TE Bvwg Beschluss 2021/7/2 W279 2240007-3

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Veröffentlicht am 02.07.2021
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Entscheidungsdatum

02.07.2021

Norm

BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §340
BVergG 2018 §341
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W279 2240007-3/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. KOREN im Verfahren des Gebührenersatzes betreffend das Vergabeverfahren "Reinigungsdienstleistungen Wien II, GZ 2601.03552," der Auftraggeber Republik Österreich (Bund), Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., Wasserleitungsverband Nördliches Burgenland, Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien, Verein Neustart, vergebende Stelle Bundesbeschaffung GmbH (BBG), Lasallestraße 9b, 1020 Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, aufgrund des Antrages der Antragstellerin XXXX GmbH, vertreten durch Breitenfeld Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Marc-Aurel-Straße 6, 1010 Wien, vom 01.03.2021, folgenden Beschluss:

A)

Dem Antrag auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren wird stattgegeben.

Die Auftraggeberin, Republik Österreich (Bund), ist verpflichtet, der Antragstellerin, der XXXX , die für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, den Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung sowie den Antrag auf Nichtigerklärung, mit welchem Bieter die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, entrichteten Pauschalgebühren in der Höhe von gesamt EUR 29.808 binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Beschlusses zu Handen ihrer Rechtsvertreterin zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

Mit Schreiben vom 01.03.2021, beim BVwG eingebracht am gleichen Tag, begehrte die Antragstellerin (ASt) die Nichtigerklärung der am 19.02.2021 bekannt gegebenen Ausscheidensentscheidung zu Los 14, die Nichtigerklärung der Entscheidung vom 26.02.2021, mit welchem Bieter die Rahmenvereinbarung geschlossen werden soll, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, Akteneinsicht in alle von den Auftraggebern vorgelegten Bestandteile des Vergabeaktes sowie die des Nachprüfungsaktes, den Ersatz der entrichteten sowie die Rückerstattung zu viel entrichteter Pauschalgebühren, und die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

Begründend wurde von der Antragstellerin Folgendes ausgeführt:

Die Auftraggeber führen ein am 12.10.2020 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union zu 2020/S 198-480258 bekannt gemachtes Vergabeverfahren als offenes Verfahren mit Bestbieterprinzip im Oberschwellenbereich zu Reinigungsdienstleistungen in 17 Losen durch. Die Antragstellerin habe insbesondere zu Los 14 ein ausschreibungskonformes Angebot gelegt. Nach Aufklärungsersuchen vom 23.12.2020 zu einer Offenlegung der Kalkulation anhand eines vorgegebenen Formblattes und Beantwortung des Aufklärungsersuchens, sei der Antragstellerin mit Schreiben vom 19.02.2021 eine Ausscheidensentscheidung unter anderem zu Los 14 mitgeteilt worden. Mit einem Schreiben vom selben Tag sei der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, die Rahmenvereinbarung zu Los 14 mit der XXXX GmbH abzuschließen. Mit Schreiben vom 26.02.2021 sei die Auswahlentscheidung geändert worden und sei mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, die Rahmenvereinbarung zu Los 14 mit der XXXX GmbH abzuschließen.

Angefochten werde die Ausscheidensentscheidung zu Los 14 vom 19.02.2021, die Entscheidung vom 26.02.2021, mit welchem Bieter die Rahmenvereinbarung zu Los 14 abgeschlosssen werden soll sowie sämtliche zeitlich vorhergehenden nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen. Die Antragstellerin habe Gebühren iHv EUR 29.808 entrichtet und es seien Kosten für die Beteiligung am Vergabeverfahren iHv EUR 5.000 exkl. USt. und Kosten für die rechtsfreundliche Vertretung iHv EUR 3.000 exkl. USt. entstanden. Weiters drohe der Antragstellerin ein Schaden in der Höhe des entgangeenn Gewinns sowie der Entgang der Chance auf die Erlangung eines wichtigen Referenzprojektes für künftige Vergabeverfahren.

Die Antragstellerin werde durch die rechtswidrige Vorgangsweise der Auftraggeberin in ihrem Recht auf Durchführung eines ordnungsgemäßen vergaberechtskonformen Vergabeverfahrens, in ihrem Recht auf Nicht-Ausscheiden ihres Angebots, in ihrem Recht auf Abschluss der Rahmenvereinbarung mit ihr, in ihrem Recht auf Zuschlagserteilung sowie in ihrem Recht aus Widerruf verletzt.

Die Aufraggeber hätten das Angebot der Antragstellerin aufgrund einer Ungenauigkeit in einem Detailansatz der Aufklärung als ausschreibungswidrig klassifiziert und nach §141 Abs. 1 Z 7 BVergG 2018 ausgeschieden. Demnach sähen die Auftraggeber eine zweimal jährliche Vollreinigung als angeboten und darin die Ausschreibungswidrigkeit. Die fragliche Position sei jedoch völlig ausschreibungskonform mit einer einmal jährlichen Vollreinigung angeboten worden. Die von den Auftraggebern in der Ausscheidensentscheidung angeführte Ungenauigkeit beziehe sich lediglich auf das im Rahmen der Aufklärung verlangte Kalkulationsblatt und dies ändere nichts an der Ausschreibungskonformität des Angebots, der Preisangemessenheit und der Plausibilität der Zusammensetzung des Gesamtpreises.

Mit Schreiben vom 04.03.2021 und 09.03.2021 nahmen die Auftraggeber Stellung. Sie sehen das Angebot der Antragstellerin als den bestandsfesten Ausschreibungsbedingungen widersprechend, mit einem unbehebbaren Mangel behaftet und als zwingend auszuscheiden. In der von der Antragstellerin am 12.01.2021 übermittelten Aufklärungsdatei weise eine Zelle das Intervall von 0,167 Tagen pro Monat an Stelle von 0,0833 Tagen pro Monat aus. Durch die Division von 1 (Reinigung) /12 (Monate) = 0,0833* ergäbe sich eine einmal jährlich vorzunehmende Vollreinigung. Da das Aufklärungsschreiben aber den doppelten Wert von 0,167 Tagen und somit eine zweimal jährlich vorzunehmende Vollreinigung ausweise, sei darin eine Ausschreibungswidrigkeit des Angebots der Antragstellerin erkennbar. Sie beantragen die Zurück- in eventu Abweisung sämtlicher Anträge auf Nichtigerklärung und sehen das besondere Interesse an der Fortführung des Verfahrens in einem dringenden Beschaffungsbedarf der Aufraggeber.

Mit Schreiben vom 10.03.2021 erhob die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin hinreichend begründete Einwendungen, wahrte ihre Parteistellung im Nachprüfungsverfahren und erachtet selbst für den Fall, dass die Ausschluss- und Ausscheidensgründe gegenüber der Antragstellerin zu Recht vorlägen, einen Zuschlag zu ihren Gunsten als geboten und negiert die von der Antragstellerin behauptete Rechtswidrigkeit der Entscheidung vom 26.02.2021.

Mit GZ W279 2240007-1/3E wurde am 11.03.2021 eine – den Abschluss der Rahmenvereinbarung hinsichtlich Los 14 untersagende – einstweilige Verfügung erlassen.

Mit der Replik vom 26.03.2021 stützt die Antragstellerin die ausschreibungskonforme Angebotslegung auf die Auslegungsregelungen der §§ 914f ABGB. Ferner ändere ein im Zuge der Angebotsprüfung herangezogenes Aufklärungsblatt nicht den Inhalt den Angebotes selbst ab und verweist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 21.03.2007, 2007/04/0007), wonach im Zweifel nicht vom Vorliegen eines ausschreibungswidrigen Angebotes auszugehen sei.

