Entscheidungsdatum
16.08.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z5Spruch
W187 2127272-2/21E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hubert REISNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich ein und stellte am XXXX erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab, erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005, erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen (gemeint: 14 Tagen) ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
Für ein allfälliges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde dem Beschwerdeführer amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Entscheidung vorgelegt.
4. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt A.I.). Hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde der Beschwerde hingegen stattgeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt (Spruchpunkt A.II.). Gemäß § 8 Abs 4 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum XXXX erteilt (Spruchpunkt A.III.). Die Revision wurde gemäß Art 133 Abs 4 B-VG für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt B).
Das Bundesverwaltungsgericht stellte in seinem Erkenntnis vom XXXX fest, der Beschwerdeführer sei afghanischer Staatsbürger, gehöre der Volksgruppe der Hazara an und bekenne sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Er sei im Iran geboren und aufgewachsen und sei noch nie in seinem Herkunftsstaat Afghanistan gewesen. Die Kernfamilie des Beschwerdeführers lebe nach wie vor im Iran. In Afghanistan seien Verwandte des Beschwerdeführers in der Provinz Bamyan aufhältig. Allerdings habe der Beschwerdeführer zu diesen nie Kontakt gehabt, ihr genauer Wohnort sei nicht feststellbar. Dem Beschwerdeführer drohe keine asylrelevante Verfolgung in Afghanistan. Beweiswürdigend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, aus den Angaben des Beschwerdeführers, wonach er in Afghanistan Verfolgung aufgrund seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit befürchte, lasse sich vor dem Hintergrund der Feststellungen zur Situation in Afghanistan keine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung ableiten. Auch bestehe keine Gefahr einer Verfolgung aufgrund seines Status als Rückkehrer.
In der rechtlichen Beurteilung dieses Erkenntnisses begründete das Bundesverwaltungsgericht die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an den Beschwerdeführer wie folgt:
„[…] Im Fall des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Feststellungen zu seiner persönlichen Situation vor dem Hintergrund der spezifischen Länderfeststellungen zu Afghanistan konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Hindernisses seiner Rückverbringung nach Afghanistan.
Es ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer, der niemals in Afghanistan gelebt hat und keinen Kontakt zu seinen (allfällig dort noch lebenden) Verwandten in der Provinz Bamyan hat, über tragfähige familiäre Beziehungen oder Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse verfügt oder tatsächliche Unterstützung und Schutz erhalten würde.
Ausgehend davon ist mit Blick auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers zu erkennen, dass er im Falle seiner nunmehrigen Rückkehr nach Afghanistan – bezogen auf das gesamte Staatsgebiet – in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden.
Eine Rückverbringung des Beschwerdeführers nach Afghanistan steht nach dem Gesagten im Widerspruch zu § 8 Abs. 1 AsylG 2005. Dem Beschwerdeführer war daher nach der genannten Bestimmung der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuzuerkennen. […].“
Weder der Beschwerdeführer, noch die belangte Behörde erhoben gegen dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw. eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Das Erkenntnis vom XXXX ist daher rechtskräftig
5. Mit Schreiben vom XXXX stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs 4 AsylG 2005. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab diesem Antrag mit Bescheid vom XXXX statt und erteilte dem Beschwerdeführer die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum XXXX .
6. Am XXXX informierte der Magistrat XXXX , die belangte Behörde über die Anmeldung des freien Gewerbes „Botendienst“ durch den Beschwerdeführer am XXXX . In einem wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl um Bekanntgabe ersucht, ob der Beschwerdeführer nach wie vor über eine Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet verfügt. Mit E-Mail vom XXXX informierte die belangte Behörde das XXXX über den Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers.
7. Am XXXX langte eine Verständigung des Landesgerichtes XXXX vom XXXX von der Verhängung der Untersuchungshaft bei der belangten Behörde ein, wonach der Beschwerdeführer am XXXX wegen §§ 27 Abs 2a SMG, 15 StGB in Untersuchungshaft genommen wurde.
8. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX (rechtskräftig seit XXXX ) wurde der Beschwerdeführer zur Zahl XXXX wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs 1 Z 1 achter Fall, Abs 2a SMG, 15 StGB und nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG unter Anwendung von § 28 Abs 1 StGB nach § 27 Abs 2a SMG zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, welche unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren gemäß § 43 Abs 1 StGB bedingt nachgesehen wurde.
9. Mit Aktenvermerk vom XXXX prüfte die belangte Behörde das Vorliegen von Gründen für die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens. Dabei kam sie zum Schluss, dass die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit vorliegen. Weder handle es sich bei der begangenen Straftat um ein Verbrechen im Sinn des § 17 StGB (§ 9 Abs 2 Z 3 AsylG 2005), noch stelle der Beschwerdeführer in Hinblick darauf, dass er lediglich ein einziges Vergehen begangen habe und er bislang unbescholten gewesen sei, eine Gefahr für die Allgemeinheit im Sinn des § 9 Abs 2 Z 3 AsylG 2005 dar. Daher sei kein Aberkennungsverfahren einzuleiten.
10. Am XXXX langte eine Verständigung des Landesgerichtes XXXX vom XXXX von der Verhängung der Untersuchungshaft bei der belangten Behörde ein, wonach der Beschwerdeführer am XXXX wegen § 27 Abs 2a SMG in Untersuchungshaft genommen wurde.
11. Mit Verständigung vom XXXX teilte die Staatsanwaltschaft XXXX der belangten Behörde mit, dass gegen den Beschwerdeführer wegen § 27 Abs 2a SMG Anklage wegen vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen erhoben wurde.
12. Am XXXX langte eine Anfrage des Bundeskriminalamtes bei der belangten Behörde zum Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers ein, welche das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit E-Mail vom XXXX beantwortete.
13. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX (rechtskräftig seit XXXX ) wurde der Beschwerdeführer zur Zahl XXXX wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 2a SMG nach § 27 Abs 2a SMG zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wurde die erlittene Vorhaft vom XXXX Uhr bis XXXX Uhr auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet und die mit Urteil des Landesgerichtes XXXX gewährte bedingte Strafnachsicht gemäß § 53 Abs 1 StGB iVm § 494a Abs 1 Z 4 StPO widerrufen.
14. Mit Aktenvermerk vom XXXX leitete die belangte Behörde ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ein. Begründend hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass sich aus den vorliegenden Informationen betreffend die rechtskräftigen Verurteilungen XXXX sowie vom XXXX Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle. Es sei von der Erfüllung des Tatbestandes gemäß § 9 Abs 2 Z 2 AsylG 2005 auszugehen.
15. Am XXXX langte eine Verständigung der Fremdenbehörden vom Strafantritt des Beschwerdeführers am XXXX der Justizanstalt XXXX samt einer Verständigung von der (voraussichtlichen) Entlassung des Beschwerdeführers mit XXXX bei der belangten Behörde ein.
