TE Vwgh Erkenntnis 1964/9/18 1226/63

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.09.1964
beobachten
merken

Index

EStG
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

BAO §21
EStG 1953 §6 Abs1 Z1
EStG 1953 §7 Abs1
EStG 1967 §6c Abs3 lita

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Eichler, Dr. Raschauer und Dr. Frühwald als Richter, im Beisein des Schriftführers, Ministerialsekretärs Dr. Walter, über die Beschwerde des WF und der DF, beide in K, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol, Berufungssenat, vom 3. April 1963, Zl. 1825/1 - I - 1962, betreffend einheitliche Gewinnfeststellung für 1959 und 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführer betreiben in K eine 1959 errichtete Frühstückspension. Sie erklärten aus diesem Betrieb für das Jahr 1959 einen Verlust von S 331.972,-- und für 1960 einen solchen von S 129.755,--. Das Finanzamt wich bei der Veranlagung der beiden genannten Jahre von den Erklärungen in einigen Punkten ab und anerkannte nur geringere Verlustbeträge. In dem vor dem Verwaltungsgerichtshof in Streit gezogenen Punkte der Abschreibung der sanitären Anlagen des Betriebsgebäudes anerkannte es statt der von den Beschwerdeführern geltend gemachten laufenden AfA von 6,5 v. H. der Anschaffungskosten und einer vorzeitigen Abschreibung gemäß dem Bewertungsfreiheitsgesetz 1957 (BGBl. Nr. 70/1957) nach einem Satz für bewegliche Wirtschaftsgüter von 40 v. H, der Anschaffungskosten lediglich die laufende AfA nach dem für das Gebäude angewendeten Satz von 1,5 v. H. und die vorzeitige AfA nach dem für Tirol geltenden Satz von unbeweglichen Wirtschaftsgütern von 20 v. H. der Anschaffungskosten. Die Beschwerdeführer beriefen. Die belangte Behörde wies die Berufung in dem streitgegenständlichen Punkt ab. Von Wirtschaftsgütern, die nach kaufmännischen Gesichtspunkten einer besonderen Aktivierung und Abschreibung fähig sind, könne nach der Verkehrsanschauung und der wirtschaftlichen Betrachtungsweise nur gesprochen werden, wenn bei einer Veräußerung des gesamten Geschäftsbetriebes die betreffenden Einrichtungen sozusagen „greifbar“ wären, das heißt als Einzelheit für den gesamten Geschäftswert ins Gewicht fallen, der Erwerber also nicht bloß ein gut eingerichtetes, zeitgemäßen Ansprüchen genügendes Betriebsgebäude vor sich sieht, das er in Bausch und Bogen erwirbt. Unter diesem Gesichtspunkt könne eine gesonderte Aktivierung der sanitären Anlagen nicht anerkannt und demzufolge die vorzeitige AfA auch nur mit einem Satz von 20 v. H. vorgenommen werden.

In der gegen diesen Bescheid beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wird der Standpunkt der belangten Behörde als rechtswidrig bekämpft. Der Gerichtshof hat darüber erwogen:

Gemäß § 7 des Einkommensteuergesetzes 1953 (EStG) kann bei Gebäuden und sonstigen Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgesetzt werden, der bei Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt (Absetzung für Abnutzung). Die Absetzung bemißt sich hiebei nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes. Gemäß § 1 des Bewertungsfreiheitsgesetzes 1957 in der Fassung BGBl.Nr. 147/1958 kann bei der Ermittlung des Gewinnes aus Gewerbebetrieb der Wirtschaftsjahre 1957 bis 1963 von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der in diesen Wirtschaftsjahren angeschafften oder hergestellten abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens neben der nach § 7 EStG zulässigen gewöhnlichen AfA eine vorzeitige Abschreibung vorgenommen werden, die bei in Tirol gelegenen Betrieben für unbewegliche Wirtschaftsgüter mit 20 v. H. und für bewegliche Wirtschaftsgüter mit 40 v. H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten begrenzt ist.

Aus den Bestimmungen des § 7 EStG hat die Rechtslehre den Grundsatz abgeleitet, daß jedes Wirtschaftsgut als solches einer einheitlichen Abnutzung unterliegt. Die Wahl verschiedener AfA-Sätze für sich verschieden schnell abnutzende Teile eines Wirtschaftsgutes kommt nicht in Betracht (vgl. Littmann, Das Einkommensteuerrecht, S. 714).

