TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/23 W142 2245418-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.09.2021
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Entscheidungsdatum

23.09.2021

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §33
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W142 2245418-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, vertreten durch Legal Focus, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 03.09.2021, Zl. 1281333608-211246563, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Vorverfahren:

Der Beschwerdeführer (BF), ein indischer Staatsangehöriger, ist auf dem Luftweg von Belgrad kommend in Wien Schwechat gelandet und hat am 25.07.2021 im Zuge einer vorgelagerten Kontrolle einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Die ärztliche Untersuchung vom 26.07.2021 ergab, dass der Beschwerdeführer aufgrund der Untersuchung als haftfähig anzusehen ist.

Bei der Erstbefragung am 26.07.2021 gab der Beschwerdeführer an, dass er zwölf Jahre die Grundschule besucht und zuletzt bei seinen Eltern in der Landwirtschaft gearbeitet habe. Im Heimatland würde sein Vater leben. Er habe 2 Monate in der Ukraine und 20 Tage in Serbien gelebt und habe am 25.07.2021 einen Direktflug von Belgrad nach Wien genommen. Als Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer folgendes an (Schreibfehler korrigiert):

„Ich hatte eine Beziehung mit einem Mädchen, dessen Bruder Mitglied einer Gängstergruppe XXXX war. Meine Freundin wurde schwanger. Als ihr Bruder davon erfuhr, wurde er sehr wütend und hat mich geschlagen und mit dem Umbringen bedroht. Er drohte mir, dass er meinen Penis verbrennen wird. Vor ca. 1 Jahr war ich in der Stadt Gurdaspur, da kam mir ihr Bruder mit einer kleinen Flasche in der Hand entgegen und schüttete den Inhalt der Flasche auf meinen rechten Oberschenkel. Es fing an furchtbar zu brennen, da es Säure war. Ich war danach 1 Monat lang zur Behandlung im Spital aufhältig. Als ich wieder gesund war, hat der Bruder meiner Freundin mich wieder mit dem Umbringen bedroht. Aus diesen Gründen hat meine Familie die Ausreise aus Indien organisiert.“

Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am 30.07.2021 vor der Erstaufnahmestelle Flughafen, gab der Beschwerdeführer an, dass er nicht in ärztlicher Behandlung stehe, keine Medikamente nehme und körperlich und geistig gesund sei. Weiters gab der Beschwerdeführer Folgendes an (Schreibfehler korrigiert):

