TE Vwgh Erkenntnis 2021/10/20 Ra 2021/09/0133

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Veröffentlicht am 20.10.2021
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §13 Abs3
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §27
VwGVG 2014 §28

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision der A AG in B, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gauermanngasse 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 18. Jänner 2021, Zl. LVwG-751150/3/KLi/SW, betreffend Ansprüche nach dem Epidemiegesetz 1950 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 3. Dezember 2020 wurde der Antrag der Revisionswerberin vom 13. Mai 2020 auf Zuerkennung einer Vergütung gemäß § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) für das einem näher bezeichneten Arbeitnehmer während dessen Quarantäne vom 27. März bis 10. April 2020 fortbezahlte Entgelt zurückgewiesen.

2        Begründend ging die belangte Behörde davon aus, dass die Revisionswerberin ihrem Antrag keine bzw. unzureichende Gehaltsnachweise der Monate, in denen der Arbeitnehmer abgesondert gewesen sei, beigelegt habe und sich dem Antrag nicht entnehmen habe lassen, auf welche behördliche Anordnung sich das Begehren stütze. Trotz Aufforderung seien die geforderten Unterlagen nicht vorgelegt worden. Im Weiteren führte die belangte Behörde - nach Wiedergabe der §§ 32 Abs. 1, 33, 49 Abs. 1 und 2 EpiG sowie § 13 Abs. 3 AVG - aus, die Behörde könne die Vorlage von Unterlagen verlangen, die für die Entscheidung des Parteibegehrens notwendig seien. Da die Revisionswerberin die zur Bescheiderlassung notwendigen Unterlagen trotz Aufforderung nicht rechtzeitig beigebracht habe, sei der Antrag zurückzuweisen gewesen.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 18. Jänner 2021 wurde die dagegen von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig erklärt.

4        Begründend führte das Verwaltungsgericht - soweit hier von Relevanz - aus, im Ergebnis bestehe (aus im Einzelnen näher dargelegten Gründen) kein Anspruch der Revisionsweberin auf Vergütung gemäß § 32 EpiG. Dabei schade es nicht, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den Antrag auf Vergütung für die Entgeltfortzahlung zurückgewiesen habe. Sollte man davon ausgehen, dass mit einer Abweisung hätte vorgegangen werden müssen, sei angesichts der Ausführungen, die die belangte Behörde vorgenommen habe, davon auszugehen, dass allenfalls ein Vergreifen im Ausdruck vorliege, das im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur in eine Abweisung umzudeuten wäre. Die Beschwerde sei daher als unbegründet abzuweisen gewesen.

5        Die Revisionswerberin erhob gegen dieses Erkenntnis zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 10. März 2021, E 450/2021-10, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

6        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich nunmehr die vorliegende, innerhalb der Frist des § 26 Abs. 4 VwGG erhobene außerordentliche Revision.

7        Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

8        In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision wird unter anderem geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe in Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Abweisung der Beschwerde nicht auf den Zurückweisungsgrund des erstinstanzlichen Bescheides gestützt. Nach ständiger Rechtsprechung sei im Fall der Zurückweisung eines Antrages wegen Unzulässigkeit durch die belangte Behörde Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (Verweis auf VwGH 21.10.2020, Ra 2020/12/0030). Dem Verwaltungsgericht sei es verwehrt, über diesen Rahmen hinaus mit einer Entscheidung über die „Hauptsache“ vorzugehen, weil dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrages und damit den Parteien eine Instanz genommen würde (Verweis auf VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002, VwSlg. 19009 A). Im Fall der auf § 13 Abs. 3 AVG gestützten Zurückweisung sei „Sache“ des Beschwerdeverfahrens allein die Frage, ob die Entscheidung der Behörde dem § 13 Abs. 3 AVG entsprochen habe, ob also der Sachantrag zu Recht - wegen eines trotz Aufforderung nicht verbesserten Mangels - zurückgewiesen worden sei (Verweis auf VwGH 1.9.2017, Ra 2016/03/0055).

9        Die Revision ist zulässig und begründet:

10       Mit dem behördlichen Bescheid vom 3. Dezember 2020 war der Antrag der Revisionswerberin gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen worden, weil diese die zur Bescheiderlassung notwendigen Unterlagen trotz Aufforderung nicht rechtzeitig beigebracht habe. Eine inhaltliche Prüfung des Antrages wurde nicht vorgenommen. Entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Ansicht kann daher keine Rede davon sein, dass sich die Behörde (trotz inhaltlicher Prüfung) lediglich im Ausdruck vergriffen habe und von einer behördlichen Abweisung des Antrages auszugehen sei.

11       Über die gegen diese behördliche Entscheidung erhobene Beschwerde hatte das Verwaltungsgericht zu entscheiden, wobei „Sache“ des Beschwerdeverfahrens allein die Frage war, ob die Entscheidung der Behörde dem § 13 Abs. 3 AVG entsprach, ob also der Sachantrag zu Recht - wegen eines trotz Aufforderung nicht verbesserten Mangels - zurückgewiesen wurde (vgl. etwa das in der Revision genannte Erkenntnis VwGH 1.9.2017, Ra 2016/03/0055, mwN). Vor diesem Hintergrund durfte das Verwaltungsgericht daher inhaltlich über den Sachantrag nicht entscheiden.

12       Das Verwaltungsgericht hat nun - durch Abweisung der Beschwerde - den Spruch des angefochtenen Bescheides bestätigt und damit den Antrag der Revisionswerberin im Grunde des § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen, in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses allerdings zum Ausdruck gebracht, dass der Antrag inhaltlich geprüft und als unbegründet abgewiesen wurde. Eine auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des Antrags bezugnehmende Begründung findet sich im angefochtenen Erkenntnis nicht.

13       Da das Verwaltungsgericht somit in Verkennung der Rechtslage eine auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit der behördlichen Zurückweisung des Antrags abstellende Beurteilung nicht vorgenommen hat, war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

14       Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4, 5 und 6 VwGG abgesehen werden.

15       Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 20. Oktober 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021090133.L00

Im RIS seit

12.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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