Die Beschwerdeführer bringen vor, daß die in Rede stehenden sanitären Anlagen (Waschtische, Badewannen, Klosettanlagen), obwohl sie bei ihrer Einbringung mit dem Gebäude fix verbunden worden sind, jederzeit ohne wesentliche Wertminderung aus der Verbindung gelöst und an einen anderen Ort verbracht werden könnten und daß sie vor ihrer Verbindung mit dem Gebäude und nach ihrer Loslösung vom Gebäude gesondert bewertbar wären. Sie wollen diese Anlagen als vom Betriebsgebäude gesondert zu bewertende bewegliche Wirtschaftsgüter angesehen wissen. Zur Stützung ihres Vorbringens haben sie unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 13. April 1962, Zl. 1639/60, darauf hingewiesen, daß nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise auch jene mit einem Gebäude fix verbundenen Gegenstände als beweglich anzusehen sind, die einer gesonderten Bewertung fähig sind und ohne wesentliche Wertminderung aus dem Zusammenhang gelöst werden können.

Bei der Frage, ob überhaupt selbständige Bewertbarkeit gegeben ist, kommt es nun allerdings entscheidend auf die Verkehrsauffassung an, also darauf, ob nach der Verkehrsauffassung das Gut als selbständiges Gut anzusehen ist. Dazu muß aber das Gut, wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, eine gewisse Selbständigkeit haben, die bei der Veräußerung besonders ins Gewicht fallen muß, sodaß dafür im Rahmen des Gesamtkaufpreises ein besonderes Entgelt angesetzt wird (vgl. Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz, 8. Auflage, S. 252).

Die Beschwerdeführer halten der Behörde entgegen, daß die Frage, ob der Wert der einzelnen Waschmuscheln bei der Veräußerung des Gesamtbetriebes ins Gewicht fällt, zur Frage des Vorliegens eines beweglichen, gesondert aktivierungsfähigen Wirtschaftsgutes nichts besage. Wenn ein Betriebsgebäude verkauft werde, ergebe sich der Gesamtkaufpreis aus der Addition der geschätzten Werte des beweglichen und unbeweglichen Vermögens. Zu letzterem gehöre auch das Mobiliar, woraus sich ergebe, daß die Frage der gesonderten Aktivierung mit der Frage der Preisermittlung bei der Betriebsveräußerung nichts zu tun habe. Der Erlös sei wesentlich von der Ausstattung der sanitären Anlagen, deren Alter und Zustand abhängig. Die sanitären Anlagen fielen also bei einer Gesamtveräußerung sehr wohl ins Gewicht.

Bei diesen Ausführungen übersehen die Beschwerdeführer, daß die von ihnen ins Treffen geführte übliche Trennung des Kaufpreises bei einem Pensionsbetrieb nach dem unbeweglichen und dem beweglichen Betriebsvermögen, insbesondere dem Mobiliar, nicht darzutun vermag, daß nach der Verkehrsauffassung die sanitären Anlagen ebenso wie das Mobiliar als selbständige Wirtschaftsgüter angesehen werden und sich diese Selbständigkeit im Ansatz eines besonderen Entgeltes im Gesamtkaufpreis zeigt. Ebensowenig kann mit dem Hinweis darauf, daß der erzielbare Erlös im Verkaufsfall nicht nur vom Zustand des Bauwerkes selbst, sondern auch seiner sanitären Anlagen wesentlich beeinflußt werde, dargetan werden, daß die sanitären Anlagen in der Verkehrsauffassung als selbständige und daher vom Gebäude gesondert zu bewertende Wirtschaftsgüter behandelt werden.

Die Beschwerde macht schließlich unter Hinweis auf die Bestimmungen des Abschnittes 43 der DE-ESt 1954 geltend, daß bei denjenigen der in ein Haus eingebauten Anlagen, die nach der Erfahrung nur kurze Zeit einen wirtschaftlichen Wert haben, die Verteilung der AfA auf die Dauer der voraussichtlichen wirtschaftlichen Nutzung zu erfolgen habe. Bei den steigenden Ansprüchen, die an Fremdenverkehrsbetriebe gestellt werden, müsse ein Pensionsbetrieb damit rechnen, seine sanitären Anlagen alle zehn Jahre erneuern zu müssen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellen Ministerialerlässe keine rechtsverbindlichen Normen, sondern nur interne Verwaltungsanweisungen des betreffenden Ministeriums an die ihm unterstellten Behörden dar. Schon deshalb kann dem Einwand kein Erfolg beschieden sein. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß es in einem Haus verschiedentlich Teile mit unterschiedlicher Lebensdauer gibt. Was die Beschwerdeführer für die sanitären Anlagen eingewendet haben, gilt wohl in ähnlicher Weise für die Beleuchtungsanlagen, Türschnallen und anderes mehr. Alle diese Teile des Hauses werden aber dadurch nicht zu selbständigen, gesondert bewertbaren Wirtschaftsgütern. Das Einkommensteuergesetz wie auch das Bewertungsfreiheitsgesetz 1957 enthalten keine Bestimmungen, die es ermöglichen würden, ein einheitliches Betriebsgebäude steuerlich in eine Mehrheit von Wirtschaftsgütern aufzuspalten, um daraus günstigere Abschreibungsmöglichkeiten zu gewinnen.

Mithin erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 abzuweisen.

Wien, am 18. September 1964

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1964:1963001226.X00

Im RIS seit

12.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten