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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §8;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):96/04/0197 B 25. Februar 1997 96/04/0064 B 10. Dezember 1996Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, in der Beschwerdesache der Marktgemeinde R, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 1. Februar 1996, Zl. 63.220/133-VII/A/4/95, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens i.A. Änderung einer Bergbauanlage (mitbeteiligte Partei: V-AG in R, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in K), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 1. Februar 1996 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme des Verfahrens, das durch den Bescheid der Berghauptmannschaft Klagenfurt vom 2. September 1994, womit der mitbeteiligten Partei "gemäß § 146 des Berggesetzes 1975 i.d.F. der Berggesetznovelle 1990 die Bewilligung zur Errichtung und zum Probebetrieb von wesentlichen Änderungen in den Rotieröfen 1 und 3 des Werkes R unter teilweiser Substituierung des Energieträgers Erdgas durch Klärschlamm und PVC-freie Kunststoffabfälle auf GSt.Nr. n1 der KG R erteilt wurde", abgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es einleitend, daß die mitbeteiligte Partei mit Schreiben vom 8. März 1994 bei der Berghauptmannschaft Klagenfurt um die Erteilung einer Bewilligung zur Herstellung von Änderungen in den Rotieröfen 1 und 3 im Werk R angesucht habe. Über dieses Ansuchen habe die Berghauptmannschaft für den "16. Mai 1995" (gemeint offenbar: 16. Mai 1994) eine mündliche Verhandlung in Verbindung mit einem Ortsaugenschein anberaumt und hievon u.a. auch die Beschwerdeführerin verständigt. Bei der mündlichen Verhandlung sei die Beschwerdeführerin durch die Bürgermeisterin vertreten gewesen, die - wie der hierüber aufgenommenen Verhandlungsschrift zu entnehmen sei - vorgebracht habe, daß bei Einhaltung aller umweltrelevanten Auflagen und Vorschriften von seiten der Marktgemeinde R keinerlei Einwand gegen die geplante Maßnahme bestehe. Die Vertreterin der Beschwerdeführerin habe sich laut Verhandlungsschrift vor Ende der Verhandlung mit Zustimmung des Verhandlungsleiters entfernt.
Weiters heißt es in der Begründung u.a., die Beschwerdeführerin habe in ihrem Antrag auf Wiederaufnahme vom 25. Oktober 1994 vorgebracht, daß ihr der Inhalt von bestimmten Gutachten nicht bekannt gewesen sei. Diese Gutachten der technischen Sachverständigen seien jedoch im abgeschlossenen Verfahren verwendet worden und lägen dem Bescheid vom 2. September 1994 zugrunde. Somit seien keine neuen Tatsachen oder Beweismittel im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG vorgebracht worden, sondern werde eine neue Würdigung bereits aufgenommener Beweise verlangt, was keinen Wiederaufnahmsgrund darstelle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift.
Die Beschwerde ist nicht zulässig.
Die Absätze 6 und 7 des § 146 Berggesetz 1975 i.d.F. der Berggesetznovelle 1990, BGBl. Nr. 259, haben folgenden Wortlaut:
"(6) Parteien in den Bewilligungsverfahren sind der Bewilligungswerber, die Eigentümer der Grundstücke, auf deren Oberfläche oder in deren oberflächennahem Bereich die Bergbauanlage errichtet oder betrieben wird, die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke und ferner alle dinglich berechtigten und sonstigen sich nicht nur vorübergehend in der Nähe der Bergbauanlage aufhaltenden Personen, wenn ihr Leben oder ihre Gesundheit oder ihre dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen gefährdet oder sie unzumutbar belästigt werden und sie spätestens bei der mündlichen Verhandlung nach Abs. 2 Einwendungen gegen die Bergbauanlage aus diesen Gründen erheben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an. Weisen solche Personen nach, daß sie ohne ihr Verschulden daran gehindert waren, die Parteistellung zu erlangen, so dürfen sie ihre Einwendungen auch nach Abschluß der mündlichen Verhandlung bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit vorbringen. Solche Einwendungen sind binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses für die Erhebung bei jener Berghauptmannschaft einzubringen, welche die mündliche Verhandlung anberaumt hat, und von dieser Berghauptmannschaft oder von der Berufungsbehörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden. Als Parteien sind auch Bergbau- und Gewerbeberechtigte anzusehen, soweit sie durch die Bergbauanlage in der Ausübung der Bergbauberechtigungen oder beim Schüfen nach sonstigen mineralischen Rohstoffen oder bei deren Gewinnung behindert werden können.
(7) Vor Erteilung der Bewilligung sind, soweit hiedurch öffentliche Interessen berührt werden, die zu ihrer Wahrnehmung berufenen Verwaltungsbehörden zu hören. Dies gilt besonders in den Fällen des § 172 Abs. 4 und, soweit es sich um obertägige Bergbauanlagen handelt, für die den Gemeinden zur Vollziehung zukommenden Angelegenheiten der örtlichen Gesundheitspolizei, vor allem aus dem Gesichtspunkt des Umweltschutzes, und der örtlichen Raumplanung. ..."
Nach der hier in Betracht kommenden Regelung des § 146 Berggesetz 1975 in der Fassung der Berggesetznovelle 1990 ist somit nur jener - als Eigentümer eines angrenzenden Grundstückes - Beteiligter "Partei", der rechtzeitig (rechtserhebliche) Einwendungen gegen die Bergbauanlage erhebt.
