TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/18 W124 2160672-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.10.2021
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Entscheidungsdatum

18.10.2021

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55 Abs1 Z2
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W124 2160672-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. FELSEISEN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am XXXX sowie am XXXX zu Recht erkannt:

A)

I.       Die Beschwerde gegen Spruchpunkte I. und II. wird gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II.      Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte III. und IV. stattgegeben, die Rückkehrentscheidung wird in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gem. § 9 BFA-VG idgF auf Dauer für unzulässig erklärt und XXXX , geb. XXXX , gem. § 55 Abs. 1 Z 1 und Z 2 und § 54 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein indischer Staatsangehöriger, reiste am XXXX unrechtmäßig und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Am XXXX erfolgte seine Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, im Rahmen welcher er zu seiner Person anführte, dass er am XXXX geboren sei, aus XXXX , Provinz Punjab (Indien) stamme, Punjabi, Hindi und ein wenig Englisch spreche und der Volksgruppe der Punjabi sowie der Religionsgemeinschaft der Sikhs angehöre. Er habe in seinem Herkunftsstaat zehn Jahre die Grundschule sowie ein dreijähriges Polytechnikum für Mechanical Engineering absolviert. Seine Familie lebe nach wie vor im Herkunftsstaat.

Der BF sei aus Neu Delhi, Indien, legal und schlepperunterstützt mit einem Reisepass per Flugzeug ausgereist, habe den Pass jedoch nachher an einen Schlepper abgeben müssen

Zu seinen Fluchtgründen gab er an, seine Familie habe aufgrund der Drogenabhängigkeit seines Bruders eine Krise durchgestanden und es sei ihr finanziell schlecht gegangen. Deswegen habe der BF beschlossen, gegen Drogen zu kämpfen und herausgefunden, dass auch Polizisten Drogen verkaufen würden. Ebenso sei ein Vater eines Freundes, der Politiker sei, in Drogengeschäfte verwickelt gewesen. Als er bei dem Politiker Drogen im Wert von Millionen von Rupien entdeckt habe, habe er diese weggeschmissen und sei daraufhin vom Vater bedroht worden. Leute von diesem hätten den BF überfallen und mit Waffen bedroht, wobei dieser sogar verletzt bzw. gebissen worden sei. Der BF habe Angst um sein Leben gehabt und beschlossen, Indien zu verlassen. Er fürchte, bei einer Rückkehr getötet zu werden.

Während der Erstbefragung erfolgte eine Anmerkung eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes, es sei unter der rechten Achsel des BF eine Bissnarbe ersichtlich.

2.       Am XXXX erfolgte ein Bericht der Landespolizeidirektion Oberösterreich, der BF sei am XXXX während der Ausübung einer Erwerbstätigkeit (Zeitungszusteller) einer Personenkontrolle unterzogen worden, bei der er sich mit einem indischen Führerschein ausgewiesen habe.

3.       Am XXXX übermittelte die Bezirkshauptmannschaft XXXX dem BFA eine Kopie des indischen Reisepasses sowie des indischen Führerscheins des BF.

4.       Am XXXX meldete der BF das freie Gewerbe der „Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt“ in XXXX Wien an.

5.       Am XXXX wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.

Er gab dabei im Wesentlichen an, er gehöre der Kaste Saini und der Religionsgemeinschaft der Sikhs an, sei in XXXX in der Provinz Punjab geboren und habe bis zu seiner Ausreise im Viertel XXXX gelebt. Seine Eltern, sein Bruder, seine Tante, sein Onkel und sein Cousin würden nach wie vor in Indien wohnen. Der BF habe regelmäßigen Kontakt zu seinen Verwandten. Er sei in Indien nicht erwerbstätig gewesen, habe zehn Jahre die Grundschule besucht und ein Diplom in Mechatronik abgeschlossen, wobei dieses drei Jahre gedauert habe.

Der BF sei ledig, habe keine Kinder und in Österreich keine Familienangehörigen. Er arbeite auf selbstständiger Basis als Pizza- und Burgerzusteller. Er habe einen Freundeskreis, der aus indischen Personen bestehe und verbringe die meiste Zeit zu Hause. Der BF spreche ein wenig Deutsch, habe jedoch bisher keinen Deutschkurs besucht, sei nicht Mitglied eines Vereins oder einer Organisation in Österreich und nehme auch auf andere Weise nicht am sozialen bzw. kulturellen Leben teil.

Befragt zu seinen Fluchtgründen gab der BF folgendes an:

[…]

LA: Warum haben Sie Ihr Heimatland verlassen und in Österreich einen Asylantrag gestellt? Nennen Sie bitte all Ihre Fluchtgründe!

VP: Mein Bruder in Indien war und ist noch immer eine drogensüchtige Person. Seinetwegen hatten wir sehr große Schwierigkeiten. Weil er drogensüchtig war und immer wieder Geld brauchte, fing er an Dinge aus unserem Haus zu entwenden und diese Sachen zu verkaufen. Danach hat er auch Dinge von anderen Personen gestohlen und weiter verkauft. Immer wieder war die Polizei bei uns zu Hause. Meine ganze Familie war am Ende. Ich versuchte meinen Bruder von den Drogen fernzuhalten. Ich schaffte es nicht. Dann beschloss ich, herauszufinden wer von unserem Gebiet Drogen verkauft und woher das kommt. Meine Freunde und ich machten sich auf die Suche nach Drogendealer in unserem Gebiet. Nach kurzer Zeit stellte sich heraus, dass die ganzen Drogen von unserem Polizei Kommissariat verkauft wird. Eine meiner besten Freunde und ich haben wissen wollen, wer dahinter steckt, wer so öffentlich in unserem Gebiet Drogen verkaufen darf und keiner unternimmt etwas dagegen. Von hören und sagen bekam ich eines Tages mit, dass ein Abgeordneter involviert ist. Als ich ihn mit meinen Freund besuchte, sah ich dass sehr viele Drogen am Tisch lagen und sehr viel Wert war. Ich hatte die ganzen Drogen genommen und das Klo runtergespült. Seitdem ist der Abgeordnete hinterher. Ich wurde mehrmals von ihm bedroht und von den Abgeordneten seine Schläger geschlagen. Oft bin ich davon gekommen und konnte mich retten. Eines Tages haben meine Eltern beschlossen, dass mein Leben nicht sicher ist und ich das Land verlassen sollte. Das war der Grund.

