Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ADV §3 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und Senatspräsident Dr. Fürnsinn sowie die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführer Mag. Fritz und Mag. Loibl, über die Beschwerde des G, derzeit in Z, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Kontingentskommandanten AusCon/UNFICYP, Nicosia, Zypern, vom 18. Dezember 1992, Zl. AusCon TgbNr. 310, betreffend Disziplinarstrafe der Degradierung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Schuldspruch des angefochtenen Bescheides, soweit darin die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat als vorsätzliche Dienstpflichtverletzung nach § 3 Abs. 2, 6 und 7 sowie § 4 Abs. 1 ADV gewertet wurde, und dessen Strafausspruch werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer leistete als Vizeleutnant außerordentlichen Präsenzdienst gemäß § 27 Abs. 3 Z. 7 des Wehrgesetzes beim österreichischen UN-Bataillon in Zypern; er stand nicht in einem Dienstverhältnis zum Bund. Das Heeresdisziplinargesetz 1985 (HDG) ist auf ihn gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit dem Auslandseinsatzgesetz anzuwenden.
Mit schriftlichem Disziplinarerkenntnis des Disziplinarvorgesetzten beim österreichischen UN-Bataillon "AUSCON/UNFICYP" vom 15. September 1992 wurde der Beschwerdeführer des vorsätzlichen Verstoßes gegen die Bestimmungen der §§ 3 Abs. 1, 2, 6 und 7 sowie 4 Abs. 1 ADV und damit disziplinärer Pflichtverletzungen gemäß § 2 Abs. 1 HDG schuldig erkannt, weil er während einer Fahrt am 13. September 1992 mit seinem Privatwagen mit einem von ihm mitgenommenen griechischen Soldaten, der vorerst damit einverstanden gewesen sei, homosexuelle Handlungen getätigt habe, aber im Zuge einer folgenden Auseinandersetzung von diesem zu einer griechischen Polizeistation gefahren, dort von der Polizei einvernommen und der UN-Militär-Polizei übergeben worden sei. Dafür wurde über den Beschwerdeführer die Disziplinarstrafe der Degradierung verhängt.
Über die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung entschied die belangte Behörde wie folgt:
"Ihrer mündlichen Berufung vom 15 09 92 und in Ihrer schriftlichen Berufung vom 17 09 92 gegen das Disziplinarerkenntnis des Kommandanten UNAB vom 15 09 92 UNAB Zl. 1235-3170/01/Cyp-92 wird gem. § 36 Abs. 2 des Heeresdisziplinargesetzes i.d.g.F. teilweise Folge gegeben, in dem der über Sie verhängte Spruch laut Disziplinarerkenntnis
1. Instanz nach Ergänzung des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens dahingehend abgeändert wird, daß der Spruch zu lauten hat:
Sie haben am 13 09 92 an der Autobahn Nikosia-Larnaca einen autostoppenden griechischen NG-Soldaten in Ihrem Privatauto Richtung Larnaca mitgenommen, haben während dieser Fahrt Ihrer homosexuellen Veranlagung folgend, sexuelle Handlungen an diesem NG-Soldaten vorgenommen, wurden vom NG-Soldaten zu einer griechisch-zypriotischen Polizeistation geführt und dort nach Einvernahme durch die griechisch-zypriotische Polizei an die Militärpolizei übergeben.
Dadurch haben Sie vorsätzlich gegen die Bestimmungen des § 3 Abs. 1, 2, 6 und 7 der ADV (allgemeine Pflichten des Soldaten) und § 4 Abs. 1 sinngemäß
verstoßen und Pflichtverletzungen gemäß § 2 Abs. 1 des Heeresdisziplinargesetzes (HDG) i.d.g.F. begangen.
Über Sie wird gemäß § 48 Z. 4 in Verbindung mit § 61 HDG die Disziplinarstrafe der
D e g r a d i e r u n g
verhängt."
Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, mit der erstinstanzlichen Entscheidung sei über den Beschwerdeführer die Disziplinarstrafe der Degradierung verhängt worden, weil er am 13. September 1992 einen autostoppenden griechischen NG-Soldaten an der Autobahn Nikosia-Larnaca in seinem Privatauto mitgenommen habe, während dieser Fahrt seiner Veranlagung nachkommend mit diesem Soldaten, der vorerst damit einverstanden gewesen sei, homosexuelle Handlungen getätigt habe und im Zuge einer folgenden Auseinandersetzung von dem "NG-Soldaten" zu einer griechischen Polizeistation gefahren, dort durch die griechische Polizei einvernommen und der Militärpolizei übergeben worden sei.
Der Beschwerdeführer habe innerhalb offener Frist gegen die Höhe der Bestrafung Berufung eingebracht, in der er ausgeführt habe, daß er beim mündlichen Rapport zu wenig Zeit gehabt habe, die Dinge eindeutig klarzustellen; nach Meinung des Beschwerdeführers habe keine Auseinandersetzung mit dem "NG-Soldaten" stattgefunden, er habe nicht vorsätzlich gegen bestehende Rechtsnormen gehandelt. Als weiteren Milderungsgrund habe der Beschwerdeführer seine bisherige Dienstleistung über 30 Jahre, davon etwa 20 Jahre im Auslandseinsatz, als berücksichtigungswert angeführt und seine Bestrafung als "Scheitern am Lebensziel" bezeichnet.
Dem Beschwerdeführer sei in der Folge Gelegenheit zu einer schriftlichen Stellungnahme gegeben worden. In seinem Parteiengehör, schriftlich eingelangt am 14. Oktober 1992, habe der Beschwerdeführer angeführt, daß er keinerlei Argwohn über die Bereitschaft des "NG-Soldaten" zum sexuellen Kontakt gehabt habe und daß die von dem Genannten erstattete Anzeige nur auf einen plötzlichen Sinneswandel zurückzuführen sein könne. Eine mögliche Konsequenz des Handelns sei dem Beschwerdeführer nach dem Parteiengehör zwar klar gewesen, er habe jedoch nicht gefürchtet, diese Konsequenz auch tatsächlich einmal ziehen zu müssen. Des weiteren habe der Beschwerdeführer vorgebracht, daß ihm der Bataillonskommandant im Gegensatz zu seinen Kameraden kein Verständnis entgegengebracht habe. Er habe zwar leichtsinnig, aber ohne Vorsatz, gehandelt. Eine Wiederholung der Tat sei auf Grund seiner Neigung nicht auszuschließen. Die Strafandrohung nach zypriotischem Recht werde nach Auffassung des Beschwerdeführers zwar auf Grund des Einflusses der griechisch-orthodoxen Kirche aufrechterhalten, sei jedoch in der Republik Zypern seit mehreren Jahren nicht mehr exekutiert worden. Abschließend habe der Beschwerdeführer im Parteiengehör festgestellt, daß er sowohl die Schädigung des Ansehens des Bundesheeres in der Öffentlichkeit anerkenne als auch die disziplinäre Würdigung, aber die Höhe der Bestrafung als eindeutig zu hoch fände.
Dazu - so die belangte Behörde weiter in der Begründung des angefochtenen Bescheides - sei festzustellen, daß auf Grund der vorliegenden Einvernahmen von keiner Auseinandersetzung zwischen dem Beschwerdeführer und dem "NG-Soldaten" ausgegangen werden könne. Der Zeitpunkt, zu dem der "NG-Soldat" beschlossen habe, den Beschwerdeführer anzuzeigen, sei unklar. Der Grad des dem Beschwerdeführer entgegengebrachten Verständnisses seitens des Bataillonskommandanten und der Kameraden stehe in keinem Zusammenhang zur Tat und werde daher nicht zur Beurteilung herangezogen. Ebenso sei die Ansicht des Beschwerdeführers über die Exekution des zypriotischen Rechtes für die Entscheidung nicht maßgebend, welche nach österreichischen Rechtsnormen erfolge.
Unbeschadet der bisherigen hervorragenden Dienstleistung des Beschwerdeführers, insbesondere im Auslandseinsatz, und unter Beachtung der Leistungsbereitschaft des Beschwerdeführers, welche er mehrmals unter Beweis gestellt habe, müsse seine Aussage, eine Tatwiederholung nicht ausschließen zu können, strafverschärfend beurteilt werden. Die Aussage des Beschwerdeführers, er habe leichtsinnig, aber nicht vorsätzlich gehandelt, sei unter Berücksichtigung der §§ 5 und 6 StGB nicht entscheidend, weil der Beschwerdeführer selbst angegeben habe, über mögliche Konsequenzen seines Handelns Bescheid gewußt zu haben. Da sohin keine Milderungsgründe vorgelegen seien, habe die erstinstanzliche Entscheidung mit der im Spruch angeführten Änderung bestätigt werden müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 des nach § 4 des Auslandseinsatzgesetzes, BGBl. Nr. 233/1965 in der Fassung BGBl. Nr. 295/1985, anwendbaren HDG, BGBl. Nr. 294/1985, i.d.F. BGBl. Nr. 342/1988, sind Soldaten disziplinär zur Verantwortung zu ziehen wegen Verletzung der ihnen im Präsenzstand auferlegten Pflichten.
Diese Pflichten ergeben sich - soweit nicht andere gesetzliche Regelungen (Wehrgesetz, Strafgesetzbuch u.a.) in Frage kommen und soweit dies für den Beschwerdefall von Bedeutung ist - aus den Allgemeinen Dienstvorschriften für das Bundesheer, Verordnung der Bundesregierung vom 9. Jänner 1979, BGBl. Nr. 43 (ADV).
Nach § 3 Abs. 1 ADV hat der Soldat auf Grund seiner Verantwortung für eine erfolgreiche Landesverteidigung jederzeit bereit zu sein, mit allen seinen Kräften den Dienst zu erfüllen. Er hat alles zu unterlassen, was das Ansehen des Bundesheeres und das Vertrauen der Bevölkerung in die Landesverteidigung beeinträchtigen könnte.
Nach Abs. 2 der genannten Bestimmung steht der Soldat auf Grund der ihm übertragenen Aufgabe, sein Vaterland und sein Volk zu schützen und mit der Waffe zu verteidigen, in einem besonderen Treueverhältnis zur Republik Österreich. Er ist im Rahmen dieses Treueverhältnisses insbesondere zur Verteidigung der Demokratie und der demokratischen Einrichtungen sowie zu Disziplin, Kameradschaft, Gehorsam, Wachsamkeit, Tapferkeit und Verschwiegenheit verpflichtet.
Alle Soldaten haben nach Abs. 6 der genannten Bestimmung ihren Kameraden mit Achtung zu begegnen, sie vor unnötiger Gefährdung zu bewahren und ihnen in Not und Gefahr beizustehen.
Gemäß § 3 Abs. 7 ADV muß auch das äußere Verhalten des Soldaten der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die der Dienst als Soldat erfordert. Zu einem solchen Verhalten ist der Soldat gegenüber jedermann verpflichtet, gleichgültig, ob im oder außer Dienst, ob in Uniform oder in Zivil.
§ 4 Abs. 1 ADV regelt das Verhalten des Vorgesetzten gegenüber Untergebenen. Demnach hat der Vorgesetzte seinen Untergebenen ein Vorbild soldatischer Haltung und Pflichterfüllung zu sein. Er hat sich seinen Untergebenen gegenüber stets gerecht, fürsorglich und rücksichtsvoll zu verhalten und alles zu unterlassen, was ihre Menschenwürde verletzen könnte.
Nach § 2 Abs. 4 HDG ist disziplinär nur strafbar, wer schuldhaft handelt. Die §§ 5 und 6 sowie die §§ 8 bis 11 StGB sind sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 5 Abs. 1 StGB handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernsthaft für möglich hält und sich mit ihr abfindet.
Nach § 6 Abs. 1 StGB handelt fahrlässig, wer die Sorgfalt außer acht läßt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, daß er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.
Fahrlässig handelt auch, wer es für möglich hält, daß er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will (§ 6 Abs. 2 StGB).
Gemäß § 6 Abs. 1 HDG ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch unter Bedachtnahme auf frühere Pflichtverletzungen, die im Führungsblatt (§ 8) festgehalten sind, darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beschuldigten von der Begehung weiterer Pflichtverletzungen abzuhalten oder Pflichtverletzungen anderer entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschuldigten Bedacht zu nehmen. Wird über mehrere Pflichtverletzungen desselben Beschuldigten gleichzeitig erkannt, so ist nach Abs. 2 der genannten Bestimmung nur eine Strafe zu verhängen.
Für Soldaten, die nicht den Grundwehrdienst noch im Anschluß an diesen einen außerordentlichen Präsenzdienst (§ 40 Abs. 2 Wehrgesetz) leisten, ist nach § 48 Z. 4 HDG die strengste Disziplinarstrafe, wenn es sich um einen Soldaten handelt, der in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis steht, die Entlassung, wenn es sich um einen anderen Soldaten handelt, die Unfähigkeit zur Beförderung und die Degradierung.
Nach § 46 Abs. 2 HDG ist die Degradierung die Zurücksetzung auf den Dienstgrad "Wehrmann"; dadurch wird auch die Unfähigkeit zur Beförderung für die Dauer von drei Jahren bewirkt.
Vorab ist folgendes klarzustellen:
1. In Übereinstimmung mit der belangten Behörde geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß die Berufung des Beschwerdeführers nicht nur gegen die Strafe gerichtet war, sondern auf Grund ihres Inhaltes auch der Schuldspruch bekämpft wurde.
2. Was die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat betrifft, ist von folgendem auszugehen:
Die belangte Behörde legte dem Beschwerdeführer - in Abänderung des im erstinstanzlichen Bescheid enthaltenen Tatvorwurfes - zur Last, er habe an einem (namentlich nicht genannten) griechischen "NG-Soldaten", den er als Autostopper in seinem Privat-PKW am 13. September 1992 in Richtung Larnaca mitgenommen habe, während dieser Autofahrt homosexuelle Handlungen vorgenommen. Unbestritten ist, daß sich der Beschwerdeführer während der Tatzeit außer Dienst befand. Die belangte Behörde hat - offenkundig auf Grund des Berufungsvorbringens des Beschwerdeführers - in freier Beweiswürdigung der ihr vorliegenden Ermittlungsergebnisse den im erstinstanzlichen Bescheid enthaltenen weiteren Vorwurf, der griechische NG-Soldat habe nach vorläufigem Einverständnis den Beschwerdeführer "im Zuge einer folgenden Auseinandersetzung" zu einer griechischen Polizeistation gefahren, der zum Ausdruck brachte, daß dieser Soldat jedenfalls ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr mit den Handlungen des Beschwerdeführers einverstanden gewesen sei, fallen gelassen. Die gleichzeitig erfolgte Streichung der Tatumschreibung, der griechische NG-Soldat sei "vorläufig damit (Anmerkung: d.h. mit den homosexuellen Handlungen des Beschwerdeführers) einverstanden gewesen", steht damit in untrennbarem Zusammenhang. Nichts deutet in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf hin, die belangte Behörde habe damit zum Ausdruck bringen wollen, der griechische NG-Soldat sei von Anfang an gegen die homosexuellen Annäherungsversuche des Beschwerdeführers gewesen. Weder im erstinstanzlichen noch im angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer erkennbar zur Last gelegt, er habe für sein sexuelles Verhalten eine Zwangssituation seines Beifahrers ausgenutzt oder diesen durch sonstige Handlungen wie z.B. Versprechen von Vorteilen hiefür gefügig gemacht. Die im angefochtenen Bescheid dem Beschwerdeführer letztlich zur Last gelegte Tat wurde von ihm weder im Disziplinarverfahren (in dem der Beschwerdeführer ausschließlich eine Auseinandersetzung mit dem griechischen NG-Soldat in Abrede gestellt und die Freiwilligkeit betont hatte) noch in seiner Beschwerde bestritten. Der Beschwerdeführer hat auch nicht die sich aus den Verweisen der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides auf die verwerteten Ermittlungsergebnisse ableitbare Identität des griechischen NG-Soldaten in Frage gestellt, sodaß auch dem Umstand, daß dieser Soldat im angefochtenen Bescheid nicht namentlich genannt wurde, keine erhebliche Bedeutung zukommt. Im übrigen hat der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde auch nicht vorgebracht, dadurch in seinen Rechten verletzt worden zu sein.
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten dadurch verletzt, daß ihm zu Unrecht Verstöße gegen §§ 3 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 6 sowie 4 Abs. 1 ADV als auch zu Unrecht ein vorsätzlicher Verstoß gegen § 3 Abs. 7 ADV angelastet wird. Er sieht sich weiter durch Verfahrensmängel (Nichtbeischaffung der Niederschriften der UN-Militärpolizei trotz Antrag und mangelhafte Begründung bezüglich der Lösung der Rechtsfrage) verletzt.
In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes zunächst vor, ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 ADV könne nur darin erblickt werden, daß er durch die ihm zur Last gelegte Handlung nicht alles unterlassen habe, was das Ansehen des Bundesheeres beeinträchtigen könne. Die Subsumtion unter § 3 Abs. 1 ADV sei aber fehlerhaft: Im Vergleich mit § 3 Abs. 7 ADV stelle sich deren Abs. 1 nämlich als Generalnorm dar. § 3 Abs. 7 ADV, der - wie im Beschwerdefall gegeben - auf ein äußeres Verhalten des Soldaten abstelle, gehe nach den Grundsätzen der Spezialität dem § 3 Abs. 1 leg. cit. vor. Die ihm zur Last gelegte Tat könne daher in objektiver Hinsicht nur § 3 Abs. 7 ADV unterstellt werden.
