TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/11 W163 2206881-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.10.2021
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Entscheidungsdatum

11.10.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch


W163 2206881-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Daniel Leitner als Einzelrichter über die Beschwerde der Frau XXXX , geboren am XXXX alias XXXX , StA. Nepal, vertreten durch die BBU GmbH in 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2018, Zahl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005 idgF., § 9 BFA-Verfahrensgesetz idgF. und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz idgF. als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

I.1. Verfahrensgang

a)       Erster Antrag auf internationalen Schutz

1.       Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) reiste unrechtmäßig und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 10.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF.

2.       Am selben Tag fand die Erstbefragung der BF vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt.

3.       Am 04.05.2016 wurde die BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.

4.       Mit Bescheid des BFA vom 14.06.2016, Zahl XXXX wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz vom 10.01.2016 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass für die Prüfung des Antrags gemäß Art 22 Abs. 7 iVm 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 Kroatien zuständig sei (Spruchpunkt I.). Es wurde gemäß § 61 Abs. 1 FPG gegen die BF die Außerlandesbringung angeordnet und die Abschiebung nach Kroatien gemäß § 61 Abs. 2 FPG für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.).

5.       Gegen diesen rechtswirksam zugestellten Bescheid erhob die BF fristgerecht am 04.07.2016 vollinhaltlich Beschwerde.

6.       Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (im Folgenden: BVwG) vom 14.07.2016 wurde die Beschwerde der BF vom 04.07.2016 gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

7.       Mit Schreiben vom 05.10.2016 suchte die BF, da die sechsmonatige Überstellungsfrist im Dublin-Verfahren abgelaufen sei, um Zulassung zum Asylverfahren in Österreich an und stellte am 07.10.2016 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

b)              Zweiter Antrag auf internationalen Schutz und gegenständliches Verfahren

1.       Am 07.10.2016 fand eine Erstbefragung der BF vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt.

2.       Am 13.06.2017 wurde die BF vor dem BFA niederschriftlich einvernommen.

3.       Die BF brachte am 01.08.2017 eine Stellungnahme ein.

4.       Mit Schriftsatz vom 05.06.2018 legte die BF Unterlagen hinsichtlich ihrer Integrationsbemühungen vor.

5.       Mit im Spruch angeführten Bescheid des BFA vom 21.08.2018 wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nepal (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Der BF wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG nach Nepal zulässig sei (Spruchpunkt V.). Nach § 55 Abs 1 bis 3 FPG wurde als Frist für ihre freiwillige Ausreise vierzehn Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).

6.       Gegen diesen am 24.08.2018 rechtswirksam zugestellten Bescheid erhob die BF fristgerecht am 20.09.2018 vollinhaltlich Beschwerde.

7.       Das BFA legte die Beschwerde sowie die bezughabenden Verwaltungsakten dem BVwG am 03.10.2018 vor.

8.       Mit Schriftsatz vom 26.08.2021 legte die BF Unterlagen hinsichtlich ihrer Integrationsbemühungen vor.

9.       Am 01.09.2021 fand vor dem BVwG eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit der BF und ihrer rechtsfreundlichen Vertretung statt. Ein Behördenvertreter nahm an der Verhandlung nicht teil. Die BF legte in der Verhandlung weitere Unterlagen hinsichtlich ihrer Integrationsbemühungen vor.

10.      Mit Schreiben vom 06.09.2021 bezog die BF zur mündlichen Verhandlung vom 01.09.2021 Stellung und legte Fotos von ihr und ihrem Freund vor.

I.2. Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (Sachverhalt)

Das BVwG geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgebenden Sachverhalt aus:

a) Zur Person der beschwerdeführenden Partei

1. Zur Person der Beschwerdeführerin

Die BF führt den Namen XXXX und ist am XXXX alias XXXX im Dorf XXXX , XXXX , Distrikt Nuwakot (Nepal) geboren. Sie ist nepalesische Staatsangehörige, gehört der Volksgruppe der XXXX an und bekennt sich zur Religionsgemeinschaft der Buddhisten.

Sie spricht Nepali, ein wenig Hindi und Deutsch.

