TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/3 W254 2231553-2

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Veröffentlicht am 03.08.2021
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Entscheidungsdatum

03.08.2021

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §33 Abs1
VwGVG §7 Abs4

Spruch


W254 2231553-2/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

I. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr.in Tatjana CARDONA über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch Rechtsanwältin Mag.a Nadja LORENZ, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.02.2020, Zl. 1002883710-190563627, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 33 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Dr.in Tatjana CARDONA über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch Rechtsanwältin Mag.a Nadja LORENZ, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.07.2019, Zl. 1002883710-190563627 den Beschluss:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 7 Abs. 4 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

XXXX (in Folge: Beschwerdeführer, kurz „BF“ genannt), ein iranischer Staatsangehöriger, stellte am XXXX 2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 19.07.2019 den Antrag des BF sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten ab. Unter einem wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Iran zulässig sei sowie eine Frist für dessen freiwillige Ausreise bestimmt.

Dieser Bescheid wurde am 24.07.2019 beim Postamt hinterlegt, jedoch vom BF nicht behoben und langte am 14.08.2019 aufgrund der Nichtbehebung wieder bei der belangten Behörde ein.

Mit Schreiben vom 04.02.2020 stellte der BF durch seine Rechtsvertretung einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob unter einem Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 19.07.2019. Den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründete er im Wesentlichen damit, dass er seit XXXX 2013 durchgehend an seiner Meldeadresse lebe. Die Wohnung verfüge über ein eigenes, abschließbares Postfach, zu dem ausschließlich der BF Zugriff habe. Sein Postfach werde regelmäßig und sorgfältig von ihm kontrolliert und habe er bislang alle Schriftstücke der belangten Behörde erhalten. Ebenso könne er ausschließen, dass er eine Hinterlegungsanzeige mit allfälligem Werbematerial unabsichtlich entsorgt habe, da er keine Reklame erhalte. Eine Verständigung über die Hinterlegung vom 23.07.2019 habe er nicht erhalten und habe er daher auch nichts vom Zustellversuch der belangten Behörde gewusst. Der BF habe weder auffallend sorglos gehandelt noch habe es in seiner Macht gelegen, früher Beschwerde zu erheben. Ein Verschulden, dass der BF zu vertreten habe, sei ihm nicht zuzurechnen. Da somit kein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden des BF vorliege, sei seinem Antrag auf Wiedereinsetzung stattzugeben. Zudem wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in Bezug auf seinen Antrag auf Wiedereinsetzung beantragt.

Mit Bescheid vom 14.02.2020, wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 04.02.2020 gem. § 33 Abs. 1 VwGVG ab (Spruchpunkt I.). Begründend wurde dabei u.a. ausgeführt, dass ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis nicht glaubhaft gemacht werden konnte. Der Bescheid sei an die vom BF angegebene und registrierte Wohnadresse ordnungsgemäß zugestellt worden. Der BF habe den Bescheid trotz ordnungsgemäßer Hinterlegung nicht behoben. Andere essentielle Gründe für eine Wiedereinsetzung seien nicht vorgebracht worden.

Mit am 26.02.2020 bei der Behörde einlangendem Schriftsatz wurde gegen den Bescheid vom 14.02.2020 fristgerecht Beschwerde erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass er seit XXXX 2013 durchgehend an seiner Meldeadresse lebe. Die Wohnung verfüge über ein eigenes, abschließbares Postfach, zu dem ausschließlich der BF Zugriff habe. Sein Postfach werde regelmäßig und sorgfältig von ihm kontrolliert und habe er bislang alle Schriftstücke der belangten Behörde erhalten. Ebenso könne er ausschließen, dass er eine Hinterlegungsanzeige mit allfälligem Werbematerial unabsichtlich entsorgt habe, da er keine Reklame erhalte. Eine Verständigung über die Hinterlegung vom 23.07.2019 habe er nicht erhalten und habe daher auch nichts vom Zustellversuch der belangten Behörde gewusst. Der BF habe weder auffallend sorglos gehandelt noch habe es in seiner Macht gelegen, früher Beschwerde zu erheben. Ein Verschulden, dass der BF zu vertreten habe, sei ihm nicht zuzurechnen. Da somit kein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden des BF vorliege, sei seinem Antrag auf Wiedereinsetzung stattzugeben. Es liege kein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden des BF vor. Der BF habe seinen Postkasten sorgfältig kontrolliert und auch bislang nachweislich alle Schriftstücke der Behörde erhalten. Der BF habe keine Verständigung über die Hinterlegung („gelber Zettel“) erhalten und daher – ohne sein Verschulden – nichts vom Zustellversuch der belangten Behörde gewusst. Zudem wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in Bezug auf seinen Antrag auf Wiedereinsetzung erneut beantragt.

