesen und sie hätten privaten Kontakt gehabt, seine Zeit sei allerdings berufsbedingt beschränkt. Sie würden sich jedoch hin und wieder mit den Frauen treffen.
Der Z6 bestätigte, dass der Beschwerdeführer immer in Österreich und nicht in Serbien gewesen sei.
Der aktuelle Strafregisterauszug des Beschwerdeführers weist keine Verurteilung auf.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:
1. Feststellungen:
Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist serbischer Staatsangehöriger, der serbischen Volksgruppe zugehörig und christlich orthodoxen Glaubens. Der Beschwerdeführer hat seinen serbischen Reisepass vorgelegt. Seine Mutter lebt nach wie vor in Serbien und der Beschwerdeführer fährt sie regelmäßig besuchen.
Der Beschwerdeführer reiste legal in das österreichische Bundesgebiet ein und heiratete 2001 eine österreichische Staatsbürgerin. Ihr gemeinsamer Sohn XXXX wurde XXXX geboren, wohnt bei seinen Eltern und wird von ihnen finanziell unterstützt.
Die Ehefrau des Beschwerdeführers ist zurzeit arbeitslos. Sie halten in guten und schlechten Zeiten zusammen. Der Beschwerdeführer lebt seit 20 Jahren ununterbrochen in Wien mit seiner Familie in einer Wohnung. Er und seine Ehefrau führen nach wie vor eine aufrechte Ehe und haben sich einen Freundeskreis aufgebaut. Der Beschwerdeführer besucht nur ein- bis zweimal pro Jahr für wenige Tage seine Mutter in Serbien.
Der Beschwerdeführer wurde in einem Betrugsverfahren gerichtlich freigesprochen.
Der Beschwerdeführer ist berufstätig und verdient etwa 2.000 € monatlich.
In Anbetracht des Umstandes, dass keinerlei Verfolgung oder Bedrohung im Herkunftsstaat vorgebracht wurde, war es auch nicht erforderlich, eigene Länderfeststellungen zu treffen.
Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
- Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden unstrittigen Verwaltungsakt des Bundesasylamtes IFA-Zahl/Verfahrenszahl: XXXX
- die öffentliche mündliche Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht am 29.06.2021 und die in Vorlage gebrachten Schriftstücke und Dokumente;
- Einsicht in das Strafregister.
2. Beweiswürdigung:
Aufgrund des vorgelegten Reisepasses, konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer serbischer Staatsangehöriger ist. Die Angaben, dass er der serbischen Volksgruppe zugehörig und christlich orthodoxen Glaubens ist, hat das Bundesverwaltungsgericht geglaubt, ebenso, dass seine Mutter seine einzig lebende Verwandte in Serbien ist.
Der Beschwerdeführer reiste legal in das österreichische Bundesgebiet ein und heiratete 2001 eine österreichische Staatsbürgerin, die er während des Urlaubs in Serbien kennengelernt hat. Ihr gemeinsamer Sohn XXXX wurde XXXX geboren. Diese Angaben ergaben sich aus den übereinstimmenden Zeugenaussagen und den Angaben aus dem Verwaltungsakt.
Der Beschwerdeführer lebt seit 20 Jahren in Wien mit seiner Familie in einer Wohnung. Er und seine Ehefrau führen nach wie vor eine aufrechte Ehe. Sie halten in guten und schlechten Zeiten zusammen. Sie verbringen ihre Freizeit miteinander. Sie haben sich einen Freundeskreis aufgebaut. Der Vater unterstützt seinen Sohn, der nach wie vor im gemeinsamen Haushalt wohnt. Auch diese Angaben ergaben sich aus den übereinstimmenden Zeugenaussagen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer aus Furcht vor einem Strafverfahren, er einige Zeit nicht an der Heimatadresse gemeldet war.
Der Beschwerdeführer ist berufstätig und verdient etwa 2.000 € monatlich. Diese Angaben ergeben sich aus den vorgelegten Lohnzettel und dem sogenannten vorgelegten „Dienstausweis“.
Die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus der eingeholten Strafregisterauskunft.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu I.
Zur Abweisung der Beschwerde
Soweit sich die Beschwerde gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 richtet, ist sie ebenfalls nicht begründet:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.
§ 57 AsylG 2005 lautet:
„§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.“
§ 58 AsylG 2005 lautet:
„§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,
4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder
5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
[…].“
Der Beschwerdeführer befindet sich seit 2001 im österreichischen Bundesgebiet. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist weder zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen ist notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt geworden. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen somit nicht vor, zumal dies weder im Verfahren noch in den Beschwerden behauptet wurde.
Die Beschwerde gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 waren daher als unbegründet abzuweisen.
Zu II.
Zur Stattgabe der Beschwerde
§ 55 AsylG 2005 lautet:
"§ 55 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung plus' zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen."
§ 58 AsylG 2005 lautet:
"§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,
4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder
5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
[…]."
Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:
"§ 46 (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn
1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,
2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,
3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder
4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.
§ 50 (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
§ 52 (1) [...]
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
[...]
(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
[…].
§ 55 (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.
(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.
(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt."
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."
Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG im Sinne des Artikel 8 EMRK geboten ist.
Gemäß Artikel 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Artikel 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.
Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Artikels 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben, das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt.
Bei der Beurteilung der Rechtskonformität von behördlichen Eingriffen ist nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und Verfassungsgerichtshofs auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme ist (nur) dann gegeben, wenn ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Inland einerseits und dem staatlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden wird. Der Ermessensspielraum der zuständigen Behörde und die damit verbundene Verpflichtung, allenfalls von einer Aufenthaltsbeendigung Abstand zu nehmen, variiert nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei sind Beginn, Dauer und Rechtsmäßigkeit des Aufenthalts, wobei bezüglich der Dauer vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte keine fixen zeitlichen Vorgaben gemacht werden, zu berücksichtigen. Bei der Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der tatsächlichen beruflichen Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit bzw. bei strafrechtlichen Verurteilungen auch die Schwere der Delikte und die Perspektive einer Besserung/Resozialisierung des Betroffenen bzw. die durch die Aufenthaltsbeendigung erzielbare Abwehr neuerlicher Tatbegehungen, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfGH 29.09.2007, B 1150/07; 12.06.2007, B 2126/06; VwGH 26.06.2007, 2007/01/479; 26.01.2006, 2002/20/0423; 17.12.2007, 2006/01/0216; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2, 194; Frank/Anerinhof/Filzwieser, Asylgesetz 2005, S. 282ff).
Der Beschwerdeführer hält sich seit 2001 im Bundesgebiet ununterbrochen auf, ist somit nunmehr seit über zwanzig Jahren in Österreich. Er hat eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet, eine Familie gegründet, sie haben einen gemeinsamen Sohn XXXX , der XXXX geboren wurde.
Das Ehepaar führt - wie aus den Zeugenaussagen zu entnehmen - ist eine aufrechte Ehe und ein aktives Familienleben. Es besteht ein enger Familienzusammenhalt. Seine Ehefrau hat glaubhaft angegeben, dass sie in guten und schlechten Zeiten zusammenhalten. Der Sohn der Familie wird von seinem Vater finanziell unterstützt, er lebt nach wie vor im Familienverband, in der gemeinsamen Wohnung.
Aufgrund der dargelegten Angaben des Beschwerdeführers und der Zeugen ist davon auszugehen, dass ein schützenswertes Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich vorliegt.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich auch überzeugen, dass der Beschwerdeführer sich in Österreich integriert hat und auch, aufgrund seines langen Aufenthalts in Österreich, sehr gut Deutsch spricht. Der Beschwerdeführer ist bemüht die österreichischen Gesetze zu befolgen. Er wurde von einem früheren Chef als Geschäftsführer angegeben und wurde des Betrugs angeklagt, jedoch freigesprochen. Aufgrund des Strafregisterauszugs ist aktuell von Unbescholtenheit auszugehen (VwGH 24.7.2002, 2002/18/0112).
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (jüngst VwGH vom 30.04.2020 Ra 2019/21/0134) ist nämlich bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden Aufenthaltsbedingungen ausnahmsweise auch nach so langen Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (vgl. aus jüngerer Zeit etwa VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0282, Rn 12, mwN). Bei einem Aufenthalt von (annähernd) 10 Jahren oder mehr kommt den Umständen, dass ein teilweiser illegaler Aufenthalt oder eine Verletzung der Meldepflicht vorliegt, kein entscheidungswesentliches Gewicht (mehr) zu (jüngst VwGH vom 30.04.2021, Ra 2020/21/0357). Der Beschwerdeführer ist noch weit länger in Österreich aufhältig, er spricht Deutsch und ist in Österreich erwerbstätig. Er verdient etwa 2.000 € netto monatlich und ist der „Ernährer“ seiner Familie. Von einer „Nicht-Integration“ kann keine Rede sein.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass beim Beschwerdeführer somit ein Familienleben mit in Österreich aufenthaltsberechtigten Personen, ein Aufenthalt von mehr 20 Jahren, integrative Momente, insbesondere Deutschkenntnisse vorliegen und er als unbescholten anzusehen ist.
Die geltend gemachten Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet reichen aus, dass unter dem Gesichtspunkt des Artikels 8 EMRK von einer Ausweisung hätte Abstand genommen werden müssen. Aufgrund der genannten Umstände überwiegen in einer Gesamtabwägung die privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet über die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers. Insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne eines geordneten Fremdenwesens wiegt in diesem Fall nicht schwerer als die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet.
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG in Verbindung mit Artikel 8 EMRK dar. Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien ist daher nicht zulässig.
Da die dargelegten, maßgeblichen Umstände in ihrem Wesen nicht bloß vorübergehend sind, war die Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien auf Dauer für unzulässig zu erklären.
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß Abs. 2 leg. cit. eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.
Nach den vorgelegten Bestätigungen ist dem Beschwerdeführer wegen mehr als ausreichendem Einkommen somit gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat den Beschwerdeführern die Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ auszufolgen (§ 58 Abs. 7 AsylG 2005).
Zu III.
Ersatzlose Behebung der Spruchpunkte III. und IV.
In den gegenständlichen Fällen ist die Rückkehrentscheidung betreffend den Beschwerdeführer auf Dauer unzulässig. Da die gesetzlichen Voraussetzungen für die Abschiebung und die Festsetzung der Frist für die freiwillige Ausreise somit nicht mehr vorliegen, waren die Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben (vgl. dazu auch VfGH vom 13.09.2013, U 370/2012; VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0162).
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen, vielmehr wurde die Entscheidung mit der aktuellen Judikatur des VwGH begründet. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aufenthaltsberechtigung plus Deutschkenntnisse individuelle Verhältnisse Integration non refoulement Pandemie Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässigEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W159.2233574.1.00Im RIS seit
15.11.2021Zuletzt aktualisiert am
15.11.2021