„LA: Wie heißen Sie und wann und wo wurden Sie geboren? VP: Mein Name ist XXXX und ich wurde am XXXX in Gurdaspur geboren.
LA: Sind Sie verheiratet? Wenn ja, wie lauten die Daten (Name, Geburtsdatum) Ihrer Gattin? VP: Nein, befragt ich bin ledig.
LA: Haben Sie Kinder? Wenn ja, wie viele? Nennen Sie den Namen und Geburtsdaten der Kinder. VP: Nein.
LA: Haben Sie noch Angehörige in Ihrer Heimat Indien? VP: Mein Vater XXXX , ca. 65 Jahre alt, meine Mutter XXXX , 2019 verstorben. Ich habe keine Geschwister. Auf Nachfrage, ich habe nur einen Onkel väterlicherseits.
LA: Wo genau halten sich Ihre Angehörigen aktuell auf? VP: Indien, Punjab (Provinz), Bezirk Gurdaspur, Dorf XXXX .
LA: Wovon bestreiten Ihre Angehörigen in Indien den Lebensunterhalt? VP: Mein Vater ist ein Landwirt. Auf Nachfrage, wir haben eine eigene Landwirtschaft mit 2,5 Killa.
LA: Bitte geben Sie so genau wie möglich die Adresse im Heimatland an, an der Sie zuletzt gelebt haben? VP: Bis Februar 2021 lebte ich in Indien in meinem Heimatdorf, Punjab (Provinz), Bezirk Gurdaspur, Dorf XXXX . Danach war ich der Stadt Batala und von Amritsar bin ich weggeflogen. Auf Nachfrage, in Batala war ich vom März bis April 2021 dort – bis zur Ausreise, ich lebte bei meinen Großeltern mütterlicherseits.
LA: Wie lange haben Sie an dieser Adresse gelebt? VP: Von Geburt bis Februar 2021 im Heimatdorf.
LA: Unter welchen Umständen und mit wem lebten Sie in Indien? (Haus, Wohnung, Miete, Eigentum …?) VP: Eigentumshaus in unserem Dorf. Ich lebte dort mit meinem Vater.
LA: Wann, wie und mit wem hatten Sie zuletzt Kontakt in Ihrem Heimatland? VP: Im April habe ich zuletzt mit meinem Vater gesprochen, als ich aus Indien ausgereist bin. Auf Nachfrage, er sagte zu mir am Flughafen wird mich der Schlepper treffen.
LA: Haben Sie in Österreich irgendwelche verwandtschaftlichen oder privaten Bezugspunkte? VP: Nein.
LA: Welche Schul- und Ausbildung haben Sie? VP: 12 Jahre Grundschule. Ich habe einen Monat lang einen Kurs gemacht, ITI. Auf Nachfrage, das war ein Mechanik Kurs, wir haben über Traktoren gelernt.
LA: Wovon haben Sie gelebt? Wo waren Sie beschäftigt? Waren Sie bis zu Ihrer Ausreise beruflich tätig? VP: Ich habe meinem Vater in der Landwirtschaft geholfen.
LA: Möchten Sie irgendwelche Beweismittel/Dokumente/ärztliche Befunde etc. vorlegen? Haben Sie Dokumente bei sich? VP: Nein.
LA: Haben Sie einen Reisepass? VP: Jetzt nicht mehr. Auf Nachfrage, ich habe diesen zerrissen. Auf Nachfrage, im Flugzeug. Auf Nachfrage, der Schlepper hat es gesagt.
LA: Ihr Reisepass wurde gefunden. Auf diesem steht ein anderes Geburtsdatum! Es steht XXXX ! Ihr Reisepass wurde am 05.01.2018 ausgestellt. Dieses Datum steht auch auf der gefunden Karte Ukraine - Aufenthaltskarte. VP: Wir feiern meinen Geburtsdatum immer am XXXX
LA: Was haben Sie noch für Dokumente im Heimatland? VP: Ich hätte noch ein Schulzeugnis, aber ich habe keinen Kontakt mehr.
VP korrigiert sich. Nein, ich habe nichts mehr.
LA: Wann haben Sie Ihren Entschluss zur Ausreise gefasst? VP: Im Februar/März 2021.
LA: Nennen Sie mir den Weg Ihrer Ausreise. Wer hat das Ticket besorgt und wie? VP: Von Indien/Amritsar nach Mumbai, dann in die Ukraine mit Transitvisum geflogen, dort war ich 2 Monate, dann nach Serbien, Österreich. Der Schlepper hat alles organisiert.
LA: War die Flucht schlepperunterstützt? (Wie viel hat es gekostet, woher kam das Geld) VP: Mein Vater hat das Ganze bezahlt, ich weiß es nicht wie viel er bezahlt hat.
LA: Wie erfolgte Ihre Ausreise legal oder illegal? VP: Legal.
LA: Wie verlief die Ausreisekontrolle in Indien? VP: Alles okay.
LA: Waren Sie sonst jemals im Ausland? VP: Nein.
LA: Haben Sie bereits woanders um Asyl angesucht? (wenn ja, wann? – wo? Ausgang d. Verfahrens?) VP: Nein.
LA: War Österreich jetzt Ihr Zielland? VP: Nein, der Schlepper hat gesagt, er wird entscheiden wohin er mich bringt.
LA: Bitte nennen Sie Ihre Staatsangehörigkeit, Volksgruppe und Religionszugehörigkeit?
VP: Ich bin indischer Staatsbürger, gehöre der Volksgruppe der Jat an und bekenne mich dem Sikhismus.
LA: Hatten Sie wegen Ihrer Volksgruppe oder Religionszugehörigkeit Probleme im Heimatland? VP: Nein.
LA: Werden Sie gesucht im Heimatland oder gibt es einen Haftbefehl? VP: Nein.
LA: Wurden Sie von staatlicher Seite bedroht oder verfolgt? VP: Nein.
LA: Haben Sie im Heimatland strafbare Handlungen begangen, sind Sie vorbestraft / verurteilt oder waren Sie schon einmal in Haft oder Gefangenschaft? VP: Nein.
LA: Kommen wir bitte jetzt nochmals zu allen Ihren Fluchtgründen. Sie haben schon etwas dazu angegeben. Warum haben Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen? Nennen Sie nun bitte detailliert und in Ihren eigenen Worten alle Ihre Fluchtgründe, sodass ich mir ein Bild davonmachen kann? Sie haben hierzu ausreichend Zeit. VP: Im Jahr 2019 als ich den ITI Kurs besucht habe, gab es in der Nähe eine Nähschule. Meine Freundin hat dort die Schule besucht, wir haben uns kennengelernt und hatten eine Beziehung. Sie wurde schwanger, wir wollten heiraten. Ich erzählte meiner Mama von ihr, auch der Bruder des Mädchens erfuhr von unserer Beziehung. Er ist bei einer Gangster Gruppe. Er fragte nach mir und ich werde von ihm gesucht. Eines Tages als ich Gurdaspur unterwegs war, ich weiß nicht, wovon er Kenntnis davon hatte, er kam in Begleitung von anderen Personen und kreiste mich ein. Er hatte eine Flasche in der Hand mit einer Säure und sagte, er wird meinen Penis verbrennen. Er warf diese Säure auf mich und meine Hose fing Feuer. Mein Oberschenkel wurde verbrannt. Ich wurde ins Spital gebracht und mein Vater informiert. Ich wurde dort behandelt. Nach einem Monat wurde ich aus dem Spital entlassen, ich war zu Hause. Von meinen Freunden erfuhr ich, dass der Bruder mich noch immer töten möchte und sagt zu jedem, sobald ich aus der Wohnung oder Haus rauskomme bringt er mich um. Nach 3-4 Monaten nachdem ich wieder gesund war, ging ich auf die Felder. Der Bruder kam auch dorthin und schlug mich. Dies kam 2-3 Mal vor, dass er mich auf meinen Feldern geschlagen hat.
LA: Sie erzählen hier über Verletzungen in Ihrem Intimbereich. Sie werden hingewiesen, dass eine gleichgeschlechtliche Einvernahme durchgeführt werden soll. Möchten Sie dies? VP: Nein, ich möchte mit ihnen weitermachen.
LA: Dann weiter bitte! VP: Nein, das sind meine Gründe, sie sind hinter mir her.
LA: Wann war der Vorfall mit der Säure? VP: Es ist ca. vor einem Jahr passiert.
LA: Haben Sie Unterlagen vom Krankenhaus? VP: Ich weiß es nicht, ob die zu Hause sind. Ich habe aber keinen Kontakt zur Familie.
LA: Warum konnten Sie nicht heiraten? VP: Ich wollte sie eh heiraten. Der Bruder war dagegen.
LA: Warum war der Bruder Ihrer Freundin gegen Sie? VP: Ich weiß es nicht. Er war bei einer Gangstergruppe. Auf Nachfrage, der Name der Gangstergruppe ist XXXX .
LA: Er nannte keinen Grund, weshalb Sie das Mädchen nicht heiraten durften? VP: Nein.
LA: Was passierte mit Ihrer Freundin und dem ungeborenen Kind? VP: Danach war es mir nicht möglich, meine Freundin zu kontaktieren. Ich weiß nicht, was ist mit ihr und dem Kind.
LA: Wann wurde Ihre Freundin schwanger? VP: Anfang des Jahres 2020. Auf Nachfrage, den letzten Kontakt hatte ich auch Anfang 2020, als sie mir gesagt hat, dass sie schwanger ist.
LA: Warum haben Sie Ihre Freundin nicht auf die Flucht mitgenommen? VP: Ich habe keinen Kontakt zu ihr.
LA: Wo lebt Ihre Freundin? VP: In XXXX . Auf Nachfrage, es ist 20 km entfernt von meinem Dorf.
LA: Weiß Ihr Vater etwas über Ihre Freundin? VP: Nein. Auf Nachfrage, sonst weiß auch niemand etwas über sie. Auf Nachfrage, meine Freundin war 21.
LA: Ihre Freundin ist volljährig! VP: Ja.
LA: Weshalb liefen Sie mit Ihrer Freundin nicht weg? VP: Aus Angst vor ihrem Bruder.
LA: Was macht diesen Bruder so gefährlich? VP: Zum Hören habe ich bekommen, dass er schon viele Leute geschlagen hat. Er ist ein in der Gegend bekannter Gangster.
LA: Haben Sie die Polizei aufgesucht nach den Drohungen und Säureanschlag? VP: Ja. Auf Nachfrage, ich war in der Polizeistation XXXX . Auf Nachfrage, wir waren bei der Polizei, es wurde protokolliert und sie haben gesagt, sie werden ermitteln. Als wir danach gefragt haben, was passiert ist, kam die Polizei zu uns und die waren bei der Familie des Bruders und die haben gesagt, ja wir wissen wie er ist. Er ist in schlechter Gesellschaft und macht schlechte Sachen. Wir haben den Sohn verstoßen, haben die Eltern von ihm gesagt. Auf Nachfrage, die Familie von ihm hat gesagt, er wohnt nicht mehr dort. Auf Nachfrage, ich war nachdem sie mich mit der Säure angegriffen haben bei der Polizei. Ich habe nichts Schriftliches.
LA: Wann und wo waren Sie im Krankenhaus? Hat das Krankenhaus die Polizei verständigt?
VP: Im Spital in der Stadt Gurdaspur. Die Polizei war nicht im Spital. Auf Nachfrage, ich weiß nicht welche Säure es war, es kam so plötzlich. Auf Nachfrage, meine Verletzung wurde mit Salbe behandelt. Auf Nachfrage, mein Penis wurde nicht verletzt.
Anm. lt. Med. Bericht hat er eine Verletzung am Oberschenkel – Verbrennung.
LA: Wann waren Sie damals in Gurdaspur unterwegs? VP: Im Februar 2020.
LA: In welchem Zeitraum sei der Gangster auf Ihre Felder gekommen? VP: Das war im Jahr 2020. Auf Nachfrage, ich kann mich an das Datum nicht mehr erinnern.
LA: Weshalb hat der Vater des Mädchens der Heirat nicht zugestimmt? VP: Sie hat keinen Vater. LA: Wer hat den „Sohn“ dann verstoßen? VP: Das weiß ich nicht.
LA: Wie lautet der Name des Bruders/Gangster? VP: Seinen vollständigen Namen weiß ich nicht, man nennt ihn „ XXXX “.
LA: Haben Sie die Polizei aufgesucht, nachdem er Sie auf den Feldern aufgesucht hat? VP: Nein. Auf Nachfrage, wir haben bereits eine Anzeige gemacht und die Ermittlungen sind ja gelaufen. Ich und mein Vater hatten Angst vor ihm und deswegen gingen wir nicht zur Polizei.
LA: Waren Sie zu dem Zeitpunkt, als Sie auf den Feldern von dem Gangster aufgesucht wurden, noch mit dem Mädchen zusammen? VP: Nein.
LA: Wenn Sie nicht mehr zusammen waren, weshalb hat er Sie bedroht? VP: Das weiß ich nicht. Er sagt, ich habe ihm Schande gebracht.
LA: Das wäre aber ein Grund für die Heirat um die Schande bzw. die Ehre zu retten. Hätten Sie geheiratet! VP: Das ist seine Denkweise.
LA: Das sind Ihre Fluchtgründe, weshalb Sie nun einen Asylantrag gestellt haben? VP: Ja.
LA: Gibt es sonst noch ein Vorbringen oder Vorfälle zu Ihrem Fluchtgrund? VP: Nein.
LA: Sie befinden sich im Sondertransitbereich. Es besteht für Sie jederzeit die Möglichkeit freiwillig auszureisen. VP: Anm. VP nimmt es still zur Kenntnis.
LA an Rechtsberatung: Gibt es von Ihrer Seite noch offene Fragen oder Anträge?
RB: Wäre die Mutter des Mädchens mit der Hochzeit einverstanden? VP: Ja.
RB: Hätten Sie nicht unter Polizeischutz, das Mädchen heiraten können? VP: Es wäre schon möglich gewesen, ich habe aber Angst vor dem Bruder.
RB: Sie haben gesagt, der Bruder des Mädchens ist ein bekanntes Mitglied der Gangstergruppe. Hat Ihre Freundin, nicht mit dem Bruder reden können? VP: Er ist außerhalb des Hauses, aber sie hätte mit ihm reden können.
RB: Ist es jemals zu einem persönlichen Gespräch zwischen Ihnen und dem Bruder gekommen? VP: Nein.
RB: Gehörten Sie beide der gleichen Kaste und Religion an? VP: Ja.
RB: Sie wissen nicht, was er konkret gegen Sie hatte? VP: Nein.
LA: Als Ergebnis der heutigen Einvernahme wird Ihnen mitgeteilt, dass Ihnen die Einreise in das Bundesgebiet NICHT gestattet wird.
Anmerkung: In einem allgemeinen Rechtsgespräch wird für die VP der weitere mögliche Ablauf eines Flughafenverfahrens erörtert, d.h. Einbindung von UNHCR – Zustimmung von UNHCR - Abweisung des Antrages mit Bescheid des BFA im Flughafenverfahren – Beschwerdemöglichkeit an Bundesverwaltungsgericht – abweisendes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes – Zurückweisung der VP durch LPD - aber auch die jeweiligen Chancen für die VP im Flughafenverfahren - keine Zustimmung von UNHCR – Einreisegestattung – Weiterführung des Verfahrens im Inland – oder Stattgebung der Beschwerde durch Bundesverwaltungsgericht - Einreisegestattung - Weiterführung des Verfahrens im Inland.
VP wird in allgemeinem Rechtsgespräch auch über die Dauer der einzelnen Verfahrensschritte, die Umstände der Konfinierung, Möglichkeit der Unterstützung durch BBU, SWB des Wachzimmers, ärztliche Betreuungsmöglichkeiten, Telefonkontakte usw. – abermals in Kenntnis gesetzt.
LA: Haben Sie diese beabsichtigte Vorgehensweise verstanden? VP: Ja.
LA: Wollen Sie am Ende dieser Einvernahme irgendetwas ergänzen? VP: Ich will nicht zurück, mein Leben ist dort gefährdet.
LA: Wie haben Sie die Dolmetscherin verstanden? VP: Ich habe die Dolmetscherin gut verstanden.
LA: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. VP: Ja. 11
LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert? VP: Es hat alles gepasst.“