LA (Auff.): Erstatten Sie ein konkretes und nachvollziehbares Vorbringen! Nennen Sie Einzelheiten und Details rund um Ihre Fluchtgründe.

VP: Dazu kann ich nur mehr sagen, ich wurde immer geschlagen und angegriffen. Ich bin immer wieder geflüchtet und habe mich immer wieder gerettet. Ich wurde auf der rechten Seite am Oberkörper.

LA: Waren Sie wegen der Verletzung im Spital?

VP: Ja. Befragt gebe ich an, das ich nur eine Salbe auf die Wunde bekam und einen Verband ich war Notstationär aber nicht Stationär.

LA: Wie bzw. mit was hat man Sie geschlagen?

VP: Einer der Schlägertypen hat mich in den Bauch gebissen.

LA: Wie oft wurden Sie angegriffen?

VP: 10-12 Mal. Befragt gebe ich an, dass in derselben Stadt wo ich gewohnt habe angegriffen wurde. Es war immer draußen in der Öffentlichkeit zu Mittag bzw. Abend, weil um diese Zeit ging ich immer raus.

LA: Haben das andere Menschen nicht gesehen?

VP: Oja, die anderen Menschen haben schon gesehen, aber keiner traut sich einzumischen.

LA: Haben Sie einen Entlassungsbrief vom Krankenhaus?

VP: Nein. Befragt gebe ich an, dass ich im Zivilkrankenhaus war.

LA: Woher wissen Sie, dass diese Personen von den

VP: Sie waren aus seiner gruppe, und ich habe sie schon gekannt.

LA: Was heißt aus seiner Gruppe?

VP: Damit meine ich, wenn etwas zu Organisation war, waren sie in der 1. Reihe. Bei Demonstrationen waren sie auch immer dabei.

LA: Haben Sie Anzeige bei der Polizei erstattet?

VP: Nein, da die Polizei selber Drogen verkauft hat. Und die Polizei ist unter den Abgeordneten.

LA: Wurden Sie je angezeigt?

VP: Nein.

LA: Warum war die Polizei bei Ihnen zu Hause?

VP: Da mein Bruder mehrmals, weil mein Bruder etwas stiehlt. Wegen dem Raub mehrmals angezeigt. Befragt gebe ich an, dass er in Haft für einen Tag.

LA: Gibt es in Indien Entzugskliniken für Drogensüchtige?

VP: Ich weiß es nicht.

LA: Um welche Drogen hat es sich gehandelt?

VP: Smack oder weißes Pulver.

LA: Warum haben Sie sich nicht informiert ob es eine Entzugsklinik gibt

VP: Wir waren paar Mal schon im Krankenhaus und haben mehrmals Medikamente verschrieben bekommen. Aber ich habe nie nachgedacht oder wäre auf den Gedanken gekommen ob und das es eine Entzugsklinik geben könnte.

LA: Wie fanden Sie heraus, wer aller Drogen verkaufte?

VP: Ich habe auch ein paar Freunde gehabt die Drogen genommen habe, über sie habe ich erfahren wo und wer es verkauft hat.

LA: Haben Sie auch Drogen genommen?

VP: Nein.

LA: Haben Sie nun all Ihre Fluchtgründe genannt?

VP: Ja.

LA: Um welchen Abgeordneten hat es sich gehandelt?

VP: XXXX . Befragt gebe ich an, dass er ein berühmter Politiker ist.

(AW überlegt) Congress.

LA: Wie geht es Ihrem Bruder derzeit?

VP: Er ist immer zu Hause und muss diese Medikamente nehmen. Befragt gebe ich an, dass es keine Drogen mehr nimmt.

LA: Werden Ihre Eltern und Ihr Bruder von der Polizei noch aufgesucht?

VP: Nein, weil sie nicht mehr dort wohnhaft sind. Sie sind im selben Bezirk in derselben Stadt aber in einem anderen Dorf.

LA: Haben Sie sich einen Anwalt genommen wegen diesen Vorfällen?

VP: Nein.

LA: Warum haben Sie sich keinen Anwalt genommen?

VP: Da ich keine Anzeige erstattet habe. Wozu soll ich einen Anwalt nehmen.

LA: Wurden Sie ausschließlich von den Mitgliedern des Abgeordneten bedroht?

VP: Die Schlägertypen haben mich nur bedroht. Befragt gebe ich an, dass ich nur ein einziges mal verletzt wurde.

LA: Haben Sie keine Unterstützung von Ihren Freunden bekommen?

VP: Immer wenn es zu Streit oder Auseinandersetzung kam, haben sie mich geschützt sodass ich flüchten kann.

LA: Was hätten Sie im Fall einer Rückkehr zu befürchten?

VP: Ich habe denen sehr viel Schaden zugefügt, sie wollen mich töten und auslöschen.

LA: Haben Sie versucht sich an einen anderen Ort in Indien niederzulassen?

VP: Es gibt niemanden zu dem ich sollte.

[…]

6.       Mit im Spruch angeführten Bescheid vom XXXX , Zahl XXXX , wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen ihn wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Indien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Als Frist zur freiwilligen Ausreise wurden gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG vierzehn Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Das BFA führte im Bescheid im Wesentlichen aus, es sei nicht feststellbar gewesen, dass der BF in seinem Herkunftsstaat von staatlichen Behörden oder Dritten verfolgt werde bzw. einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sei. Der BF sei nicht imstande gewesen, konkrete Angaben zu tätigen, weshalb sein Vorbringen unglaubwürdig sei. Auch nach mehrmaligen Rückfragen habe der BF vage Aussagen getätigt. Selbst bei Wahrunterstellung sei sein Vorbringen nicht asylrelevant, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass die indischen Behörden nicht schutzwillig oder schutzfähig seien bzw. bestehe die Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative.

Weiters würde eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des BF nach Indien keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen. Der BF habe in Österreich bisher keine maßgeblichen Integrationsschritte gesetzt und auch keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Hingegen befänden sich seine Angehörigen in Indien und habe er dort den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht.

7.       Gegen den Bescheid vom XXXX , zugestellt am XXXX , erhob der BF, vertreten durch den XXXX , fristgerecht am XXXX vollinhaltlich Beschwerde.