16. Der Beschwerdeführer wurde am XXXX vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Aberkennungsverfahren niederschriftlich im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dar einvernommen. Nach seinem Gesundheitszustand gefragt, gab der Beschwerdeführer eingangs an, er befinde sich derzeit in einem Substitutionsprogramm und müsse täglich Methadon einnehmen. Zu seinem Lebenslauf gab der Beschwerdeführer hier an, er sei im Iran in der Stadt XXXX geboren und aufgewachsen. In seinem Herkunftsstaat Afghanistan sei er noch nie gewesen. Im Iran habe er elf Jahre eine afghanische Schule besucht und acht Jahre als Maler und Maurer gearbeitet. Zu seinen familiären Verhältnissen führte er aus, seine Eltern, ein Bruder und drei Schwestern hielten sich nach wie vor im Iran in der Stadt XXXX auf. Der Aufenthaltsort seines zweiten Bruders sei ihm nicht bekannt. Es könne sein, dass sich dieser in Haft befinde. Der Beschwerdeführer stehe derzeit nicht in Kontakt mit seiner Familie. Den letzten Kontakt habe er vor etwa einem Jahr gehabt. In Afghanistan habe er niemanden, sämtliche Angehörigen würden im Iran leben. Auf Nachfrage, welche Befürchtungen er für den Fall einer Rückkehr nach Afghanistan habe, führte der Beschwerdeführer aus, er sei noch nie in Afghanistan gewesen und befürchte, dass er aufgrund seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit getötet werden. Es herrsche Krieg, die Sicherheitslage sei sehr schlecht und es gebe keine Menschenrechte. Der Beschwerdeführer habe Angst vor Afghanistan. Befragt nach seinem Leben in Österreich, schilderte der Beschwerdeführer, er habe bislang Deutschkurse besucht und eine Deutschprüfung auf Niveau A2 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen abgeschlossen. Weiter habe er freiwillig für die Gemeinde gearbeitet. Abgesehen davon sei er keiner Arbeit nachgegangen. Gefragt, warum er keiner Arbeit nachgegangen sei, gab der Beschwerdeführer an, er sei drogensüchtig gewesen und habe Heroin konsumiert. An Österreich habe er keine familiären oder privaten Bindungen. Er sei auch kein Mitglied in einem Verein. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl konfrontierte den Beschwerdeführer damit, dass sich seine subjektive Lage im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt, als ihm subsidiärer Schutz gewährt worden sei, geändert habe. Eine Rückkehr nach Afghanistan sei ihm nunmehr zumutbar. Insbesondere in den Städten Herat oder Mazar-e Sharif könne der Beschwerdeführer Sicherheit erlangen und eine zumutbare Lebenssituation vorfinden. Es sei dem Beschwerdeführer zuzumuten, selbst unter durchaus schweren Bedingungen am Arbeitsmarkt nach einer Beschäftigung zu suchen und allenfalls durch das Verrichten von Gelegenheitsarbeiten seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Beschwerdeführer entgegnete, dass er aufgrund seiner Drogensucht nicht zurückkehren könne. Er habe bislang nichts von seinem Leben gehabt und wolle von den Drogen loskommen.
17. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX , zugestellt am XXXX wurde dem Beschwerdeführer der ihm mit Erkenntnis vom XXXX zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs 1 Z 1 AsyG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und die ihm mit Bescheid vom XXXX erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen den Beschwerdeführer wurde gemäß § 10 Abs 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 (gemeint: Z 4) FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs 1 bis 5 FPG mit zwei Wochen (gemeint: 14 agen) ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristeten Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).
Begründend führte die belangte Behörde aus, aktuell würden keine Gründe für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten vorliegen. Die subjektive Lage des Beschwerdeführers habe sich im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt, als ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei, geändert. Dem Beschwerdeführer stehe nunmehr eine taugliche innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e Sharif und Herat (Stadt) zur Verfügung. Der Beschwerdeführer finde dort Arbeitsmöglichkeiten vor und könne seinen Lebensunterhalt bestreiten. Mazar-e Sharif und Herat (Stadt) würden als sicher gelten und seien gefahrenlos zu erreichen. Dem Beschwerdeführer sei der Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Erkenntnis vom XXXX lediglich zuerkannt worden, weil er im damaligen Entscheidungszeitpunkt über kein tragfähiges familiäres Unterstützungsnetz sowie Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse verfügt habe. Nunmehr würden die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht bzw. nicht mehr vorliegen. Der gängigen Judikatur sei zu entnehmen, dass einem arbeitsfähigen, erwachsenen und gesunden Mann eine Neuansiedlung in den Städten Mazar-e Sharif und Herat generell zumutbar sei. Der Beschwerdeführer verfüge über eine elfjährige Schulbildung, habe Arbeitserfahrung als Maler und Maurer gesammelt und sei gesund. Er könne daher im Fall seiner Rückkehr für seine Existenzsicherung aufkommen. Ein fehlender sozialer oder familiärer Background bzw. fehlende Unterstützung in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat führe auch nicht (mehr) zu einer Unzumutbarkeit einer Neuansiedelung, zumal der Beschwerdeführer als erwachsener, arbeitsfähiger und gesunder Mann seinen Lebensunterhalt bestreiten und auch auf diverse Unterstützungsnetzwerke wie internationale und nationale Rückkehrorganisationen bzw. NGOs zurückgreifen könne. Eine schwierige Lebenssituation bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht reiche nach der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht mehr aus, um eine Rückkehr in die Städte Mazar-e Sharif oder Herat zu verneinen. In Österreich sei es dem Beschwerdeführer gelungen, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten sowie die im Alltag immer wieder auftretenden Schwierigkeiten in den diversen Bereichen zu bewältigen. Mit seiner neu gewonnenen Lebenserfahrung sei es dem Beschwerdeführer nun auch möglich, in Afghanistan zumutbar zu leben. Er werde nun in der Lage sein, sich aus eigenen Kräften ein notdürftiges Überleben in Afghanistan zu sichern. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner bisherigen Lebenserfahrung nunmehr über die hierfür erforderlichen Fertigkeiten verfüge. Im Gegensatz zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt stehe nun für sämtliche Behörden fest, dass alleinstehende, arbeitsfähige Männer in gewissen Regionen Afghanistans jedenfalls ein zumutbares Leben führen können. Dadurch komme zum Ausdruck, dass sich die Lage für Rückkehr jedenfalls klar zum Besseren gewandt habe, widrigenfalls nicht sämtliche mit Asylverfahren befassten Einrichtungen zu einer positiven Prognose für Rückkehrer kommen würden. Damit habe sich die persönliche Situation und Perspektive des Beschwerdeführers nachhaltig zum Besseren verändert, weshalb die Voraussetzungen nach § 9 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 erfüllt seien. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder Mann im erwerbsfähigen Alter, der mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates und der Sprache vertraut sei. Es sei nicht zu befürchten, dass er im Fall seiner Rückkehr in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten werde. Der Beschwerdeführer könne auch eine finanzielle Rückkehrhilfe als Startkapital für seinen Neubeginn in Anspruch nehmen. Insgesamt komme die Behörde zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr keiner realen Gefahr einer Bedrohung oder Verfolgung im Sinn einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 ausgesetzt sein werde. Da die Gründe, die zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gewährt haben, nicht mehr vorliegen, sei dem Beschwerdeführer der seinerzeit gewährte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 abzuerkennen gewesen.