Zutreffend hat der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, daß sein Verhalten bei Anwendung des § 3 Abs. 1 ADV von vornherein nur der in deren zweiten Satz normierten Dienstpflichtverletzung "Ansehensverlust des Bundesheeres" (1. Tatbestand) zugeordnet werden könnte. Dies hat die belangte Behörde auch offenbar in Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers (partielle Anerkennung der Schädigung des Ansehens des Bundesheeres) so gesehen, sodaß davon auszugehen ist, daß dem Beschwerdeführer auch nur diese Dienstpflichtverletzung zur Last gelegt wurde. Insoferne ist der unklare Spruch aus der Begründung des angefochtenen Bescheides einschränkend auszulegen. Es trifft zu, daß nach dem Wortlaut die in § 3 Abs. 1 Satz 2 ADV umschriebene Verhaltensweise (Beeinträchtigung des Ansehens des Bundesheeres) auch für den Soldaten "außer Dienst" in Betracht kommt, fehlt doch der sonst in § 3 ADV mehrfach einschränkend verwendete Begriff "im Dienst" (vgl. z.B. § 3 Abs. 3 und 5, aber auch § 3 Abs. 7 leg. cit., der die Wendung "in oder außer Dienst" enthält). Dazu kommt noch, daß zwischen dem ersten und dem zweiten Satz des § 3 Abs. 1 ADV ein innerer Zusammenhang besteht. Nun bezieht sich aber der erste Satz dieser Regelung zweifellos auch insoweit auf den sich "außer Dienst" befindlichen Soldaten, als dieser seiner Pflicht zu jederzeitiger Diensterfüllung in diesem Fall bei entsprechendem Anlaß dadurch nachzukommen hat, daß er alles nach der jeweiligen Situation Zumutbare zu unternehmen hat, um das Wiederaufnehmen seiner dienstlichen Verwendung sicherzustellen (z.B. Kontaktaufnahme mit der eigenen Einheit; Melden bei der nächsten militärischen Dienststelle usw.). Lege non distinguente umfaßt daher § 3 Abs. 1 Satz 2 1. Tatbestand ADV auch das außerdienstliche Verhalten des Soldaten.
Unmißverständlich stellt aber auch § 3 Abs. 7 ADV auf ein äußeres Verhalten des Soldaten - unter anderem auch außer Dienst - ab.
Was die Ausführungen des Beschwerdeführers zur Spezialität betrifft, so liegt eine solche vor, wenn zwei Deliktstypen zueinander im Verhältnis von Gattung und Art stehen, d.h. ein Deliktstypus sämtliche Merkmale des anderen enthält und dazu noch ein oder mehrere Merkmale darüber hinaus (so die Umschreibung bei Burgstaller, Die Scheinkonkurrenz im Strafrecht, JBl. 1978, S. 393 ff und S. 459 ff, hier: S. 396; siehe auch Leukauf/Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, dritte Auflage, Rz 42 zu § 28 StGB). Dabei geht das speziellere Delikt dem allgemeinen Delikt vor.
Das Problem der Spezialität stellt sich im Beschwerdefall deshalb, weil die ADV einzelne Dienstpflichten typisiert umschreibt. Vergleicht man unter diesem Gesichtspunkt die beiden Tatbestände nach § 3 Abs. 1 Satz 2 1. Tatbestand und § 3 Abs. 7 ADV miteinander, ist folgendes festzustellen:
-
In beiden Tatbeständen ist nach dem oben Gesagten sowohl das Verhalten des Soldaten in als auch außer Dienst rechtserheblich;
-
beide Tatbestände dienen zweifellos dazu, die Besorgung der Aufgaben (im weitesten Sinn) durch Erhaltung einer(s) entsprechenden Achtung (Ansehens) zu sichern.
Diese Schutzfunktion wird jedoch in differenzierter Weise verwirklicht: während der Tatbestand nach § 3 Abs. 7 ADV den Schutz des Dienstes als Soldat und damit - ausgehend von einer (abstrakten) Durchschnittsbetrachtung - die Tätigkeit eines Organwalters und das hiefür erforderliche Vertrauen in diesen vor Augen hat, zielt § 3 Abs. 1 Satz 2 1. Tatbestand ADV auf den Schutz der Institution Bundesheer ab. Nicht jedes Verhalten (Unterlassen) eines Soldaten, das den Tatbestand des § 3 Abs. 7 ADV erfüllt, beeinträchtigt bereits das Ansehen des Bundesheeres, das durch § 3 Abs. 1 Satz 2 1. Tatbestand ADV geschützt wird, während dies umgekehrt immer der Fall ist. Die entscheidende Abgrenzung zwischen den beiden Tatbildern erfolgt durch das Ausmaß der Beeinträchtigung des Ansehens (der Achtung), wobei die Verwirklichung des § 3 Abs. 1 Satz 2
1. Tatbestand ADV typischerweise gravierende Verstöße erfaßt, mag dies auch wegen der Eigenart des Disziplinarrechtes (keine Zuordnung von bestimmten Strafen zu bestimmten tatbestandsmäßig umschriebenen Dienstpflichtverletzungen) in der Strafdrohung keinen formellen Niederschlag finden (vgl. aber die Strafbemessungskriterien nach § 6 Abs. 1 Satz 1 HDG). § 3 Abs. 7 ADV stellt daher den "Grundtatbestand", § 3 Abs. 1 Satz 2 1. Tatbestand ADV den spezielleren Tatbestand dar, bei dessen Erfüllung eine gleichzeitige Bestrafung nach § 3 Abs. 7 ADV ausscheidet.
