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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des H in F, vertreten durch die Graff Nestl & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 1010 Wien, Kärntner Ring 4, gegen das am 17. Mai 2021 verkündete und am 19. Mai 2021 ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich, LVwG-S-644/001-2020, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Krems), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 17. Februar 2020 wurde der Revisionswerber der Übertretung des § 52 lit. a Z 10a StVO schuldig erkannt, weil er mit einem näher genannten PKW am 11. September 2019 um 21:38 Uhr im „Gemeindegebiet von Grafenwörth auf der Schnellstraße Autobahn S-33 nächst Strkm 034,900 in Fahrtrichtung Tulln Übergang zur S-5“ die aufgrund des angebrachten Vorschriftszeichens „Geschwindigkeitsbeschränkung“ erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h überschritten habe, indem er 158 km/h gefahren sei. Über den Revisionswerber wurde eine Geldstrafe in der Höhe von € 600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 260 Stunden) verhängt.
2 Die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen als unbegründet ab. Es bestätigte das bekämpfte Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass der Tatort „Gemeindegebiet von Grafenwörth auf der Schnellstraße Autobahn S5 nächst Strkm 034,900 in Fahrtrichtung Tulln“ zu lauten habe. Darüber hinaus verpflichtete es den Revisionswerber zur Zahlung eines näher genannten Beitrags zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.
3 Das Verwaltungsgericht stellte nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens den entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest. Es traf u.a. Feststellungen über die vom Revisionswerber „nächst km 34,900 der S5“ gefahrene Geschwindigkeit und setzte sich beweiswürdigend mit den unterschiedlichen Beweisergebnissen auseinander. Das Verwaltungsgericht folgerte rechtlich, dass der Revisionswerber die angelastete Verwaltungsübertretung verwirklicht habe und sah sich zur Berichtigung des Spruchs berechtigt sowie verpflichtet, weil schon in der an den Revisionswerber ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung als Tatort „Gemeindegebiet von Grafenwörth auf der Schnellstraße Autobahn S5 nächst Strkm 034,900 in Fahrtrichtung Tulln“ richtig angegeben worden sei und die Bezeichnung im Straferkenntnis als S33 nächst Strkm 034,900 lediglich auf einen Tippfehler zurückzuführen sei. Zudem legte das Verwaltungsgericht seine Erwägungen zur Strafbemessung dar.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit geltend gemacht, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es eigenmächtig den hinsichtlich des Tatortes fehlerhaften Spruch des Straferkenntnisses in unzulässiger Weise richtiggestellt und dadurch unzulässig einen anderen Sachverhalt herangezogen habe, als er der ursprünglichen Bestrafung zugrunde gelegen sei (Hinweis auf VwGH 16.9.2020, Ra 2020/09/0036, und VwGH 30.1.2018, Ra 2017/01/0409).
8 Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.
9 Es bedarf daher im Bescheidspruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzten Verwaltungsvorschriften erforderlich sind. Wesentlich für die Bezeichnung der Tat ist der Ausspruch über Zeit und Ort der Begehung. Der Tatort einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nach § 52 lit. a Z 10a StVO muss so umschrieben sein, dass geprüft werden kann, ob er unter den örtlichen Anwendungsbereich einer gehörig kundgemachten Verordnung über eine zulässige Höchstgeschwindigkeit fällt (vgl. VwGH 25.2.2004, 2001/03/0436, mwN).
10 Der Umstand allein, dass im Spruch des Straferkenntnisses ein unrichtiger Tatort genannt wurde, rechtfertigt noch nicht die Einstellung des Verfahrens (vgl. dazu etwa VwGH 20.5.2015, Ra 2014/09/0033, mwN). Das Verwaltungsgericht ist nicht nur berechtigt, sondern vielmehr verpflichtet, einen allenfalls fehlerhaften Spruch im behördlichen Straferkenntnis richtig zu stellen oder zu ergänzen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist rechtzeitig eine alle der Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltselemente enthaltende Verfolgungshandlung durch die Behörde gesetzt wurde (vgl. VwGH 21.4.2020, Ra 2019/09/0099, mwN).
11 Das Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision zeigt nicht auf, dass das Verwaltungsgericht von dieser Rechtsprechung abgewichen wäre. Der in der Revisionsschrift dazu zitierten Rechtsprechung liegen anders gelagerte Sachverhalte zugrunde. In VwGH 30.1.2018, Ra 2017/01/0409, ging es um eine zulässige Einschränkung des Tatvorwurfs nach dem Pyrotechnikgesetz 2010 und in VwGH 16.9.2020, Ra 2020/09/0036, um eine Konkretisierung, in welcher Eigenschaft der Beschuldigte die Taten zu verantworten hatte.
12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 15. Oktober 2021
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff TatortEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021020158.L00Im RIS seit
15.11.2021Zuletzt aktualisiert am
23.11.2021