Entscheidungsdatum
06.08.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W124 2216568-1/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX und XXXX zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 68 AVG, §§ 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Vorverfahren
1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge auch: BF) reiste unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX gab der BF an, in XXXX , Afghanistan gelebt zu haben und keiner Beschäftigung nachgegangen zu sein. Die finanzielle Situation seiner Familie sehe schlecht aus, sie besitze auch keine Ländereien oder Grundstücke, sein Vater arbeite als Verkäufer. Als Fluchtgrund gab er an, er hätte für die Taliban arbeiten sollen. Mit dem Geld hätte er seine Familie versorgen können, er habe aber abgelehnt. Danach seien die Taliban gekommen und hätten das Haus durchwühlt. Er sei danach geflohen, von seiner Familie wisse er nichts, andere Fluchtgründe habe er nicht.
1.3. In der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge auch: Bundesamt) am XXXX führte der BF aus, am XXXX im Distrikt XXXX geboren zu sein. Er sei afghanischer Staatsangehöriger und gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an. Wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit habe er in seinem Herkunftsstaat keine Probleme gehabt. Er sei sunnitischer Moslem, ledig und habe keine Kinder. Seine zwei Brüder und seine Schwester würden bei seinen Eltern in XXXX wohnen. Sein Vater habe eine eigene, drei Jirib große Landwirtschaft, seine Mutter sei Hausfrau. Er habe auch noch Onkel und Tanten in seinem Herkunftsland.
Seine Eltern würden im Distrikt XXXX leben. Weder seine Familie noch er selbst seien jemals politisch oder religiös tätig gewesen oder hätten einer Partei angehört. Er habe elf Jahre die Grundschule besucht, nie Probleme mit Behörden in seinem Heimatland gehabt und sei nicht vorbestraft gewesen. Er habe Afghanistan ca. im fünften Monat XXXX illegal verlassen, sei aus seinem Dorf bis zum Bahnhof, etwa eine halbe Stunde zu Fuß gegangen und sei dann mit dem Bus etwa sieben bis acht Stunden nach XXXX gefahren. Es habe auch während der Reise keine Vorfälle gegeben.
In XXXX habe er sich vier bis fünf Tage in einem Hotel aufgehalten. Es lebe zwar ein Onkel in XXXX , mit diesem sei der Kontakt aber abgerissen. Über Freunde habe er regelmäßig Kontakt mit seinen Eltern und Geschwistern, zuletzt vor etwa einem Monat. Seinen Eltern gehe es gut, sie hätten die Grundstücke und würden dort arbeiten. Vorfälle habe es keine gegeben. Seinen Lebensunterhalt habe er sich durch einen kleinen Kosmetikstand finanziert. Außerdem habe er auch in der Landwirtschaft gearbeitet. In Österreich oder der EU habe er keine Bekannten oder Verwandten und auch keine sozialen oder privaten Bindungen. Ein Cousin sei in Belgien, mit diesem habe er aber keinen Kontakt.
Zum Fluchtgrund befragt, gab der BF an, dass sein Cousin väterlicherseits ein Taliban sei. Die Taliban hätten ihm mehrfach gesagt, dass er sich ihnen anschließen solle, sein Cousin habe ihm Geld dafür versprochen. Er habe dann einige Zeit für die Taliban spioniert. Die Taliban hätten dann immer wieder Soldaten und Polizisten festgenommen und die Personen getötet. Er sei damit nicht einverstanden gewesen und habe seinem Cousin gesagt, dass er aufhören wolle, aber sein Cousin habe ihm gesagt, dass es nicht möglich sei aufzuhören.
Der BF sei dann zum Kommandanten XXXX gegangen, der auch Dorfältester sei, damit dieser ihm helfe. Sein Sohn sei sein Freund gewesen und er habe diesem gesagt, dass er seinen Vater treffen möchte. Er habe sich mit dem Kommandanten getroffen und habe ihm dieser gesagt, dass er das erledigen werde. Es sei dort ein anderer Polizist gewesen, ein ehemaliger Schulkamerad von ihm, der habe ihn gefragt, warum er beim Dorfältesten sei und er habe diesem gesagt, dass er Probleme mit den Taliban habe. Dieser habe ihm gesagt, dass der Kommandant selbst zu den Taliban gehöre und er auf sich aufpassen solle. Er sei dann nachhause gegangen und etwa zwei Tage später, als er am Dach geschlafen habe, habe er Schritte hinter seinem Haus gehört. Er habe dann öfter gefragt, wer da sei, es habe aber keiner geantwortet und auf einmal habe jemand geschossen. Er sei vom Dach gesprungen und sei von dort geflüchtet. Er sei zu seinem Onkel mütterlicherseits in XXXX gegangen und von dort nach XXXX geflüchtet.
Von XXXX aus habe er den Freund, welcher als Polizist arbeite, angerufen, dieser habe ihm mitgeteilt, dass der Kommandant den Taliban gesagt habe, dass er bei der Regierung gewesen sei und sich beschwert habe. Der Regierung habe er gesagt, dass er ein Taliban sei. Der Freund habe ihm weiter erklärt, dass er nicht zurückkönne, weil er nun Probleme mit den Taliban und der Regierung habe.
1.4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).
1.5. Mit der fristgerecht eingebrachten Beschwerde wurde der Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten.
1.6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX wurde die verfahrensgegenständliche Beschwerde vollinhaltlich abgewiesen. Begründend wurde hinsichtlich der Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids zusammengefasst ausgeführt, dass das Vorbringen des BF zu seinen Flucht- und Verfolgungsgründen nicht glaubhaft sei. Für den BF bestehe weder die Gefahr einer individuell konkreten Verfolgung noch die Gefahr einer Gruppenverfolgung und würden daher die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen. Betreffend die Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde erwogen, dass der BF aus der Provinz XXXX , einer volatilen Provinz im Norden Afghanistans, stamme. Im Fall einer Rückkehr nach XXXX bestehe aufgrund der dortigen Sicherheitslage für den BF die reale Gefahr einer Verletzung seiner nach Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte. Dem gesunden und arbeitsfähigen BF, welcher über mehrjährige Schulbildung sowie über Berufserfahrung verfüge und mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut sei, stehe jedoch eine innerstaatliche Fluchtalternative in der Stadt XXXX zur Verfügung. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten sei ihm daher nicht zuzuerkennen gewesen.
1.7. Gegen dieses Erkenntnis erhob der BF sowohl außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof als auch Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.
1.8. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom XXXX , XXXX , wurde die außerordentliche Revision zurückgewiesen.