Der BF wiederholte im Wesentlichen sein Fluchtvorbringen und führte aus, dass er in seinem Herkunftsstaat Angst um sein Leben gehabt und mangels Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der indischen Behörden Indien verlassen habe. Er habe seine asylrelevanten Fluchtgründe in der Einvernahme vor dem BFA konkret und nachvollziehbar geschildert, weshalb die belangte Behörde bei richtiger Tatsachenfeststellung zum Ergebnis gelangen hätte müssen, dass die Furcht des BF im Herkunftsstaat wohlbegründet sei. Der BF habe Angaben gemacht, die bei Wahrheitsunterstellung jedenfalls eine Verletzung seiner Rechte gemäß Art. 2, 3 und 8 EMRK indizieren würden. Überdies würden die Länderberichte keineswegs ein so positives Bild zeigen, wie die belangte Behörde es in der Beweiswürdigung versucht habe darzustellen.

Der BF bemühe sich um einen legalen Aufenthalt in Österreich und sei stets kooperativ gewesen. Er habe bereits soziale Kontakte zu Österreichern geknüpft und habe familienähnliche Bindungen. Weiters sei der BF arbeitsfähig und arbeitswillig, und es könne davon ausgegangen werden, dass er bei Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Belastung für die Gebietskörperschaft darstelle.

8.       Das BFA legte die Beschwerde samt der bezughabenden Verwaltungsakte dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am XXXX vor.

9.       Mit Verfahrensanordnung vom XXXX räumte das BVwG dem BF binnen zehntägiger Frist die Möglichkeit ein, eine Stellungnahme in Bezug auf Fragen zu seinen Integrationsbemühungen in Österreich abzugeben.

10.      Mit Schriftsatz vom XXXX bezog der BF Stellung zu den von ihm in Österreich gesetzten Integrationsschritten. Er führte dabei aus, dass er zwar keine Zertifikate vorlegen könne, jedoch Deutsch zumindest auf Niveau A2 spreche, er auf selbstständiger Basis arbeite und seinen eigenen Lebensunterhalt verdiene. Weiters habe er bereits zahlreiche enge Kontakte im Bundesgebiet geknüpft und eine große Liebe zur österreichischen Lebensart entwickelt.

Dem Schreiben legte der BF einen Bescheid über die Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vom XXXX , eine Buchungsmitteilung des Finanzamtes vom XXXX , die Gewerbeberechtigung vom XXXX für das freie Gewerbe der „Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt“ und eine Anzeige seiner Tätigkeit bei der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft gemäß § 93 GewO bei.

11.      Die Staatsanwaltschaft Wien verständigte das BFA am XXXX davon, dass von einer Verfolgung gegen den BF wegen § 83 StGB endgültig zurückgetreten wurde.

12.      Am XXXX sowie am XXXX fand vor dem BVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des BF statt. In der Verhandlung vom XXXX erklärte sich der BF ausdrücklich damit einverstanden, dass seine rechtsfreundliche Vertretung nicht teilnimmt. In der Verhandlung vom XXXX war auch die Rechtsvertretung des BF anwesend. Ein Behördenvertreter nahm an beiden Verhandlungen nicht teil.

Befragt zu seiner Person gab der BF im Wesentlichen an, er sei am XXXX in der Stadt XXXX in der Provinz Punjab (Indien) geboren und habe dort bis zu seiner Ausreise mit seiner Familie, also seinen Eltern und seinem Bruder, gelebt. Zu diesen habe er beinahe täglich Kontakt. In Indien habe er zehn Jahre die Grundschule besucht und ein Diplom für Mechanical Engineering absolviert, welches drei Jahre gedauert habe. Gearbeitet habe er im Herkunftsstaat nicht.

In der Verhandlung vom XXXX legte der BF Unterlagen hinsichtlich seiner Integrationsbemühungen vor.

Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab der BF in der Beschwerdeverhandlung vom XXXX folgendes an:

[…]

R: Sie haben gesagt, es hat Probleme gegeben. Können Sie mir das näher erklären?

BF: Mein Bruder hat Drogen genommen und er hat das von Leuten gekauft. Ich habe diese Drogen einmal die Toilette runtergespült. Die Drogen waren sehr wertvoll. Diese Drogenverkäufer, haben dann angefangen mich zu suchen und zu belästigen. Sie haben mich öfters angehalten und geschlagen. Das waren meine Probleme.

R: Sie sagen, Ihr Bruder hat Drogen genommen und Sie haben die Drogen die Toilette hinuntergespült. Wo haben Sie die Drogen bei der Toilette runtergespült?

BF: Über einen Freund bin ich zu dem Haus der Drogenverkäufer gelangt. Dort habe ich die Drogen gefunden und auch in diesem Haus habe ich die Drogen die Toilette runtergespült.

R: Woher haben Sie gewusst, dass in dem Haus, dass Sie ausgesucht haben, Personen sind die mit Drogen gehandelt haben?

BF: Das war das Haus eines Politikers und ich wusste woher mein Bruder die Drogen kauft.

R: Woher hatte Sie die Information, dass Ihr Bruder die Drogen von diesem Politiker kauft?

BF: Unsere Stadt ist klein. Solche Sachen sind dort allgemein bekannt.

R: Wie groß ist die Stadt XXXX ?

BF: So kann ich das nicht angeben.

R: Wie viele Menschen wohnen ca. dort?

BF: Keine Ahnung.

R: Ist das ca. so groß wie Wien oder kleiner als Wien?

BF: Kleiner als Wien.

R: Kennt dort jeder jeden in der Stadt?

BF: In den Siedlungen kennt man sich.

R: Beschreiben Sie mir ganze genau, wie das war, als Sie das Haus von dem Politiker aufgesucht haben?

BF: Wegen diesen Leuten hat mein Bruder Probleme bekommen und meine Familie hat finanzielle Probleme bekommen. Mein Bruder hatte auch andauernd Streitigkeiten. Deswegen habe ich den Entschluss gefasst, dagegen vorzugehen.

R wiederholt die Frage:

BF: Ich kannte ein paar Organisatoren von Demonstrationen und diese kannten den Politiker. Mit Hilfe dieser Leute konnte ich ins Haus gelangen.

R: Weiter.