Mit Aktenvermerk vom 11.03.2020 wurde seitens des BFA festgehalten, dass der Zusteller der österreichischen Post AG aufgrund telefonischer Rücksprache mitteilte, dass er den RSa Brief nicht persönlich zustellen konnte und daher eine schriftliche Verständigung der Hinterlegung mit den erforderlichen Informationen ausgefüllt habe und in den Briefkasten eingelegt habe. Mit Schreiben vom 16.03.2020 wurden dem Beschwerdeführer schriftliches Parteiengehör eingeräumt (As 241), in Form von Fragen zu seiner Meldeadresse, möglichen Auslandsaufenthalten und zum Erhalten und Beheben von Postsendungen. Am 18.03.2020 wurden diese Fragen vom Beschwerdeführer beantwortet.

Die Beschwerde wurde samt dem bezugnehmenden Verwaltungsakt am 18.06.2020 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen.

Mit am 02.11.2020 einlangendem Schreiben wurde dem Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme und eine Taufbestätigung des BF vorgelegt. Darin wird ua. erneut die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie die zeugenschaftliche Einvernahme näher ausgewiesener Personen zum Beweis dass sich der BF nach reiflicher Überlegung taufen ließ, am christlichen Glaubensleben teilnimmt und ein christliches Leben führt, beantragt.

Mit Schreiben vom 18.03.2021 wurde bekannt gegeben, dass Rechtsanwältin Mag.a Nadja Lorenz, Vollmacht erteilt und mit der Vertretung des BF beauftragt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Bescheid der belangten Behörde vom 19.07.2019, Zl. 1002883710-190563627 wurde dem BF am 24.07.2019 ordnungsgemäß durch Hinterlegung zugestellt. Die Hinterlegungsanzeige wurde am 23.07.2019 in die Abgabevorrichtung eingelegt. Der Bescheid wurde ab 24.07.2019 zur Abholung bereitgehalten. Der BF hat den Bescheid jedoch nicht behoben.

Der BF erlangte am 23.01.2020 Kenntnis davon, dass ein Bescheid in Bezug auf seinen Asylantrag erlassen wurde. Der Bescheid bzw. eine Kopie desselben wurde dem BF allerdings nicht ausgehändigt. Eine Akteneinsicht erfolgte am 29.01.2020. Der BF beantragte am 04.02.2020 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob unter einem Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 19.07.2019.

Den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründete der BF im Wesentlichen damit, dass er seit XXXX 2013 durchgehend an der Meldeadresse lebe, ihm aber keine Hinterlegungsanzeige zugegangen sei und daher nichts vom Zustellversuch gewusst habe und ihm kein Verschulden zuzurechnen sei.

Der BF erstattete im Wiedereinsetzungsantrag kein - über bloße Behauptungen -hinausgehendes Vorbringen. Der BF erstattete auch kein Vorbringen, das etwa die Entfernung der Hinterlegungsanzeige als nicht unwahrscheinlich erscheinen ließe.

Der BF hat weder glaubhaft gemacht, dass er das zumutbare Maß an Aufmerksamkeit und Mühe aufgewendet hat, um ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis vorherzusehen und abzuwenden, noch, dass er am Eintritt dessen ein nur minderer Grad des Versehens trifft.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich unbestritten aus dem Inhalt der Verfahrensakten.

Die Feststellung zur ordnungsgemäßen Zustellung des Bescheides durch Hinterlegung und dazu, dass die Hinterlegungsanzeige in die Abgabeeinrichtung eingelegt wurde, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden ausgefüllten Rückschein (OZ 1 AS 87), an dessen Richtigkeit keine Zweifel hervorgekommen sind. Zusätzlich wurde ein Auszug aus dem Zentralen Melderegister eingeholt, aus dem hervorgeht, dass der BF an der Zustelladresse gemeldet war und wird vom BF auch selbst vorgebracht, dass er durchgehend an dieser Meldeadresse lebt.

Zur Begründung der Rechtzeitigkeit der verspätet erhobenen Beschwerde wurde im Wesentlichen lediglich ausgeführt, dass keine Hinterlegungsanzeige in den Briefkasten des BF eingelegt worden sei und somit die Zustellung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei.

Diesem ohne Beweismittel untermauerten Vorbringen steht jedoch der dem Akt einliegende RSa-Rückschein entgegen, der den vollen Beweis liefert, dass der darin beurkundete Zustellvorgang auch eingehalten wurde. Bei dem Rückschein (Formular 4 zu § 22 Zustellgesetz) handelt es sich um eine öffentliche Urkunde, die nach § 47 AVG in Verbindung mit § 292 ZPO die Vermutung der Richtigkeit für sich hat. Diese Vermutung ist widerlegbar, wobei die Behauptung der Unrichtigkeit des Beurkundeten entsprechend zu begründen ist und Beweise dafür anzuführen sind, die geeignet sind, die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen (vgl. VwGH vom 21.11.2001, 2001/08/0011). Der BF hat diese Vermutung aber in keiner Weise widerlegt.

Es steht für das Bundesverwaltungsgericht daher zweifelsfrei fest, dass im Zuge des Zustellvorganges am 23.07.2019 eine Hinterlegungsanzeige in die Abgabeeinrichtung des BF eingelegt wurde und der Bescheid danach zur Abholung beim zuständigen Postamt bereitlag. Der Bescheid ist somit mit Beginn der Abholfrist, laut dem unzweifelhaften Rückschein also dem 24.07.2019, durch Hinterlegung ordnungsgemäß zugestellt worden.

Die Feststellungen zur Kenntniserlangung in Bezug auf den Bescheid vom 19.07.2019 ergeben sich aus seinen Angaben im gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung (OZ 1 AS 167 ff), welchen die belangte Behörde nicht entgegengetreten ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu I. A) Zur Beschwerdeabweisung

3.I.1.  Zunächst ist dem BF darin beizupflichten, dass in jenem Fall, in dem von der Hinterlegungsanzeige keine Kenntnis erlangt wird, grundsätzlich das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Verfügung steht. Ein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis kann nämlich darin liegen, dass die Partei vom Zustellvorgang nicht Kenntnis erlangt hat (vgl. etwa VwGH 12.11.1996, 95/19/0392).

Macht eine Partei gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG glaubhaft, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Weiters ist hervorzuheben, dass das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen nur im Rahmen der Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers zu untersuchen ist. Fehlt es schon nach diesen Behauptungen an einer Fristversäumnis, so wurde der Wiedereinsetzungsantrag im Ergebnis zutreffend abgewiesen. An den im Antrag vorgebrachten Grund bleibt die Partei gebunden. Das Auswechseln des Wiedereinsetzungsgrundes im Stadium der Berufung (nunmehr Beschwerde) käme der Stellung eines neuerlichen, anders begründeten Antrages auf Wiedereinsetzung gleich, der außerhalb der Wiedereinsetzungsfrist erfolgte und daher unbeachtlich wäre (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 [2019], § 33 VwGVG E2 mit Verweis auf VwGH 17.3.2015, Ra 2014/01/0134; vgl. auch zuletzt VwGH 10.9.2020, Ra 2020/14/0230).

Die belangte Behörde (und in weiterer Folge das erkennende Gericht) hatte daher ausschließlich das Vorbringen des BF in seinem Antrag vom 04.02.2020 auf seine Tauglichkeit als Wiedereinsetzungsgrund zu prüfen. Eine amtswegige Prüfung, ob sonstige vom Antragsteller nicht geltend gemachte Umstände die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten, hat nicht zu erfolgen (vgl. VwGH 17.3.2015, Ra 2014/01/0134).

3.I.2.  Der BF führte in seinem Antrag auf Wiedereinsetzung aus, dass er keine Hinterlegungsanzeige erhalten und daher nichts von einem Zustellversuch am 23.07.2019 gewusst habe und er auch nicht auffallend sorglos gehandelt habe. Die Wohnung verfüge über ein eigenes, abschließbares Postfach, zu dem ausschließlich der BF Zugriff habe. Sein Postfach werde regelmäßig und sorgfältig von ihm kontrolliert und habe er bislang alle Schriftstücke der belangten Behörde erhalten. Ebenso könne er ausschließen, dass er eine Hinterlegungsanzeige mit allfälligem Werbematerial unabsichtlich entsorgt habe, da er keine Reklame erhalte. An dieses Vorbringen bleibt er gemäß der oben angeführten Rechtsprechung gebunden.

Im Ergebnis macht der BF mit seinem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag lediglich einen Zustellmangel geltend, welcher allerdings nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen Wiedereinsetzungsgrund bildet (vgl. zuletzt VwGH 10.9.2020, Ra 2020/14/0230: „Die Revisionswerber stützten das Wiedereinsetzungsbegehren auf die Behauptung, sie hätten weder eine Briefsendung des BFA noch eine Hinterlegungsanzeige erhalten. Sie machen damit im Ergebnis lediglich einen Zustellmangel [nämlich die Nichteinhaltung des § 17 Abs. 2 Zustellgesetz] geltend." Der Verwaltungsgerichtshof führte weiters aus, dass mangels „tauglichen Wiedereinsetzungsgrund dem Wiedereinsetzungsbegehren damit der Erfolg zu versagen war.“).

Wie bereits unter den Feststellungen ausgeführt und in der Beweiswürdigung begründet wurde, geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass ordnungsgemäß durch Hinterlegung zugestellt wurde und die Hinterlegungsanzeige am 23.07.2019 in die Abgabevorrichtung eingelegt wurde.

3.I.3.  Wenn das Vorbringen des BF in seinem Wiedereinsetzungsantrag derart zu verstehen sein sollte, dass er von der rechtswirksamen Zustellung nicht rechtzeitig Kenntnis erlangt habe, ist seinen Ausführungen jedoch kein Erfolg beschieden, da der BF letztlich keine Erklärung für die Unkenntnis der Hinterlegungsanzeige bietet.

Der VwGH führte zuletzt in seinem Beschluss vom 13.10.2020, Ra 2020/15/0032 aus: „Erfolgte die Zustellung ordnungsgemäß, hat aber die Partei dennoch keine Kenntnis von diesem Zustellvorgang erlangt, kann diese Unkenntnis von der Zustellung eines Schriftstückes - sofern sie nicht auf einem Verschulden beruht, welches den minderen Grad des Versehens übersteigt - geeignet sein, die Wiedereinsetzung zu begründen".

Behauptet ein Wiedereinsetzungswerber, von einem ihn betreffenden Schriftstück oder einer Hinterlegungsanzeige keine Kenntnis erlangt zu haben, hat er detaillierte sachverhaltsbezogene Vorbringen darüber zu erstatten, was er üblicherweise unternimmt, um dies zu vermeiden (vgl. VwGH 21.12.1999, 97/19/0217; 04.02.2000, 97/19/1484; 02.10.2000, 98/19/0198). Es sind jene Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich des Wiedereinsetzungswerbers konkret darzulegen, aus denen sich konkrete Anhaltspunkte dafür erkennen lassen, dass dieser von einem in seine Gewahrsame gelangten Poststück aus bestimmten, keine auffallende Sorglosigkeit begründenden Umständen keine Kenntnis erlangen konnte (vgl. VwGH 20.01.1998, 97/08/0545).

Der BF begründete seinen Wiedereinsetzungsantrag lediglich damit, dass er von der Zustellung des Bescheides vom 19.07.2019 ohne sein Verschulden keine Kenntnis erlangt habe, sodass er auch an einer allfälligen Versäumung der Beschwerdefrist kein Verschulden treffe.

Das alleinige Vorbringen, keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden zu haben, reicht jedoch auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für eine Wiedereinsetzung nicht aus.