1.9. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom XXXX , wurde der Beschwerde, soweit sie sich auf die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an den BF und – daran anknüpfend – auf die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen sowie die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung bzw. der Abschiebung in den Herkunftsstaat Afgahnistan unter Setzung einer Frist für die freiwillige Ausreise bezog, stattgegeben und wurde das angefochtene Erkenntnis in diesem Umfang aufgehoben. Soweit sich die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten richtete, wurde ihre Behandlung abgelehnt.
1.10. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , XXXX , die Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. bis IV. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abgewiesen.
Begründend wurde hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zusammengefasst und verfahrenswesentlich ausgeführt, im Fall einer Ansiedlung in der afghanischen Provinz XXXX bestehe für den BF die reale Gefahr, in seinen nach Art. 2 EMRK oder Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechten verletzt zu werden. Der BF könne allerdings in zumutbarer Weise auf eine innerstaatliche Fluchtalternative in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat verwiesen werden. Das Ausmaß willkürlicher Gewalt erreiche in diesen Städten nicht ein derart hohes Niveau, sodass wesentliche Gründe zur Annahme bestünden, ein Zivilist hätte – bloß aufgrund seiner Anwesenheit – ein tatsächliches Risiko zu gewärtigen, ernsthaften Schaden zu nehmen. Beide Städte seien über den Luftweg sicher erreichbar. Der Zugang zu Grundversorgung, medizinischer Versorgung sowie zum Arbeits- und Wohnungsmarkt sei dort grundsätzlich gegeben. Beim 26-jährigen BF handle es sich überdies um einen arbeitsfähigen und gesunden Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahme am Erwerbsleben vorausgesetzt werden könne. Er sei mit den kulturellen Gepflogenheiten Afghanistans vertraut, beherrsche die Sprachen Dari und Paschtu und verfüge über Schulbildung sowie Berufserfahrung. Insgesamt sei er sohin in der Lage, sich in Afghanistan seine Existenz eigenständig zu sichern. Diese Einschätzung entspreche auch den UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 sowie der EASO Country Guidance Afghanistan, Stand Dezember 2020.
Das Erkenntnis gelangte am XXXX in den elektronischen Verfügungsbereich der Vertretung des BF und erwuchs sohin am XXXX in Rechtskraft.
2. Gegenständliches Verfahren
2.1. Am XXXX stellte der BF den verfahrensgegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.
Am selben Tag erfolgte seine Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, im Rahmen welcher er zur Begründung seines Antrags ausführte, dass sich zwischenzeitlich die Sicherheitslage in Afghanistan verschlimmert habe und eine Rückkehr nach XXXX gemäß den neuen UNHCR-Richtlinien nicht mehr zumutbar sei. Es gebe täglich Selbstmordanschläge. Er könne nicht an einem Ort leben, der nicht sicher sei und an welchem es keine Arbeit gebe. Es würde dort lediglich die Möglichkeit bestehen, sich der Armee oder den Taliban anzuschließen.
2.2. Am XXXX erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.
Zu seinen Angehörigen im Herkunftsstaat führte der BF an, seiner Familie gehe es nicht gut. Sie könne nicht in ihrem Haus leben, zumal sie Angst vor den Taliban habe. Daher würde seine Familie bei seinem Onkel wohnen. Sie bleibe einige Zeit dort und müsse immer ihren Wohnort wechseln.
Seine Familie habe in Afghanistan eine Landwirtschaft sowie ein Geschäft gehabt, in welchem Lebensmittel, Schmuck und Haushaltswaren verkauft worden seien. Nach seiner Ausreise habe die Familie das Geschäft verkauft und ihr Grundstück werde nun von einer anderen Person bewirtschaftet. Der Erlös aus der Landwirtschaft gehe zur Hälfte an seine Familie, zur Hälfte an die Person, die das Grundstück bewirtschafte.
Befragt, warum er einen neuen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, führte er an, er könne nicht nach Afghanistan zurück, zumal er dort von den Taliban getötet werde. Er habe Probleme mit den Taliban und den afghanischen Behörden. Seine alten Fluchtgründe seien noch immer aufrecht.
Konkret führte er zu seinen Problemen an, er sei für die Taliban als Informant tätig gewesen. Sie hätten gesagt, dass er ihnen Informationen weiterleiten müsse. Ansonsten müsse er mit ihnen kämpfen. Er habe sich dafür entschieden, Informationen weiterzuleiten, woraufhin vieles passiert sei. Letztlich habe er damit aufgehört. Er sei zum Distrikthauptmann XXXX gegangen und habe ihm gesagt, dass er Hilfe brauche. Zu diesem Zeitpunkt habe er nicht gewusst, dass der Distrikthauptmann auch mit den Taliban in Kontakt stehe. Der Distrikthauptmann habe die Taliban darüber informiert, dass sich der BF an die Behörden gewandt habe. Daraufhin seien die Taliban zu ihnen nachhause gekommen. Der BF sei zu seinem Onkel mütterlicherseits geflüchtet. Am darauffolgenden Tag habe er Afghanistan verlassen. Aus den genannten Gründen könne er nicht zurückkehren. Er habe mit einem Freund telefoniert, der in ihrem Dorf wohne. Dieser habe ihm erzählt, dass der Distrikthauptmann die Behörden darüber informiert habe, dass der BF mit den Taliban arbeite. Auf Nachfrage führte er an, das Gespräch bereits im Vorverfahren geschildert zu haben.
Befragt, was sich seit dem Vorverfahren in seinem Leben geändert habe, führte er an, die Lage in Afghanistan habe sich verschärft. Seine Familie könne nicht in Ruhe leben und sein Vater habe gesagt, er solle auf keinen Fall zurückkommen. Seit circa zweieinhalb Monaten könne seine Familie nicht mehr in ihrem Haus wohnen. Zuvor hätten sie normal gelebt. Das Geschäft hätten sie einen Monat nach seiner Ausreise verkauft, die Landwirtschaft hätten sie bis vor zweieinhalb Monaten noch betrieben. Auf weitere Nachfrage führte er an, früher habe seine Familie kein Problem mit XXXX gehabt. Vor drei Monaten habe dieser jedoch mit seinen Onkeln gestritten, weshalb er die Familie nunmehr vernichten wolle.
Zur Frage, warum ihn XXXX verfolgt habe, obwohl er mit seiner Familie befreundet gewesen sei, führte der BF an, XXXX habe Angst gehabt, dass der BF zu den Behörden gehe und ihnen erzähle, dass er mit den Taliban in Verbindung stehe. Auf Nachfrage, ob dieses Verhalten von XXXX keinen Einfluss auf die Freundschaft zur Familie des BF gehabt habe, führte er an, seine Familie habe nicht gewusst, dass hinter der ganzen Sache XXXX gesteckt habe.
Nachdem er geflüchtet sei, habe sich seine Familie gegenüber XXXX verhalten wie zuvor. Sie habe sich nicht mit ihm anlegen können, da er eine mächtige Person sei.
Befragt, was passiert wäre, wenn der BF die Behörde informiert hätte, führte er an, ihm hätte keiner geglaubt, da XXXX eine mächtige Person sei. Auf Nachfrage, warum er dann Angst gehabt habe, dass der BF zu den Behörden gehe, führte dieser an, XXXX habe Angst gehabt, dass es einen Schaden für die Taliban verursache. Angst um sich selbst habe er nicht gehabt.
Näher zu dem Streit zwischen seiner Familie und XXXX befragt, führte der BF an, er kenne den genauen Grund nicht. Im Dorf würden Streitigkeiten vorkommen. XXXX habe seiner Familie gesagt, dass er ihnen nichts getan habe, obwohl ihr Sohn ein Informant der Taliban sei. Jetzt würde seine Familie auch mit ihm streiten.
Zu seinem letzten Gespräch mit seiner Familie führte er an, er habe nicht lange gesprochen, da das Handy nicht seiner Familie gehört habe. Sein Vater habe von der schlechten Lage sowie dem Umzug der Familie berichtet.
Zu seiner Rückkehrsituation führte der BF an, neben seinen Fluchtgründen stehe auch die allgemeine Sicherheitslage seiner Rückkehr entgegen. Auf eine Stellungnahme zum Länderinformationsblatt verzichtete der BF.
2.3. Mit Bescheid des Bundesamtes XXXX wurde der Antrag des BF sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Dem BF wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt.
2.4. Mit Schriftsatz vom XXXX erhob der BF im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass im Erstverfahren eine Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht stattgefunden habe, im Rahmen welcher der Sachverständige Dr. Rasuly teilgenommen und bestätigt habe, dass die Angaben des BF zu seiner Familie sowie zu seiner Herkunft korrekt gewesen seien. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX sei festgehalten worden, dass dem BF eine innerstaatliche Fluchtalternative in XXXX offenstehe. Seit dieser Entscheidung habe sich der maßgebliche Sachverhalt insoweit geändert, als UNHCR in seinen Richtlinien vom 30.08.2018 zu dem Ergebnis gelange, XXXX komme als innerstaatliche Fluchtalternative nicht mehr in Frage. Die UNHCR-Richtlinien seien vom Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom XXXX jedoch nicht berücksichtigt worden. Die im gegenständlichen Verfahren artikulierte Furcht, zur Familie nicht zurückkehren zu können, sei vor dem Hintergrund der aktuellen Berichtslage glaubhaft und entgegen der Ansicht der Behörde auch asylrelevant. Jedenfalls sei aber davon auszugehen, dass eine Abschiebung den BF in seinen nach Art. 2 und Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechten verletze. Die Rückkehrentscheidung sei überdies rechtswidrig, zumal der VfGH der Beschwerde gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX die aufschiebende Wirkung zuerkannt habe. Eine neuerliche Rückkehrentscheidung hätte daher nicht erlassen werden dürfen.
2.5. Die Beschwerdevorlage langte am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde der Gerichtsabteilung W197 zugewiesen.
2.6. Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , XXXX , wurde der Beschwerde gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Gleichzeitig wurde beschlossen, dass das Verfahren gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ausgesetzt wird.
2.7. Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom XXXX wurde die gegenständliche Rechtssache neu zugewiesen.
2.8. Am XXXX erfolgte unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Paschtu eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Das Bundesamt verzichtete mit Schreiben vom XXXX auf die Teilnahme.
Im Rahmen der Verhanldung wurden folgende Unterlagen (in Kopie) vorgelegt:
- Sozialbericht der Betreuer des BF (Beilage);
- Anmeldebestätigung für den Kurs B1 (Beilage B);
- Dienstvertrag mit sogenannter aufschiebender bedingter Wirkung vom XXXX , der XXXX (Beilage C);
- Bestätigung der Vereinsmitgliedschaft beim Verein XXXX (Beilage D).
Die Verhandlung nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:
[…]
R (auf Deutsch): Sprechen und verstehen Sie Deutsch?
BF (auf Deutsch): Ja.
R (auf Deutsch): Haben Sie einen Deutschkurs in Österreich besucht?
BF (auf Deutsch): A2 Deutschkurs habe ich schon gemacht und ich anmelde für B1 Deutschkurs.
R (auf Deutsch): Wo haben Sie den A1-Kurs gemacht.
BF (auf Deutsch): In unserem Heim.
R (auf Deutsch): Wo wohnen Sie jetzt?
BF (auf Deutsch): Ich wohne noch im Heim.
R (auf Deutsch): Gehen Sie einer Arbeit nach?
BF (auf Deutsch): Gibt unverständliche Antwort an.
Fragewiederholung auf Paschto.
BF (auf Paschto): Nein.
R (auf Deutsch): Warum nicht?
BF (auf Deutsch): Ich habe kein „darf“ arbeiten gehen.
R (auf Paschto): Haben Sie schon einen Arbeitgeber gefunden, der für Sie um eine Arbeitsbewilligung angesucht hat?
BF (auf Paschto): Es wurde kein Antrag seitens eines potentiellen Arbeitsgebers für mich beim AMS gestellt, aber ich habe eine türkische Firma gefunden, die mich gerne angestellt hätte.
R (auf Paschto): Hat diese türkische Firma schon versucht beim AMS eine Arbeitsbewilligung für Sie zu bekommen?
BF (auf Paschto): Nein, bis jetzt noch nicht.
R (auf Paschto): Welche Schul- und Berufsausbildung haben Sie?
BF (auf Paschto): Ich habe einen Schulabschluss, sprich 12 Jahre Schule. Darüber hinaus habe ich keine weitere Ausbildung gemacht.
R (auf Paschto): Wie haben Sie in Afghanistan Ihren Lebensunterhalt bestritten?
BF (auf Paschto): Sowohl ich als auch mein Vater haben gearbeitet und wir haben unseren Lebensunterhalt durch Landwirtschaft und Betreiben eines Ladens verdient.
R (auf Paschto): Sie haben am XXXX einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz gestellt, sind dann auch ausführlich vom BFA hinsichtlich Ihres Antrages befragt worden. Sind die Angaben, die Sie dann seinerzeit beim BFA gemacht haben korrekt, entsprechen sie der Wahrheit und halten Sie diese weiterhin aufrecht?
BF (auf Paschto): Ja.
R (auf Paschto): Wie lange haben Sie diesen Laden in Afghanistan betrieben?
BF (auf Paschto): Zwei Jahre.
R (auf Paschto): Was haben Sie da gemacht?
BF (auf Paschto): Wir haben Kosmetik, Lebensmittel und Öl verkauft.