BF: Im Haus drinnen gab es eine Besprechung und ich habe gesehen, dass in einer Ecke die Ware gelegen ist. Nach Ende der Besprechung sind die Männer rausgegangen und ich blieb im Haus.

R wiederholt die Frage.

BF: Ich bin zusammen mit anderen Männern ins Haus gelangt. Das waren 4-5 Männer.

R: Waren es 4 oder 5 Männer?

BF: Es waren 4.

R weiter.

BF: Wir haben dann einen Raum betreten und dort war eine Besprechung.

R: Wie viele Personen waren in diesem Besprechungsraum?

BF: Es waren 7.

R: Was ist passiert, nachdem Sie den Raum betreten haben?

BF: Aus dem Gespräch habe ich herausgehört, dass sich die Ware in einem anderen Zimmer befindet. Als die Leute mit der Besprechung aufgehört haben und nach draußen gegangen sind, bin ich unter dem Vorwand geblieben, dass ich auf die Toilette müsste. Als die Männer draußen waren, habe ich mir die Ware geholt. Die Männer haben nicht gemerkt, dass ich mir die Ware genommen habe. Danach habe ich die Ware in der Toilette runtergespült. Aber in den Räumen gab es Kameras und ich war der letzte, der den Raum verlassen hat. So wussten die Männer nachher, dass ich die Ware genommen habe. Deshalb haben die Männer angefangen mich zu suchen.

R: Um was ist es bei dem Gespräch gegangen, als Sie den Raum betreten haben?

BF: Sie haben über eine Kundgebung gesprochen, über etwas Politisches.

R: Wie haben die Männer reagiert, als Sie aufgetaucht sind?

BF: Sie haben normal reagiert.

R: Was heißt sie haben normal reagiert? Was versteht man darunter?

BF: Es ist üblich, dass Politiker Studenten für Demonstrationen sammeln. Deshalb hat sich niemand gewundert, dass ich anwesend war.

R: Wie lange waren Sie in diesem Raum anwesend?

BF: Eine halbe Stunde.

R: Was haben die versammelten Männer gesprochen, als diese versammelt waren?

BF: Sie sprachen über eine bevorstehende Kundgebung und Demonstration. Sie sprachen auch darüber wie viele Demonstranten sie brauchen und wie das alles organisiert werden soll.

R: Das war der gesamte Inhalt des Gespräches?

BF: Ja.

R: Was haben Sie dann gemacht, als Sie sich eine halbe Stunde im Raum aufgehalten haben, wo die Männer versammelt waren?

BF: Danach sind wir von dort weggegangen und nach einer halben Stunde habe ich einen Anruf bekommen, dass ich verdächtigt werde, die Ware genommen zu haben.

R: Warum wurden Sie verdächtigt, die Ware genommen zu haben? Warum sind Sie verdächtigt worden, nachdem Sie mir jetzt gesagt haben, dass Sie nach einer halben Stunde, nachdem Sie den Personen, die im Raum waren, zugehört haben, gegangen sind?

BF: Weil dort Kameras waren. Deswegen wurde ich verdächtigt.

R: Warum hätten Sie die Kameras stören sollen, wenn sie so und so nach einer halben Stunde gegangen sind?

BF: Ich bin ja von dort als letzter weggegangen.

R: Haben Sie sich länger als eine halbe Stunde in diesem Haus aufgehalten?

BF: Nach dieser halben Stunde, bin ich noch auf dem WC gewesen.

R: Was ist dann genau passiert?

BF: Als die Männer den Raum verlassen haben, blieb ich noch dort und habe gesagt, dass ich noch auf das WC muss. Dann habe ich die Ware genommen und sie die Toilette runtergespült.

R: Woher wussten Sie, wo sich die Ware befindet?

BF: Als die Männer geredet haben, haben sie gesagt, die Ware liegt dort.

R: Wie viele Zimmer hatte dieses Haus?

BF: 7 Zimmer.

R: Wie viele Stöcke?

BF: 2 Stöcke.

R: Wie viele Zimmer haben sich in den jeweiligen Stöcken befunden?

BF: Oben waren 4 Zimmer und unten 3 Zimmer.

R: Wo haben Sie sich aufgehalten?

BF: Ich war unten.

R: Woher wissen Sie dann, dass sich im oberen Stockwerk 4 Zimmer befunden haben?

BF: Das Haus war rund, deshalb hat man gesehen wie viele Zimmer sich oben befinden.

R: Hat man das von außen gesehen oder von innen?

BF: Von außen.

R: Sie haben zuerst gesagt, dass der Inhalt des Gespräches die Vorbereitung von Demonstrationen gewesen sei. Von Drogen, wo sich diese aufhalten, haben Sie nichts erwähnt.

BF: Aber der Mann, durch den ich ins Haus gelangt bin, der verkauft die Drogen von dem Politiker. Zu diesem hat der Politiker gesagt, wo sich die Ware befindet.

R: Wieso sollte der Politiker den Verkäufer der Drogen sagen, wo sich die Drogen befinden?

BF: Der Politiker hat gesagt, ich habe hier genügend Drogen. Kümmere du dich darum, dass wir genug Demonstranten haben.

R: Was hat er damit gemeint ich habe hier genügend Drogen?

BF: Er hat gesagt, im Nebenzimmer liegt die Ware.

R: Sie haben gerade gesagt, dass der Politiker gesagt hat „ich habe hier genügend Drogen“ und nicht „Die Drogen sind im Nebenzimmer“, was sagen Sie zu diesem Wiederspruch?

BF: Ich habe immer gesagt, dass die Drogen im anderen Zimmer sind.

R: Wie haben Sie gewusst, in welchen Zimmer sich die Drogen befinden?

BF: Er hat in die Richtung des Zimmers gedeutet.

R: Ist das Haus vom Politiker in Indien bewacht oder völlig unbewacht?

BF: Es hat keine Security.

R: Wie viele Leute haben sich im Haus befunden, als Sie das Haus verlassen haben?

BF: 10 Männer.

R: Woher wussten Sie, dass sich 10 Männer in dem Haus befinden als Sie das Haus verlassen haben?

BF: Sie sind alle im Hof gestanden.

R: Woher wissen Sie das?

BF: Man muss durch den Hof um zu dem Ausgang zu gelangen.

R: Was haben Sie gemacht, als Sie aus der Toilette gegangen sind?

BF: Ich habe die Ware genommen, bin auf die Toilette gegangen und habe die Pakete geöffnet und die Waren runtergespült. Dann habe ich noch die leeren Pakete runtergespült.

R: Können Sie mir nochmal genau schildern was Sie gemacht haben, nachdem Sie von der Toilette in das andere Zimmer gegangen sind?

BF: Als die Männer alle gegangen sind, habe ich gesagt, ich muss auf die Toilette. Die Männer haben das Zimmer verlassen, ich bin ins Nebenzimmer gegangen und dort war auch gleich eine Toilette. Die Toilette ist nicht im Nebenzimmer, sondern ich musste aus dem Nebenzimmer wieder raus um auf die Toilette zu gelangen.

R: Schildern Sie mir nochmals ganz genau, als die Besprechung zu Ende war. Schildern Sie mir Schritt für Schritt was Sie gemacht haben, als die Besprechung zu Ende war bis zum Hinunterspülen der Drogen.

BF: Die Männer verlassen den Besprechungsraum und ich habe gesagt ich komme gleich, ich muss noch auf das WC. Als ich gesehen habe, dass die Männer ganz draußen sind, gehe ich schnell in das Nebenzimmer, wo die Pakete liegen. Ich nehme die Pakete, komme zurück ins vorherige Zimmer und gehe auf das WC.

R: Was haben Sie gemacht als die Männer das Zimmer verlassen haben?

BF: Ich bin ins Nebenzimmer gegangen.

R: War die Türe offen oder geschlossen?

BF: Es gab keine Türe.

R weiter:

BF: Dort lag die Ware auf dem Tisch.

R: Wie lag die Ware auf dem Tisch?

BF: Es war ein kleines Zimmer und auf dem Tisch lagen Pakete in denen Puder war.

R: Konnte man in diese Pakete reinschauen?

BF: Ja.

R: Haben Sie sich umgesehen ob es Kameras gibt?

BF: Nein, ich habe mich nicht umgesehen.

R: Wie wussten Sie, was sich in diesem Paket befindet?

BF: Ich habe Drogen vorher schon einmal gesehen.

R: Was haben Sie dann gemacht?

BF: Ich habe die Drogen genommen und bin damit zur Toilette gegangen.

R: Wie haben Sie die Drogen genommen?

BF: Es war ein Paket und ich habe es unter mein Hemd getan.

R: Was hätten Sie gesagt, wenn man Sie erwischt hätte, als Sie das Paket unter dem Hemd gehabt haben?

BF: Wenn ich erwischt worden wäre, wäre ich erwischt worden.

R: Haben Sie Vorkehrungen getroffen, für den Fall, dass Sie erwischt werden?

BF: Nein.

R: Wann waren Sie in diesem Haus? Welches Datum?

BF: An das Datum kann ich mich nicht erinnern.

R: Wie lange haben Sie sich dann noch in Indien aufgehalten, nachdem Sie die Drogen die Toilette runtergespült haben?

BF: 4 Monate.

R: Hatten Sie in diesen 4 Monaten Probleme?

BF. Ich wurde gesucht und ich habe mich bei verschiedenen Leuten aufgehalten.

R: Sie haben am Anfang gesagt, dass Sie von Ihrer Geburt an bis zu Ihrer Ausreise aus Indien an der von Ihnen genannten Heimatadresse aufgehalten haben. Jetzt sagen Sie, Sie haben sich auch bei anderen Leuten aufgehalten, was sagen Sie zu diesem Wiederspruch?

BF: Gewohnt habe ich an dieser Heimatadresse, ich war nur für ein paar Tage bei Freunden.

R: Für wie viele Tage waren Sie bei Freunden?

BF: Insgesamt 4 Tage, aber nicht 4 Tage hintereinander.

R: Sind Sie von den suchenden Personen auch angetroffen worden?

BF: Ja, es kam 3 Mal zu einem Streit.

R: Wie oft sind Sie insgesamt von den Personen angetroffen worden?

BF: Ich habe Sie nur 3 Mal angetroffen.

R: Wann sind Sie das erste Mal angetroffen worden?

BF: An das Datum kann ich mich nicht erinnern.

R: Wie viele Tage oder Wochen nach dem Besuch in dem Haus des Politikers, sind Sie von diesen Personen das erste Mal angetroffen worden?

BF: Das weiß ich nicht mehr.

R: Wie viel Abstand ist zwischen den zweiten Zusammentreffen und dem ersten der suchenden Personen gewesen?

BF: Das weiß ich auch nicht mehr.

R. Wie viel Zeit war zwischen dem 2 und 3 Zusammentreffen?

BF: Das weiß ich auch nicht.

R: Was ist beim ersten Mal genau passiert?

BF: Sie haben mich angehalten und es kam zum Streit. Passanten konnten mir helfen und ich bin dann weggelaufen.

R: Wie viele Personen waren das?

BF: 2 Männer.

R: Können Sie mir das genauer schildern? Wie hat sich das abgespielt?

BF: Ich war nachmittags unterwegs. Ich war zu Fuß unterwegs und die Männer waren auf einem Motorrad und sie haben mich gesehen. Sie haben mich festgehalten und es kam zu einem Gerangel. Die Passanten haben mir geholfen und ich konnte entkommen.

R: Haben die Männer vor den Passanten Angst gehabt?

BF: Ja.

R: Haben die Männer Angst vor der Polizei, wenn sie schon vor den Passanten Angst hatten?

BF: So kann man das nicht sagen, dass sie Angst hatten, aber die Passanten haben uns auseinandergebracht.

[…]

In der Beschwerdeverhandlung vom XXXX gab der BF befragt zu seinen Fluchtgründen Folgendes an:

[…]

R: Wie viele Personen waren in diesem Besprechungszimmer?

BF: 7 Personen.

R: Woher wussten Sie, wo sich die Drogen befunden haben?

BF: Ich habe die Unterhaltung der Männer mitgehört und einer der Männer hat dann in die Richtung des Zimmers gedeutet, wo sich die Drogen befunden haben.

R: Woher haben Sie gewusst wo sich die Drogen in dem Zimmer befinden?

BF: Es war ein kleines Zimmer und die Drogen lagen dort auf einem Tisch.