Mit Schreiben vom 02.08.2021 des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl an das UNHCR Büro in Österreich ersuchte das Bundesamt den UNHCR um Zustimmung gemäß § 33 Abs. 2 AsylG zur Abweisung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 33 Abs. 1 Z 2 AsylG.

Mit Schreiben vom 04.08.2021 teilte der UNHCR mit: „Bezugnehmend auf Ihr Ersuchen vom 02.08.2021 erlauben wir uns, Ihnen mitzuteilen, dass das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR die Zustimmung gemäß § 33 Abs. 2 AsylG 2005 erteilt, da das Vorbringen in Einklang - mit Beschluss Nummer 30 des UNHCR – Exekutivkommitees als offensichtlich unbegründet eingestuft werden kann.“

Das Bundesamt hat mit Bescheid vom 04.08.2021 den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 33 Abs. 1 Z 2 iVm § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen, ihm den Status eines Asylberechtigten sowie gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 auch den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zuerkannt, und ihm unter einem auch kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilt. Begründend wurde im angefochtenen Bescheid, neben umfangreichen Feststellungen zur allgemeinen Lage in Indien, unter Darlegung näherer Erwägungen unter anderem Folgendes ausgeführt: „Sie waren nicht in der Lage, konkrete Angaben zu Ihrem Vorbringen darzulegen. Sie führten in den Befragungen oberflächliche Angaben zu Ihren Fluchtgründen an. Im Rahmen Ihrer Erstbefragung am 26.07.2021 führten Sie aus, dass Sie eine Beziehung zu einem Mädchen gehabt hätten, deren Bruder einer Gangstergruppe „ XXXX “ angehören würde. Ihre Freundin sei schwanger geworden. Als deren Bruder davon erfahren hätte, sei er wütend geworden und hätte Sie geschlagen und mit dem Umbringen bedroht. Er hätte Ihnen gedroht, Ihren Penis zu verbrennen. Vor ca. 1 Jahr wären Sie in der Stadt Gurdaspur gewesen, da sei der Bruder Ihrer Freundin mit einer kleinen Flasche in der Hand, entgegengekommen und hätte Ihnen den Inhalt der Flasche auf Ihren rechten Oberschenkel geschüttet. Es hätte furchtbar zu brennen begonnen, da es Säure gewesen wäre. Sie seien danach 1 Monat lang in einem Spital zur Behandlung aufhältig gewesen. Als Sie wieder gesund gewesen wären, hätte Sie der Bruder Ihrer Freundin wieder mit dem Umbringen bedroht. Aus diesen Gründen hätte Ihre Familie, die Ausreise für Sie aus Indien organisiert. Weitere Gründe für Ihre Asylantragstellung brachten Sie nicht vor. In der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führten Sie die Beziehung mit dem Mädchen ebenfalls aus. Im Jahr 2019 hätten Sie Ihre Freundin kennengelernt und seien eine Beziehung eingegangen. Ihre Freundin wäre schwanger geworden und Sie hätten Ihre Freundin heiraten wollen. Von dem Umstand der Schwangerschaft hätten Sie Ihre Mutter informiert und der Bruder Ihrer Freundin, welcher eine Gangster Gruppe angehören würde, hätte ebenfalls davon erfahren. Aufgrund dessen hätte der Bruder Ihrer Freundin Sie gesucht. Eines Tages, als Sie in Gurdaspur unterwegs gewesen wären, hätten Sie den Bruder Ihrer Freundin getroffen, dieser sei in Begleitung von anderen Personen gewesen, hätte Sie umkreist und eine Flasche mit Säure in der Hand gehalten. Wobei dieser zu Ihnen gesagt hätte, dass er Ihren Penis verbrennen würde. Er hätte diese Säure auf Sie geworfen und Ihre Hose hätte Feuer gefangen. Dabei sei Ihr Oberschenkel verbrannt worden. Sie wären in ein Spital verbracht worden, in welchem Sie einen Monat aufhältig gewesen wären. Nach Ihrer Entlassung aus dem Spital, hätten Ihnen Freunde erzählt, dass der Bruder Ihrer Freundin, Sie nach wie vor töten möchte. 3-4 Monate nach Ihrer Genesung, wären Sie auf die Felder gegangen. Dabei sei der Bruder Ihrer Freundin ebenfalls auf das Feld gekommen und hätte Sie geschlagen, dies wäre 2-3 Mal vorgekommen (vgl. Einvernahmeprotokoll, S.7, vom 30.07.2021).