R (auf Paschto): Mit wem haben Sie das gemacht?
BF (auf Paschto): Ich habe dort mit meinem Vater zusammengearbeitet.
R (auf Paschto): Wie ist der Verkauf in diesem Laden wirtschaftlich gelaufen?
BF (auf Paschto): Wir konnten unser Leben davon finanzieren. Nebenbei haben wir auch in der Landwirtschaft gearbeitet.
R (auf Paschto): Wie viel Jirib Land hatten Sie?
BF (auf Paschto): Drei.
R (auf Paschto): Was wurde da angebaut?
BF (auf Paschto): Reis und Weizen.
R (auf Paschto): Wurden die Lebensmittel verkauft oder wurden sie für den Eigengebrauch verwendet?
BF (auf Paschto): Sowohl als auch. Einen Teil haben wir verkauft und einen Teil haben wir für den Eigenbedarf verwendet.
R (auf Paschto): Von wem werden die Grundstücke jetzt bewirtschaftet?
BF (auf Paschto): Von meinem Vater.
R (auf Paschto): Wie viele Geschwister haben Sie?
BF (auf Paschto): Ich habe zwei Brüder und eine Schwester. Insgesamt sind wir vier Kinder.
R (auf Paschto): Wie alt sind Ihre beiden Brüder?
BF (auf Paschto): Ein Bruder ist 17 Jahre alt, der andere ist 21 Jahre alt. Meine Schwester ist 18 Jahre alt.
R (auf Paschto): Sind Ihre Brüder verheiratet?
BF (auf Paschto): Nein.
R (auf Paschto): Ist Ihre Schwester verheiratet?
BF (auf Paschto): Nein, sie auch nicht.
R (auf Paschto): Was arbeiten Ihre beiden Brüder?
BF (auf Paschto): Meine Brüder besuchen die Schule und sie helfen auch nebenbei meinem Vater in der Landwirtschaft.
R (auf Paschto): Besucht Ihr älterer Bruder eine höhere Schule?
BF (auf Paschto): Er besucht ein Gymnasium.
R (auf Paschto): Und der jüngere Bruder?
BF (auf Paschto): Er besucht ebenfalls ein Gymnasium.
R (auf Paschto): Wo ist dieses Gymnasium?
BF (auf Paschto): In unserem Dorf. Die Schule heißt XXXX .
R (auf Paschto): Wie weit ist dieses Gymnasium von Ihrem Elternhaus entfernt?
BF (auf Paschto): Ca. 10 bis 15 Minuten zu Fuß.
R (auf Paschto): Wie geht es Ihren beiden Brüdern und den Eltern?
BF (auf Paschto): Es geht ihnen gut.
R (auf Paschto): Wann waren Sie mit ihnen das letzte Mal in Kontakt? Wann haben Sie mit ihnen gesprochen?
BF (auf Paschto): Vor ca. zwei Monaten.
R (auf Paschto): Sie haben heute einen Dienstvertrag vorgelegt für die XXXX . Was wäre die Absicht von Ihnen, in dieser Firma zu arbeiten?
BF (auf Paschto): Zu Beginn werde ich dort als Helfer arbeiten. Danach wird man mir dort das Handwerk Maler beibringen und ich werde dann als Maler arbeiten.
R (auf Paschto): Haben Sie in diesem Bereich bereits Erfahrung, haben Sie in diesem Bereich bereits gearbeitet?
BF (auf Paschto): Nein, ich bin aber überzeugt, dass ich sehr schnell lernen werde, wenn ich dort geschult werde.
R (auf Paschto): Gehen Sie in Österreich einer caritativen Tätigkeit nach?
BF (auf Paschto): Ich habe mich in unserem Heim schon für eine solche Arbeit angemeldet. Wenn sich etwas ergibt, werde ich es sicher tun.
R (auf Deutsch): Können Sie mir einen typischen Alltag vom Aufstehen bis zum Schlafengehen sagen?
BF (auf Deutsch): Um 08:00 Uhr stehe ich auf. Eineinhalb Stunden mache ich joggen. Danach ich Dusche und Frühstücke. Danach bleibe ich zu Hause bis Mittag. Mittag kochen und essen. Danach gehe draußen spazieren. Danach ein bisschen Deutsch lernen. Am Abend ich koche, ein Film schauen. Danach Bett gehen und schlafen.
R (auf Deutsch): Sie haben gesagt, Sie lernen ein bisschen Deutsch. Wie machen Sie das?
BF (auf Deutsch): Mit dem Handy und über YouTube. Es gibt eine App, die heißt Babbel, mit der mache ich das.
R (auf Deutsch): Lesen Sie auch deutsche Bücher, Zeitschriften?
BF (auf Deutsch): Für mich ist das ein bisschen schwer, weil manche Wörter … Ich lese Zeitung.
R (auf Deutsch): Welche Zeitung?
BF (auf Deutsch): Österreich.
R (auf Deutsch): Lesen Sie auch ein Buch?
BF (auf Deutsch): Nein.
R (auf Paschto): Warum können Sie nicht nach Afghanistan zurückkehren? Welche Gründe stehen dem entgegen?
BF (auf Paschto): Das Leben ist dort problematisch und schlecht. Ich kann dort nicht leben, da dort Krieg herrscht und es dort die Taliban gibt. Man kann dort nicht in Ruhe leben. Es gab vor Kurzem in XXXX eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen den Taliban und der Regierung. Auch jetzt sind die Taliban auf allen Straßen unterwegs und die Lage ist dort sehr unsicher.
R (auf Paschto): Können Sie mir erklären, warum Sie am XXXX einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben?
BF (auf Paschto): Weil die Lage nach wie vor in Afghanistan sehr unsicher und schlecht ist und ich mich in Österreich gut integriert und eingelebt habe. Ich mag dieses Land sehr. Sehr viele Leute, die einen negativen Asylbescheid erhalten haben, begaben sich in andere Länder, doch ich tat dies nicht und werde es auch weiterhin nicht tun.
R (auf Paschto): Was würden Sie konkret befürchten, wenn Sie nach Afghanistan zurückkehren müssten?
BF (auf Paschto): Es hat sich nichts geändert. Wenn ich zurückkehren muss, muss ich mich entweder den Taliban anschließen oder für die Regierung arbeiten. In beiden Fällen ist es gefährlich. Ich möchte keinem Menschen schaden. Ich möchte einfach in Frieden und in Ruhe leben.
R (auf Paschto): Haben Sie konkrete Befürchtungen, wer Ihnen schaden könnte?
BF (auf Paschto): Konkret seitens der Taliban.
R (auf Paschto): Wieso?
BF (auf Paschto): Weil ich schon mit den Taliban ein Problem hatte, aus diesem Grund.
R (auf Paschto): Inwiefern hatten Sie mit den Taliban ein Problem?
BF (auf Paschto): Das Problem, das ich schon bei meinem ersten Asylantrag erwähnt habe.
R (auf Paschto): Können Sie mir das konkretisieren, was Sie befürchten würden, wenn Sie nach Afghanistan zurückkehren müssten?
BF (auf Paschto): Ich habe Angst getötet zu werden. Man könnte dort leben und arbeiten, wenn diese Probleme nicht wären. Ich kann aus dem Grund, dass ich mit den Taliban Probleme habe, nicht zurückkehren.
R (auf Paschto): Warum haben Sie persönlich Probleme mit den Taliban?
BF (auf Paschto): Ich war bei den Taliban. Als ich sie verlassen habe, wurde ich beschuldigt als Spion für die Regierung gearbeitet zu haben.
R (auf Paschto): Waren Sie selbst ein Talib?
BF (auf Paschto): Nein, ich war kein Talib. Ich habe das bei meinem ersten Asylantrag bereits geschildert. Möchten Sie, dass ich es noch einmal erzähle?
R (auf Paschto): Mit wem konkret befürchten Sie Probleme zu haben, wenn Sie nach Afghanistan zurückkehren müssten?
BF (auf Paschto): Es gibt keine konkrete Person. Die Taliban sind eine Gruppierung, wenn man mit ihnen ein Problem hat, dann kann jeder Talib einem zum Verhängnis werden.
R (auf Paschto): Wie viele Brüder hat Ihr Vater?
BF (auf Paschto): Drei Brüder.
R (auf Paschto): Wo wohnen Ihre drei Onkel vs?
BF (auf Paschto): Alle wohnen im Dorf zusammen.
R (auf Paschto): Meinen Sie damit in Ihrem Heimatdorf?
BF (auf Paschto): Ja.
R (auf Paschto): Wie bestreiten Ihre drei Onkel vs ihren Lebensunterhalt?
BF (auf Paschto): Sie besitzen auch Grundstücke und betreiben Landwirtschaft. Die meisten von uns betreiben dort Landwirtschaft.
R (auf Paschto): Haben Sie Cousins vs?
BF (auf Paschto): Ja.
R (auf Paschto): Was machen diese beruflich? Arbeiten diese oder gehen sie zur Schule?
BF (auf Paschto): Ein Cousin ist Metzger, ein anderer arbeitet in der Landwirtschaft und die jüngeren Cousins besuchen die Schule.
R (auf Paschto): Haben Sie Onkel ms?
BF (auf Paschto): Ja.
R (auf Paschto): Wie viele?
BF (auf Paschto): Drei.
R (auf Paschto): Wo wohnen diese?
BF (auf Paschto): Ein Onkel ist verstorben, einer lebt in XXXX , ein anderer lebt in XXXX im Dorf XXXX .
R (auf Paschto): Wie weit ist das von Ihrem Elternhaus entfernt?
BF (auf Paschto): Zu Fuß ca. eine halbe Stunde.
R (auf Paschto): Wie bestreitet dieser Onkel ms in XXXX seinen Lebensunterhalt?
BF (auf Paschto): Er hat Tiere, er ist Viehzüchter.
R (auf Paschto): Könnten Sie sich bei einer Rückkehr nach Afghanistan vorstellen, außerhalb von Ihrem Heimatdorf zu leben?
BF (auf Paschto): Ich kenne mich nirgendwo anders aus, ich war noch nie wo anders. Ich habe XXXX nie verlassen.
R (auf Paschto): Könnten Sie sich vorstellen, wieder zu Ihren Eltern in Ihr Elternhaus zurückzukehren?
BF (auf Paschto): Wenn das möglich gewesen wäre, hätte ich das schon längst getan.
R (auf Paschto): Was steht dem konkret entgegen?
BF (auf Paschto): Wie ich bereits erwähnt habe, das Problem mit den Taliban. Sonst habe ich keine anderen Probleme.
R (auf Deutsch): Haben Sie in Österreich einen Freundeskreis?
BF (auf Deutsch): Ja, sie ist meine Lehrerin. Sie kommen in unser Heim. Ich lerne mit sie Deutsch, Deutsch sprechen.
R (auf Deutsch): Wie heißt Ihre Lehrerin?
BF (auf Deutsch): XXXX .
R (auf Deutsch): Wie ist ihr Nachname?
BF (auf Deutsch): Ich weiß nicht was ihr Nachname ist.
R (auf Deutsch): Sind Sie verheiratet?
BF (auf Deutsch): Ja.
R (auf Deutsch): Mit wem sind Sie verheiratet?
BF (auf Deutsch): Den Namen weiß ich nicht.
R (auf Deutsch): Warum wissen Sie den Namen Ihrer Gattin nicht?
BF (auf Deutsch): Ich bin nicht verheiratet. Ich habe es falsch verstanden.
R (auf Paschto): Leben Sie in einer Lebensgemeinschaft?
BF (auf Paschto): Nein.
R (auf Paschto): Haben Sie eine Freundin?
BF (auf Paschto): Nein.
R (auf Paschto): Gehören Ihrem Freundeskreis auch Österreicher oder Österreicherinnen an?
BF (auf Paschto): Nur meine Lehrerin, die ich bereits erwähnt habe. Sonst habe ich kaum die Möglichkeit Kontakte zu schließen.
R (auf Paschto): Sind Sie in einem Verein, einer Organisation oder dergleichen Mitglied?
BF (auf Paschto): Ja, ich bin Mitglied des Vereins XXXX .
R (auf Paschto): Was ist der Zweck dieses Vereins XXXX ?
BF (auf Paschto): Der Vereinsvorsitzende heißt XXXX . Er ist früher zu uns ins Heim gekommen und hat uns über die österreichischen Gesetze erzählt. Momentan ist der Verein in der XXXX .
R (auf Paschto): Führt der Verein auch Veranstaltungen durch und wenn ja, was war die letzte Veranstaltung, an der Sie teilgenommen haben?
BF (auf Paschto): Dieser Verein gibt den Vereinsmitgliedern Informationen über Gesetze und die Geschichte Österreichs. Es gibt auch Veranstaltungen. Die letzte Veranstaltung, der ich beigewohnt habe, war im letzten März das afghanische Neujahr.
R (auf Paschto): Was haben Sie bisher über die österreichische Geschichte gelernt?
BF (auf Paschto): Ich habe einiges gelernt, aber ich habe es leider vergessen.
R (auf Paschto): Welche Staatsbürger sind die Teilnehmer und Mitglieder?
BF (auf Paschto): Die Mitglieder sind alle Afghanen.
R (auf Paschto): Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
BF (auf Paschto): Ich bin zu Hause.
