Entscheidungsdatum
13.08.2021Norm
AsylG 2005 §55Spruch
W195 1318829-5/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.05.2021, XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. vorhergehender Verfahrensgang:
I.1.1 Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 02.06.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen einer am 03.06.2017 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung gab der BF an, seine früheren Asylanträge seien abgelehnt worden und er wäre am 07.12.2016 auf dem Luftweg von Österreich nach Bangladesch gelangt.
Am 02.06.2017 sei er neuerlich nach Österreich eingereist.
Zu seinen Fluchtgründen gab er an, er sei Mitglied der BNP und ein Mann namens XXXX habe ihn wegen Erpressung angezeigt. Dieser Mann gehöre der jetzigen Regierungspartei an. Der BF gehöre nicht zu dieser Partei und sei deswegen beschuldigt worden. Der BF habe Angst, von der Polizei verhaftet zu werden und zu verschwinden. Er fürchte um sein Leben.
I.1.2. Am 16.10.2018 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.
Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte der BF aus, er habe das Land wegen der mangelnden Sicherheit verlassen und um sein Leben zur retten. Hätte ihn die Polizei erwischt, wäre er im Kreuzfeuer erschossen oder verschleppt worden oder seine Leiche würde nicht gefunden werden. Das stehe eh überall in den Zeitungen, es wisse jeder, dass das so sei. Am 01.05.2017 habe man gegen den BF ein Verfahren gemacht, er habe angeblich XXXX mit der Pistole geschlagen und mit dem Umbringen bedroht, es sei aber eine falsche Anzeige gegen den BF. Er hätte angeblich Sachen im Wert von 50.000,– Taka von seinem Geschäft geplündert. Darüber wisse der BF eigentlich nichts. Gegen ihn gebe es einen Festnahmeauftrag und einen Haftbefehl.
Den BF habe XXXX ein Angehöriger der AWAMI-League, beschuldigt. Dies deshalb, weil der BF in der Politik und bei der BNP sei. Man wolle ihn verfolgen und die BNP gänzlich aus der Welt schaffen.
Der BF wisse nicht, wo er hingehen solle. Egal, wohin er gehe, die Polizei würde ihn verhaften. Ohne Strafregisterauszug bekomme man keine Unterkunft. Der BF sorge sich um seine Frau und sein Kind.
Wenn der BF jetzt zurückgehe bedeute das den Tod. Gegen ihn gebe es ein Strafverfahren und einen Haftbefehl. Die Polizei würde ihn verhaften, er würde kein faires Verfahren bekommen. Selbst die Premierministerin sei im Gefängnis. Er wolle nur hier Sicherheit bekommen. Wenn ihm geholfen werden könne, dass seine Ehefrau und sein Kind hierherkommen könnten, dann bräuchte der BF Bangladesch überhaupt nicht mehr.
Der BF legte ein Konvolut an Unterlagen vor.
I.1.3. Mit Bescheid vom 22.10.2018, XXXX wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status eines Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, der BF habe eine Verfolgung in Bangladesch nicht glaubhaft machen können, weswegen dem BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt zu werden, drohe. Unter Berücksichtigung der individuellen (persönlichen) Umstände des BF sei nicht davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland in eine ausweglose Situation gerate, weswegen auch keine Anhaltspunkte für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen würden. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ vor und zudem würden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten.
I.1.4. Gegen diese Entscheidung erhob der rechtsanwaltlich vertretene BF Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
I.1.5. Das Bundesverwaltungsgericht führte eine mündliche Verhandlung am 25.11.2019 durch.
I.1.6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.11.2019, XXXX wurde die Beschwerde abgewiesen und der Bescheid des BFA bestätigt.
In dieser Entscheidung wurde u.a. festgestellt:
„Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der Volksgruppe der Bengalen sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali.
Der BF ist im Ort Dorf Shonapur geboren und hat dort längere Zeit gelebt. Er hat in seinem Heimatland für bis zur achten Klasse die Schule besucht. In Bangladesch hat er von seinen in Österreich erworbenen Ersparnissen gelebt.