Sie führten aus, dass der Bruder Ihrer Freundin, welcher einer Gangster Gruppe angehören würde, gegen Ihre Beziehung zu seiner Schwester war. Sie waren jedoch nicht in der Lage den Grund zu nennen, weshalb dieser gegen Ihre Beziehung war. Sie führten aus, dass Sie es nicht wissen würden, weshalb dieser gegen Sie war und führten weiter aus, dass er bei einer Gangster Gruppe war. Dieser Bruder hätte Ihnen auch NIE einen Grund genannt, weshalb Sie Ihre Freundin nicht heiraten hätten dürfen (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 9, vom 30.07.2021). Wäre Ihre Freundin wirklich von Ihnen schwanger geworden und Sie Ihre Freundin auch heiraten hätten wollen, weshalb hätte sich der Bruder von Ihrer Freundin so gegen diese Beziehung gewehrt. Es wäre umgekehrt, verständlicher wenn der Bruder verärgert über Sie wäre, wenn Sie das Mädchen geschwängert hätten und diese nicht heiraten hätten wollen. Dies wäre nicht der Fall gewesen. Im Laufe der Einvernahme führten Sie aus, dass nachdem Sie keinen Kontakt mehr zu Ihrer Freundin gehabt hätten. Der Bruder von ihr zu Ihnen gesagt hätte, dass Sie ihm Schande gebracht hätten (vgl. Einvernahmeprotokoll, S.9, vom 30.07.2021). Eine ledige Mutter, bedeutet in gewissen Kulturen eine Schande oder Ehrverletzung in der Familie, deswegen ist es unverständlich, weshalb Sie die Beziehung nicht offiziell machen hätten können, wenn Ihre Freundin wirklich schwanger gewesen wäre. Ebenso unverständlich ist Ihr Verhalten, hätte es diese Beziehung und die vermeintliche Schwangerschaft wirklich gegeben, weshalb seien Sie mit Ihrer Freundin, nicht weggegangen bzw. hätten Sie Ihre Freundin auch auf die Flucht mitgenommen, zumal Ihre Freundin volljährig wäre. Dies taten Sie nicht. Sie führten aus, dass Sie den letzten Kontakt zu Ihrer Freundin Anfang 2020 gehabt hätten, dabei hätte diese Ihnen von der Schwangerschaft erzählt. Sie würden nicht einmal wissen, was aus Ihrer Freundin und dem ungeborenen Kind geworden sei (vgl. Einvernahmeprotokoll, S.8, vom 30.07.2021). Anzumerken ist, dass Ihre Freundin bzw. nun ehemalige Freundin in einem Dorf wohnt, welches ca. 20 km von Ihrem Dorf entfernt ist. Es handelt sich dabei nicht um hunderte von Kilometern, wo keiner mehr etwas weiß. Sondern um 20 Kilometer, wo man doch auch Bewohner kennen könnte bzw. andere aus dem Heimatdorf jemand kennen könnten. Hätte es diese Liebesbeziehung wirklich so gegeben, wie Sie es darzustellen versucht haben. So ist es nicht logisch nachvollziehbar, dass Sie diese Frau einfach so im Heimatland ihrem Schicksal überlassen hätten. Sie wären mit Ihrer Freundin nicht weggelaufen, da Sie Angst vor deren Bruder gehabt hätten. Ihre Antworten erscheinen sehr eigenartig. Laut Ihren Angaben hätten Sie seit Anfang 2020 keinen Kontakt mehr zu Ihrer Freundin, unverständlich erscheinen dann Ihre Ausführungen zu dem Säureanschlag, Zeitpunkt ca. von einem Jahr und die 2-3 Mal ebenfalls im Jahr 2020, bei denen der Bruder Ihrer ehemaligen Freundin, Sie auf Ihren Feldern aufgesucht und geschlagen hätte. Weshalb würde Sie dieser weiterhin suchen und bedrohen, wenn Sie keine Beziehung mehr zu dieser Frau geführt haben. Zur Steigerung Ihres Vorbringens führten Sie aus, dass dieser Sie nach Ihrem Spitalsaufenthalt weiterhin töten hätte wollen. Wäre dies der Fall gewesen, dass der Bruder der Frau Sie töten hätte wollen, so hätte er mehrmals die Gelegenheit gehabt, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Dies sei nicht geschehen. Ihr Vorbringen entbehrt jede Glaubwürdigkeit. Zumal Sie keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt hätten, jedoch der Bruder hätte Sie persönlich aufgesucht. Im Laufe der Einvernahme gaben Sie an, dass die Eltern Ihrer ehemaligen Freundin, diesen Mann aus der Familie verstoßen hätte. Erstaunlich sind in weiterer Folge Ihre Angaben, zu den Eltern Ihrer ehemaligen Freundin. Sie wurden von der Einvernahme Leiterin befragt, weshalb der Vater von ihr dieser Ehe nicht zugestimmt hätte. Ihre Antwort darauf: „Sie hat keinen Vater.“ (vgl. Einvernahmeprotokoll, S.10, vom 30.07.2021). Wie oben ausgeführt, gaben Sie zuvor auf Seite 9 in der Einvernahme zu Protokoll, dass die ELTERN – hier meint man normalerweise Vater und Mutter – den Sohn verstoßen haben (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 9, vom 30.07.2021). Zu dem angeblichen Säureangriff ist anzumerken, dass Sie zwar am rechten Oberschenkel Verbrennungen aufweisen, welche der Arzt im Sondertransitbereich bei der medizinischen Untersuchung dokumentiert hat. Sie brachten jedoch keine Beweismittel in Vorlage wie ärztliche Befunde aus Ihrem Heimatland, aus welchem auch hervorgeht, dass es sich tatsächlich um einen Säureangriff gehandelt hätte. Zumal Sie einen Monat im Krankenhaus aufhältig gewesen wären. Auf die Frage der Einvernahme Leiterin, wie Ihre Verletzung im Krankenhaus behandelt worden wäre, gaben Sie an, mit Salbe (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 9, vom 30.07.2021). Nach dem angeblichen Säureangriff gegen Ihre Person, hätten Sie die Polizei aufgesucht und diese hätte Ihre Aussagen protokolliert und sei zur Familie des „Täters“. Nähere Angaben zu dem Bruder Ihrer ehemaligen Freundin, welcher Sie bedroht hätte konnten Sie nicht tätigen. Auf die Frage, was diesen Mann so gefährlich machen würde, gaben Sie lapidar an, dass Sie gehört hätten, dass er schon viele Leute geschlagen hätte und er in der Gegend ein bekannter Gangster sei. Sie würden nicht einmal seinen vollständigen Namen wissen, man würde ihn „ XXXX “ nennen (vgl. Einvernahmeprotokoll, S.8 und 10, vom 30.07.2021). Sie haben sich ein grobes Konstrukt zurechtgelegt, jedoch nicht ganz durchdacht. Hätte es diese Geschichte wirklich gegeben, was die erkennende Behörde nicht glaubt, so hätten Sie sich an jedes Detail erinnern können. Eine Person, welche wirklich verfolgt werden würde, kann sich an Zeiten erinnern, wenn nicht mehr ganz genau, aber es wäre in Erinnerung, der Monat oder ob es zum Beispiel im Sommer war. Sie waren nicht in der Lage zu benennen, in welchem Zeitraum der „Gangster“ bei Ihnen auf den Feldern war und Sie dort bedroht hätte. Sie führten allgemein das Jahr 2020 an. Es lässt sehr den Anschein, dass Sie sich einer konstruierten Geschichte bedienten. Sie haben Indien auf legalem Wege verlassen. Sie flogen in die Ukraine und hielten sich dort laut Ihren Angaben 2 Monate lang auf. Danach flogen Sie von der Ukraine aus nach Serbien, wo Sie sich 20 Tage lang aufgehalten hätten. Von Serbien flogen Sie direkt nach Österreich. Sie haben im Flugzeug Ihren indischen Reisepass zerrissen.

Es wurden Teile Ihres indischen Reisepasses im Flugzeug gefunden, auf der Datenseite ist erkennbar, dass Ihr Geburtsdatum mit XXXX angeführt, ist. Zudem wurde auch eine Ukrainische Aufenthaltskarte gefunden, lt. auf Ihren Namen und das Geburtsdatum XXXX . Auf den Vorhalt, dass Sie ein anderes Geburtsdatum in Österreich angegeben haben, gaben Sie lapidar an, dass Sie immer den Geburtstag am XXXX feiern würden (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 6, vom 30.07.2021). Es lässt sehr den Anschein, dass Sie absichtlich ein falsches Geburtsdatum in Österreich angeführt haben, um Ihre Identität zu verschleiern. Sie waren nicht in der Lage glaubhaft darzulegen, dass man Sie in Indien verfolgen bzw. bedrohen würde. Eine Verfolgung von staatlicher Seite und aufgrund der Volksgruppe und/oder Religionszugehörigkeit verneinten Sie (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 7, vom 30.07.2021).

In der Gesamtschau waren Sie nicht in der Lage ein glaubhaftes Vorbringen zu Ihren zentralen Asylvorbringens darzulegen. Hätten die von Ihnen behaupteten Bedrohungen gegen Ihre Person tatsächlich stattgefunden, wären von Ihnen detaillierte und nachvollziehbare Angaben zu erwarten gewesen. Es kann nicht Aufgabe der Einvernahme Leiterin sein, jede Ihrer unzähligen vagen und pauschalen Angaben bzw. Andeutungen durch mehrmaliges Nachfragen zu konkretisieren, sondern liegt es an Ihnen ein detailliertes und stimmiges Vorbringen zu erstatten, um die nötige Glaubwürdigkeit zu erlangen.

In einer Gesamtwürdigung Ihres Vorbringens gelangt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Anbracht der aufgetretenen Widersprüche sowie der mangelnden Plausibilität der in Rede stehenden Angaben zur Ansicht, dass nicht glaubwürdig ist, dass Sie in Indien, bedroht worden wären. Diesbezüglich haben Sie eine individuelle Bedrohung oder Verfolgung nicht glaubhaft machen können. Die Behörde kommt darüber hinaus zu dem Schluss, dass es Ihnen nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt. Da Ihren Fluchtgründen kein Glauben geschenkt wird und Sie problemlos mit Ihrem echten Reisepass das Land verlassen haben, ist bei einer Einreise nach Indien nicht mit Schwierigkeiten zu rechnen.

Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass Sie aufgrund einer Asylantragstellung bei einer Rückkehr mit Schwierigkeiten zu rechnen haben. Es sind keine Umstände amtsbekannt, dass in Indien derzeit eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre, oder eine derartige humanitäre Katastrophe vorherrschte, dass das Überleben sämtlicher dort lebender Personen mangels Nahrung und Wohnraum tatsächlich in Frage gestellt wäre. In Anlehnung an die vorstehenden Ausführungen ist in Ihrem Fall hervorzuheben, dass Sie in Ihren Heimatländern keine aktuell drohende Verfolgung zu erwarten haben, wie bereits im gegenständlichen Bescheid ausgeführt wurde. Somit ist eine essentielle Voraussetzung für das oben angeführte wirtschaftliche Existenzminimum –ein verfolgungssicherer Orterfüllt. Was nun die zweite Voraussetzung –die Erwerbsfähigkeit- betrifft, ist anzumerken, dass es sich in Ihrem Fall um einen arbeitsfähigen jungen Mann, mit 12 Jahren Schulbildung und Berufserfahrung handelt. Daher ist zusammenfassend jedenfalls davon auszugehen, dass Sie im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat in der Lage sein werden, die dringendsten Lebensbedürfnisse zu befriedigen und nicht über anfängliche Schwierigkeiten hinaus in eine dauerhaft aussichtslose Lage geraten. Aufgrund der vorstehenden Überlegungen geht das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zweifelsfrei davon aus, dass Sie in Ihrem Heimatland keiner existenziellen Notlage ausgesetzt sind, nachdem Sie dort keine Verfolgung zu befürchten haben, Erwerbsfähigkeit gegeben ist und sich auch aus der allgemeinen Lage in Ihrem Heimatland nicht ergibt, dass praktisch jede dorthin zurückkehrende Person in eine Existenzgefährdende Lage gerät. Es besteht kein Behandlungsbedarf wegen einer lebensbedrohenden Erkrankung. Sie sind gesund und benötigen keinerlei Behandlungsmethoden oder sonstige medizinische Betreuung, welche in Österreich und nicht in Indien vorhanden wären. Aus diesen Gründen waren die entsprechenden Feststellungen bezüglich der Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates und zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr zu treffen.“

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben, welche mit Bescheid des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.08.2021 gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 iVm. § 33 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2, sowie § 57 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen wurde. Dieser Bescheid erwuchs mit 25.08.2021 in Rechtskraft. Begründend wurde im Wesentlichen wie folgt ausgeführt:

„Der Beurteilung des BFA im angefochtenen Bescheid – wie auch jener des UNHCR -, dass der Antrag des BF auf internationalen Schutz offensichtlich unbegründet sei, ist zuzustimmen. Umstände, die individuell und konkret den Beschwerdeführer betreffen und auf eine konkrete Verfolgung des Beschwerdeführers hindeuten könnten, konnten nicht festgestellt werden. Demzufolge ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine asylrelevante Verfolgungsgefahr.

Es bestehen auch keine ausreichenden Hinweise dafür, dass sich aus der allgemeinen Situation allein etwas für den Beschwerdeführer gewinnen ließe, zumal keine ausreichenden Anhaltspunkte bestehen, dass der Beschwerdeführer schon allein auf Grund der Zugehörigkeit zu einer Gruppe mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung zu fürchten habe, dies wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.

Aus der allgemeinen Situation allein ergeben sich aber auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr im Sinne des § 8 AsylG bedroht wäre. Auf die bereits oben zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides getätigten und auch hier einschlägigen Ausführungen wird ebenfalls verwiesen.

Im Hinblick auf die Feststellungen zur allgemeinen Situation, derzufolge die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet ist, kann auch nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer, der in Indien aufgewachsen ist und dessen Vater und Onkel und Großeltern im Heimatland leben, im Falle einer Rückkehr in eine ausweglose Lage geriete. Sein Vater unterstützt die Familie auch finanziell. Der Beschwerdeführer ist ein arbeitsfähiger Mann, mit Arbeitserfahrung in der Landwirtschaft, sodass es ihm zumutbar ist, sich in seiner Heimat den notwendigen Unterhalt zu sichern. Schwierige Lebensumstände genügen für eine Schutzgewährung im Sinne des § 8 AsylG nicht.

Auch hinsichtlich der weltweiten Ausbreitung von COVID-19 ergibt sich hierzu keine andere Beurteilung.

Da sohin keine Gründe für die Annahme bestehen, dass der Beschwerdeführer im Heimatland im Sinne des § 8 AsylG bedroht wäre, ist die durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausgesprochene Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zu beanstanden.

Der Beschwerdeführer befindet sich im Sondertransit des Flughafens Schwechat. Da ihm eine Einreise nicht gestattet wurde, scheitert eine Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG bereits am Umstand, dass sich der Beschwerdeführer nicht im Bundes-gebiet aufhält.“

Am 25.08.2021 wurde die LPD Niederösterreich über die Durchsetzbarkeit der Entscheidung verständigt.

2. Gegenständliches Verfahren:

In der Folge stellte der Beschwerdeführer am 31.08.2021 neuerlich aus der Zurückweisungszone vor dem SPK Schwechat Referat III-FB2 -Grenzbezogene Sonderaufgaben einen Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag). Aufgrund des neuerlichen Antrages auf internationalen Schutz wurde der Beschwerdeführer in die Räumlichkeiten des Sondertransitbereiches der Erstaufnahmestelle Flughafen verbracht und am 01.09.2021 einer Erstbefragung zu seinem neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag) vor dem SPK Schwechat, REFERAT III-FB 2- Grenzbez. Sonderaufgaben, unterzogen. Der wesentliche Inhalt dieser Befragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes stellt sich wie folgt dar (Schreibfehler korrigiert):

„Ihr Verfahren wurde am 25.08.2021 bereits rechtskräftig entschieden. Warum stellen Sie jetzt einen (neuerlichen) Asylantrag? Was hat sich seit der Rechtskraft konkret gegenüber Ihrem bereits entschiedenen Verfahren - in persönlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Gefährdungslage im Herkunftsstaat - verändert? Erläutern Sie umfassend und detailliert sämtliche Gründe für Ihre neuerliche Asylantragstellung und legen Sie nun alle Ihnen nunmehr zur Verfügung stehenden (neuen) Bescheinigungsmittel vor.

„Weil ich Angst habe abgeschoben zu werden, aber ich möchte hier in Österreich in Sicherheit leben. Ich habe keinen neuen Asylgrund und es hat sich auch in meiner Gefährdungslage in Indien nichts verändert. Ich halte meine vorgebrachten Asylgründe voll inhaltlich aufrecht.“

Mit 01.09.2021 wurde dem Beschwerdeführer die Ladung zur Einvernahme vor dem BFA zu seinem Folgeantrag für den 02.09.2021 übermittelt.

Am 02.09.2021 wurde für den Beschwerdeführer in der Erstaufnahmestelle Flughafen durch einen Rechtsberater der BBU eine Rechtsberatung durchgeführt, wobei dem Rechtsberater zuvor schon der gesamte Akteninhalt zum Folgenantrag zur Einsichtnahme überlassen worden war.

Die niederschriftliche Einvernahme am 02.09.2021 durch den erkennenden Organwalter des BFA, Erstaufnahmestelle Flughafen, in Anwesenheit des Rechtsberaters, und im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Punjabi, stellt sich wie folgt dar:

„[…] LA: Der Dolmetscher wurde vom Leiter der AH als Dolmetscher für Punjabi bestellt. Sind Sie dieser Sprache mächtig und damit einverstanden in dieser Sprache einvernommen zu werden? VP: Ja.

LA: Sind Sie geistig und körperlich gesund? VP: Ja. Ich leider unter Depression. Auf Nachfrage, ich nehme nichts ein.

LA: Sind Sie in der Lage die Einvernahme heute durchführen zu können? VP: Ja.

LA: Stehen Sie in ärztlicher Behandlung? Nehmen Sie irgendwelche Medikamente? VP: Nein, zu beiden.