R (auf Paschto): Haben Sie irgendwelche Hobbys bzw. Dinge, mit denen Sie sich beschäftigen?
BF (auf Paschto): Ja, ich hatte ein Hobby. Früher habe ich Fußball gespielt. Nach dem zweiten negativen Asylbescheid habe ich keine Lust auf etwas, ich bin nur zu Hause.
R (auf Paschto): Interessieren Sie sich für die gesellschaftlichen bzw. gesellschaftspolitischen Dinge in Österreich?
BF (auf Paschto): Ich habe leider keine Informationen über die politischen Geschehnisse in Österreich.
R (auf Paschto): Nehmen Sie irgendwelche Medikamente?
BF (auf Paschto): Vor zwei, drei Tagen war ich etwas verkühlt und hatte Fieber, aber jetzt nicht.
R (auf Paschto): Sind Sie in ärztlicher Behandlung?
BF (auf Paschto): Nein, mir geht es gut.
R an RV: Möchten Sie Fragen stellen an den BF?
RV: Was gefällt Ihnen in Österreich?
BF: Es gefällt mir in Österreich, dass die Leute sehr nett und lieb zueinander sind. Sie begegnen sich mit Respekt. Die Gesetze werden hier eingehalten. Ein Vater kann nicht seine Kinder schlagen und ungeschoren davonkommen, das heißt, alle haben Rechte. Die Rechte der Frauen und Männer sind hier gleich. Selbst die Polizei geht hier mit Menschen sehr respektvoll um, während in Afghanistan die Polizei mit Menschen respektlos umgeht. Wenn man von der Polizei angehalten wird, fragen sie auf eine nette Art und Weise nach dem Ausweis und wenn man diesen zeigt, klärt sich alles auf.
BF wurde auf Entschlagungsrecht hingewiesen.
R (auf Paschto): Läuft gegen Sie ein gerichtliches Strafverfahren bzw. ein Verwaltungsstrafverfahren?
BF (auf Paschto): Nein, überhaupt nichts.
RV gibt folgende Stellungnahme ab:
Ergänzend zur Beschwerde, dass eine Rückführung des BF nach XXXX und andere afghanische Großstädte unzumutbar ist, plädiere ich für einen Aufenthaltstitel aufgrund der Integrationsverfestigung § 55 plus AsylG.
Der BF hält sich bereits über vier Jahre in Österreich auf, verfügt über eine „bedingte Arbeitszusage“, bereitet sich für die Sprachprüfung B1 vor und gilt in seinem österreichischen Umfeld als hilfsbereit, pflichtbewusst und zuverlässig. Seine moralischen Ansichten entsprechen den demokratischen Grundlagen unseres Staatssystems.
R an BF: Wollen Sie noch etwas sagen?
BF: Ich möchte noch sagen, dass ich seit viereinhalb Jahren in Österreich lebe und mir bis jetzt nicht zu Schulden habe kommen lassen und ich werde auch weiterhin so bleiben. Ich habe mich hier gut eingelebt und integriert. Ich habe in Afghanistan Probleme mit den Taliban und kann aus diesem Grund nicht mehr zurückkehren. Ich werde in Österreich einer Tätigkeit nachgehen und mir ein friedliches Leben aufbauen. Ich habe Ihnen schon einen Arbeitsvorvertrag vorgelegt. Diese Arbeit ist für mich ganz sicher vorhanden, wenn ich einen positiven Asylbescheid erhalte. […]
2.9. Mit Ladung vom XXXX wurden dem BF Länderberichte zur allgemeinen Situation in Afghanistan zur Stellungnahme binnen 10 Tagen übermittelt. Ferner wurde dem BF im Wege seiner Vertretung mit Information über die Verlegung der Verhandlung vom XXXX das Länderinformationsblatt Afghanistan, Version 3 (letzte Änderung am XXXX ), übermittelt.
2.10. Am XXXX fand eine weitere mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Paschtu statt. Das Bundesamt verzichtete mit Schreiben vom XXXX auf die Teilnahme an der Verhandlung.
Im Rahmen der Verhandlung wurden folgende Unterlagen (in Kopie) vorgelegt:
- 2 Dienstverträge (Beilage./A);
- ÖSD-Zertifikat A2 (Beilage./B)
- Einzahlungsbestätigung für die A2-ÖIF-Prüfung vom XXXX (Beilage./C).
Die Verhandlung nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:
[…]
R befragt den Beschwerdeführer, ob dieser geistig und körperlich in der Lage ist der heutigen Verhandlung zu folgen bzw. ob irgendwelche Hindernisgründe vorliegen. Nun wird der Beschwerdeführer befragt, ob er gesund ist oder ob bei ihm (Krankheiten) und /oder Leiden vorliegen. Diese Fragen werden vom Beschwerdeführer dahingehend beantwortet, dass keine Hindernisgründe oder chronische Krankheiten und Leiden vorliegen. Der Beschwerdeführer ist in der Lage der Verhandlung in vollem Umfang zu folgen.
BF: Nichts. Ich bin gesund und nehme keine Medikamente.
[…]
R: Hat sich im Hinblick der Integration, sprich Ihres privaten Lebens, Ihrer sozialen Umstände seit der Verhandlung vom XXXX etwas geändert, wenn ja was?
BF: Ich bin seitdem täglich am XXXX auf dem Arbeiterstrich gewesen und habe versucht eine Arbeit zu finden. Ich konnte täglich ein bis zwei Stunden zumindest arbeiten. Außerdem habe ich im Heim die Haare von meinen Freunden geschnitten. Ich war dann bei einem Friseur. Er hat meine Arbeit überprüft und hat mir eine Bestätigung gegeben, dass, sobald ich eine Arbeitsgenehmigung bekomme, ich bei diesem Friseur arbeiten kann.
R: Sie haben zwei Vorverträge vorgelegt. Hat einer dieser potentiellen Arbeitgeber für Sie beim AMS schon über eine arbeitsrechtliche Bewilligung angesucht?
BF: Nein.
R: Haben Sie beim dem AMS um eine Saisontätigkeit angesucht (Erdbeerpflücken etc.)?
BF: Im Heim wurde mir erklärt, dass ich mit der grünen Karte keine Arbeitsgenehmigung bekommen würde, auch keine für eine Saison.
R: Waren Sie beim AMS und haben Sie dort angesucht?
BF: Nein.
R: Sie haben zwei Dienstverträge vorgelegt, wo Sie einerseits bei einem Friseur arbeiten könnten bzw. bei einem Maler für den Fall, dass Sie eine aufenthaltsrechtliche Bewilligung bekommen würden. Haben Sie in diesen beiden Berufsfeldern eine Arbeitserfahrung?