Die BF war in Nepal mit einem Mann namens XXXX verheiratet, von dem sie sich 2011 scheiden ließ. Sie verließ ihr Heimatdorf um Arbeit zu finden, lernte etwa 2014 in der Stadt XXXX Herrn XXXX , der der Kaste der XXXX angehört, kennen und heiratete ihn in einem Tempel nach traditionellem Ritus, wobei dies keiner vor den nepalesischen Behörden anerkannten Eheschließung gleichzusetzen war. Die Ehe ist daher auch in Österreich nicht rechtsgültig. Die BF wohnte mit ihrem Mann im Herkunftsstaat ca. ein Jahr im Distrikt Chitwan und reiste, nachdem deren Haus vom Erdbeben im April 2015 zerstört wurde, gemeinsam mit diesem nach Österreich. Mittlerweile leben die beiden in Trennung.

Im Herkunftsstaat leben noch der Vater, Bruder sowie drei Tanten der BF, wobei nicht festgestellt werden konnte, ob sie zu diesen noch Kontakt hat. Ihre Mutter ist bereits verstorben. Ob sie eine zehnjährige Tochter hat, die im Herkunftsstaat lebt, konnte nicht festgestellt werden.

Die BF besuchte in Nepal sieben Jahre die Grundschule und war bis zu ihrer Ausreise in der Landwirtschaft tätig.

Die BF ist gesund und arbeitsfähig.

Die BF verließ 2015 gemeinsam mit Herrn XXXX ihren Herkunftsstaat und begab sich auf den Weg nach Europa, wo sie etwa im Jänner 2016 unrechtmäßig und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet einreiste, am 10.01.2016 den ersten und am 07.10.2016 den verfahrensgegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz stellte.

2. Zur Rückkehrmöglichkeit nach Nepal

Festgestellt wird, dass die BF in ihrem Herkunftsstaat weder vorbestraft ist noch jemals inhaftiert wurde und auch mit den Behörden des Herkunftsstaates weder auf Grund ihres Religionsbekenntnisses, ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder aus politischen Gründen noch sonst irgendwelche Probleme hatte.

Die BF ist in Nepal keiner konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt. Gründe, die eine Verfolgung oder sonstige Gefährdung der BF im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Nepal aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen, wurden von der BF nicht glaubhaft gemacht.

Ihr Vorbringen zu den Gründen für ihre Ausreise aus Nepal ist nicht glaubhaft. Die BF konnte nicht glaubwürdig darstellen, sie sei aufgrund der Eheschließung mit einem Mann, der aus einer anderen Kaste als sie stamme, einer Verfolgung durch ihre Familie ausgesetzt gewesen.

Es kann zudem nicht festgestellt werden, dass die BF im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nepal in ihrem Recht auf Leben gefährdet wird, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wird oder eine Rückkehr für die BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

Festgestellt wird, dass die aktuell vorherrschende – Nepal, mit Stand 05.10.2021, von 797 000 Erkrankungen und 11 164 Todesfällen – COVID-19-Pandemie kein Rückkehrhindernis darstellt. Die BF ist grundsätzlich gesund und gehört mit Blick auf ihr Alter und das Fehlen physischer (chronischer) Vorerkrankungen keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 an. Es besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die BF bei einer Rückkehr nach Nepal, sollte sie überhaupt an COVID-19 erkranken, eine Infektion mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus erleiden würde.

3. Zur Situation der Beschwerdeführerin in Österreich

Die BF befindet sich seit ihrer unrechtmäßigen Einreise im Jänner 2016 durchgehend in Österreich.

Sie besuchte zwar zwei Deutschkurse und spricht bereits ein wenig Deutsch, sodass sie sich im Alltag in einfachem Deutsch verständigen kann, absolvierte jedoch bisher keine Deutsch- oder Integrationsprüfungen. Sie ist Mitglied mehrerer in Österreich situierter nepalesischer Vereine, nämlich der „ XXXX , der „ XXXX sowie der „ XXXX . Aus den von ihr diesbezüglich vorgelegten Bestätigungen geht hervor, dass sie stets hilfsbereit sei und eine aktive Rolle in der Gestaltung der Vereine spiele. Die BF betreibt in Österreich Sport und konnte zahlreiche Empfehlungsschreiben vorlegen.