Dabei sei in diesem Zusammenhang angemerkt, daß das Erfordernis der Erhebung von (rechtserheblichen) Einwendungen zur ERLANGUNG der Parteistellung nicht bloß die unter "ferner alle dinglich berechtigten und sonstigen ..." zusammengefaßte Personengruppe trifft, sondern auch die anderen Gruppen von "Nachbarn" wie insbesondere - für den Beschwerdefall von Bedeutung - die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke. Für dieses Auslegungsergebnis spricht zunächst, daß der Gesetzgeber mit der Berggesetznovelle 1990 "eine Harmonisierung der berggesetzlichen anlagenbezogenen Bestimmungen mit dem nunmehr geltenden Betriebsanlagenrecht in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988 unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bergbaus" (vgl. den Bericht des Handelsausschusses, 1344 BlgNR 17. GP, 1) angestrebt hat. Dafür spricht aber weiters der logisch-systematische Auslegungsbefund, daß (nur und erst) im Halbsatz "wenn ihr Leben oder ... gefährdet oder sie unzumutbar belästigt werden" die den "Nachbarn" eingeräumten materiellen (durchsetzbaren subjektiv-öffentlichen) Rechte umschrieben sind.
Daß derartige Einwendungen (spätestens) bei der mündlichen Verhandlung vom 16. Mai 1994 erhoben worden wären, wird von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. In der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde - im Einklang mit der Aktenlage - heißt es vielmehr, die Vertreterin der Beschwerdeführerin habe am 16. Mai 1994 an der mündlichen Verhandlung teilgenommen, sich jedoch nach der einleitenden Besprechung und vor Abfassung der Niederschrift und Abgabe von Befund und Gutachten von dieser entfernt. Zuvor habe die Vertreterin der Beschwerdeführerin allerdings die Stellungnahme abgegeben, daß bei Einhaltung aller umweltrelevanten Auflagen und Vorschriften von seiten der Beschwerdeführerin gegen die geplante Maßnahme keinerlei Einwand erhoben werde.
Auch auf dem Boden des Beschwerdevorbringens hat somit die Beschwerdeführerin in dem durch den Bescheid der Berghauptmannschaft Klagenfurt vom 2. September 1994 abgeschlossenen Verfahren keine Parteistellung erlangt. Es liegt auch keinerlei Anhaltspunkt dafür vor, daß eine Parteistellung im Grunde des § 146 Abs. 6 zweiter Satz leg. cit. - innerhalb der dort genannten Frist - erlangt worden wäre. In der Beschwerde heißt es vielmehr, daß der Beschwerdeführerin erst nach Ablauf der Berufungsfrist über entsprechendes Ersuchen von der Berghauptmannschaft Klagenfurt das Gutachten des Amtes der Kärntner Landesregierung, Unterabteilung Luftreinhaltung, und die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16. Mai 1994 zugestellt worden seien. Erst daraufhin habe die Beschwerdeführerin feststellen müssen, daß die beigezogenen Sachverständigen u.a. zum Ergebnis gekommen seien, daß die Anlage neue zusätzliche Schadstoffe im Vergleich zur alleinigen Befeuerung mit Erdgas freisetzen würde.
Der beschwerdeführenden Gemeinde als Gebietskörperschaft kommt eine Parteistellung aber auch nicht im Grunde des § 146 Abs. 7 leg. cit. zu. Nach dieser Bestimmung ist die Gemeinde lediglich zum Schutz der dort genannten öffentlichen Interessen im Rahmen ihres Wirkungsbereiches zu hören. Aus dieser Bestimmung kann keineswegs abgeleitet werden, daß der Gemeinde Parteistellung zusteht, die Bestimmung schließt eine solche Annahme sogar aus (vgl. sinngemäß das zur rechtsähnlichen Regelung des § 355 GewO 1973 - nunmehr GewO 1994 - ergangene hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1989, Zl. 88/04/0152).
§ 69 Abs. 1 AVG, dem zufolge dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens unter bestimmten Voraussetzungen stattzugeben ist, schließt Wiederaufnahmeanträge von Nichtparteien aus; der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens kann vielmehr nur von demjenigen gestellt werden, der im vorangegangenen Verfahren Partei war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. Juni 1960, Slg. N.F. Nr. 5312/A).
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde - nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges - wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde (nur) erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Für die Beschwerdeberechtigung kommt es lediglich darauf an, ob der Beschwerdeführer nach der Lage des Falles in einem Recht verletzt sein konnte und nicht darauf, ob ihm in dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren die Stellung einer Partei eingeräumt wurde (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 4. Juli 1968, Slg. N.F. Nr. 7387/A).
Da nach dem oben Gesagten die Beschwerdeführerin im wiederaufzunehmenden Verfahren keine Parteistellung (als Grundeigentümerin) erlangt hatte bzw. ihr als Gemeinde (im Grunde des § 146 Abs. 7 leg. cit.) keine Parteistellung eingeräumt war, kam ihr eine Antragslegitimation auf Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zu, weshalb sie durch den angefochtenen Bescheid auch nicht in diesbezüglichen Rechten verletzt sein konnte.
Die Beschwerde war daher zufolge des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Eingehen auf den Inhalt des Beschwerdevorbringens gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich - hinsichtlich der mitbeteiligten Partei im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
BergrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996040065.X00Im RIS seit
19.03.2001Zuletzt aktualisiert am
19.08.2009