Für ein allfälliges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde dem Beschwerdeführer amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
18. Dagegen richtet sich die am XXXX bei der belangten Behörde eingelangte vollumfängliche Beschwerde. Nach einer Zusammenfassung des Sachverhalts und des bisherigen Verfahrensganges führt die Beschwerde im Wesentlichen aus, dem Beschwerdeführer sei zwischenzeitlich Strafaufschub bis zum XXXX gewährt worden, um sich einer gesundheitsbezogenen Maßnahme in Form einer sechsmonatigen stationären Therapie sowie einer daran anschließenden ambulanten Behandlung zu unterziehen. Der Beschwerdeführer sei aufgrund des gewährten Strafaufschubes am XXXX aus der Justizanstalt XXXX in die Therapieeinrichtung XXXX entlassen worden. Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten sei jedenfalls rechtswidrig. Die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid weder dargelegt, inwiefern sich die subjektive Lage des Beschwerdeführers maßgeblich geändert hätte, noch welche Tatsachen zur Erteilung des subsidiären Schutzes geführt haben, die sich im Nachhinein als unzutreffend herausgestellt hätten. Die subjektive Lage des Beschwerdeführers habe sich im Vergleich zum Zeitpunkt der Schutzgewährung durch das Bundesverwaltungsgericht nicht verbessert. Der Beschwerdeführer verfüge nach wir vor weder über familiäre oder soziale Kontakte in Afghanistan, noch über eine nennenswerte Berufserfahrung, die ihm die Neuansiedelung in Afghanistan ermöglichen würde. In Hinblick auf die Suchterkrankung des Beschwerdeführers habe sich seine subjektive Lage vielmehr verschlechtert, zumal er aufgrund seiner Erkrankung derzeit nicht in der Lage sei, einer geregelten Arbeit nachzugehen, und einen erhöhten Lebensbedarf aufgrund der erforderlichen Substitutionstherapie habe. Diese Suchterkrankung sei vom Beschwerdeführer nicht selbst verschuldet worden, sondern auf eine posttraumatische Belastungsstörung nach innerfamiliärer Gewalt zurückzuführen. Wenn die belangte Behörde vermeine, der Beschwerdeführer sei ein gesunder Mann, lasse sie die Drogensucht des Beschwerdeführers und den damit einhergehenden Therapiebedarf völlig außer Acht. Insgesamt nehme das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Unrecht und willkürlich eine Änderung der subjektiven Lage an. Insoweit sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auf eine Judikaturänderung des Verwaltungsgerichtshofes stütze, sei dies unzulässig, da Judikaturänderungen aus Gründen der Rechtssicherheit keine Rückwirkung entfalten dürften. Eine derartige Rückwirkung dürfe auch nicht über den Umweg der Aberkennung erfolgen. Auch stelle eine Judikaturänderung keine Tatsache im Sinn des § 9 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 dar. Mit der Beschwerde wurden Unterlagen betreffend den gewährten Strafaufschub nach § 39 SMG vorgelegt.
19. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Entscheidung vorgelegt. In einem verzichtete die belangte Behörde auf die Durchführung und Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
20. Mit Schriftsatz vom XXXX legte der Beschwerdeführer einen Therapiezwischenbericht der Einrichtung XXXX vom XXXX vor.
21. Am XXXX reichte der Beschwerdeführer einen Arztbrief der Einrichtung XXXX vom XXXX samt einem weiteren Therapiezwischenbericht vom XXXX nach.
22. Mit Schreiben vom XXXX ersuchte der Beschwerdeführer um einen Nachweis über den Stand des Beschwerdeverfahrens. Das Bundesverwaltungsgericht teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom XXXX mit, dass sich das Verfahren in Bearbeitung befinde und das Bundesverwaltungsgericht bemüht sei, in den noch offenen Verfahren so rasch als möglich eine Entscheidung zu fällen.
23. Mit Schriftsatz vom XXXX legte der Beschwerdeführer dem erkennenden Gericht einen Therapieverlaufsbericht der Einrichtung XXXX vor.
24. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom XXXX wurde die gegenständliche Rechtssache der erkennenden Gerichtsabteilung zugewiesen.
25. Am XXXX langte eine Vollmachtbekanntgabe der BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH für den Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht ein.
26. Mit Dokumentenvorlage vom XXXX legte der Beschwerdeführer dem erkennenden Gericht eine Deutschkursbesuchsbestätigung, das Zeugnis zur Integrationsprüfung vom XXXX , einen Sozialbericht der XXXX vom XXXX und einen Therapieverlaufsbericht der Einrichtung XXXX vor.
27. Mit Ladung vom XXXX beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung für den XXXX an, übermittelte den Parteien einschlägige Länderinformationen zu Afghanistan und gab ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme
28. Am XXXX langte eine Urkundenvorlage des Beschwerdeführers beim Bundesverwaltungsgericht ein, mit welcher zwei Deutschkursbesuchsbestätigungen und eine Aufenthaltsbestätigung der Einrichtung XXXX vorgelegt wurden.
29. Am XXXX fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, im Zuge derer der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsvertreterin und einer Dolmetscherin für die Sprache Dari vom erkennenden Richter zu seinen Beschwerdegründen einvernommen wurde. Weiter wurde der vom Beschwerdeführer stellig gemachte Zeuge, XXXX , befragt. Die belangte Behörde blieb der mündlichen Verhandlung fern.
Die Verhandlungsschrift lautet auszugsweise:
„[…]
Richter: Verstehen Sie die Dolmetscherin gut?
Beschwerdeführer: Ja.
Richter: Sind Sie psychisch und physisch in der Lage, der heute stattfindenden mündlichen Verhandlung zu folgen? Liegen Gründe vor, die Sie daran hindern?
Beschwerdeführer: Es geht mir heute gut.
Richter: Nehmen Sie regelmäßig Medikamente, befinden Sie sich in medizinischer Behandlung?
Beschwerdeführer: Ja, ich stehe in ärztlicher Behandlung. Ich war drogenabhängig. Seit XXXX stehe ich in ärztlicher Therapie. Ich nehme täglich XXXX . Außerdem gehe ich auch zum Grünen Kreis.
[…]
Richter: Können Sie sich an Ihre Aussage vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erinnern? Waren diese richtig, vollständig und wahrheitsgetreu?
Beschwerdeführer: Ja, ich habe alles richtig gesagt.
Richter: Geben Sie Ihr Geburtsdatum an. Wo sind Sie auf die Welt gekommen?
Beschwerdeführer: Ich bin am XXXX , im Iran, geboren.
Richter: Welche Sprachen sprechen Sie? Können Sie diese lesen und schreiben?
Beschwerdeführer: Ich spreche meine Muttersprache Dari und auch Farsi. Ich kann Dari und Farsi lesen und schreiben.
Richter: Geben Sie Ihre Volksgruppe, Religion und Ihren Familienstand an.
Beschwerdeführer: Ich bin Hazara, Schiit und ledig.
Richter: Haben Sie Kinder?
Beschwerdeführer: Nein, ich habe keine Kinder.
Richter: Welche Schulbildung haben Sie insgesamt erhalten?
Beschwerdeführer: Im Iran habe ich sieben Jahre die Schule besucht. In Österreich habe ich Deutschkurse besucht und habe das Niveau B1 erreicht.
Richter: Wo und wie leben Ihre Verwandten?
Beschwerdeführer: Meine gesamte Familie lebt im Iran. Ich bin auch im Iran geboren. Die Situation der Familie ist nicht so besonders. Sie leben durchschnittlich.
Richter: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie (Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Onkel)?
Beschwerdeführer: Nicht so viel. Meine Mutter besitzt kein Handy. Ich rufe einmal im Monat unseren Nachbarn an und über das Telefon des Nachbarn kann ich dann mit meiner Mutter sprechen.
Richter: Haben Sie in Afghanistan Verwandte oder sonstige wichtige Kontaktpersonen und wie heißen sie? Wo leben sie? Haben Sie zu ihnen Kontakt?