Zu prüfen ist daher, ob das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verhalten dem § 3 Abs. 1 Satz 2 1. Tatbestand oder dem § 3 Abs. 7 ADV zu unterstellen ist.
Vorab ist dabei klarzustellen, daß ein außerdienstliches Verhalten nur dann eine Dienstpflichtverletzung (sei es nach § 3 Abs. 1 Satz 2 1. Tatbestand oder § 3 Abs. 7 ADV) darstellt, wenn dadurch Rückwirkungen auf den Dienst (beim Ansehensverlust in bezug auf die Wertschätzung der Tätigkeit und die damit für den Dienst/die Aufgabenerfüllung verbundenen Auswirkungen) entstehen. Dieser Dienstbezug ist dann gegeben, wenn das außerdienstliche Verhalten des Soldaten bei objektiver Betrachtung geeignet ist, Bedenken auszulösen, er werde seine Aufgaben - das sind jene konkret ihm zur Besorgung übertragenen Aufgaben, aber auch jene Aufgaben, die jedem Soldaten zukommen - nicht in einer Weise erfüllen, zu der er nach den einschlägigen Bestimmungen verpflichtet ist. Dabei ist von einer (typischen) Durchschnittsbetrachtung auszugehen. Ob das außerdienstliche Verhalten des Soldaten an die Öffentlichkeit gedrungen ist oder nicht, spielt bei der Beurteilung des für die Bejahung der Tatbestandsmäßigkeit außerdienstlichen Verhaltens notwendigen Dienstbezuges in der Regel keine Rolle. Bei Prüfung, ob ein außerdienstliches Verhalten des Soldaten den erforderlichen Dienstbezug aufweist, ist ein strengerer Maßstab anzulegen als bei dienstlichem Fehlverhalten. Dies folgt aus der Einsicht, daß der Soldat - ungeachtet seiner besonderen Stellung in Verbindung mit einem besonderen Treueverhältnis zur Republik Österreich - auch Träger von Grundrechten ist, die sein Privatleben schützen (vgl. z.B. Art. 8 MRK). Auf seine Funktion als Soldat in Verbindung mit (materiellen) Gesetzesvorbehalten gestützte und gerechtfertigte Grundrechtseingriffe in diesem Bereich, die allenfalls sehr weitreichend sein können, dürfen im Zweifel nicht dahin ausgelegt werden, daß überhaupt kein Freiraum für den Soldaten in seiner "Freizeit" bestehen bleibt, im Ergebnis also kein Unterschied zwischen den Anforderungen an den Soldaten im Dienst und außer Dienst gemacht wird (vgl. dazu im Ergebnis das zum Innsbrucker Gemeindebeamtengesetz ergangene hg. Erkenntnis vom 23. September 1993, 92/09/0297, sowie das zum BDG 1979 ergangene hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1995, 93/09/0418; beide Erkenntnisse beziehen sich in diesem Zusammenhang auf disziplinäre Verfehlungen im außerdienstlichen Bereich).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist bei dem dem Beschwerdeführer angelasteten Verhalten der Dienstbezug schon auf Grund folgender Überlegung zu bejahen: Auf Grund seines Auslandseinsatzes auf Zypern gehört es zu den besonderen Aufgaben des Beschwerdeführers - und zwar im Hinblick auf § 4 Auslandsentsendungsgesetz auch mit Wirkung für das Disziplinarrecht - den Waffenstillstand zwischen den streitverfangenen Parteien zu sichern und nach Möglichkeit das Wiederaufflammen bewaffneter Konflikte zu verhindern. Im Hinblick darauf kann es aber keinem Zweifel unterliegen, daß die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten sexuellen Handlungen gegenüber einem Soldaten einer Konfliktspartei geeignet sind, die Erfüllung der friedenserhaltenden Funktion und das damit verbundene Vertrauenserfordernis ernsthaft zu gefährden und damit das Ansehen (die Achtung) zu berühren. Dies grundsätzlich unabhängig davon, ob die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat nach zypriotischem Recht strafrechtlich ahndbar ist und ob eine derartige Strafnorm in den letzten Jahren angewendet wurde oder nicht.
Keinem Zweifel kann es aber nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch unterliegen, daß der Beschwerdeführer durch die zur Last gelegte Tat bei einem Auslandseinsatz in Zypern das Ansehen des Bundesheeres im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 ADV beeinträchtigt hat.