BF: Ich habe im Heim die Haare von meinen Freunden geschnitten und damit ein bisschen Erfahrung gesammelt. Als ich bei dem Friseur war, hat er meine Arbeit überprüft und mir gesagt, dass ich bei ihm arbeiten kann. Im Bereich des Malens habe ich keine Erfahrung, ich würde als Hilfsarbeiter eingestellt werden.
R: Was für Tätigkeiten würden Sie dort verrichten?
BF: Ich würde z.B. die Arbeit vorbereiten, ich würde schleifen, also alle Arbeiten würde ich als Hilfsarbeiter verrichten.
R: Das würde ich genauer wissen, erklären Sie es genauer. Was für Tätigkeiten würden Sie dort genau verrichten?
BF: Ich verrichte Schleifarbeiten und würde Acryl in den Fugen und in den Ecken anbringen. Damit beginne ich, auf diese Weise würde ich die Arbeit lernen.
R: Sie haben gesagt, Sie haben ohne Beschäftigungsbewilligung zeitweise gearbeitet. Was haben Sie da für Tätigkeiten verrichtet?
BF: Ich habe z.B. im Bereich der Reinigung gearbeitet oder beim Tragen geholfen.
R: Können Sie das etwas genauer beschreiben, sodass man sich auch etwas vorstellen kann?
BF: Wenn z.B. jemand etwas zum Mistplatz bringen wollte und Hilfe benötigt hat, habe ich beim Tragen mitgeholfen.
R: Und was war mit den Reinigungsarbeiten?
BF: In den Häusern z.B. habe ich Fenster gereinigt.
R: In welchen Häusern?
BF: In den Wohnungen der Leute z.B. oder in Häusern.
R: In Häuser, die Stiegenhäuser?
BF: Keine Stiegenhäuser, sondern private Häuser.
R: Waren Sie in dieser Zeit sozialversicherungsrechtlich angemeldet, oder haben Sie selbst eingezahlt, oder hat jemand für Sie eingezahlt?
BF: So viel Geld habe ich nicht verdient, ich habe zwischen 100 und 120 Euro im Monat verdient.
R: Sind Sie da für jede Arbeit, die man Ihnen angeboten hat, zur Verfügung gestanden?
BF: Ja, ich hätte jede Arbeit angenommen.
R: Wie bestreiten Sie in Österreich Ihren Lebensunterhalt? Wovon leben Sie?
BF: Ich bekomme 200 Euro vom Staat. Ein bisschen Geld verdiene ich bei der Arbeit, damit finanziere ich meine Zigaretten.
R: Wie oft bekommen Sie diese 200 Euro, und was müssen Sie damit finanzieren?
BF: Ich bekomme wöchentlich 42 Euro. Das ist mein Essensgeld. Davor war ich in XXXX , da habe ich alle zwei Wochen 72 Euro bekommen.
R: Wer bezahlt die Unterkunft, Betriebskosten, Strom, etc.?
BF: Es ist ein Heim von der XXXX . Die XXXX übernimmt die Kosten zur Gänze.
Frage auf Deutsch: R: Sie haben mir bei der letzten Verhandlung am XXXX gesagt, dass Sie sich vorbereiten für die Sprachprüfung B1. Wie bzw. haben Sie sich für die Sprachprüfung vorbereitet?
BF auf Deutsch: Nein, ich habe mich nicht vorbereitet.
Frage auf Deutsch: R: Nachdem Sie mir bzw. Ihr Vertreterin es mir vor ca. 1,5 Jahren gesagt haben, welche Gründe sind dagegen gestanden, dass Sie sich für die B1-Prüfung vorbereiten konnten?
BF auf Deutsch: B1-Prüfung kann ich sprechen. Ich habe sie nicht verstanden.
R: Beim letzten Mal, am XXXX haben Sie bzw. Ihre Vertreterin mir gesagt, dass Sie sich für die B1-Prüfung vorbereiten. Jetzt sagen Sie, sie haben sich nicht für die B1-Prüfung vorbereite. Hat es Gründe gegeben, warum Sie sich nicht für die B1-Prüfung vorbereitet haben?
BF: Ich verstehe die Frage nicht.
R wiederholt die Frage.
BF: Ich konnte zu dieser Prüfung nicht antreten, weil ich schriftlich nicht gut genug dafür bin.
R: Sie sagten mir damals schon, dass Sie sich für die Sprachprüfung B1 vorbereiten. Was waren die Hinderungsgründe, bzw. was ist dagegengestanden, dass Sie sich für die B1-Prüfung vorbereiten?
BF: Ich habe mich bemüht und habe das Schreiben geübt, aber es ist mir nicht gelungen, das Schreiben so gut zu lernen, um die Prüfung abzulegen. Der Grund, warum ich nicht antreten konnte, ist nur, weil ich schriftlich nicht gut genug bin.
Frage auf Deutsch: R: Wie haben Sie denn geübt, dass Sie schriftlich in Deutsch besser werden?
BF auf Deutsch: Zuhause ich schreiben.
Frage auf Deutsch: R: Was haben Sie gemacht, damit sie besser werden?
BF auf Deutsch: Wegen A2 habe ich es gemacht, ich kann nicht gut schreiben.
Fragewiederholung auf Pashto.
BF: Ich habe aus dem Buch Vokabeln niedergeschrieben und ich habe gelesen.
R: Was haben Sie in diesen fast 1,5 Jahren gelesen?
BF: Ich habe manchmal Zeitungen gelesen und manchmal diese Vokabeln, die ich aus dem Buch geschrieben habe, durchgelesen.
Frage auf Deutsch: R: Welche Zeitungen/Zeitschriften haben Sie gelesen?
BF auf Deutsch: Österreich.
Frage auf Deutsch: R: Haben Sie außer der Zeitung Österreich noch was anderes gelesen?
BF auf Deutsch: Andere habe ich nicht.
Frage auf Deutsch: R: Gibt es in Ihrem Heim eine Bibliothek?
BF auf Deutsch: Das Wort ich habe nicht verstanden. Das Wort Bibliothek kenne ich nicht.
Fragewiederholung auf Pashto.
BF: Nein, haben wir nicht.
Frage auf Deutsch: R: Gibt es in diesem Heim die Möglichkeit, dass man sich irgendwo Bücher ausleiht? Gibt es einen Platz, wo man sich Bücher oder Zeitschriften ausleihen kann?
BF: Ich lebe mit Afghanen in einer Wohnung. XXXX hat gegeben. Wir wohnen dort zu viert.
Frage auf Deutsch: R: Haben Sie sich mal überlegt, ein Buch bei der Wiener Stadtbibliothek auszuleihen?
BF auf Deutsch: Nein, war ich nicht dort.