Beschwerdeführer: In Afghanistan habe ich niemanden. Meine gesamte Familie hält sich im Iran auf. Ich war selbst dort noch nie in Afghanistan. Ich kenne Afghanistan nur vom Fernsehen.
Richter: Wie ist Ihr Leben derzeit in Österreich? Was machen Sie in Österreich?
Beschwerdeführer: Am XXXX habe ich die Abschlussprüfung des Deutschkurses B1 gehabt. Ich habe bereits mit meinem AMS-Betreuer gesprochen und würde demnächst die Ausbildung als Tischler beginnen. Ich arbeite als freiwilliger Helfer in der Betreuungsstelle XXXX . Ich habe in Niederösterreich in der Landwirtschaft gearbeitet. Auch in einer Gärtnerei habe ich gearbeitet. Als Maler habe ich auch hier gearbeitet.
Richter: Haben Sie Freunde in Österreich?
Beschwerdeführer: Ich hatte früher sehr viele Freunde und Bekannte. Sie waren aber alle drogenabhängig. Diese Freunde waren alle drogenabhängig. Nachdem ich meine Therapie begonnen habe, habe ich mir eine neue SIM-Karte genommen und habe den Kontakt zu den alten Freunden abgebrochen. Meine jetzigen Freunde sind mein Sozialbetreuer XXXX und meine Therapeutin vom XXXX
Richter: Sind Sie Mitglied in einem Verein?
Beschwerdeführer: Meine Lieblingssportart ist Tischtennis. Das spiele ich sehr gerne. Beim XXXX hatte ich eine sechsmonatige, stationäre Therapie und habe beim Turnier den zweiten Platz erlangt. Ich habe einen Pokal bekommen. Da wegen Corona alles geschlossen war, konnte ich nirgendwo aktiv sein. Aber davor habe ich in einem Verein in der XXXX Tischtennis gespielt.
Richter: Warum haben Sie sich entschieden, den Iran zu verlassen und nach Österreich zu kommen?
Beschwerdeführer: Ich bin im Iran geboren, jedoch habe ich im Iran überhaupt keine Dokumente oder einen Identitätsausweis bekommen. Ich hatte immer Probleme mit der Arbeit. Ich habe einige Jahre die Schule besucht. Wie Sie wissen, müssen Afghanen dort für die Schule Geld bezahlen. Die finanzielle Lage meiner Familie war nicht so gut, dass meine Eltern die Schule für mich und für meine drei Schwestern sich leisten konnten. Es gab eine andere Sache auch, die ich bei meiner ersten Einvernahme nicht gesagt habe. Ich habe das aus Angst nicht gesagt. Mein Vater war auch drogenabhängig. Es gab immer Streit in der Familie zwischen meinem Vater und meiner Mutter. Mein Vater hat seine Drogen zu Hause konsumiert und er hat mich immer weggeschickt, um für ihn Drogen zu holen. Mein Vater war opiumabhängig, mein älterer Bruder, davon wusste ich nichts, aber jetzt weiß ich, dass er, glaube ich, auch wegen Drogen zum Tod verurteilt wurde. Er wurde zum Tode verurteilt. Ich war damals noch sehr klein, als mein Vater mich geschickt hat, um für ihn Opium zu holen. Meine Mutter hatte große Angst, da ihr älterer Sohn deswegen zum Tode verurteilt wurde. Sie sagte mir, ich solle so schnell wie möglich von hier weggehen. Als die Grenzen nach Europa geöffnet wurden, sagte sie mir, dass das die Gelegenheit für mich ist, von dort wegzukommen. Ich bin dann von zu Hause aufgebrochen. Ich war damals XXXX Jahre alt. Ich bin dann nach Österreich gekommen.
Richter: Haben Sie schon im Iran Drogen konsumiert?
Beschwerdeführer: Als ich noch ein Kind war, hat mir mein Vater Opium gegeben, wenn ich Zahnschmerzen hatte oder sogar Bauchschmerzen. Als mein Vater Opium geraucht hat, war ich noch klein und neugierig und habe mir immer die Frage gestellt, was das wohl ist, was mein Vater raucht. Wenn mein Vater nicht zu Hause war, habe ich seine Drogen genommen und geraucht und wenn er zu Hause war und es bemerkt hat, hat er mich geohrfeigt. Als ich noch klein war, habe ich immer gesehen, wie mein Vater zu Hause Opium geraucht hat. Das war das Einzige, was ich zu Hause gesehen habe.
Richter: Hatten Sie Probleme mit der Polizei oder einem Gericht?
Beschwerdeführer: Als ich noch drogenabhängig war, wurde ich zweimal von der Polizei angehalten, aber seit XXXX habe ich überhaupt keine Probleme mit der Polizei. Seit ich in ärztlicher Behandlung bin und meine Therapie mache, habe ich überhaupt keine Probleme. Ich möchte mich in aller Form beim Staat Österreich entschuldigen. Ich war unwissend und die Straftat, die ich begangen habe, tut mir sehr leid.
Richter: Was hat Sie dazu gebracht, Heroin zu konsumieren?
Beschwerdeführer: Als ich nach Österreich gekommen bin, war ich in XXXX untergebracht und habe schlechte Freunde gefunden. Ein-, zweimal haben sie mit mir darüber geredet. Ich habe auch gesehen, wie sie im Zimmer Drogen konsumiert haben. Sie haben gut darüber gesprochen, dass dieses Zeug sie beruhigt und sie es genießen. Dann habe ich den Fehler gemacht und habe begonnen, mit ihnen gemeinsam Drogen zu nehmen. Das ist alles nur geschehen, weil ich ungute Freunde hatte.
Richter: Was waren die näheren Umstände, die zu Ihren Verurteilungen geführt haben?
Beschwerdeführer: Ich war seit kurzem in Österreich. Es war das erste Mal, dass ich weit weg von zu Hause war. Ich war nicht älter als XXXX oder XXXX Jahre. Ich habe oft an meine Mutter gedacht und das hat mich immer sehr traurig gemacht und die Freunde haben mich dazu eingeladen. Sie sagten mir, ich solle mit ihnen gemeinsam die Drogen nehmen. Ich sei traurig und das würde mir helfen. Mein Freund sagte mir, wenn ich das einnehme, dann würde ich die schlechten Gedanken vergessen und es würde mir helfen.
Richter: Sie wurden ja auch wegen Drogenhandels verurteilt. Was hat denn dazu geführt und was waren die näheren Umstände, weshalb Sie bestraft wurden?
Beschwerdeführer: Ich war damals schon drogenabhängig. Ich war süchtig und ich habe von keiner Stelle Geld bekommen. Wenn ein Drogenabhängiger seine Drogen nicht bekommt, dann spürt er am gesamten Körper Schmerzen. Ich habe dann den Fehler gemacht, ich war gezwungen, Drogen zu verkaufen, um meinen Drogenkonsum finanzieren zu können. Damit ich keine Schmerzen mehr habe.
Richter: Wie sehen Sie Ihre Straftaten heute?
Beschwerdeführer: Ich habe einen Fehler gemacht. Ich war damals süchtig. Ich hatte starke Schmerzen. Ich war gezwungen, Drogen einzunehmen, um die Schmerzen zu lindern. Ich hatte überhaupt kein Geld und war gezwungen, Drogen zu verkaufen, um für mich selbst den Drogenkonsum finanzieren zu können. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, dann habe ich wirklich einen Fehler gemacht. Da ich süchtig war, Schmerzen hatte, war ich gezwungen, diese Tat auszuüben. Ich entschuldige mich dafür. Ich schäme mich dafür. Ich mache meine Therapie und nehme regelmäßig die Medikamente, die mir verordnet werden. Ich möchte meine Therapie fortsetzen. Ich habe mit meiner Therapeutin schon gesprochen, damit ich meine Therapie verlängern kann. Ich brauche die Hilfe von meiner Therapeutin und ich brauche auch die Hilfe meines Sozialbetreuers. Über all meine Probleme kann ich mit meiner Therapeutin und meinem Sozialbetreuer sprechen, da ich keine Freunde habe. Ich brauche diese Therapie und auch diese Medikamente. Ich bedanke mich herzlich beim XXXX . Ich habe viel Hilfe bekommen. Ich möchte mich auch herzlich bei meinem Sozialbetreuer bedanken. Er hat mir am meisten geholfen. Auch die XXXX hat mir viel geholfen. Eine Zeit lang war ich obdachlos und habe von der XXXX Essen und Unterkunft bekommen. Im Iran bekommt man als Obdachloser keine Unterkunft. Man muss auf der Straße schlafen und wenn man kein Essen hat, verhungert man. Hier in Europa habe ich zum ersten Mal erlebt, dass man Obdachlosen Unterkunft und Essen gibt. Ich möchte mich bei allen hier in Österreich, bei allen Leuten, bedanken, ich habe hier viel Hilfe bekommen. Ich schäme mich und ich bereue es, was ich in den letzten Jahren hier in Österreich getan habe. Ich bereue es und bitte um Verzeihung. Ich möchte Sie ersuchen, mir eine weitere Chance zu geben, damit ich hier ein neues Leben beginnen kann. Ich brauche die Medikamente und die Therapie.
Richter: Glauben Sie, dass Sie irgendwann ohne Therapie und vor allem ohne Substitutionspräparate leben können?
Beschwerdeführer: In der jetzigen Situation, nein. Ich kann nicht ohne eine Therapie leben. Ich brauche wirklich meine Therapeutin, die Medikamente und meinen Arzt.
Richter: Ich habe damit auch nicht morgen oder übermorgen, sondern in zwei, drei, vier, fünf, sechs Jahren – also in längerer Zukunft – gemeint.
Beschwerdeführer: Jetzt und in der heutigen Situation brauche ich die Therapie und ich glaube, je länger ich die Therapie mache, desto stärker werde ich. Jede Woche spreche ich regelmäßig mit meiner Therapeutin und alle zwei Wochen mit meinem Sozialbetreuer und täglich nehme ich meine Medikamente ein.
Richter: Haben Sie zu den Personen, mit denen Sie in den Jahren XXXX und XXXX gemeinsam mit Drogen gehandelt haben, heute noch Kontakt?
Beschwerdeführer: Nein, Gott sei Dank nicht. Ich habe mir eine neue SIM-Karte gekauft. Meine jetzigen Freunde, wenn ich jemanden zum Reden brauche, sind meine Therapeutin und mein Sozialbetreuer. Ich habe den Deutschkurs jetzt abgeschlossen und warte auf das Ergebnis.
Richter: Haben Sie in der Haft Drogen konsumiert?
Beschwerdeführer: Nein, dort habe ich Medikamente eingenommen.
Richter: Welche Schritte haben Sie unternommen, um von Ihrer Heroinsucht wegzukommen?
Beschwerdeführer: Ich habe zunächst mit meinem Anwalt gesprochen, damit er für mich einen Therapieplatz organisiert. Ich habe davor von vielen gehört, dass es zwei Therapiestellen gibt, nämlich XXXX . Ich habe meinem Anwalt gesagt, dass ich langsam von den Drogen wegkommen möchte. Er hat dann den Therapieplatz beim XXXX für mich gefunden. Ich habe sechs Monate lang eine stationäre Therapie gemacht und hatte täglich zwei Stunden lang ein Gruppengespräch. Über meine Probleme habe ich in der Gruppe gesprochen und man hat einen Lösungsweg für mich gefunden. Ich habe dann ohne Probleme die stationäre Therapie beendet. Dann habe ich die ambulante Therapie begonnen. Ich bin sehr dankbar. XXXX hat mir sehr geholfen. Seit zwei Jahren besuche ich wöchentlich meine Therapeutin. Das hat mir sehr geholfen. Außerdem auch mein Sozialbetreuer hat große Hilfe geleistet. Nach wie vor glaube ich, dass ich bedürftig bin und die Therapie brauche.
Richter: Wie hat die Therapie ausgesehen?
Beschwerdeführer: Ich bin täglich um 7:30 Uhr aufgestanden. Dann haben wir uns alle im sogenannten „Gruppenzimmer“ getroffen. Dann ist der Betreuer gekommen mit der Liste von unseren Namen und hat die Aufgaben auf alle Gruppenteilnehmer aufgeteilt. Zwei bis drei Personen haben die Aufgabe bekommen, das Haus zu reinigen. Einer hat sich um den Garten gekümmert. Ich war der Einzige, der regelmäßig in der Tischlerei gearbeitet hat. Ich habe deswegen die Aufgabe in der Tischlerei bekommen, da ich mit meiner Therapeutin schon zu Beginn besprochen habe, dass ich gerne als Tischler arbeiten will und deswegen wurde ich täglich für die Arbeit in der Tischlerei zugeteilt. Von der Früh bis 12:00 Uhr hat diese Arbeit gedauert. Um 12:00 Uhr gab es Mittagessen. Wir hatten dann eine Stunde Pause und da konnten diejenigen, die rauchen wollten, rauchen. Um 13:00 Uhr haben wir uns dann wieder im Gruppenzimmer getroffen. Dann ist wieder der Betreuer gekommen und hat fünf bis sechs Personen zum Laufen mitgenommen. Während die laufen waren, haben die Übrigen einmal in der Woche Yoga gemacht. Wir hatten auch einen Fitnessraum. Jeder, der Sport machen wollte, konnte dort Sport betreiben. Wir hatten auch einen Volleyballplatz. Zwei- bis dreimal in der Woche haben wir Volleyball gespielt. Einmal in der Woche haben wir in der Halle Fußball gespielt. Nachdem ich aus der stationären Therapie entlassen wurde, habe ich eine Adresse bekommen, wo ich mich für die ambulante Therapie anmelden musste. Dort habe ich dann erfahren, wer meine Therapeutin für die ambulante Therapie ist. Es wurde mir gesagt, dass ich einmal in der Woche für ein persönliches Gespräch kommen muss und einmal in der Woche wird auch ein Test gemacht, ob ich Drogen eingenommen habe oder nicht. Nach der stationären Therapie hatte ich keine Unterkunft. Da ich keine Unterkunft hatte, bin ich zur XXXX in die XXXX gegangen. Ich habe mich dann auf die Suche nach einem Zimmer gemacht. Ich habe aber keines gefunden. Die Therapeutin hat mir auch gesagt, dass ich vorsichtig sein soll und aufpassen muss, da es bei der XXXX sehr viele Abhängige gibt. Da ich wirklich von den Drogen wegkommen möchte, habe ich alles regelmäßig, wie mir angeordnet wurde, gemacht. Auch bei der XXXX . Wenn ich Alkoholiker gesehen habe oder Leute, die Drogen eingenommen haben, habe ich mich zurückgehalten und habe weder Alkohol noch etwas Anderes eingenommen. Ich habe mich von allem ferngehalten. Die Therapeutin hat mir gesagt, dass ich schnell eine Unterkunft finden muss, da ich in der Therapie bin. Mit der Hilfe der Therapeutin und des Sozialarbeiters habe ich bis jetzt alles gut geschafft. Auch, als ich obdachlos war, habe ich mich von den Drogen bis jetzt ferngehalten. Ich möchte wirklich ein neues Leben beginnen.