Die BF absolvierte in Österreich bisher keine Ausbildungen, war nicht erwerbstätig und bezieht derzeit keine Leistungen aus Grundversorgung, weshalb nicht ersichtlich ist, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreitet. Sie ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

In Österreich lebt die BF seit etwa eineinhalb Jahren in einer Lebensgemeinschaft mit einem österreichischen Staatsbürger, eine gemeinsame Meldeadresse liegt nicht vor.

b) Zur Lage im Herkunftsstaat

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Nepal, Gesamtaktualisierung am 10.02.2021:

Länderspezifische Anmerkungen

Politische Lage

Nach der neuen Verfassung von 2015 ist Nepal in sieben?Bundesstaaten gegliedert, die wiederum in insgesamt 75 Distrikte aufgeteilt sind (GIZ 1.2021). Die Hauptlandessprache ist Nepalesisch (CIA 5.2.2021). Regierungsform ist eine parlamentarische Mehrparteien-Demokratie (USDOS 11.3.2020; vgl. AA 24.9.2020a), die nach dem zehnjährigen Bürgerkrieg (1996–2006) entstand (GIZ 1.2021). Staatsoberhaupt ist seit 28.10.2015 die Präsidentin Bidya Devi Bhandari (AA 24.9.2020a).

Nepal war 240 Jahre lang eine hinduistische Monarchie (GIZ 1.2021). Die heutige Verfassung Nepals sowie die innenpolitische Agenda sind Ergebnis des konfliktreichen Übergangs zur Republik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 1991 sah sich die monarchische Regierung auf Druck der politischen Parteien gezwungen, eine Reform der Verfassung in Angriff zu nehmen und ein Mehrparteienparlament zu etablieren (GIZ 1.2021). Zwischen 1996 und 2006 gab es einen Bürgerkrieg, der von maoistischen Rebellen gegen die Sicherheitskräfte des Landes geführt wurde (CIA 5.2.2021). Er forderte im Verlauf von zehn Jahren rund 13.500 Todesopfer (LMD 9.3.2012). Mehr als 1.300 Menschen gelten noch immer als vermisst (IKRK 31.8.2018). Die Anfang April 2008 gewählte erste verfassungsgebende Versammlung erklärte in ihrer konstituierenden Sitzung Nepal zur Demokratischen Bundesrepublik, setzte den König ab und wählte den ersten Präsidenten des Landes (CIA 5.2.2021). Die zweite verfassungsgebende Versammlung wurde in allgemeinen Wahlen am 19. November 2013 gewählt (GIZ 1.2021). Instabile Koalitionsregierungen kamen und gingen und elf Premiers lösten einander seit dem Ende des Bürgerkrieges bis 2018 ab. Das verheerende Erdbeben von 2015 destabilisierte das Land, das ärmer ist als die in der Region liegenden Staaten Bhutan, Pakistan und Bangladesch, zusätzlich (DW 4.4.2018).

In den im November und Dezember 2017 abgehaltenen Parlaments- und Provinzwahlen erhielten die Vereinte Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei (CPN-UML) und ihr Bündnispartner, die Kommunistisch-Maoistische Zentrumspartei (CPN-MC), 121 bzw. 53 Sitze im Unterhaus, welches über 275 Sitze verfügt. Bei der bislang stärksten Partei Nepali Congress (NC) verfehlten dagegen viele Politiker den Wiedereinzug ins Parlament. In der südlichen Provinz Nr. 2 erhielten zwei Parteien, welche die Minderheit der Madhesi vertreten, eine parlamentarische Mehrheit. Das linke Bündnis der Kommunisten verstärkte seine Position noch, indem es eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat erhielt. Nach dem überwältigenden Wahlsieg des linken Bündnisses hat der Führer der CPN-UML Khadga Prasad Sharma Oli das Amt des Premierministers Nepals als Nachfolger von Sher Bahadur Deuba angetreten (GIZ 1.2021; vgl. DS 14.2.2018).