LA: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die an Sie gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten? VP: Ja.

LA: Sollten sich für Sie im Verlauf der Einvernahme Unklarheiten ergeben, sollten Sie etwa eine Frage nicht richtig verstanden haben, oder bemerken, dass eine Ihrer Antworten offensichtlich von meiner Seite nicht richtig verstanden worden ist, können Sie jederzeit auch Gegenfragen stellen. Es soll in jedem Fall gewährleistet sein, dass eine fehlerfreie Kommunikation gegeben ist. Haben Sie das verstanden? VP: Ja, Danke.

[…]

LA: Der Grund Ihrer heutigen Einvernahme ist Ihr Folgeantrag, zu Ihrem 1. Verfahren – Antrag auf internationalen Schutz ist anzumerken, dass dem UNHCR Ihre gesamten Unterlagen – Niederschriften, Protokolle, etc. vorgelegt wurden und um Ersuchen der Zustimmung zur Abweisung Ihres Antrages ersucht. Der UNHCR hat der Abweisung Ihres Antrages – Antrag § 3 und § 8 AsylG abgewiesen und ein Aufenthaltstitel gem. § 57 AsylG nicht erteilt - zugestimmt, sodass nach einlangen der Zustimmung vom UNHCR durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Bescheid erlassen wurde. Sie erhoben gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Beschwerde. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.08.2021, Zahl: W186 2245418-1/2E wurde Ihre Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl als unbegründet abgewiesen und erwuchs mit 25.08.2021 in Rechtskraft. […]
Sie stellten am 31.08.2021 einen neuerlichen Asylantrag – Folgeantrag. Am 01.09.2021 wurden Sie durch die Beamten im Sondertransit zu Ihrem Folgeantrag einvernommen.
[…]

LA: Möchten Sie dazu etwas angeben? Hat Ihnen jemand zu dem Folgenantrag geraten? Weshalb stellen Sie diesen? VP: Ja, das stimmt. Ich bin in Depression. Die Person die mich umbringen möchte, hat sehr gute Kontakte. Er ist ein Gangster. Er hat mehrere Personen in Indien schon geschlagen und ihnen die Hände und Beine gebrochen. Ich liebe mein Leben und möchte nicht sterben. Mir hat niemand zu dem Folgenantrag geraten, ich habe es selber entschieden.

LA: Haben Sie im bisherigen Verfahren, wahrheitsgemäße Angaben gemacht und wurde Ihnen diese rückübersetzt und korrekt protokolliert? VP: Ja. Ich will nur sagen, dass ich keine Mutter mehr habe und meine Freundin hat es ihrer Mutter erzählt. Auf Nachfrage, sonst passt alles.

LA: Nennen Sie mir bitte Ihren Namen, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit. VP: XXXX , an mein richtiges Geburtsdatum kann ich mich nicht erinnern, aber ich feiere meinen Geburtstag immer am XXXX , auf Nachfrage ich bin XXXX geboren und bin indischer Staatsangehöriger.

LA: Haben Sie einen Reisepass? VP: Nein. Auf Nachfrage, ich habe diesen zerrissen.

LA: Zu Ihrem Vorverfahren: Ihr Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter der Zahl: W186 2245418-1/2E, am 24.08.2021 als unbegründet abgewiesen. Rechtskraft erwachsen mit 25.08.2021.

Bleiben Ihre Fluchtgründe aus dem 1. Asylverfahren – welches bereits rechtskräftig entschieden wurde aufrecht? Bezüglich Ihrer Fluchtgründe (neue Fluchtgründe), hat sich was geändert? Warum stellen Sie neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz/Folgeantrag?

VP: Neue Gründe habe ich keine. Meine alten sind noch immer aufrecht.

LA: Sie haben also keinen neuen Fluchtgründe und auch keine Beweismittel, die Sie mir jetzt vorlegen können. Ist dies korrekt? VP: Ja. Ich habe niemanden kontaktieren können in Indien.
LA: Haben Sie Dokumente bei sich, die Sie mir vorlegen können? VP: Nein, ich habe nichts.

LA: Sie haben keine neuen Fluchtgründe, weshalb Sie nun einen neuen Asylantrag gestellt haben? VP: Ja, das stimmt. Ich habe keine neuen Fluchtgründe.
LA: Gibt es sonst noch ein Vorbringen zu Ihrem Fluchtgrund? VP: Mein Leben ist dort in Gefahr, ich bin hier sicher.

LA: Was würden Sie im Falle einer Rückkehr in Ihrem Heimatland erwarten? VP: Ich werde umgebracht. Auf Nachfrage, von dem Bruder meiner Freundin, welcher einer Gangstergruppe angehört.

LA: Diesbezüglich wurde bereits durch das BVwG entschieden. Dies haben Sie in Ihrem 1. Asylverfahren bereits vorgebracht. VP: Ich kann nicht zurück.

LA: Sie befinden sich im Sondertransitbereich. Es besteht für Sie jederzeit die Möglichkeit freiwillig auszureisen. Sie sind über Serbien nach Österreich eingereist. Die Zurückweisung würde nach Serbien gehen und nicht nach Indien. VP: Ich möchte nicht.
LA an Rechtsberatung: Gibt es von Ihrer Seite noch offene Fragen oder Anträge? RB: Nein, danke.

LA: Als Ergebnis der heutigen Einvernahme wird Ihnen mitgeteilt, dass die Einreise in das österreichische Bundesgebiet nicht gestattet wird – Sie bleiben weiterhin im Sondertransit-bereich. Ihr Vorbringen wird überprüft.

Möchten Sie dazu etwas sagen? VP: Wie sollte ich neue Fluchtgründe haben. Ich bin seit meiner Ankunft hier. Meine alten Fluchtgründe gelten noch.
Weiterer Ablauf wird erklärt: […]

LA: Wollen Sie am Ende dieser Einvernahme irgendetwas sagen/ergänzen? VP: Bitte lassen sie mich hierbleiben. Anm. VP faltet die Hände.
LA: Wie haben Sie den Dolmetscher verstanden? VP: Ja, habe ich gut verstanden.
LA: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. VP: Ja.
LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert? VP: Es passt alles, ich habe keine Einwände. Es ist alles richtig protokolliert. […]“

 

 

 

Mit gegenständlichem Bescheid des Bundesamtes vom 03.09.2021 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 31.08.2021 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Staus des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen wie folgt ausgeführt:

„Ihre Identität steht mangels Vorlage eines Identitätsbezeugenden Dokumentes nicht fest. Ihren indischen Reisepass haben Sie im Flugzeug zerrissen. Sie sind Staatsangehöriger von Indien. Sie gehören der Volksgruppe der, Jat an und bekennen sich zur Religionszu-gehörigkeit des Sikhismus. Die ärztliche Untersuchung im Sondertransit des Flughafens ergab keine Anhaltspunkte für eine schwere physische oder psychische Erkrankung. Sie leiden an keinen lebensbedrohenden Erkrankungen. Sie haben 12 Jahre die Grundschule besucht und absolvierten einen einmonatigen Mechanik Kurs, für Traktoren (ITI). Sie haben Ihren Vater der familieneigenen Landwirtschaft unterstützt. Sie verfügen in Indien über familiäre Anknüpfungspunkte, Ihre Eltern und ein Onkel väterlicherseits leben nach wie vor in Indien, Provinz Punjab, Bezirk Gurdaspur, Dorf XXXX . Ihr erstes Asylverfahren unter der Zahl 1281333608/211018358 wurde am 25.08.2021 in 2. Instanz rechtskräftig abgeschlossen. In diesem Verfahren wurden alle bis zur Entscheidung dieses Asylverfahrens entstandenen Sachverhalte berücksichtigt.

Ihr gesamtes Erstverfahren beruhte auf einem nicht glaubhaften Vorbringen und Ihre Beschwerde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 24.08.2021 als unbegründet abgewiesen. […]

Im Zuge Ihres gegenständlichen zweiten Rechtsganges hielten Sie Ihre bisher vorgebrachten Fluchtgründe aufrecht.
Sie haben im gegenständlichen Verfahren keinen Sachverhalt vorgebracht, welcher nach rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahren unter der Zahl 1281333608/211018358 entstanden ist. […]

In Österreich haben Sie keine Familienangehörigen oder Verwandten.

Sie waren bisher noch nie in Österreich und haben daher keine Anknüpfungspunkte.

Sie sprechen nicht Deutsch.

Ihre Eltern und Ihr Onkel leben in Indien. Zu Ihren Angehörigen in Indien hätten Sie zuletzt telefonischen Kontakt als Sie aus Indien ausgereist wären.

Zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:

Länderspezifische Anmerkungen

?        Letzte Änderung: 04.09.2020

Hinweis:

Das Länderinformationsblatt geht nicht oder nur eingeschränkt auf die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie sowie auf eventuelle Maßnahmen gegen diese ein - wie etwa Einstellungen des Reiseverkehrs in oder aus einem Land oder Bewegungseinschränkungen im Land. Dies betrifft insbesondere auch Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung, die Möglichkeiten zur Selbst-Quarantäne, die Versorgungslage, wirtschaftliche, politische und andere Folgen, die derzeit nicht absehbar sind. Diesbezüglich darf jedoch auf die regelmäßigen Kurzinformationen der Staatendokumentation zur aktuellen COVID-19 Lage in bestimmten Ländern hingewiesen werden.

Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Websites der WHO: https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports oder der John Hopkins-Universität: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6 mit täglich aktualisierten Zahlen zu kontaktieren.

COVID-19

?        Letzte Änderung: 21.05.2021

Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie verhängte die indische Regierung am 25. März 2020 eine Ausgangssperre über das gesamte Land, die nur in Einzelfällen (Herstellung lebensnotwendiger Produkte und Dienstleistungen, Einkaufen für den persönlichen Bedarf, Arztbesuche, usw.) durchbrochen werden durfte. Trotz der Ausgangssperre sanken die Infektionszahlen nicht. Seit der ersten Aufsperrphase, die am 8. Juni 2020 begann, schießt die Zahl der Infektionen noch steiler als bisher nach oben. Größte Herausforderung während der Krise waren die Millionen von Wanderarbeitern, die praktisch über Nacht arbeitslos wurden, jedoch auf Grund der Ausgangssperre nicht in ihre Dörfer zurückkehren konnten (ÖB 9.2020; vgl. HRW 13.1.2021). Viele von ihnen wurden mehrere Wochen in Lagern unter Quarantäne gestellt (also de facto eingesperrt), teilweise mit nur schlechter Versorgung (ÖB 9.2020). Menschen mit Beeinträchtigungen sind von coronabedingten Maßnahme wie Abriegelungen und sozialen Distanzierungen besonders betroffen. Der Zugangs zu medizinischer Versorgung und lebenswichtigen Gütern und der Ausübung sozialer Distanzierung, insbesondere für diejenigen, die persönliche Unterstützung für Aufgaben des täglichen Lebens erhalten (HRW 13.1.2021). Während der ersten Wochen der COVID-19 Pandemie, wurden Muslime für die Verbreitung des Coronavirus, auch von Vertretern der Regierungsparteien verantwortlich gemacht (FH 3.3.2021; vgl. HRW 13.1.2021).

Nach Angaben des indischen Gesundheitsministeriums vom 11. Oktober 2020 wurden seit Beginn der Pandemie mehr als sieben Millionen Infektionen mit COVID registriert. Die täglichen offiziellen Fallzahlen stiegen zwar zuletzt weniger schnell als noch im September, die Neuinfektionen nehmen in absoluten Zahlen jedoch schneller zu als in jedem anderen Land der Welt. Medien berichten in einigen Teilen des Landes von einem Mangel an medizinischem Sauerstoff in Krankenhäusern (BAMF 12.10.2020).

Die Lage in Indien, dass mit Bezug auf das Infektionsgeschehen (neben den USA und Brasilien) zu den am schwersten von der COVID-19-Pandemie betroffenen Ländern weltweit zählt, hat sich sich gegenüber dem Sommer 2020 mit damals fast 100.000 Neuinfektionen pro Tag inzwischen etwas entspannt. Es erkranken offiziellen Angaben zufolge nach wie vor etwa 40.000 Menschen täglich am Virus. In den Ballungszentren kann die medizinische Versorgung weitestgehend aufrecht erhalten werden (GTAI 3.12.2020). Indiens Wirtschaft wurde durch die COVID-19-Pandemie stark beeinträchtigt (DFAT 10.12.2020; vgl. GTAI 3.12.2020). Das Land rutschte im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2020-21 erstmals in eine wirtschaftliche Rezession (PRC 18.3.2021). Es wird allgemein erwartet, dass das Land ab 2021 zu einem nachhaltigen Wachstum zurückkehren wird (DFAT 10.12.2020; vgl. GTAI 3.12.2020). Nach dem zweimonatigen harten Lockdown im Frühjahr 2020 hat die indische Regierung das öffentliche Leben im Rahmen ihrer Unlock-Strategie schrittweise wieder hochgefahren. Die Bundesstaaten und Unionsterritorien haben dabei weitreichendere Entscheidungsbefugnisse, welche Lockerungen sie umsetzen und welche nicht. Mit den bestehenden Einschränkungen sollen vor allem Superspreader-Events wie religiöse Großveranstaltungen und Hochzeiten eingedämmt werden. Massentests, Kontaktnachverfolgung, Isolierung von Infizierten und die Abschottung von Gebieten mit hohen Fallzahlen (Containment Zones) sollen helfen, das Virus zurückzudrängen (GTAI 3.12.2020; vgl. WKO 13.1.2021). Es kann daher vereinzelt und regional sowie zeitlich begrenzt zu erneuten Lockdowns kommen. Eine Skizzierung in „Red Zone“, „Orange Zone“ und „Green Zone“ wird von der Regierung des Bundesstaates/Unionsterritoriums in Absprache mit dem Gesundheitsministerium und der nationalen Regierung entschieden (WKO 13.1.2021).

Gegen regierungskritische Äußerungen, auch im Zusammenhang mit Maßnahmen der Regierung im Umgang mit der COVID-19 Pandemie wurden mittels aus der Kolonialzeit stammenden Gesetzen zur Staatsverhetzung und dem im Jahr 2000 erlassenen IT-Gesetz vorgegangen (FH 3.3.2021). Medienvertreter sehen sich Drohungen, Verhaftungen, Strafverfahren oder körperlichen Angriffen durch Mobs oder der Polizei wegen der Berichterstattung über die Pandemie ausgesetzt (HRW 13.1.2021). Mehrere von der Regierung zur Eindämmung einer Verbreitung der Pandemie getroffenen Maßnahmen wurden von Menschenrechtsanwälten als invasiv angesehen (FH 3.3.2021).

Im ersten Quartal 2021 wird Indien mit einem Anstieg der Fallzahlen vor einer zweiten COVID-19 Welle erfasst (TOI 21.3.2021; vgl. TFE 20.3.2021) und verzeichnete im Zeitraum ab April/Mai 2021 die höchsten Zahlen an täglichen Todesfällen wegen des Coronavirus seit Beginn der Pandemie (BAMF 3.5.2021). Kritik äußert sich aus dem Umstand heraus, dass Indien, ob seiner Pharmaindustrie, als "Apotheke der Welt" durch die Lieferung von Covid-19-Impfstoffen an viele Länder der Welt genießt (FE 20.3.2021; vgl. TOI 21.3.2021), gleichzeitig jedoch bei der Durchimpfung der eigenen Bevölkerung landesweit lediglich einen Wert von rund zwei Prozent erreicht (HO 28.4.2021).

Auch der Umstand, dass im Zuge der Regionalwahlen in einigen Bundesstaaten große Kundgebungen mit zum Teil Zehntausender Besucher abgehalten wurden, wie auch die Durchführung des hinuistischen Festes Kumbh-Mela in Haridwar im nördlichen Bundesstaat Uttarakhand, an dem im Zeitraum von Jänner 2021 bis zum 27. April knapp 25 Millionen Hindus vor Ort teilgenommen haben, attestieren der indischen regierung eine "praktizierte Sorglosigkeit". Die Aussage der BJP bei einer Wahlveranstaltung im Bundestaat Assam in der verkündet wurde, "Wahlveranstaltungen und religiöse Zusammenkünfte tragen nicht zur Verbreitung von Covid-19 bei", wird kritisiert (BAMF 3.5.2021; vgl. HO 28.4.2021).