Der BF ist seit 2016 verheiratet und hat einen Sohn. Seine Frau und sein im Kleinkindesalter befindlicher Sohn halten sich in Bangladesch auf. Weiters halten sich drei Brüder des BF in Bangladesch auf. Zwischen dem BF und seinen Verwandten besteht aufrechter regelmäßiger Kontakt.
Der BF stellte am 14.02.2007 erstmals einen Asylantrag. Mit Bescheid des Bundesasylamtes (BAA) vom 28.03.2008, XXXX wies dieses den Asylantrag ab (Spruchpunkt I.), erkannte dem BF den Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zu (Spruchpunkt II.) und wies den BF nach Bangladesch aus (Spruchpunkt III.). Dagegen erhob der BF Berufung an den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBAS), welche dieser mit Bescheid vom 16.05.2008, XXXX , abwies. Die Behandlung einer dagegen erhobenen Beschwerde lehnte der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) mit Beschluss vom 17.11.2009 ab.
Der BF kam seiner daraus resultierenden Ausreiseverpflichtung nicht nach, setzte seinen ab diesem Zeitpunkt illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet fort und stellte am 22.03.2010 einen weiteren Asylantrag. Diesen wies das BAA mit Bescheid vom 04.05.2010, XXXX wegen entschiedener Sache zurück und den BF aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Bangladesch aus. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof (AsylGH) mit Erkenntnis vom 26.05.2010, XXXX ab (dieser Absatz ergibt sich insoweit aus dieser Entscheidung). Der BF verblieb zunächst im Bundesgebiet und reiste unterstützt am 07.12.2016 nach Bangladesch aus (IZR-Auszug).
Der BF ist am 02.06.2017 illegal neuerlich in das Bundesgebiet eingereist (AS 31). Er ist in die staatliche Grundversorgung einbezogen. Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und lebt in keiner Lebensgemeinschaft. In seiner Freizeit spricht der BF mit Freunden, geht Fußball spielen oder geht spazieren. In Österreich halten sich keine Verwandten des BF auf.
Der BF ist Mitglied der Bangladesch Österreichischen Gesellschaft und engagierte sich während seines bisherigen Aufenthaltes nicht ehrenamtlich.
Der BF verfügt über geringe Deutschkenntnisse. Er ist strafrechtlich unbescholten.
Der BF ist gesund. Er nimmt keine Medikamente.
All diese Angaben bestätigte der BF in der Verhandlung vor dem BVwG bzw. ergeben sich diese Fakten aus dem unbestritten gebliebenen Verwaltungsakt.
II.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:
Nicht festgestellt werden kann eine konkrete Verfolgung des BF in Bangladesch. Es wird nicht festgestellt, dass der BF – seit seiner Rückkehr nach Bangladesch im Dezember 2016 bis zu seiner „Flucht“ im Mai 2017 - Mitglied der BNP und deren Werbesekretär oder Generalsekretär der BNP ist, insbesondere, weil der BF auch keine Behauptungen dieser Art aufstellte (der BF sprach lediglich von der Teilnahme an Vorträgen und Demonstrationen). Es wird nicht festgestellt, dass dem BF im Falle einer Rückkehr nach Bangladesch eine wie immer geartete Bedrohung durch die Polizei, insbesondere auch nicht aus politischen Gründen, oder von sonst wen droht.
Es wird nicht festgestellt, dass gegen den BF eine ihn verleumdende Anzeige eingebracht wurde. Es wird nicht festgestellt, dass gegen den BF ein Strafverfahren eingeleitet wurde. Es wird nicht festgestellt, dass gegen den BF ein Festnahmeauftrag und ein Haftbefehl bestehen.
Es wird nicht festgestellt, dass der BF im Falle einer Rückkehr Bangladesch Gefahr Läuft, mit Rohingya verwechselt zu werden.