Auf nationaler Ebene wird Nepal ein Bestehen von demokratischen Institutionen attestiert. Obwohl die Legitimität der allgemeinen Souveränität des Staates und die territorialen Ansprüche innerhalb seiner internationalen Grenzen prinzipiell unbestritten sind, steht die Beschaffenheit der internen Machtstrukturen des Staates - sowohl geografisch als auch politisch - zur Diskussion. Dies wurde durch die enge Beziehung zwischen Nepals ziviler Regierung und seinen Streitkräften verkompliziert, die sich mit der maoistischen politischen Partei (CPN-M und jetzt NCP) an der Macht und mit der Integration einer beträchtlichen Anzahl ehemaliger maoistischer Kämpfer in die nepalesische Armee (NA) von 2012 bis 2014 noch verstärkt hat (BS 29.4.2020). Geleitet wird die NCP vom langjährigen Führungspersonal der beiden Vorgängerparteien, das bestrebt ist, den eigenen Einfluss nicht zu verlieren (BS 18.1.2021).

Der seit 2006 andauernde, langsame und fragile Friedensprozess hat dazu beigetragen, dass das Gewaltmonopol des Staates in vielen Teilen des Landes gestärkt wurde (BS 29.4.2020). Eine Reihe von kompetitiven Wahlen wurde abgehalten und eine dauerhafte Verfassung verabschiedet (FH 4.3.2020).

Doch wurde Ende Dezember 2020 als Folge eines schwelenden Machtkampfes innerhalb der regierenden NCP durch Premierminister Oli überraschend das Parlament aufgelöst (BS 18.1.2021). Vorgezogene Neuwahlen sollen in zwei Wahlgängen Ende April und im Mai 2021 stattfinden und damit mehr als ein Jahr vor dem regulären Termin (BAMF 11.1.2021).

Gerüchte um eine Spaltung der 2018 geschlossenen Allianz der von Oli geführten CPN-UML und dem CPN-MC unter Pushpa Kamal Dahal haben schon länger bestanden. Als Gründe wurden wiederholt die Unzufriedenheit mit der Arbeit des Premiers in der COVID-Pandemie aufgeführt. Auch seine Annäherung an China, die zu Spannungen mit dem traditionellen nepalesischen Partner Indien geführt haben, werden kritisiert (BS 18.1.2021; vgl. BAMF 11.1.2021).

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage bleibt vor allem in urbanen Zentren wie Kathmandu und Pokhara angespannt (BMEIA 22.1.2021). Nach der erfolgreichen Durchführung der Parlaments- und Lokalwahlen sowie der Arbeitsaufnahme der neuen Amtsträger im Frühling 2018 befindet sich Nepal in einer Konsolidierungsphase. Die politische Lage bleibt fragil. Im ganzen Land, einschließlich Kathmandu, werden sporadisch Anschläge mit kleineren Sprengsätzen verübt. Sie verursachen vereinzelt Todesopfer und Verletzte sowie Sachschaden (EDA 21.12.2020). Es kommt vereinzelt zu kurzfristig ausgerufenen „Bandhs“ [Generalstreiks, welche von kommunalen Akteuren oder politische Parteien ausgerufen werden können]. Diese Protestaktionen können das öffentliche Leben empfindlich stören. Besonders in Terai ist mit Protestaktionen und gewaltsamen, unter Umständen gefährlichen Auseinandersetzungen zu rechnen (AA 12.1.2021).

Kriminelle Organisationen und andere Gruppierungen erpressen in vielen Landesteilen nationale und internationale Organisationen, Geschäftsleute und Einzelpersonen und setzen Forderungen teilweise mit Gewalt durch (AA 12.1.2021).

Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2019 insgesamt 13 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt. Im Jahr 2020 wurde eine Person durch terroristische Gewalt getötet. Im Jahr 2021 wurden bis zum zum 24.1.2021 keine Opfer durch terroristische Gewaltanwendungen registriert [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 24.1.2021).