In seinem Antrag auf Wiedereinsetzung führte der BF lediglich aus, er habe keine Hinterlegungsanzeige in seiner Abgabeeinrichtung vorgefunden, obwohl er regelmäßig seine Post behebe und keine Reklame erhalte. Diese - bloß behauptete - Sorgfalt im Zusammenhang mit der Postbehebung steht im Übrigen in Widerspruch mit dem Umstand, dass der durch Hinterlegung zugestellte Bescheid nicht behoben wurde, obwohl der BF aufgrund seines Antrages auf internationalen Schutz und der Einvernahme am 11.07.2019 bewusst sein musste, dass in absehbarer Zeit ein Bescheid zugestellt werden würde.

Das Vorbringen zu den Wiedereinsetzungsgründen erschöpft sich damit in lediglich – nicht hinreichend substantiierten – Behauptungen. Er hat auch nicht vorgebracht, dass eine Hinterlegungsanzeige entfernt worden wäre. Die „Unerklärlichkeit“ des Verschwindens eines durch Einwurf in einen verschlossenen Hausbriefkasten in seine Gewahrsame gelangten amtlichen Schriftstücks geht zu Lasten des Wiedereinsetzungswerbers, dh die bloße Unaufklärbarkeit der Gründe für die Unkenntnis vom Zustellvorgang reicht für eine Wiedereinsetzung nicht aus (VwGH vom 20.01.1998, 97/08/0545).

Der BF hat damit insgesamt keine Umstände, die einen Wiedereinsetzungsantrag begründen könnten, glaubhaft dargetan. Die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages durch die belangte Behörde erfolgte daher zu Recht. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 14.02.2020 ist daher als unbegründet abzuweisen.

Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

Zur Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG ist festzuhalten, dass die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid mit vorliegendem Erkenntnis in der Sache selbst erledigt wird und sich somit ein Abspruch hierüber zu diesem Zeitpunkt erübrigt.

Durch die rechtskräftige Beendigung des Verfahrens über den Wiedereinsetzungsantrag entfällt die bis dahin bestehende Möglichkeit, diesem Antrag gemäß § 71 Abs 6 AVG aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (Hengstschläger/Leeb, AVG § 72 [Stand 1.1.2020, rdb.at] Rz 131 mwN).

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Zu I. B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat unter I. A) die relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dargestellt und diese seiner Entscheidung zu Grunde gelegt; da darüber hinaus keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen waren, ist die Revision nicht zulässig.

Zu II. A) Zur Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung

Der angefochtene Bescheid wurde dem BF am 24.07.2019 durch Hinterlegung ordnungsgemäß zugestellt. Die Frist für Bescheidbeschwerden beträgt nach § 7 Abs. 4 VwGVG vier Wochen. Der Beginn von Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmt sind, ist mit jenem Tag festzusetzen, auf den das fristauslösende Ereignis (z.B. die Zustellung des Bescheids) fällt (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 32 [Stand 1.1.2014, rdb.at] Rz 12). Nach § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Demnach endete diese Frist für eine Beschwerde gegen den am 24.07.2019 (Mittwoch) zugestellten Bescheid am 21.08.2019 (dem vierten folgenden Mittwoch). Dieser Tag war kein gesetzlicher Feiertag oder ein Tag, welcher als gesetzlicher Feiertag behandelt wird. Demgemäß hat der BF die Frist mit der am 26.02.2020 per E-Mail aufgegebenen Beschwerde nicht eingehalten. Damit ist der Bescheid der belangten Behörde nicht rechtzeitig bekämpft worden, weshalb die Beschwerde bei ihrer Einbringung nicht mehr zulässig war.

Der Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Beschwerdefrist wurde – nunmehr rechtskräftig – abgewiesen. Die Beschwerde vom 26.02.2020 war also wegen ihrer verspäteten Einbringung zurückzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da die Beschwerde zurückzuweisen war.

Zu II. B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.


Schlagworte

mangelnder Anknüpfungspunkt rechtliche Beurteilung Verspätung Voraussetzungen VwGH Wiedereinsetzungsantrag Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W254.2231553.2.00

Im RIS seit

12.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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