R: Wie wussten Sie, dass es sich da um Drogen handelt die da auf dem Tisch gelegen sind?

BF: Von der Verpackung konnte man erkennen, dass es Drogen waren.

R: Haben Sie vorher schon mit Drogen zu tun gehabt?

BF: Gesehen habe ich solche Pakete schon vorher.

R: Wie wissen Sie, dass da Drogen drinnen sind? Wie erkennt man das?

BF: Bei dem Gespräch der Männer wurde genau gesagt, dass es Drogen sind und außerdem haben die Drogen eine weiße Farbe.

R: Wie erkennen Sie, dass das Drogen sind?

BF: Das weiß ich nicht genau.

R: Wer hat beschlossen, dass Sie aus Indien ausreisen?

BF: Mein Vater.

R: Wie hat der Politiker geheißen, wo Sie da in dem Haus waren?

BF: XXXX .

R: Wo war der Politiker, in welchem Parlament?

BF: Er war MLA in XXXX .

R: Was ist ein MLA?

BF: Das ist z.B. ein Vorstand von kleinen Bezirken.

R: Was war der MLA XXXX ? Was für ein Abgeordneter war er?

BF: Er war ein MLA.

R: Erklären Sie mir das, was er nun konkret war.

BF: Bei uns sagt man MLA, das ist eine Funktion.

R: Wo ist der gesessen? In welcher Funktion war er?

BF: Das weiß ich nicht genau, da war ich erst 17, 18 Jahre alt. Ich wusste es nicht.

R: Welcher Partei hat er angehört?

BF: Kongress.

R: Sind Sie einmal angegriffen worden? Hat es einmal eine Auseinandersetzung gegeben?

BF: Ja, sehr oft.

R: Was heißt sehr oft?

BF: Es kam zu einem Kampf, sie haben mich geschlagen und ich wurde auch verletzt.

R wiederholt die Frage.

BF: Was meinen Sie, wollen Sie eine Anzahl wissen?

R wiederholt die Frage.

BF: Ich verstehe Ihre Frage nicht.

BF wird auf seine Mitwirkungspflicht aufmerksam gemacht.

R: Wann wurden Sie da angegriffen?

BF: als ich die Drogen am WC runtergespült habe, wurde ich nach kurzer Zeit angegriffen.

R: Was heißt Sie wurden nach kurzer Zeit angegriffen? Was meinen Sie mit kurzer Zeit?

BF: Nach ein paar Tagen.

R: Nach wie vielen Tagen?

BF: Ich kann mich nicht genau erinnern.

R: Wie hat sich dieser Angriff abgespielt?

BF: Ich war zu Fuß unterwegs, als die Männer mich gesehen haben, sie haben mich dann verprügelt und dann sind Passanten zu Hilfe gekommen und haben mich gerettet.

R: Wie hat der genaue Kampf, die Auseinandersetzung stattgefunden?

BF: Es war auf der Straße, wir wurden handgreiflich. Ich habe auch zurückgekämpft. Ich wurde verletzt und Passanten haben mir geholfen.

R: Erklären Sie mir genau wie sich dieser Kampf abgespielt hat.

BF: Wenn man so einen Kampf hat dann merkt man sich das nicht.

R: Das merkt man sich genau, wenn man angegriffen wird.

BF: ich kann mich nicht mehr genau erinnern, ich hatte großen Stress.

R: Wie viele Männer oder wie viele Beteiligte waren in diesem Kampf involviert?

BF: Es waren 2 Männer.

R: Kannten Sie die Männer?

BF: Nein, aber ich hatte die Männer vorher bei Demonstrationen gesehen.

R: Wie viele Leute waren bei diesen Demonstrationen beteiligt?

BF: Bei der Demonstration waren 1000 Leute.

R: sie haben beim BFA in diesem Zusammenhang gesagt, dass sich die Menschen gar nicht getraut hätten Ihnen zu helfen. Heute sagen Sie, dass Ihnen Leute geholfen hätten. Was sagen Sie zu diesem Widerspruch?

BF: Ich kann mich nicht mehr erinnern.

R: Wo haben Sie zu dem Zeitpunkt gewohnt, als Sie angegriffen worden sind?

BF: Zuhause.

R: Was haben Sie gemacht nachdem Sie angegriffen worden sind?

BF: Danach kam es zum zweiten und zum dritten Angriff. Meine Familie hat sich große Sorgen gemacht.

R: Was haben Sie gemacht nachdem der Kampf beendet wurde an diesem Tag?

BF: Ich habe mich irgendwo hingesetzt und dann habe ich Freunde angerufen, die haben mich abgeholt.

R: Fahren Sie fort.

BF: Die Freunde haben mich dann nach Hause gebracht. Meine Familie hat dann meine Wunden versorgt.

R: Haben Sie irgendwelche Vorkehrungen getroffen für den Fall eines weiteren Angriffs?

BF: Mein Vater hat versucht mit den Gegnern zu sprechen, damit es zu einer friedlichen Lösung kommt, aber es brachte nichts.

R: Was heißt es brachte nichts?

BF: Die Gegner haben meinem Vater erklärt, dass sie mir nicht verzeihen können.

R: Wieso hätten die Ihnen nicht verzeihen können?

BF: Weil die Drogen sehr sehr teuer waren, die ich hinuntergespült habe.

R: Wie ist es dann weitergegangen?

BF: Es kam zu einem weiteren Vorfall da war ich mit Freunden auf dem Markt. Die Gegner hatten ein Gewehr, mit dem haben sie mich bedroht. Ich wurde wieder verprügelt, aber diesmal leichter. Weil ich auf dem Markt war, konnte ich durch die Gassen entkommen.

R: Hat man auf Sie geschossen?

BF: Nein, aber sie haben damit gedroht.

R: Warum haben sie nicht auf Sie geschossen?

BF: Weil wir auf dem Marktplatz waren.

R: Hatten die Täter Angst vor den Leuten?

BF: Natürlich, es könnte ja zu einem Verfahren gegen die Gegner führen.

R: Haben Sie die Gegner angezeigt?

BF: Ich war bei der Polizei, aber sie merkten um wen es geht, hat die Polizei die Anzeige nicht entgegengenommen.

R: Warum hätten dann die Täter die Leute auf dem Markt fürchten sollen, wenn sie auf Sie geschossen hätten?