Frage auf Deutsch: R: Haben Sie Freunde in Österreich?
BF auf Deutsch: Nein, ich habe keine Freunde in Österreich.
Fragewiederholung auf Pashto.
BF: Ich habe nur diese drei oder vier Freunde, mit denen ich in der Wohnung, zusammenwohne. Ich habe sonst keine Freunde. Ich gehe auch nicht viel hinaus, außer ich habe etwas zu tun.
Frage auf Deutsch: R: Sind Sie verheiratet, waren Sie verheiratet?
BF auf Deutsch: Nein, ich bin nicht verheiratet.
Frage auf Deutsch: R: Haben Sie Kinder?
BF auf Deutsch: Nein.
Frage auf Deutsch: R: Leben von Ihnen Verwandte in Österreich?
BF auf Deutsch: Ich habe nicht verstanden.
Fragewiederholung auf Pashto.
BF: Nein.
Frage auf Deutsch: R: Wo wohnen Ihre Verwandten, bzw. Ihre Familienangehörigen?
BF auf Deutsch: In Afghanistan.
Frage auf Deutsch: R: Wo in Afghanistan leben sie?
BF auf Deutsch: In Belgien auch. Mein Cousin.
Frage auf Pasto: Wer von Ihren Verwandten bzw. Familienangehörigen leben in Afghanistan?
BF: Meine Eltern, meine Geschwister sowie Onkeln und Tanten leben in Afghanistan.
R: Wo in Afghanistan, leben alle in einem Ort, oder leben sie in verschiedenen Orten?
BF: Meine Familie sowie meine Verwandten haben alle in XXXX gelebt, ich habe aber seit ca. 1,5 Jahren keinen Kontakt mehr zu meiner Familie.
R: Warum haben Sie seit ca. 1,5 Jahren keinen Kontakt mehr zu Ihrer Familie?
BF: In XXXX ist Krieg. Die Taliban sind dort. Ich habe früher einen Freund angerufen. Er hat sein Telefon meiner Familie gebracht und ich konnte so mit meiner Familie sprechen. Wenn ich diesen Freund anrufe, sagt er mir, dass die Familie nicht mehr da ist.
R: Haben Sie irgendwelche Anstrengungen unternommen, um mit der Familie Kontakt aufzunehmen bzw. Erkundigungen einzubringen, wo sich Ihre Familie befindet?
BF: Ja, ich habe es versucht, und zwar über Freunde. Ich habe sie kontaktiert und nach meiner Familie gefragt, aber sie sagen mir, dass die Lage in XXXX sehr schlecht ist, weil die Taliban die Macht in XXXX übernommen haben. Sie sagen mir, dass sie nicht in der Lage sind, nach meiner Familie zu suchen.
R: Haben Sie diesbezüglich Kontakt mit dem internationalen Roten Kreuz bzw. mit dem internationalen Roten Halbmond aufgenommen? Gibt es eine Suchanfrage?
BF: Ich war noch nicht dort, aber ich wusste nicht, dass es diese Möglichkeit gibt, beim Roten Kreuz anzufragen, ob meine Familie in Afghanistan gefunden werden kann.
R: Wo lebt Ihr Freund, mit dem Sie Kontakt haben?
BF: Er ist eigentlich in XXXX , aber manchmal auch in Mazar-e Sharif oder in Kunduz.
R: Was arbeitet der?
BF: Er hat im Dorf als Bauer gearbeitet.
R: Wie hat Ihre Familie den Lebensunterhalt bestritten?
BF: Von der Landwirtschaft. Wir hatten ein eigenes Grundstück, davon haben wir gelebt.
R: Wo haben sich Ihre Familienangehörigen aufgehalten, als Sie das letzte Mal mit ihnen Kontakt hatten?
BF: In XXXX .
R: Wo in XXXX ?
BF: Im eigenen Haus.
R: Wo ist das Haus?
BF: Im Dorf XXXX .
R: In welchem Distrikt liegt das Dorf XXXX ?
BF: XXXX . Das war die frühere Provinzhauptstadt, inzwischen ist XXXX die Provinzhauptstadt.
R: Wann hatten Sie das letzte Mal mit Ihren Familienangehörigen Kontakt?
BF: Vor ca. 1,5 Jahren.
R: Wann genau? Der letzte Kontakt ist ja sehr pregsam.
BF: Ich kann leider nicht angeben, in welchem Monat es war.
R: War es im Frühling, im Sommer, im Herbst, oder im Winter? Welche Jahreszeit war es? Welches Monat?
BF: Es war kalt.
R: Auch im Sommer kann es kalt sein.
BF: Es war Winter.
R: Welchen Jahres?
BF: 2020.
Frage auf Deutsch: R: Sind Sie Mitglied in einem Verein, Organisation, in einem Club oder dergleichen?
BF: Wenn Sie mich auf Deutsch fragen, verstehe ich Sie nicht.
Frage auf Deutsch: R: Sind Sie Mitglied in einem Verein, Organisation, in einem Club oder dergleichen?
BF: Ich habe es nicht verstanden.
Fragewiederholung auf Pashto.
BF: Ja, ich bin Mitglied eines afghanischen Kulturvereins, eine Bestätigung darüber habe ich bereits vorgelegt.
R: Nehmen Sie in diesem Verein eine besondere Stellung ein? Haben Sie in dem Verein eine besondere Aufgabe?
BF: Nein, ich bin aber zum Unterricht dorthin gegangen. Wir wurden darüber unterrichtet, wie wir in Österreich leben sollen.
R: Was heißt, Sie wurden unterrichtet, wie Sie in Österreich leben sollen? Können Sie es näher erklären?
BF: Uns wurde das Gesetz in Österreich erklärt, wie z.B., dass alle Menschen hier gleichberechtigt sind, dass es hier Religionsfreiheit gibt, dass man in der Erziehung der Kinder, die Kinder nicht schlagen darf und dass man keine Gewalt gegen Frauen ausüben darf.
R: Sind Sie in diesem Verein darüber hinaus in irgendeiner Art und Weise aktiv?
BF: Ich habe auch an kulturellen Veranstaltungen des Vereins teilgenommen, z.B. wurden diese in der Schlachthausgasse veranstaltet, es wurden Gedichte vorgetragen und es gab Essen und Trinken.
R: Welche Gedichte wurden da vorgetragen?
BF: Literarische Gedichte und Gedichte, die mit der traditionellen afghanischen Musik gespielt wurden.
R: Können Sie sich erinnern, was der Inhalt war, als Sie das letzte Mal mit Ihren Familienangehörigen gesprochen haben?
BF: Ja. Mein letztes Telefonat war mit meiner Mutter. Sie hat mir von den Problemen erzählt. Sie sagte, dass dort Krieg wäre und die Siche