In der mündlichen Verhandlung wurde am 01.04.2021 mit Einwilligung der Antragstellerin offengelegt, dass es sich bei der strittigen Position, bei der fraglich ist, ob diese ausschreibungskonform einmal oder ausschreibungswidrig zweimal jährlich zur Vollreinigung angeboten wurde, um eine Teilfläche der XXXX mit einer Fläche von 4,29 m² handelt. Darüberhinausgehende Inhalte des Vergabeaktes wurden von der Akteneinsicht ausgenommen und dahingehende Anträge abgewiesen.

Mit GZ W279 2240007-2/30E wurde am 09.06.2021 den Anträgen auf „auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung zu Los 14 vom 19.02.2021“ und „auf Nichtigerklärung der Entscheidung, mit welchem Bieter die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, vom 26.02.2021“ stattgegeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Der obige Verfahrensgang wird als spruchrelevanter Sachverhalt festgestellt.

Die Antragstellerin hat Gebühren in der Höhe von gesamt 29.808 EUR entrichtet. (W279 2240007-2/OZ5) Diese setzen sich zusammen aus dem sechsfachen eines Dienstleistungsauftrages im Oberschwellenbereich (2.160 EUR mal sechs gleich 12.960 EUR), 10.368 EUR für den Zweitantrag (80 Prozent von 12.960 EUR) sowie 6.480 EUR für die einstweilige Verfügung (50 Prozent von 12.960 EUR.)

2. Beweiswürdigung

Der Verfahrensgang bzw festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

Gemäß Art 135 Abs. 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs 1 BVergG 2018 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über einen Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten. Somit liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte ist mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes gemäß § 1 VwGVG durch dieses geregelt. Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Zu diesen Bestimmungen zählt der 4. Teil des BVergG 2018, der die Bestimmungen über den Rechtsschutz vor dem Bundesverwaltungsgericht enthält.

Nach § 333 BVergG 2018 sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme seiner §§ 1 bis 5 sowie seines IV. Teils im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sinngemäß anzuwenden, soweit nicht das BVergG 2018 und das VwGVG anderes bestimmen.

Zu A)

Gemäß § 340 Abs 1 Z 1 BVergG 2018 hat der Antragsteller für Anträge gemäß den §§ 342 Abs 1, 350 Abs 1 und 353 Abs 1 und 2 BVergG 2018 jeweils eine Pauschalgebühr zu entrichten, welche gemäß den von der Bundesregierung durch Verordnung festzusetzenden Gebührensätzen bei Antragstellung zu entrichten ist (siehe BVwG-PauschGebV Vergabe).

Gemäß § 341 Abs 1 BVergG 2018 hat der vor dem Bundesverwaltungsgericht wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 340 BVergG 2018 entrichteten Gebühren durch den Antragsgegner. Der Antragsteller hat ferner Anspruch auf Gebührenersatz, wenn er während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird. Ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung besteht gemäß § 341 Abs 2 BVergG 2018 dann, wenn (1) dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird oder wenn der Antragsteller während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird und (2) dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben wurde bzw im Falle der Klaglosstellung stattzugeben gewesen wäre oder der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur wegen einer Interessenabwägung abgewiesen wurde oder im Falle der Klaglosstellung abzuweisen gewesen wäre.

Die Antragstellerin hat die geschuldeten Pauschalgebühren für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, den Erstantrag und den Zweitantrag in entsprechender Höhe nachweislich entrichtet (§ 340 Abs 1 Z 1, 3 und 4 BVergG 2018 iVm § 1 BVwG-PauschGebV Vergabe) und beantragte deren Ersatz durch die Auftraggeberin.

Der erkennende Senat hat im Hauptverfahren den Anträgen der Antragstellerin stattgegeben.

Es ist daher die Auftraggeberin sowohl zum Ersatz der für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung als auch zum Ersatz der für die beiden Nichtigerklärungsanträge entrichteten Pauschalgebühr gemäß § 341 Abs 1 und Abs 2 BVergG 2018 verpflichtet.

B) Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Dienstleistungsauftrag Nachprüfungsantrag Nachprüfungsverfahren Obsiegen Pauschalgebührenersatz Provisorialverfahren Rahmenvereinbarung Vergabeverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W279.2240007.3.00

Im RIS seit

11.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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