Zum einen steht sein Verhalten einer Grundvoraussetzung für die (erfolgreiche) Erfüllung seines Auslandseinsatzes diametral entgegen und stellt damit eine schwere Beeinträchtigung dar. Da der Beschwerdeführer aber als Angehöriger des Bundesheeres im Sinne des § 1 lit. a des BVG über die Entsendung österreichischer Einheiten zur Hilfeleistung in das Ausland auf Ersuchen internationaler Organisationen, BGBl. Nr. 173/1965, bei einer derartigen Einheit war, fällt dieses Fehlverhalten auf das Bundesheer zurück, zumal durch das genannte BVG u.a. der Aufgabenbereich des Bundesheeres (durch die Mitwirkung seiner Angehörigen bei solchen Einheiten) im Sinne des Art. 79 Abs. 3 B-VG (idF BGBl. Nr. 341/1988) erweitert wurde (vgl. auch § 4 Auslandsentsendungsgesetz).
Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat dem § 3 Abs. 1 Satz 2 1. Tatbestand ADV zuordnete. Daraus folgt aber auch, daß die gleichzeitige Unterstellung unter § 3 Abs. 7 ADV nicht dem Gesetz entspricht.
Der Beschwerdeführer rügt ferner, die ihm zur Last gelegte Tat könne nicht dem § 3 Abs. 2, 6 und 4 Abs. 1 ADV unterstellt werden.
Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers ist im Ergebnis berechtigt. Eine Verwirklichung des Tatbestandes nach § 3 Abs. 2 ADV ist durch das festgestellte Verhalten des Beschwerdeführers nicht gegeben, weil dadurch weder das besondere Treueverhältnis zur Republik Österreich berührt worden ist noch darin eine Verletzung der Pflicht des Soldaten zur Verteidigung der Demokratie und der demokratischen Einrichtungen oder eine Verletzung der Pflichten zur soldatischen Disziplin oder zu Kameradschaft, Gehorsam, Wachsamkeit, Tapferkeit und Verschwiegenheit erblickt werden kann. Auch der Tatbestand des § 3 Abs. 6 ADV wird durch das Verhalten des Beschwerdeführers nicht verwirklicht, weil sich diese Gesetzesstelle lediglich auf das Verhalten österreichischer Soldaten ihren Kameraden gegenüber bezieht. Da es sich bei dem von den homosexuellen Handlungen des Beschwerdeführers Betroffenen um einen griechischen Soldaten handelte, der nicht Kamerad des Beschwerdeführers im Sinne des § 3 Abs. 6 ADV war, ist auch dieser Tatbestand nicht verwirklicht. Dem festgestellten Verhalten des Beschwerdeführers mangelt es aber auch an der Eignung zur Verwirklichung des Tatbestandes des § 4 Abs. 1 ADV, der sich mit den Pflichten der Vorgesetzten ihren Untergebenen gegenüber befaßt; der Beschwerdeführer war nämlich nicht Vorgesetzter des im Spruch des angefochtenen Bescheides genannten griechischen Soldaten. Daß das inkriminierte Verhalten des Beschwerdeführers nicht den vorher genannten Tatbeständen der ADV unterstellt werden kann, räumt auch die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift ein.
Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, daß selbst bei Verwirklichung des objektiven Tatbestandes einer Dienstpflichtverletzung die Rechtsauffassung der belangten Behörde verfehlt sei, er habe diesbezüglich vorsätzlich gehandelt. Er habe im Verwaltungsverfahren lediglich eingeräumt, "leichtsinnig" gehandelt zu haben und sich damit auf Fahrlässigkeit berufen. Tatsachenfeststellungen, aus denen sich vorsätzliches Handeln ableiten ließe, enthalte der angefochtene Bescheid nicht.