Richter: Haben Sie die Therapie beendet oder vorzeitig abgebrochen?
Beschwerdeführer: Ich habe die Therapie nicht abgebrochen. Die wurde, so wie verordnet, dann beendet.
Richter: Dann muss ich Sie fragen, warum in dem Schreiben vom XXXX vom XXXX steht, dass Sie die Einrichtung vor dem regulären Therapieende auf eigenen Wunsch verlassen haben.
Beschwerdeführer: Nein, ich habe die Therapie nicht vorzeitig beendet. Das ist ein Fehler. Sie können meine Therapeutin fragen. Sie ist über alles informiert.
Richter: Wo und wie wohnen Sie derzeit?
Beschwerdeführer: Ich lebe nach wie vor bei der XXXX . Ich konnte mir über den XXXX noch keine Wohnung nehmen, da ich als subsidiär Schutzberechtigter einen Reisepass brauche und ich diesen nicht habe. Ich bin dankbar, dass die XXXX mir bis jetzt eine Unterkunft gegeben hat. Wenn ich die Ausbildung beginne, muss ich mich intensiv auf die Suche nach einer Wohnung machen.
Richter: Wenn Sie in Österreich bleiben könnten, wie stellen Sie sich Ihr weiteres Leben in Österreich vor?
Beschwerdeführer: Ich möchte die Ausbildung als Tischler beginnen. Ich möchte ohne Probleme, wie ein normaler Bürger, hier leben. Ich möchte ein ruhiges Leben ohne Probleme haben. Ich möchte hier heiraten und eine Familie gründen.
Richter: Schildern Sie bitte nochmals die Gründe Ihrer Beschwerde!
Beschwerdeführer: Die Fehler, die ich begangen habe, dazu war ich gezwungen, denn ich hatte Schmerzen. Ich musste die Drogen verkaufen. Ich hatte überhaupt kein Geld und musste mir selbst Drogen kaufen. Deswegen habe ich den Fehler gemacht und habe die Drogen verkauft. Ich habe die Beschwerde gemacht, damit ich eine neue Chance bekomme, um ein neues Leben ohne Drogen zu führen.
Richter: Was würde passieren, wenn Sie jetzt nach Afghanistan zurückkehren müssten?
Beschwerdeführer: Ich war bis jetzt nie in Afghanistan. Ich sehe es im Fernsehen und ich fürchte mich davor. Auch auf Facebook sehe ich, dass dort Anschläge verübt werden. Ich bin jetzt hier, ich brauch meine Therapie und meine Medikamente. In Afghanistan gibt es wirklich gar nichts.
Rechtsvertreterin: Waren zum Zeitpunkt der Straftaten in einer guten psychischen Verfassung?
Beschwerdeführer: Nein, mir ging es psychisch wirklich nicht gut. Ich hatte Schmerzen.
Richter: Waren Sie auf Entzug?
Beschwerdeführer: Ja, das waren Entzugsschmerzen und wenn ich Schmerzen hatte, habe ich auch nicht richtig denken können.
Rechtsvertreterin: Denken Sie, dass Ihre psychischen Probleme und Ihre Drogensucht auf Ihre Kindheit zurückzuführen sind?
Beschwerdeführer: Ich glaube schon, dass das mit meiner Familie zu tun hat. Als ich noch ein Kind war, habe ich immer meinen Vater gesehen, wie er Drogen eingenommen hat. Ich habe mir immer die Frage gestellt, was das bloß ist. Bestimmt ist es etwas Gutes, da es mein Vater einnimmt.
Rechtsvertreterin: Warum wollen Sie Ihre Therapie auch in Zukunft noch freiwillig fortsetzen?
Beschwerdeführer: Ich brauche die Gespräche mit der Therapeutin, denn jedes Mal, wenn ich mit ihr spreche, lerne ich etwas Neues. Und ich denke, dass ich diese Therapie noch brauche.
Rechtsvertreterin: Seit wann nehmen Sie dieses konkrete Medikament?
Beschwerdeführer: Ich glaube, seit XXXX bis jetzt. Nein, ich glaube seit XXXX . Genau weiß ich es aber nicht.
Rechtsvertreterin: Haben Sie davor ein anderes Medikament genommen?
Beschwerdeführer: Nein, davor habe ich Drogen eingenommen, ich war abhängig. Zuerst habe ich Methadon eingenommen. Dann hat mir die Ärztin Levometasan verschrieben, dieses ist stärker.
Als Zeuge wird XXXX , geboren am XXXX , Sozialarbeiter, nach Wahrheitsbelehrung vernommen:
Richter: Welche Aufgaben erfüllen Sie bei Ihrem Arbeitgeber?
Zeuge: Ich arbeite als Sozialarbeiter bei XXXX und da im Speziellen im Beratungsteam. Ich bin psychosozialer Berater für Beratung, Betreuung und Wohnen.
Richter: Seit wann haben Sie mit dem Beschwerdeführer zu tun?
Zeuge: Ich kenne den Beschwerdeführer seit Anfang XXXX . Ich habe ihn im Rahmen meines Journaldienstes im Tageszentrum XXXX kennengelernt. Die Beratung bei uns ist freiwillig und er nimmt seitdem regelmäßige Termine bei mir als Sozialarbeiter wahr. Meine Aufgabe seitens des Arbeitgebers ist, ihn sozialrechtlich zu unterstützen, Entlastungsgespräche anzubieten und Beratungen durchzuführen. Der grundsätzliche Zweck unserer Einrichtung ist, die Klientinnen gesundheitsförderlich zu betreuen. Die oberste Prämisse ist die Gesundheitsförderung. Diese wird ganzheitlich gesehen.
Richter: Wie oft haben Sie Kontakt zum Beschwerdeführer?
Zeuge: Wir arbeiten nach Modulen und das Modul mit dem Beschwerdeführer ist so, dass wir uns einmal in der Woche einen Termin ausmachen. Teilweise durch Urlaube oder Feiertage, wird das unterbrochen. Ich denke, dass wir, seit wir uns kennen, uns wirklich alle ein zwei Wochen zu einem persönlichen Gespräch getroffen haben und während der Quarantäne auch zum Teil telefonisch.
Richter: Hält sich der Beschwerdeführer an die Termine und erscheint er regelmäßig?
Zeuge: Ja.
Richter: Welchen Eindruck haben Sie vom Beschwerdeführer im Rahmen Ihrer Tätigkeit dort?
Zeuge: Ich nehme ihn wahr als überaus freundlich, pünktlich und kooperativ. In den Gesprächen wirkt er sehr reflektiert und im Tageszentrum ist er oft zu Gast und hilft auch, wie es zuvor gesagt wurde, gerne mit.
Richter: Wie lange dauert eine solche Begegnung zwischen und dem Beschwerdeführer, die Sie zuvor ausgemacht haben?
Zeuge: Die grundsätzliche Dauer eines Gesprächstermins ist eine Stunde. Das kann variieren, dass wir manchmal auch nur 40 Minuten sprechen oder, wie heute, mehr Zeit verbringen.
Richter: Was ist dieses Tageszentrum und was leistet dieses?