Seit Mai 2021 sind alle Erwachsenen impfberechtigt, davor nur über 45-Jährige. In mehreren Bundesstaaten des Landes ist der Impfstoff ausgegangen, Hilfsgüter aus mehreren Ländern wie Beatmungsgeräte, Anlagen zur Sauerstofferzeugung, Medikamente und Impfstoff werden Indien von der internationalen Staatengemeionschaft zur Verfügung gestellt. Medienberichten zufolge will Indien die eigene Impfstoffproduktion bis Juni 2021 erhöhen, von der staalichen indischen Eisenbahngesellschaft gab bekannt, 4.000 Waggons mit einer Kapazität von 64.000 Betten als provisorische Stationen für Corona-Patienten bereitzustellen (BAMF 3.5.2021).

Alle Experten davon aus, dass kurzfristig die Fallzahlen wie auch die Zahlen der Toten weiter ansteigen werden, da das staatliche Gesundheitssystem in vielen Landesteilen schon jetzt an seine Grenzen gestoßen ist. Eine mittelfristige Prognose ist noch unklar. Eine Hoffnung stellt, bedingt durch den bereits erfolgten sehr breiten Ansteckung der Bevölkerung das Erreichen einer Herdenimmunität dar (HO 25.4.2021).

Quellen:

?        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (3.5.2021): Briefing Notes, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2021/briefingnotes-kw18-2021.pdf?__blob=publicationFile&v=3, Zugriff 7.5.2021

?        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (12.10.2020): https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2020/briefingnotes-kw42-2020.pdf;jsessionid=91E533F0FC7A0F35C0751A9F00F3D711.internet572?__blob=publicationFile&v=4, Zugriff 12.10.2020

?        DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (10.12.2020): DFAT Country Information Report India, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043026/country-information-report-india.pdf, Zugriff 18.1.2021

?        FE – Financial Express (20.3.2021): Coronavirus Lockdown 2021 News Highlights: Only partial relaxation from lockdown in Nagpur from Monday, https://www.financialexpress.com/lifestyle/health/coronavirus-lockdown-2021-live-news-coronavirus-india-latest-march-20-updates-narendra-modi-covid-lockdown-night-curfew-maharashtra-mumbai-pune-nagpur-uttar-pradesh-delhi-bengaluru-hyderabad-punjab-gu/2216571/, Zugriff 22.3.2021

?        FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046516.html, Zugriff 22.3.2021

?        GTAI – German Trade & Invest [Deutschland] (3.12.2020): Indien sieht erste Anzeichen einer Konjunkturbelebung, https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/indien/indien-sieht-erste-anzeichen-einer-konjunkturbelebung-234424, Zugriff 18.1.2021

?        HO – Heise Online (25.4.2021): Telepolis: Corona in Indien: Sorglosigkeit, Mutanten und himmelschreiende Ungleichheit, https://www.heise.de/tp/features/Corona-in-Indien-Sorglosigkeit-Mutanten-und-himmelschreiende-Ungleichheit-6030218.html, Zugriff 7.5.2021

?        HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043608.html, Zugriff 18.1.2021

?        ÖB – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Indien

?        PRC – Pew Research Center (18.3.2021): In the pandemic, India’s middle class shrinks and poverty spreads while China sees smaller changes, https://www.pewresearch.org/fact-tank/2021/03/18/in-the-pandemic-indias-middle-class-shrinks-and-poverty-spreads-while-china-sees-smaller-changes/, Zugriff 22.3.2021

?        TOI – Times of India (21.3.2021): Government failed to control Covid spread, must vaccinate all within months: Congress,
http://timesofindia.indiatimes.com/articleshow/81618736.cms?utm_source=contentofinterest&utm_medium=text&utm_campaign=cppst, Zugriff 22.3.2021

?        WKO – Wirtschaftskammer Österreich [Österreich] (13.1.2021): Coronavirus: Situation in Indien, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-infos-indien.html, Zugriff 18.1.2021

Politische Lage

?        Letzte Änderung: 21.05.2021

Indien ist mit über 1,3 Milliarden Menschen und einer multireligiösen und multiethnischen Gesellschaft die bevölkerungsreichste Demokratie der Welt (CIA 27.4.2021; vgl. AA 23.9.2020). Indien hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einer regionalen Hegemonialmacht in Südostasien entwickelt. Nachdem sich das Land während des Kalten Krieges vor allem innerhalb der Blockfreienbewegung profilierte, verfolgt es heute eine eindeutig pro-westliche Politik (BICC 1.2021).

Indien ist eine parlamentarische Demokratie und verfügt über ein Mehrparteiensystem und ein Zweikammerparlament (USDOS 30.3.2021). Darüber hinaus gibt es Parlamente auf Ebene der Bundesstaaten (AA 23.9.2020). Im Einklang mit der Verfassung haben die 28 Bundesstaaten und acht Unionsterritorien ein hohes Maß an Autonomie und tragen die Hauptverantwortung für Recht und Ordnung (USDOS 30.3.2021).

Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von einem Wahlausschuss gewählt, während der Premierminister der Regierungschef ist (USDOS 30.3.2021). Der Präsident nimmt weitgehend repräsentative Aufgaben wahr. Die politische Macht liegt hingegen beim Premierminister und seiner Regierung, die dem Parlament verantwortlich ist. Präsident ist seit 25. Juli 2017 Ram Nath Kovind, der der Kaste der Dalits (Unberührbaren) entstammt (GIZ 1.2021a).

Der Grundsatz der Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative ist nach britischem Muster durchgesetzt (AA 23.9.2020). Die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit ist verfassungsmäßig garantiert, der Instanzenzug ist dreistufig (AA 23.9.2020). Das oberste Gericht (Supreme Court) in New Delhi steht an der Spitze der Judikative und wird gefolgt von den High Courts auf Länderebene (GIZ 1.2021a).

Die Verfassung garantiert Rede- und Meinungsfreiheit (USDOS 30.3.2021). Unabhängigen Medien drücken eine große Bandbreite von Meinungen und Ansichten ohne Einschränkungen aus (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021). Allerdings haben die Angriffe auf die Pressefreiheit unter der Regierung Modi zugenommen (FH 3.3.2021).

Im April/Mai 2019 wählten etwa 900 Mio. Wahlberechtigte ein neues Unterhaus. Im System des einfachen Mehrheitswahlrechts konnte die Bharatiya Janata Party (BJP) unter der Führung des amtierenden Premierministers Narendra Modi ihr Wahlergebnis von 2014 nochmals verbessern (AA 23.9.2020).

Als deutlicher Sieger mit 352 von 542 Sitzen stellt das Parteienbündnis "National Democratic Alliance (NDA)", mit der BJP als stärkster Partei (303 Sitze) erneut die Regierung. Der BJP-Spitzenkandidat und amtierende Premierminister Narendra Modi wurde im Amt bestätigt. Die United Progressive Alliance rund um die Congress Party (52 Sitze) erhielt insgesamt 92 Sitze (ÖB 9.2020; vgl. AA 19.7.2019). Die Wahlen verliefen, abgesehen von vereinzelten gewalttätigen Zusammenstößen v. a. im Bundesstaat Westbengal, korrekt und frei. Im Wahlbezirk Vellore (East) im Bundesstaat Tamil Nadu wurden die Wahlen wegen des dringenden Verdachts des Stimmenkaufs ausgesetzt und werden zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt (AA 19.7.2019). Mit der BJP-Regierung unter Narendra Modi haben die hindu-nationalistischen Töne deutlich zugenommen. Die zahlreichen hindunationalen Organisationen, allen voran das Freiwilligenkorps RSS [Rashtriya Swayamsevak Sangh], fühlen sich nun gestärkt und versuchen verstärkt, die Innenpolitik aktiv in ihrem Sinn zu bestimmen (GIZ 1.2021a). Mit der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts treibt die regierende BJP ihre hindunationalistische Agenda weiter voran. Die Reform wurde notwendig, um die Defizite des Bürgerregisters des Bundesstaats Assam zu beheben und den Weg für ein landesweites Staatsbürgerregister zu ebnen. Kritiker werfen der Regierung vor, dass die Vorhaben vor allem Muslime und Musliminnen diskriminieren, einer großen Zahl von Personen den Anspruch auf die Staatsbürgerschaft entziehen könnten und Grundwerte der Verfassung untergraben (SWP 2.1.2020; vgl. TG 26.2.2020). Kritiker der Regierung machten die aufwiegelnde Rhetorik und die Minderheitenpolitik der regierenden Hindunationalisten, den Innenminister und die B

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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