TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/10 96/04/0140

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Veröffentlicht am 10.12.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §13 Abs1;
AVG §66 Abs4;
GewO 1994 §353;
GewO 1994 §356 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §81 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde

1) des P und 2) der CN, beide in L, beide vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 30. April 1996, Zl. 312.851/2-III/A/2a/96, betreffend Verfahren gemäß § 81 GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: X-Ges.m.b.H. in I), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 30. April 1996 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz die Genehmigung der Änderung ihrer dem Tankstellenbetrieb gewidmeten Betriebsanlage an einem näher bezeichneten Standort unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen erteilt. Gleichzeitig wurden die von ihr im Zuge der Berufungsverhandlung vom 13. Juli 1995 beantragten Modifizierungen des Projektes zurückgewiesen. Zur Begründung des abweisenden Teiles dieser Entscheidung führte der Bundesminister aus, die mitbeteiligte Partei habe in zweiter Instanz mehrere Projektsänderungsanträge eingebracht. Von diesen sei ein (näher bezeichneter) Teil als bloße Modifizierungen des vom ursprünglichen Genehmigungsantrag erfaßten Vorhabens anzusehen. Diese hätten mit einer entsprechenden Modifizierung in der Betriebsbeschreibung von der Gewerbebehörde zweiter Instanz genehmigt werden können. Bei den darüber hinaus in zweiter Instanz beantragten Projektsänderungen handle es sich nicht um bloße Modifizierungen des vom ursprünglichen Genehmigungsantrag erfaßten Vorhabens, sondern um eine dieses Vorhaben in seinem Wesen erfassende und somit im Verfahren unzulässige Projektsänderung. Aus diesem Grund seien diese Änderungen zurückzuweisen gewesen und es stehe der mitbeteiligten Partei frei, einen entsprechenden Antrag zur Genehmigung bei der Behörde erster Instanz zu stellen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer in dem Recht als Nachbarn verletzt, daß nicht eine Tankstellenerweiterung ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bewilligt werde. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes tragen sie unter dem Gesichtspunkt einer Unzuständigkeit der belangten Behörde vor, die belangte Behörde habe zu Unrecht einen Teil der Abänderungsanträge der mitbeteiligten Partei als bloße zulässige Modifikationen gewertet. Es handle sich vielmehr auch in diesem Umfang um eine unzulässige Projektsänderung während des Berufungsverfahrens, über die von der Behörde erster Instanz hätte entschieden werden müssen. Da aber die belangte Behörde selbst entschieden habe, anstelle auch diese Änderungen zurückzuweisen, habe sie als unzuständige Behörde entschieden. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften machen die Beschwerdeführer geltend, in den Verwaltungsakten liege ein verkehrstechnisches Sachverständigengutachten vom 21. Februar 1992, welches ihnen niemals zur Kenntnis gebracht worden sei. Wäre es ihnen zur Kenntnis gebracht worden, hätten sie profunde Einwendungen machen und eine Stellungnahme zu diesem Gutachten abgeben können. Als inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides rügen sie, daß das technische Sachverständigengutachten (aus näher dargestellten Gründen) "lückenhaft ermittelt" worden sei. Das medizinische Sachverständigengutachten wiederum sei (aus ebenfalls näher dargestellten Gründen) in sich widersprüchlich, unschlüssig und widerspreche den Denkgesetzen.

Bei der Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage handelt es sich, wie aus den §§ 353 und 356 Abs. 1 GewO 1994 hervorgeht, um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt. Ein solcher steht mit dem Gesetz nur dann im Einklang, wenn sich die erteilte Genehmigung im Rahmen des beantragten Pojektes bewegt. Der Behörde ist es verwehrt, mehr oder etwas anderes zu bewilligen, als vom Genehmigungswerber beantragt wurde (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1985, Zl. 84/04/0202).

Im vorliegenden Fall änderte die mitbeteiligte Partei ihren Antrag im Zuge des Berufungsverfahrens in mehrfacher und, wie die belangte Behörde meint, teilweise auch in einer das ursprüngliche Projekt ändernden Weise ab. Der belangten Behörde ist darin zuzustimmen, daß eine Änderung des Projektes im Zuge des Berufungsverfahrens nicht mehr zulässig ist, weil - abgesehen von Erwägungen des Nachbarschutzes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 1996, Zl. 95/04/0213) - damit der Berufungsbehörde nicht mehr dieselbe "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG vorliegt, sodaß ihr eine Entscheidung darüber verwehrt ist. Die belangte Behörde irrt aber, wenn sie meint, einer solchen, das Wesen des Projektes berührenden Änderung sei durch Abweisung des Änderungsantrages und Erledigung des ursprünglichen Genehmigungsantrages zu begegnen. Denn eine solche Projektsänderung ist inhaltlich als eine Zurückziehung des ursprünglichen Antrages zu verstehen, an dessen Stelle das geänderte Projekt tritt, sodaß mit Rücksicht auf die oben dargestellte Bindung der Behörde an den Genehmigungsantrag nunmehr allein über diesen Antrag zu entscheiden ist. Da die belangte Behörde in Verkennung dieser Rechtslage bloß die eine Änderung des ursprünglichen Genehmigungsantrages betreffenden Anträge der mitbeteiligten Partei zurückwies, gleichzeitig aber über den ursprünglichen Genehmigungsantrag eine meritorische Erledigung erließ, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996040140.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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