BF: Das war kein fixer Mann von denen, sondern nur ein Anhänger.

R: Was wollen Sie damit sagen?

BF: Ich weiß nicht.

R: Wo sind Sie dann hingelaufen?

BF: Ich bin dann zu Freunden gelaufen.

R: Wie lange sind Sie dort verblieben?

BF: 10 bis 15 Minuten.

R: Was war dann?

BF: Dann bin ich nach Hause gekommen.

R: Wie viele Tage nach dem ersten Vorfall hat denn dieser zweite Vorfall stattgefunden?

BF: Daran kann ich mich nicht erinnern.

R: Waren das mehrere Tage oder mehrere Wochen, mehrere Monate?

BF: Ich kann mich wirklich nicht erinnern.

R: Was haben Sie dann zuhause gemacht?

BF: Ich habe meiner Familie vom zweiten Vorfall erzählt und dadurch war meine Familie sehr besorgt.

R: War Ihre Familie mehr besorgt als Sie selber?

BF: Ich war auch sehr besorgt und die Familie auch.

R: Und weiter? Was haben Sie denn getan nachdem alle sehr besorgt waren?

BF: Nach ein paar Tagen hat dann mein Vater entschlossen, dass er mich aus Indien wegschicken wird. Das hat er dann auch getan.

R: Wie viele Tage zwischen dem Entschluss Ihres Vaters und der Ausreise aus Indien sind da noch gewesen?

BF: Nach ca. einem Monat habe ich dann schon das Land verlassen.

R: Wo haben Sie sich in diesem Monat aufgehalten?

BF: Zuhause.

R: Ständig?

BF: Ich war hauptsächlich zuhause, ich war nur kurz aus dem Haus, wenn etwas zu erledigen war.

R: Was war zu erledigen?

BF: Man hat schon immer etwas zu erledigen.

R: Ist es in dieser Zeit noch zu irgendwelchen Vorfällen gekommen?

BF: Es kam ein paar Mal vor, dass in der Nacht Steine auf unser Haus geworfen wurden.

R: Was haben Sie dann gemacht bzw. Ihre Eltern nachdem da Steine auf Ihr Haus geworfen worden sind?

BF: Die Steinwerfer sind immer weggelaufen also konnten wir nichts tun.

R: Hatten die Steinwerfer Angst, weil sie weggelaufen sind, dass sie Ihnen etwas tun würden?

BF: Das weiß ich nicht, wir konnten die Personen nicht erkennen.

R: Sie haben heute gesagt, Sie sind einmal verletzt worden. Wo wurden die Verletzungen behandelt?

BF: Ich wurde zuhause gepflegt.

R: Beim BFA haben Sie am XXXX gesagt, dass Sie wegen Ihrer Verletzungen im Spital gewesen wären und dort verarztet worden sind und nicht wie Sie heute sagen, dass Sie zuhause verarztet worden sind. Was sagen Sie denn zu diesem Wiederspruch?

BF: Im Spital war ich nicht, aber der Hausarzt ist manchmal vorbeigekommen.

R: Wie oft sind Sie verletzt worden bei diesen Auseinandersetzungen?

BF: Ich wurde drei Mal angegriffen.

R wiederholt die Frage.

BF: Drei Mal wurde ich verletzt.

R: Sie haben doch zuerst gesagt Sie sind am Markt weggelaufen, wie sind Sie denn da verletzt worden?

BF: Bevor ich weglaufen konnte, haben die Männer mich verprügelt.

R: Sie haben heute gesagt Sie sind drei Mal angegriffen worden, beim BFA haben sie am XXXX gesagt, dass Sie 10 bis 12 angegriffen worden sind. Was sagen Sie denn zu diesem Widerspruch?

BF: Es gab 10 bis 12 Konfrontationen. Zu einem tatsächlichen Angriff kam es nur dreimal.

R: Sie haben beim BFA auf die Frage wie oft Sie angegriffen wurden gesagt, dass Sie 10 bis 12-mal angegriffen worden sind. Das sind keine Konfrontationen.

BF: Ich wurde 10 bis 12-mal angegriffen, aber nur 2- bis 3-mal verletzt.

R: Um welche Drogen hat es sich überhaupt gehandelt, die Sie da gestohlen haben? Was waren das für Drogen?

BF: Smack.

R: Was ist das?

BF: Das ist eine Droge.

R an RV: Haben Sie Fragen?

[…]

13.      Mit Schriftsatz vom XXXX legte der BF eine Einkommensteuererklärung für das Jahr XXXX sowie einen Einkommensteuerbescheid der Jahre XXXX vor. Er gab an, der Einkommensteuerbescheid von XXXX sei derzeit für ihn nicht auffindbar.

14.      Mit Verfahrensanordnung vom XXXX wurde der BF aufgefordert, binnen vierzehn Tagen seine Einkommens- und Umsatzsteuerbescheide aus den Jahren XXXX vorzulegen.

15.      Mit Urkundenvorlage vom XXXX legte der BF den Einkommens- und Umsatzsteuerbescheid XXXX , die Einkommensteuererklärung XXXX und Gutschriften für die vom BF im Jahr XXXX bisher ausgeführten Botenfahrten der XXXX GmbH vor.

I.       Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1.    Zur Person des Beschwerdeführers

Der BF heißt XXXX , ist indischer Staatsangehöriger, wurde am XXXX in XXXX in der Provinz Punjab (Indien) geboren, spricht Punjabi, Hindi, ein wenig Englisch und Deutsch und gehört der Volksgruppe der Punjabi sowie der Religionsgemeinschaft der Sikhs an. Er wuchs in der Stadt XXXX auf und lebte dort mit seiner Familie, also seinen Eltern und seinem Bruder, bis zu seiner Ausreise. Der BF besuchte in seinem Heimatstaat zehn Jahre die Grundschule und erhielt nach einer dreijährigen Ausbildung ein Diplom für Mechanical Engineering. Er war in Indien nicht erwerbstätig.

Im Akt befindet sich eine Kopie seines Reisepasses mit der Nummer XXXX sowie seines indischen Führerscheins mit der Nummer XXXX .

Der BF gesund, leidet an keiner schwerwiegenden Krankheit und ist arbeitsfähig. Er ist ledig und hat keine Kinder.