Dem ist folgendes entgegenzuhalten:
Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer nach den vorgelegten Akten des Verfahrens in seiner Einvernahme zwar von einer lebenslangen Veranlagung gesprochen, er hat aber nicht Unzurechnungsfähigkeit behauptet, noch gibt es sonst Anzeichen in diese Richtung. Entscheidend für die Beurteilung des Vorsatzes ist aber bei der von der belangten Behörde bezüglich des § 3 Abs. 1 zweiter Satz ADV zutreffend vorgenommenen rechtlichen Wertung der Tat nicht der Wille zu einer gleichgeschlechtlichen Beziehung, sondern ob der Beschwerdeführer die Verwirklichung der ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzung durch seine Tathandlung zumindest ernstlich für möglich gehalten hat. Zwar trifft es zu, daß der Beschwerdeführer im Disziplinarverfahren bestritten hat, die ihm zur Last gelegte Tat vorsätzlich begangen zu haben. Entgegen seiner Auffassung konnte die belangte Behörde jedoch aus seiner Verantwortung, er habe über mögliche Konsequenzen seines Handelns Bescheid gewußt, unbedenklich den Schluß ziehen, er habe den disziplinären Tatbestand mit bedingtem Vorsatz verwirklichen wollen. Diese Äußerung ist nämlich in Verbindung mit der Stellungnahme des Beschwerdeführers vor der UN-Militärpolizei am 13. September 1992 zu sehen, in der er von sich aus über einen Vorfall im Juni 1981 berichtete (Vernehmung des Beschwerdeführers durch die zypriotische Polizei in Verbindung mit den Angaben eines Soldaten zum Vorwurf, der Beschwerdeführer sei homosexuell; Aufforderung durch die Polizei, Informationen über die "TF-Camps" zu geben), den er seinen Vorgesetzten nicht gemeldet hatte, weil er Angst gehabt habe, bei Entdeckung seiner Homosexualität innerhalb der Streitkräfte seinen Job zu verlieren. Bei einer vernünftigen Gesamtwürdigung dieser Umstände ist es aber nicht rechtswidrig, daraus den Schluß zu ziehen, daß der Beschwerdeführer um die disziplinarrechtliche Bedeutsamkeit seines Verhaltens Bescheid wußte, deren Eintritt bei Fortsetzung seines Verhaltens ernsthaft für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat.
Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften die Nichtbeischaffung der Niederschrift der Militärpolizei der UN (SIS) als Verstoß gegen § 33 HDG (Grundsatz, die zur Entlastung des Beschuldigten dienenden Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden) ansieht, ist ihm zu erwidern, daß er die ihm von der belangten Behörde zur Last gelegte Tat im Sachverhaltsbereich unbestritten gelassen hat. Zur rechtlichen Einordnung und Würdigung des festgestellten und unbestrittenen Sachverhaltes bedarf es nicht der Beschaffung der Niederschrift. Der Beschwerdeführer hat auch sonst nicht substantiiert dargelegt, was sich aus dieser Niederschrift zu seinen Gunsten ergeben hätte.
Die unrichtige Unterstellung der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat unter die vier oben genannten Bestimmungen der ADV (ausgenommen § 3 Abs. 1 zweiter Satz 1. Tatbestand) und damit deren Wertung als mehrfache Dienstpflichtverletzung ist auch für die Strafbemessung von Bedeutung. Nicht zu folgen ist der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift geäußerten Auffassung, daß der - wie vorher dargelegt - ungerechtfertigte Vorwurf von mehreren durch eine Handlung verwirklichten Dienstpflichtverletzungen (Idealkonkurrenz) zu keiner "anderen bescheidmäßigen Regelung" hätte führen können. § 6 Abs. 2 HDG ist nicht mit § 93 Abs. 2 BDG 1979 ident und enthält keine ausdrückliche Regelung über die Strafbemessung bei der Konkurrenz von Pflichtverletzungen. Die nach § 6 Abs. 2 vorgesehene EINE Strafe ist nach § 6 Abs. 1 HDG zu bemessen. Diese Bestimmung stellt primär auf die Schwere der Dienstpflichtverletzung ab, verweist aber neben der ausdrücklichen Verpflichtung auf die bisherige Führung und auf die spezial- und generalpräventive Bedeutung, auf die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe. Nach § 32 Abs. 3 StGB ist u.a. die Bemessung der Strafe auch davon abhängig, wieviele Pflichten durch die Handlung verletzt worden sind.
Im Beschwerdefall ist vor dem Hintergrund dieser Rechtslage und mangels Hervorhebung einer einzelnen Dienstpflichtverletzung als für die verhängte Disziplinarstrafe ausreichend zum einen davon auszugehen, daß die Verhängung der schwersten Disziplinarstrafe von der Summe der dem Beschwerdeführer angelasteten Pflichtverletzungen bedingt war. Diese Fallkonstellation hat bei der Aufhebung von Teilschuldsprüchen zwingend zur Aufhebung des Strafausspruches zu führen, weil es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt ist, anstelle der belangten Behörde das ihr bei der Strafbemessung zukommende Ermessen auszuüben.
Aus diesen Gründen waren der Schuldspruch, soweit damit dem Beschwerdeführer ein vorsätzlicher Verstoß gegen § 3 Abs. 2, 6 und 7 sowie § 4 Abs. 1 ADV zur Last gelegt wurde, sowie der Strafausspruch (Degradierung) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben; hingegen war die Beschwerde, soweit sie sich gegen die im Schuldspruch erfolgte Unterstellung der Tat unter § 3 Abs. 1 (Satz 2 1. Tatbestand) ADV richtete, als unbegründet abzuweisen.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH ErmessensentscheidungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1993090070.X00Im RIS seit
20.11.2000