TE Vwgh Beschluss 2021/10/13 Ra 2020/13/0091

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Veröffentlicht am 13.10.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs1 Z5
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision der K GmbH in W, vertreten durch Dr. Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Lerchenfelderstraße 39, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 9. Juni 2020, Zl. RV/7103847/2019, betreffend Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2009 bis 2011, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Strittig ist im Revisionsfall die Höhe einer - aus einer im Jahr 2003 gezahlten Mietrechtsablöse resultierenden - Abschreibung (vgl. - frühere Jahre betreffend - VwGH 18.10.2017, Ra 2017/13/0052 und Ra 2017/13/0055). Das Bundesfinanzgericht bestätigte die Annahme einer damals überhöhten (fremdunüblichen) Mietrechtsablöse, sodass sich eine geringere Abschreibung ergebe. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, eine Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. In der Zulässigkeitsbegründung wird ausgeführt, das Bundesfinanzgericht habe sich über zwingende Rechtsvorschriften des Mietengesetzes hinweggesetzt und den Fremdvergleich unzutreffend beurteilt. Das Finanzamt hat - nach Einleitung des Vorverfahrens - eine Revisionsbeantwortung erstattet.

3        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

5        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6        Gemäß § 28 Abs. 3 VwGG hat die Revision, wenn das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen hat, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision). In den „gesonderten“ Gründen zur Zulässigkeit der Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG ist daher konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 19.5.2021, Ra 2020/15/0064, mwN).

7        Die vorliegende Zulässigkeitsbegründung erfüllt diese Anforderungen nicht. Weder wird Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs genannt, von welcher das Bundesfinanzgericht nach Ansicht der Revisionswerberin abgewichen sein soll, noch wird eine Rechtsfrage formuliert, die der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung noch nicht gelöst hat. Das Vorbringen enthält Ausführungen zum Mietengesetz und zum Fremdvergleich und wieso sich die Auffassung des Bundesfinanzgerichts nach Ansicht der Revisionswerberin als rechtswidrig erweist. Dabei handelt es sich aber um Revisionsgründe.

8        Dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG wird nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen (vgl. VwGH 18.2.2021, Ra 2019/15/0113, mwN).

9        Ungeachtet dessen kann die Revision mit ihrem Vorbringen auch keine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzeigen. Die Revisionswerberin macht geltend, nach dem (sachverhaltsbezogen im Jahr 1972 anwendbaren) Mietengesetz sei eine freie Mietzinsvereinbarung nur dann zulässig gewesen, wenn die Wohnung innerhalb eines halben Jahres nach „Freiwerdung“ vermietet worden sei; durch Urkunden sei nachgewiesen worden, dass die Vermietung „nach Ablauf von 6 Monaten“ erfolgt sei. Dazu ist zu bemerken, dass nach § 16 Abs. 1 Z 2 Mietengesetz (idF - richtig - BGBl. Nr. 281/1967) eine Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses zulässig war, wenn der Vermieter eine nach dem 1. Jänner 1968 freiwerdende Wohnung innerhalb von sechs Monaten nach der Räumung durch den früheren Mieter oder Inhaber an einen nicht zum Eintritt in die Mietrechte des früheren Mieters Berechtigten vermietet (vgl. dazu z.B. OGH 23.10.1986, 7 Ob 636/86; 29.11.1988, 5 Ob 20/88). Nur aus dem Umstand, dass die Vormieterin - wie aus der von der Revisionswerberin vorgelegten Urkunde hervorgeht - am 19. Mai 1972 verstorben war, kann (auch entgegen der Annahme des Bundesfinanzgerichts) nicht ohne Weiteres abgeleitet werden, dass die Vermietung an JK am 15. Dezember 1972 nicht innerhalb von sechs Monaten nach der „Räumung“ erfolgt wäre. Was die weitere Vermietung im Jahr 1980 betrifft, so wird auch in der Revision nicht geltend gemacht, dass diese Vermietung einer Beschränkung des Mietzinses unterlegen wäre. Das Bundesfinanzgericht hat sich darauf gestützt, dass im Zuge des Abschlusses des neuen Mietvertrages ein höherer Mietzins für das gesamte vermietete Objekt hätte vereinbart werden können und dies einer fremdüblichen Vorgangsweise entsprochen hätte. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin hätte im Jahr 1980 der Mietzins für das bereits im Dezember 1972 vermietete (Teil-)Objekt durch Vereinbarung rechtswirksam erhöht werden können (vgl. § 16 Abs. 1 Z 4 MG: wenn das Mietverhältnis mindestens ein halbes Jahr bestanden hat), sodass die Höhe der Mietrechtsablöse nicht auf den Umstand zwingender Mietzinsobergrenzen gestützt werden kann.

10       Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass dem Verwaltungsgerichtshof bei der Auslegung von nicht in die Kompetenz der Verwaltung fallenden Rechtsmaterien (wie z.B. dem Mietrecht) keine Leitfunktion zukommt (vgl. VwGH 3.4.2019, Ra 2018/15/0060, mwN).

11       Die Revision war daher zurückzuweisen.

12       Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden.

13       Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 13. Oktober 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020130091.L00

Im RIS seit

15.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

06.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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