RS Vwgh 2021/10/7 Ra 2021/21/0143

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 07.10.2021
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AVG §38
AVG §56
FrPolG 2005 §2 Abs4 Z11
FrPolG 2005 §52
FrPolG 2005 §66
FrPolG 2005 §66 Abs1
NAG 2005 §52 Abs1 Z3
NAG 2005 §54 Abs7
NAG 2005 §55
NAG 2005 §55 Abs3
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17
VwRallg

Rechtssatz

In Bezug auf Drittstaatsangehörige, die mit einem sein Freizügigkeitsrecht in Österreich ausübenden EWR-Bürger eine Aufenthaltsehe eingegangen waren, ist (ua) § 66 FrPolG 2005 "maßgeblich" (vgl. VwGH 16.4.2021, Ra 2020/21/0462; VwGH 23.3.3017, Ra 2016/21/0349). In diesem Zusammenhang ist ein Drittstaatsangehöriger auch dann, wenn die Ehe mit dem EWR-Bürger als Aufenthaltsehe zu qualifizieren ist, als "begünstigter Drittstaatsangehöriger" iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FrPolG 2005 zu behandeln. Demzufolge ist gegen ihn eine Ausweisung (und keine Rückkehrentscheidung) zu erlassen; und zwar jedenfalls solange keine rechtskräftige Feststellung iSd. § 54 Abs. 7 NAG 2005 vorliegt. Demnach ist auch in diesen Fällen, in denen einem Drittstaatsangehörigen von Anfang an kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zukam, sondern er sogar darüber getäuscht hat, die Erlassung einer Ausweisung nach § 66 FrPolG 2005 geboten. Für dieses Ergebnis spricht auch, dass das NAG 2005 eine negative Erledigung eines Antrags auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte durch die Niederlassungsbehörde nur in seinem § 54 Abs. 7 vorsieht. Danach ist ein Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte (ua) bei Vorliegen einer Aufenthaltsehe mit einem unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger zurückzuweisen und die Zurückweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Antragsteller nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt. Lediglich im Fall einer derartigen Feststellung gemäß § 54 Abs. 7 NAG 2005 hat dann keine Ausweisung nach § 66 FrPolG 2005 zu ergehen, sondern die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 FrPolG 2005 zu erfolgen (vgl. VwGH 2.9.2021, Ra 2021/21/0087). Nach der in den Gesetzesmaterialien zu § 54 Abs. 7 NAG 2005 (RV zum FrÄG 2009, 330 BlgNR 24. GP 52) zum Ausdruck kommenden Zielsetzung des Gesetzgebers, sollen in den in dieser Bestimmung genannten Fällen von Rechtsmissbrauch die begünstigenden Normen des § 55 NAG 2005 und die Sondernormen des FrPolG 2005 für begünstigte Drittstaatsangehörige - dazu zählt ua § 66 FrPolG 2005 - nicht zur Anwendung kommen. Das findet auch im dritten Satz des § 55 Abs. 3 NAG 2005, wonach die vorstehenden Regelungen in den beiden ersten Sätzen "in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7 NAG 2005" nicht gelten, seinen Niederschlag. Daraus ist zu folgern, dass es in allen anderen Fällen bei der in § 55 Abs. 3 NAG 2005 iVm § 66 Abs. 1 FrPolG 2005 grundgelegten Vorgangsweise bleiben soll. Gibt es daher keine bindende feststellende Entscheidung darüber, dass der sich auf ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht berufende Drittstaatsangehörige nicht in dessen Anwendungsbereich fällt, die eben nur für die Fälle des § 54 Abs. 7 NAG 2005 vorgesehen ist, so ist das von ihm geltend gemachte Vorliegen der Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht (hier also nach § 52 Abs. 1 Z 3 NAG 2005) vom gemäß § 55 Abs. 3 NAG 2005 von der Niederlassungsbehörde befassten BFA als Vorfrage im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung zu prüfen. Die Ausweisung eines Drittstaatsangehörigen setzt auch nicht voraus, dass ihm bereits eine Aufenthaltskarte ausgestellt wurde (vgl. VwGH 16.4.2021, Ra 2020/21/0462).

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Besondere Rechtsgebiete Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021210143.L02

Im RIS seit

12.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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