Es wird nicht festgestellt, dass dem BF im Falle einer Rückkehr der Tod drohen würde.
Hingegen wird festgestellt, dass sich der BF im Falle einer Rückkehr nach Bangladesch allfälligen Behelligungen durch ein Ausweichen innerhalb seines Herkunftslandes entziehen könnte.“
I.1.7. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 14.01.2020, XXXX den Antrag auf Verfahrenshilfe abgewiesen, weil kein Anhaltspunkt für die Annahme bestand, dass die außerordentliche Revision von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung sei somit aussichtslos.
I.1.8. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 18.02.2020, XXXX den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen, weil eine Rechtsverfolgung durch Erhebung einer Beschwerde als offenbar aussichtslos erschien.
I.2. zum gegenständlichen Verfahren
I.2.1. Am 16.11.2020 stellte der rechtsanwaltlich vertretene BF einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels iVm Art 8 EMRK gemäß § 55 AslG ein, in eventu Erteilung subsidiären Schutzes und Feststellung, dass eine Rückkehrentscheidung nicht zu treffen wäre.
Neben fünf Empfehlungsschreiben von Personen, denen der BF Zeitungen an einem Kolporteurplatz verkauft, legte der BF eine Vereinsbestätigung eines bengalisch orientierten Vereines vom 07.07.2020 als auch ein Zertifikat des ÖIF vom 31.08.2012 (!) betreffend Deutsch Niveau A2 vor.
I.2.2. Am 01.12.2020 wurde der BF im Zuge eines Verbesserungsauftrages ersucht, weitere Personendokumente binnen einer Frist von drei Wochen zur Verfügung zu stellen.
I.2.3. Am 21.12.2020 beantragte der rechtsanwaltlich vertretene BF eine Fristerstreckung „um zwei Monate“ zur Vorlage der angeforderten Dokumente, welche „vom Antragsteller eingeholt werden müssen bzw. noch fertiggestellt“ werden.
I.2.4. Am 30.12.2020 wurde der BF zu einer Einvernahme für den 26.01.2021 vor dem BFA geladen. Der BF erschien jedoch unentschuldigt nicht.
I.2.5. Der rechtsfreundliche Vertreter des BF brachte am 21.01.2021 einen Antrag auf Verlegung des Einvernahmetermines auf einen anderen Termin rsp. „um weitere zwei Monate“ ein. Begründet wurde dies mit der noch erforderlichen Herbeischaffung von Unterlagen. Diesem Antrag waren Lichtbilder des BF, eine Geburtsurkunde sowie eine Anmeldung für eine Deutschprüfung beigefügt.
I.2.6. Der BF erschien zur geladenen Einvernahme ohne Entschuldigung nicht.
I.2.7. Am 26.05.2021 erließ das BFA den verfahrensgegenständlichen Bescheid, mit welchem der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK zurückgewiesen wurde, eine Rückkehrentscheidung getroffen wurde sowie festgestellt wurde, dass eine Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen festgelegt und ein Einreiseverbot für zwei Jahre erlassen.
Begründend hielt das BFA – zusammengefasst - fest, dass der BF verheiratet sei und einen Sohn in Bangladesch habe. Im Bundesgebiet habe der BF keine Angehörigen. Er sei gesund, seine Identität stünde nicht fest. Der BF habe Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2.
Sein derzeitiger Aufenthalt sei unrechtmäßig.
Der BF habe zu seinem Antrag nicht alle erforderlichen Dokumente und Unterlagen vorgelegt. Zwar könne die Behörde eine entsprechende Heilung unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 1 AsylG-DV zulassen, aber der BF habe kein gültiges Reisedokument vorgelegt. Ein Mängelheilungsantrag sei nicht gestellt worden. Der BF habe mehrfach seiner Mitwirkungspflicht nicht entsprochen, den Erfordernissen des § 58 sei nicht entsprochen worden und werde deshalb der Antrag zurückgewiesen.
Zugleich verwies das BFA darauf, dass eine Rückkehrentscheidung zu treffen sei. Art. 8 EMRK schütze das Familien- und Privatleben.
Der BF habe eine Ehefrau und einen kleinen Sohn in Bangladesch. Seine Familie wäre somit im Herkunftsland, der BF habe keine Familienangehörigen im Bundesgebiet.
Zum Privatleben führte das BFA aus, dass der BF keinen erlaubten Erwerbstätigkeiten nachginge. Er sei Mitglied einer bengalisch orientierten Gesellschaft, die Deutschkenntnisse lediglich auf dem Niveau A2 (Zertifikat aus 2012).
Sonstige besondere Integrationsbemühungen würden nicht bestehen. Die Empfehlungsschreiben würden lediglich auf seine (nicht genehmigte) Tätigkeit als Zeitungsverkäufer ausgerichtet sein.
Der BF habe sich schon öfters illegal im Bundesgebiet aufgehalten und sei zuletzt 2016 wieder nach Bangladesch heimgereist. Seine bisherigen, früheren Asylanträge seien alle abgewiesen worden, zuletzt auch durch Entscheidung des BVwG vom 29.11.2019, bestätigt durch den VfGH und VwGH im Jahr 2020.
Unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des VwGH traf das BFA die Rückkehrentscheidung, stellte die Möglichkeit der Abschiebung fest, gewährte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen und erließ ein zweijähriges Einreiseverbot.
I.2.8. Gegen diese Entscheidung wendet sich die vorliegende Beschwerde des rechtsanwaltlich vertretenen BF, welcher auch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde beantragte.
Begründet wird diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass das BFA Ermittlungen zur Integration und zum Privatleben des BF nicht ausreichend durchgeführt habe. Das BFA habe es unterlassen die vorgelegten Unterlagen zur Integration ausreichend zu würdigen.
Der BF sei nunmehr „knapp 14 Jahre durchgängig im Bundesgebiet“ aufhältig und „nachhaltig integriert“. Er habe „sich nicht nur eine Existenz in Österreich, sondern ein privates Umfeld aufgebaut“.
Der BF habe eine starke persönliche und soziale Bindung zum Bundesgebiet, eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit liege nicht vor.
In weiterer Folge vermeint der BF eine Divergenz in der Judikatur des VwGH auszumachen, nämlich hinsichtlich der Beibringung von Identitätsnachweisen im Zusammenhang mit der erfolgten Antragstellung und der zurückweisenden Entscheidung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
II.1.1. Zur Person des BF:
Festgestellt wird, dass den seinerzeitigen Anträgen des BF auf internationalen Schutz keine Folge gegeben und eine Rückkehrentscheidung getroffen wurde. Das diesbezüglich letzte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.11.2019 erwuchs in Rechtskraft.
Den dagegen egeplanten Rechtsmitteln blieb mit den unter I.1.7 und I.1.8. zitierten Entscheidungen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ebenfalls ein Erfolg versagt.
Der Antrag des BF auf Zuerkennung eines Aufenthaltstitels gründete sich hauptsächlich auf Unterlagen und einen Sachverhalt, welcher bereits vor der letzten mündlichen Verhandlung vor dem BVwG vorgelegen ist und wurde mit Bescheid des BFA vom 26.05.2021 zurückgewiesen.
Die dagegen erhobene Beschwerde bringt lediglich eine allgemein gehaltene Begründung vor, ohne jedwede (neuartige) Konkretisierung eines besonderen Familien- und Privatlebens.
Die erfolgreiche Absolvierung eines Deutschkurses – auf dem Niveau A2, bestätigt im Jahr 2012 (!) ist belegt- ist keine besondere Integrationsleistung seit 2020. Die sonstige „Deutschkursbestätigung“ – Unterlage, insbesondere hinsichtlich des „Besuches“ eines Deutschkurses auf dem Niveau B1, belegt lediglich eine Anmeldung zu diesem Kurs.
Die Selbsterhaltungsfähigkeit des BF ist mangels Beschäftigung derzeit nicht gegeben, der BF machte keine Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen. Darüber hinaus ist, nicht zuletzt auf Grund der vom BF vorgelegten „Empfehlungsschreiben“ evident, dass der BF als Zeitungsverkäufer illegal einer Beschäftigung nachgeht, ohne die erforderlichen Berechtigungen als Selbständiger zu haben, wie aus GISA (Stand Juli 2021) erkenntlich ist.
Im Strafregister ist keine Verurteilung des BF ersichtlich (Stand Juli 2021).
Der BF hat kein besonderes Familien- oder Privatleben in Österreich dargelegt. Der BF hat in Österreich keine Verwandten und wurde auch kein sonstiges nachvollziehbares Familien- oder Privatleben vom BF behauptet.
Der BF hat weder ein Familien- noch ein Privatleben im Bundesgebiet dargelegt. Vielmehr ist festzuhalten, dass der BF im Jahr 2016 in Bangladesch heiratete und danach in der zweiten Jahreshälfte 2017 wieder illegal ins Bundesgebiet einreiste. Er ließ in Bangladesch seine frisch angetraute und schwangere Ehefrau zurück, welche mittlerweile einen Sohn gebar. Die Bindung des BF zu seiner Familie, welche er nach seiner Aussage nach Österreich nachholen würde, ist somit deutlich größer, als er zunächst angibt.
All die vom BF in den bisherigen Verfahren genannten „Fluchtgründe“ wurden von den österreichischen Gerichten verworfen. Der BF hat somit auch keinerlei Verfolgung zu gewärtigen, wenn er in sein Heimatland – wie bereits 2016 - zurückkehrt.
Darüber hinaus versucht der rechtsanwaltlich vertretene BF mit falschen und tatsachenwidrigen Argumenten die österreichischen Behörden und Gerichte zu täuschen. Es ist schlichtweg unwahr, wenn der BF im Beschwerdeschriftsatz behauptet, er wäre „seit 14 Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet“ aufhältig gewesen. Ebenso unwahr ist, dass der BF „nachhaltig integriert“ ist. Er hat weder „eine Existenz in Österreich“ noch ein „ein privates Umfeld aufgebaut“.
Der BF habe weder eine starke persönliche noch eine soziale Bindung zum Bundesgebiet aufgebaut.
II.2. Beweiswürdigung:
II.2.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensumständen in Österreich:
Beweis wurde erhoben durch den Administrativakt, insbesondere den Antrag auf Zuerkennung eines Aufenthaltstitels (samt Beilagen), den angefochtenen Bescheid des BFA vom 26.05.2021, sowie der Beschwerde des rechtsanwaltlich vertretenen BF.
Als Beweismittel wurde auch auf die rechtskräftige Entscheidung zum Vorverfahren, XXXX zurückgegriffen sowie auf die unter I.1.7 und I.1.8 zitierten Entscheidungen des VfGH und VwGH.
Wie bereits der Begründung des angefochtenen Bescheides zu entnehmen ist, hat der BF kurz nach den Entscheidungen der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts einen Antrag auf Zuerkennung eines Aufenthaltstitels eingebracht. Dieser Antrag stützt sich im Wesentlichen auf Dokumente und Argumente, welche bereits in der seinerzeitigen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegen sind.
Bereits in der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes Ende 2019 wurde eine Rückkehrentscheidung getroffen, welche auch die Abwägung des Familien- und Privatlebens des BF beinhaltete. Ein besonderer Aufenthaltstitel wurde damals nicht gewährt und hat sich seit diesem Zeitpunkt offensichtlich auch keine wesentliche Änderung ergeben, wie dies bereits in der neuerlichen Entscheidung des BFA dokumentiert wurde.