In Hinblick auf die derzeit bestehende Covid-19 – Pandemie ist festzuhalten, dass der BF XXXX alt ist und weder an einer schwerwiegenden noch an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leidet, womit er nicht unter die Risikogruppe der älteren Personen oder Personen mit (relevanten) Vorerkrankungen fällt. Er leidet insbesondere an keinen (chronischen) Atemwegserkrankungen oder anderen chronischen Krankheiten, wie Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, geschwächtem Immunstatus, Krebs oder Fettleibigkeit.

1.2.    Zu den Flucht- und Verfolgungsgründen im Herkunftsstaat

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF aus einem der von ihm genannten Gründe – konkret aufgrund von Verfolgungshandlungen durch Drogenverkäufer – seinen Herkunftsstaat verlassen hat oder ihm aus diesen Gründen im Fall seiner Rückkehr eine Gefahr oder Verfolgung drohe.

Weiters kann nicht festgestellt werden, dass der Herkunftsstaat des BF infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht gewillt oder in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter durch Privatpersonen abzuwenden.

Es kann zudem nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Indien in seinem Recht auf Leben gefährdet wird, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wird oder für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

1.3.    Zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers

Der BF lebt seit XXXX durchgehend in Österreich. Er hat im Bundesgebiet keine Verwandten oder nahe Angehörige. In seinem Herkunftsstaat leben nach wie vor seine Eltern, sein Bruder sowie andere Verwandte, zu denen er regelmäßigen Kontakt hat.

Der BF hat in Österreich einen Freundeskreis, der aus kroatischen, türkischen und österreichischen Staatsbürgern besteht. Es ist im Verfahren nicht hervorgekommen, dass er über enge soziale Bindungen verfügt. Er ist nicht Mitglied eines Vereins, eines Clubs oder einer sonstigen Organisation. Der BF bestand am XXXX eine Integrationsprüfung bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz auf dem Sprachniveau A2 und zu Werte- und Orientierungswissen des ÖIF und verfügt über derartige Deutschkenntnisse, dass er sich im Alltag in einfacher Sprache verständigen kann. Der BF bemüht sich darum, seine Deutschkenntnisse durch das Konsumieren österreichischer Medien zu verbessern. Er wohnt derzeit in einer Mietwohnung in XXXX , in der er auch behördlich gemeldet ist. Per XXXX trat er in den Mietvertrag ein. Der BF ist seit seiner Einreise in das Bundesgebiet durchgehend den melderechtlichen Vorschriften entsprechend gemeldet.

Der BF ist in Österreich rechtmäßig selbstständig erwerbstätig und seit XXXX im Besitz einer Gewerbeberechtigung für das „Gewerbe der Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt“. Er betreibt ein Kleintransportunternehmen und schloss am XXXX einen Rahmen-Frachtvertrag mit der XXXX GmbH ab. Er ist mit den aus seinem Transportgewerbe erwirtschafteten Beträgen selbsterhaltungsfähig. Der BF besitzt einen österreichischen Führerschein mit der Nummer XXXX sowie zwei Leasingfahrzeuge, die auf ihn zugelassen sind. Für eines der beiden Fahrzeuge wurde dem BF am XXXX eine Vollmacht zur Eindeckung mit einer CMR Frächterhaftpflicht erteilt. Er verfügt über die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer XXXX und bezahlt in Österreich seit Beginn der Ausübung seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit Steuern.

Er ist bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen Wien versichert und bezahlt regelmäßig GSVG- bzw. FSVG-Beiträge, wobei auf seinem Konto per XXXX ein Beitragsrückstand von EUR 279,72 besteht.

Der BF bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung und ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Er trat zwar strafrechtlich wegen § 83 StGB bereits in Erscheinung, die Staatsanwaltschaft Wien trat jedoch am XXXX von der Verfolgung zurück.

1.4.    Zur Situation im Herkunftsstaat

Zur entscheidungsrelevanten Situation im Herkunftsstaat wird von dem im Zuge der Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme innerhalb von 10 Tagen übermittelten aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Indien (Generiert am: 23.07.2021, Version 4) ausgegangen:

Auszüge aus dem Länderinformationsblatt Indien vom 31.05.2021 mit letzter Kurzinformation vom 31.05.2021:

Länderspezifische Anmerkungen

Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie verhängte die indische Regierung am 25. März 2020 eine Ausgangssperre über das gesamte Land, die nur in Einzelfällen (Herstellung lebensnotwendiger Produkte und Dienstleistungen, Einkaufen für den persönlichen Bedarf, Arztbesuche, usw.) durchbrochen werden durfte. Trotz der Ausgangssperre sanken die Infektionszahlen nicht. Seit der ersten Aufsperrphase, die am 8. Juni 2020 begann, schießt die Zahl der Infektionen noch steiler als bisher nach oben. Größte Herausforderung während der Krise waren die Millionen von Wanderarbeitern, die praktisch über Nacht arbeitslos wurden, jedoch auf Grund der Ausgangssperre nicht in ihre Dörfer zurückkehren konnten (ÖB 9.2020; vgl. HRW 13.1.2021). Viele von ihnen wurden mehrere Wochen in Lagern unter Quarantäne gestellt (also de facto eingesperrt), teilweise mit nur schlechter Versorgung (ÖB 9.2020). Menschen mit Beeinträchtigungen sind von coronabedingten Maßnahme wie Abriegelungen und sozialen Distanzierungen besonders betroffen. Der Zugang zu medizinischer Versorgung und lebenswichtigen Gütern und der Ausübung sozialer Distanzierung, insbesondere für diejenigen, die persönliche Unterstützung für Aufgaben des täglichen Lebens erhalten (HRW 13.1.2021). Während der ersten Wochen der COVID-19 Pandemie, wurden Muslime für die Verbreitung des Coronavirus, auch von Vertretern der Regierungsparteien verantwortlich gemacht (FH 3.3.2021; vgl. HRW 13.1.2021).

Nach Angaben des indischen Gesundheitsministeriums vom 11. Oktober 2020 wurden seit Beginn der Pandemie mehr als sieben Millionen Infektionen mit COVID registriert. Die täglichen offiziellen Fallzahlen stiegen zwar zuletzt weniger schnell als noch im September, die Neuinfektionen nehmen in absoluten Zahlen jedoch

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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