Zeuge: Das Gebäude am XXXX beinhaltet das Tageszentrum, die Ambulanz und die Notschlafstelle XXXX . Während im Tageszentrum aus basale Versorgung geachtet, sprich Essen, Duschen, Waschmaschine und sozialarbeiterische Beratungen sind in der Ambulanz die Ärzte im Einsatz, um unsere Klientinnen medizinisch zu versorgen und die Notschlafstelle stellt einen Schlafplatz dar.
Richter: Welche Aussichten sehen Sie für die Zukunft des Beschwerdeführers, unter der Voraussetzung, dass er die Betreuung und die Therapie weiter erhält?
Zeuge: Es ist grundsätzlich schwer, Zukunftsperspektiven abzugeben, da es sich bei einer Suchterkrankung um eine chronische Erkrankung handelt. Beim Beschwerdeführer wurde von den Ärzten eine posttraumatische Belastungsstörung festgestellt und eben jene Suchtmittel-abhängigkeit. So wie bei jeder psychiatrischen Behandlung, ist es hierbei wichtig, zwei Behandlungswege parallel zu gehen. Das ist zum einen die Psychotherapie und zum anderen die Pharmakotherapie, also die medikamentöse Versorgung durch die Substitutionsbehandlung. Im Gegensatz zu dem klassischen Therapieziel von Arztseiten, dass die Therapie ab einem gewissen Punkt endet, ist es bei der Substitutionsbehandlung eigentlich so, dass das Ziel nicht unbedingt eine Beendigung derer sein muss, sondern das Ziel die Gesundheitsförderung und Stabilisierung mit dem Substitutionsmittel ist.
Richter: Bedeutet das, dass der Beschwerdeführer dauerhaft auf das Substitutionsmittel angewiesen sein wird?
Zeuge: Die Frage kann ich so nicht beantworten. Es kann sein, dass er dauerhaft darauf angewiesen sein wird, es kann aber auch sein, dass gemeinsam mit der Therapeutin und der Ärztin, der Weg gegangen wird, dass die Substitution auch einmal endet oder nicht mehr nötig sein wird. Viele von unseren Klienten XXXX sind lebenslang substituiert.
[…]
Der Beschwerdeführer bringt nichts mehr vor.
Richter: Haben Sie die Dolmetscherin gut verstanden?
Beschwerdeführer: Ja.“
Die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers brachte in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor, die persönliche Situation des Beschwerdeführers habe sich in Hinblick auf seine Suchterkrankung verschlechtert. Er benötige seine Medikamente und sei derzeit auf die Therapie angewiesen, weshalb jedenfalls nicht von einem „gesunden Mann“ ausgegangen werden könne, der einer geregelten Arbeit nachgehen kann. Auch die Sicherheitslage in Afghanistan habe sich nicht nachhaltig und grundlegend verändert bzw verbessert. Durch die COVID-19-Krise habe sich diese sowohl bezüglich der Arbeitsmarktlage, der gesundheitlichen Situation, der Situation für Rückkehrer und der Versorgungslage massiv verschlechtert. Insgesamt wäre dem Beschwerdeführer bei richtiger Betrachtung der subsidiäre Schutz nicht abzuerkennen gewesen.
30. Am XXXX übermittelte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht eine Anfrage des Sozialbetreuers des Beschwerdeführers betreffend den Verfahrensstand samt erfolgter Beantwortung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Kenntnis.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl und den Verfahrensakt des Bundesverwaltungsgerichts betreffend den Beschwerdeführer, insbesondere durch Einsicht in die vorgelegten Dokumente und Integrationsunterlagen, sowie durch Durchführung einer mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die ins Verfahren eingeführten Länderberichte.
1. Feststellungen
1.1 Zur Person des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, ist im Entscheidungszeitpunkt volljährig und Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan. Er gehört der Volksgruppe der Hazara an und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Muttersprache ist Dari bzw. Farsi, welche er in Wort und Schrift beherrscht. Weiter spricht der Beschwerdeführer Deutsch zumindest auf Niveau A2 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen. Er ist ledig und kinderlos.
Die Familie des Beschwerdeführers stammt aus der afghanischen Provinz Bamyan. Noch vor der Geburt des Beschwerdeführers verließen seine Eltern Afghanistan und übersiedelten in den Iran. Der Beschwerdeführer wurde im Iran in der Stadt XXXX geboren und wuchs dort gemeinsam mit seinen Eltern, zwei Brüdern und drei Schwestern auf. Er besuchte sieben Jahre die Schule und arbeitete acht Jahre als Hilfsarbeiter unter anderem als Maler und Maurer. Der Beschwerdeführer war noch nie in seinem Heimatland Afghanistan.
Die Eltern des Beschwerdeführers, ein Bruder und drei Schwestern des Beschwerdeführers leben nach wie vor im Iran in der Stadt XXXX im gemeinsamen Haushalt. Der Aufenthaltsort des zweiten Bruders des Beschwerdeführers ist unbekannt. Die finanzielle Situation der Familie des Beschwerdeführers ist durchschnittlich. Der Vater des Beschwerdeführers ist drogenabhängig und konsumiert regelmäßig Opium. Die Familie des Beschwerdeführers wäre nicht in der Lage, den Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan vom Iran aus finanziell zu unterstützen. Der Beschwerdeführer steht in monatlichem Kontakt mit seiner Mutter. Im Iran leben außerdem noch drei Onkel väterlicherseits, drei Tanten väterlicherseits und zwei Onkel mütterlicherseits, zu denen kein Kontakt besteht. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Verwandten des Beschwerdeführers in der Lage bzw. willens wären, diesen im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan finanziell zu unterstützen. In Afghanistan leben keine – allenfalls auch entfernten – Verwandten oder sonstige Bezugspersonen des Beschwerdeführers. Er verfügt in Afghanistan über kein soziales oder familiäres Netzwerk.
1.2 Zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich
Der Beschwerdeführer gelangte im XXXX in das österreichische Bundesgebiet und stellte am XXXX gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. Seither hält er sich durchgehend im Bundesgebiet auf.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum XXXX erteilt. Tragende Gründe für die Gewährung des subsidiären Schutzes waren das Aufwachsen des Beschwerdeführers außerhalb Afghanistans, das Fehlen eines familiären oder sozialen Netzwerks in Afghanistan und der Mangel an Kenntnissen der örtlichen Verhältnisse.
Diese Aufenthaltsberechtigung wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX mit Gültigkeit bis zum XXXX verlängert.
Der Beschwerdeführer hat seit seiner Einreise an mehreren Deutsch-, Integrations- und Basisbildungskursen teilgenommen. Am XXXX bestand der Beschwerdeführer die Integrationsprüfung bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz auf Niveau A2 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen und zu Werte- und Orientierungswissen. Zuletzt legte der Beschwerdeführer am XXXX eine Deutschprüfung auf Niveau B1 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen ab. Das Ergebnis liegt im Entscheidungszeitpunkt noch nicht vor. Im XXXX meldete der Beschwerdeführer das freie Gewerbe „Botendienst“ an und war kurzzeitig selbständig erwerbstätig. Derzeit ist der Beschwerdeführer nicht erwerbstätig und bezieht Sozialleistungen. Zukünftig möchte der Beschwerdeführer eine Ausbildung zum Tischler absolvieren. Der Beschwerdeführer war in Österreich gemeinnützig, unter anderem für eine Gemeinde, in einer Gärtnerei und als Maler, tätig. Derzeit arbeitet er als freiwilliger Helfer bei der Betreuungsstelle XXXX der XXXX . Der Beschwerdeführer lebt in Österreich in XXXX in einer Unterkunft der XXXX und hat einige soziale Kontakte – auch zu österreichischen Staatsbürgern – geknüpft. In seiner Freizeit spielt der Beschwerdeführer gerne Tischtennis.