Entgegen der – nicht vorhandenen - familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet ist festzuhalten, dass der BF im Jahr 2016 in Bangladesch heiratete und mittlerweile einen kleinen Sohn im Herkunftsland hat. Seine familiären Anknüpfungspunkte liegen eindeutig in Bangladesch.
Welche angeblich „starken und sozialen Bindungen“ der BF seit 2020 im Bundesgebiet habe, um einen neuerlichen Antrag zu rechtfertigen, wird mit keinem Wort dargelegt.
Lediglich der Hinweis auf die angebliche Absolvierung eines Deutschkurses mag ein Indiz für ein weiteres Integrationsbemühen des BF darstellen, wobei jedoch das Zeugnis aus 2012 stammt; die erfolgreiche Absolvierung eines Kurses auf dem Niveau B1 hat der BF nicht belegt.
In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass der Antragsteller von sich aus die für den Antrag erforderlichen Beweise zu erbringen hat. Mag es im Bereich des Asylrechtes für denjenigen, der internationalen Schutz anstrebt, für den jeweiligen Herkunftsstaat ein geringeres Beweisniveau („Glaubhaftmachung“) genügen, ist es für den BF jedenfalls in Österreich zumutbar und erforderlich, die volle Beweiskette und –kraft für seine behauptete Integration in Österreich zu erbringen. In diesem Zusammenhang irrt der BF, wenn er vermeint, dass die Behörde ein - über die Offizialmaxime hinausgehendes - vertieftes Ermittlungsverfahren durchzuführen hat.
Der BF hätte zu seinem Antrag auch die erforderlichen, im Gesetz definierten Unterlagen von sich aus beizubringen. Der BF wurde vom BFA in Form eines Verbesserungsauftrages angehalten, dem zu entsprechen. Dies hat der rechtsfreundlich vertretene BF, wie das BFA zu recht festgehalten hat, nicht getan. Darüber hinaus hat der BF auch nicht einen Heilungsversuch unternommen oder einen diesbezüglichen Antrag gestellt.
Vielmehr war das Verhalten des BF im gesamten Verfahren offensichtlich davon geprägt, das Verfahren zu verzögern und hat der BF mit keinem einzigen Schritt beigetragen, dass Verfahren rasch und zügig zu führen. Damit spiegelt sich jedoch die schon aus früheren Verfahren festzustellende Einstellung wieder, der Rechtsordnung nicht zu entsprechen. Das – mittlerweile – jahrelange Verbleiben im Bundegebiet ohne rechtmäßigen Aufenthaltstitel zeugt von der geringen Achtung des BF gegenüber der Rechtsordnung Österreichs und der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts. Diese entschieden 2020 eindeutig darüber, dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom November 2019 (einschließlich Rückkehrentscheidung) Bestand hat. Der BF kümmerte sich nicht um die Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes der Republik Österreich und verblieb zu Unrecht im Bundesgebiet.
Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage war auch eine (neuerliche) Verhandlung vor dem BVwG nicht geboten. Dies insbesondere deswegen, weil der BF selbst keine für die Entscheidung wesentlichen neuen Sachverhaltselemente vorbrachte. Zwar handelt es sich gegenständlich um einen Antrag, welcher in den Bereich des Art 8 EMRK wirkt, jedoch wirkte der BF nicht im erforderlichen Ausmaß an der Verfahrensführung schon vor dem BFA durch unentschuldigtes Fernbleiben von der Einvernahme mit.
Die, als eine Rechtsfrage anzusehende Zurückweisung des Antrages durch das BFA ist letztlich eine Entscheidung, welche zu Recht erfolgte.
Gemäß § 58 Abs 10 AsylG sind Anträge gemäß § 55 als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 9 Abs 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht.
Da der BF, gegen den bereits eine konkrete rechtskräftige Rückkehrentscheidung besteht, in seinem gesamten Vorbringen keinen geänderten Sachverhalt vorbrachte, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art 8 EMRK erforderlich macht, ist der Antrag gemäß § 55 AsylG zu Recht zurückgewiesen worden.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen: 1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, 4. der Grad der Integration, 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit, 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des
Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Vom Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z. B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, Appl. 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (EKMR 06.10.1981, Appl. 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind.
Der BF hat keine Verwandten in Österreich. Seine Ausweisung bildet daher jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff in das Recht auf Schutz des Familienlebens.
Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls lediglich in das Privatleben des BF eingreifen. Unter dem Privatleben sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Die zeitliche Komponente spielt jedoch insofern eine zentrale Rolle, da – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, davon aus, dass „der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren […] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte“.
Was den BF betrifft, ist – nochmals - festzuhalten, dass dieser 2016 freiwillig nach Bangladesch zurückkehrte, dort heiratete und sich dort ein halbes Jahr aufhielt.
Der BF hat sich zwar zum Deutschkurs für B1 angemeldet, er verfügt (belegt) jedoch nur über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2. Er ist in Österreich Mitglied der XXXX Er ist derzeit ohne Beschäftigung. Der BF hat einige Integrationsschritte gesetzt, von einer verfestigten Eingliederung in die österreichische Gesellschaft ist aber nicht auszugehen. Zudem musste sich der BF bei allen seinen Integrationsbemühungen seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein.
Der BF hat den Großteil seines bisherigen Lebens in Bangladesch verbracht, ist dort aufgewachsen. Zudem halten sich die Ehefrau, sein minderjähriges Kind sowie die engeren Verwandten des BF in Bangladesch auf. Der BF verfügt im Herkunftsland nach wie vor über ein familiäres und soziales Netzwerk. Beim BF ist daher von einer stärkeren Bindung des BF zu seinem Heimatland auszugehen.
Der BF hat in einer Gesamtschau – auch seit der Entscheidung des BVwG von Ende 2019 - kein besonderes Maß an persönlicher, sozialer und wirtschaftlicher Integration dargetan. Die Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet reichen nicht aus, um unter dem Gesichtspunkt von Art. 8 EMRK von einer Rückkehrentscheidung Abstand zu nehmen.
Dass der BF strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253).
Insgesamt betrachtet ist daher davon auszugehen, dass die Interessen BF an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten.
Die Zuerkennung eines Aufenthaltstitels wurde somit seitens des BFA zu Recht zurückgewiesen, die Rückkehrentscheidung erfolgte ebenso, wie bereits in früheren Verfahren rechtskräftig entschieden, zu Recht. Auch die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung widerspricht nicht der ständigen Rechtsprechung des VwGH, die gewährte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise (welche der BF auch 2016 durchführte) erfolgte im üblichen Rahmen. Dass gegen den BF ein auf zwei Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen wurde, ist in Anbetracht seines bisherigen, jahrlangen rechtswidrigen Aufenthaltes entgegen der Rechtsordnung der Republik und der bisherigen Gerichtsentscheidungen jedenfalls als nicht unangemessen anzusehen.
Hinsichtlich des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ist dieser in Hinblick auf die Entscheidung in der Sache selbst obsolet.
II.3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
In diesem Zusammenhang wird ausgeführt, dass das BVwG auch die vom BF behauptete Judikaturdivergenz des VwGH zu der Frage der (verpflichteten) Vorlage von Dokumenten und allfälliger (zurückweisender) Rechtsfolgen nicht geteilt werden kann, hat doch der BF nicht die den jeweiligen Entscheidungen des VwGH zu Grunde liegenden (unterschiedlichen) Sachverhalte ausreichend Rechnung getragen.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides ausführlich wiedergegeben.
Schlagworte
Antragsteller Aufenthaltstitel Ausreise Heilung individuelle Verhältnisse Interessenabwägung mangelnder Anknüpfungspunkt öffentliche Interessen Voraussetzungen Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W195.1318829.5.00Im RIS seit
15.11.2021Zuletzt aktualisiert am
15.11.2021