In Österreich leben keine Verwandten oder sonstige wichtige Bezugspersonen des Beschwerdeführers. Es besteht weder eine Lebensgemeinschaft des Beschwerdeführers in Österreich, noch gibt es in Österreich geborene Kinder des Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich bescholten.
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX (rechtskräftig seit XXXX ) wurde der Beschwerdeführer zur Zahl XXXX verurteilt, weil er am XXXX gemeinsam mit zwei Mittätern im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Heroin (beinhaltend Acetylcodein, Diacetylmorphin und Monoacetylmorphin) und Cannabiskraut (beinhaltend Delta-9-THC und THCA) auf einer öffentlichen Verkehrsfläche (im Bereich des stark frequentierten Gehsteiges in XXXX nahe der XXXX ) öffentlich anderen überlassen bzw. zu überlassen versucht hat. Konkret haben der Beschwerdeführer und zwei Mittäter einem verdeckten Ermittler ein Baggy mit insgesamt 0,1 Gramm Heroin durch gewinnbringenden Verkauf gegen ein Entgelt von € 50 überlassen, wobei der Beschwerdeführer dem verdeckten Ermittler das Suchtgift anbot, diesen zu einem Mittäter führte, der das Suchtgift bunkerte und das Suchtgift an den verdeckten Ermittler übergab, während ein weiterer Mittäter Aufpasserdienste leistete und sich bereit hielt, jederzeit unterstützend in das Suchtgiftgeschäft einzugreifen. Weiter versuchte der Beschwerdeführer mit seinen Mittätern, potentiellen Suchtgiftabnehmern 1,2 Gramm Heroin und 0,9 Gramm Cannabiskraut zu überlassen, indem sie gemeinsam versuchten, ein Suchtgiftgeschäft anzubahnen und einer der Mittäter das Suchtgift zum unmittelbar bevorstehenden gewinnbringenden Weiterverkauf bereit hielt. Es blieb jedoch beim Versuch, weil sie von der Polizei angehalten wurden. Zudem hat der Beschwerdeführer seit Herbst XXXX bis XXXX Heroin zum ausschließlich persönlichen Gebrauch erworben und besessen. Hierfür wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß §§ 27 Abs 1 Z 1 achter Fall, Abs 2a SMG, 15 StGB und nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG unter Anwendung von § 28 Abs 1 StGB nach § 27 Abs 2a SMG zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, welche unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren gemäß § 43 Abs 1 StGB bedingt nachgesehen wurde. Bei der Strafzumessung wurden das Geständnis, die Unbescholtenheit und der teilweise Versuch mildernd berücksichtigt. Als erschwerend wurde das Zusammentreffen von mehreren Vergehen gewertet.
Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX (rechtskräftig seit XXXX ) wurde der Beschwerdeführer zur Zahl XXXX verurteilt. Das Landesgericht XXXX stellte fest, dass der Beschwerdeführer schuldig ist und am XXXX in XXXX vorschriftswidrig auf einer öffentlichen Verkehrsfläche (in XXXX ) öffentlich Suchtgift, nämlich ein Baggy mit 1,6 Gramm Heroin (beinhaltend den Wirkstoff Monoacetylmorphin), durch gewinnbringenden Verkauf um € 50 einem verdeckten Ermittler überlassen hat. Hierfür wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs 2a SMG nach § 27 Abs 2a SMG zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wurde die erlittene Vorhaft vom XXXX Uhr bis XXXX Uhr auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet und die mit Urteil XXXX , gewährte bedingte Strafnachsicht gemäß § 53 Abs 1 StGB iVm § 494a Abs 1 Z 4 StPO widerrufen. Bei der Strafzumessung wurde die Sicherstellung des Suchtgifts mildernd berücksichtigt. Als erschwerend wurden die einschlägige Vorstrafe und der rasche Rückfall gewertet.
Der Beschwerdeführer befand sich von XXXX in Haft. Zuletzt holte das Landesgericht XXXX zur Zahl XXXX ein klinisch-psychologisches Gerichtssachverständigen-Gutachten vom XXXX ein, welches die Erteilung einer Weisung zu einer stationären psychotherapeutischen Behandlung in der Dauer von einem halben Jahr mit einer daran anschließenden ambulanten Behandlung mit wöchentlichen Einzelsitzungen und begleitenden Harnkontrollen empfahl. Auf Basis dieses Gutachtens wurde dem Beschwerdeführer mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom XXXX , gemäß § 39 Abs 1 SMG Strafaufschub bis XXXX gewährt, um sich der notwendigen gesundheitsbezogenen Maßnahme, und zwar einer stationären psychotherapeutischen Behandlung in der Dauer von sechs Monaten mit wöchentlichen Einzel- und Gruppentherapiesitzungen sowie einer Tagesstruktur gebenden Ergo- und Beschäftigungstherapie und zumindest zu Beginn der Therapie engmaschigen Harnkontrollen, mit einer daran anschließenden ambulanten Behandlung mit wöchentlichen Einzeltherapiesitzungen, regelmäßigen begleitenden Harnkotrollen und engmaschiger sozialarbeiterischer Betreuung zu unterziehen. Der Strafaufschub wurde mit der Maßgabe gewährt, dass eine Bestätigung über den Beginn der gesundheitsbezogenen Maßnahmen binnen eines Monats und Bestätigungen über den Verlauf alle zwei Monate vorzulegen sind.
Der Beschwerdeführer kam den Weisungen des Landesgerichtes XXXX nach und unterzog sich von XXXX einer stationären Suchttherapie (Substitutionstherapie) bei der Einrichtung XXXX , die er regulär beendete. Seit XXXX befindet sich der Beschwerdeführer in ambulanter Therapie bei der Einrichtung XXXX , welche er auch zukünftig fortsetzen möchte. Zusätzlich nimmt der Beschwerdeführer das Beratungsangebot der XXXX in Anspruch. Er nimmt regelmäßig Termine bei einem psychosozialen Berater für Beratung, Betreuung und Wohnen, XXXX wahr, wobei sich der Beschwerdeführer in den Gesprächen sehr reflektiert und kooperativ zeigt. Der Entwicklungsverlauf des Beschwerdeführers stellt sich sehr positiv dar. Er ist derzeit hinsichtlich seiner Suchterkrankung stabil und schafft es, einer geregelten Tagesstruktur nachzugehen, die sich auf seine psychische Stabilisierung unterstützend auswirkt. Seit seiner Entlassung aus der Haft nach Gewährung des Strafaufschubs am XXXX verhält sich der Beschwerdeführer wohl und hat sich nichts zu Schulden kommen lassen. Er unterzieht sich nach wie vor einer gesundheitsbezogenen Maßnahme und konsumiert keine Drogen mehr. Die Substitutionsbehandlung beim Beschwerdeführer ist stabil. Er nimmt derzeit täglich Levometasan als Substitutionsmittel ein. Es zeigt sich ein klarer Willen beim Beschwerdeführer, künftig ohne Drogen zu leben. Der Beschwerdeführer hat seine Drogenabhängigkeit nunmehr im Griff, weshalb keine Wiederholungs