Während es in der Vergangenheit Anlass zur Besorgnis über Maßnahmen der Indischen Grenzsicherheitskräfte im unmittelbaren Grenzgebiet gegeben hat, haben sich diese vereinzelten Vorfälle in letzter Zeit nicht intensiviert. Jedoch haben die offensiven Tätigkeiten durch chinesische Grenztruppen entlang der nördlichen Grenze zur autonomen tibetischen Region Chinas zugenommen. Berichten zu Folge fanden grenzüberschreitende Aktionen durch chinesische militärische Kräfte statt (BS 29.4.2020).

Nepal und Indien:

Der Nachbar Indien spielt durch die geographische und kulturelle Nähe für Nepal traditionell eine große Rolle. Neu-Delhi unterstützte das Land auf dem Weg zur Mehrparteien-Demokratie und sendete 2015 als erstes große Mengen Hilfsgüter in die Erdbebenregion. Die Hilfe ist dabei nicht ganz selbstlos (DW 4.4.2018). Nepal ist mit seinem „großer Bruder“ sehr eng verbunden (GIZ 1.2021), auch wenn seit 2015 eine stetige Schwächung der Beziehungen zwischen Indien und Nepal stattfindet (GW 2021).

Nepal beansprucht strategisch wichtiges Terrain im Himalaya, das auch von Indien beansprucht wird. In dem betroffenen Gebiet sind seit Jahrzehnten indische Truppen stationiert. Nepal veröffentlichte 2020 eine neue Landkarte, die das beanspruchte Gebier Nepal zuordnet, nachdem Indien begonnen hatte, eine neue Straße durch das umstrittene Gebiet zu bauen. Einen Grenzvertrag, den das Land mit dem damaligen britischen Kolonialreich Indien 1816 geschlossen hatte, interpretieren beide Länder zu ihrem Vorteil. Indien ist auch mit China in Grenzstreitigkeiten verwickelt (DS 18.6.2020)

Nepal und China:

Die Beziehungen zwischen China und Nepal haben sich in den letzten Jahren intensiviert (BS 29.4.2020). Nepal wendet sich zunehmend an China als Partner und verstärkt die Investitions- und Handelsbeziehungen, einschließlich der Einbindung an Chinas „Belt and Road“-Initiative (HRW 13.1.2021).

Ein gemeinsames Projekt zwischen China und Nepal sieht derzeit den Bau einer Eisenbahnlinie vor, die die westliche Region Tibets mit Nepal verbinden soll. Dieses Projekt war eines von mehreren bilateralen Abkommen, die während des Besuchs des nepalesischen Premierministers Khadga Prasad Sharma Oli in Peking im Juni 2018 unterzeichnet wurden (BS 29.4.2020). Darüber hinaus wird kolportiert dass im Oktober 2019 Abkommen über ein „System zum Grenzmanagement“ und einem Abkommen zur „Gegenseitigen juristischen Hilfe bei Kriminalfällen“ zwischen den beiden Staaten ausgehandelt wurden (GSTF 21.2.2020; vgkl. HRW 13.1.2021). Andere Quellen berichten, dass zwischen Nepal und China kein solches Auslieferungsabkommen besteht, aber seit Oktober 2019 eine gemeinsame Erklärung zur Bekämpfung von Kriminalität existent ist (BAMF 13.1.2021; vgl. BW 16.10.2019).

Die geografische Lage Nepals erfordert eine Politik der guten Nachbarschaft und einen entsprechenden Ausgleich der Interessen des Binnenstaates gegenüber den beiden Großmächten (GIZ 21.2021b; vgl. ORF 31.7.2020).

Sicherheitsbehörden

Die Armee (einschließlich Luftgeschwader) wird für die Verteidigung des Landes gegen einen Angriff von außen eingesetzt. Die dem Innenministerium unterstehende der Nepal Police (NP) ist die Durchsetzung von Recht und Ordnung eingesetzt, während die Armed Police Force (APF) für die Terrorismusbekämpfung, die Gewährleistung der Sicherheit während Ausschreitungen und öffentlichen Unruhen, Unterstützungsleistungen bei Naturkatastrophen und für den Schutz wichtiger Infrastruktur zuständig ist. NP und APF verfügen jeweils über eine Menschenrechtsabteilung (HRS), die National Army (NA) über eine Menschenrechtsdirektion (HRD). Die Untersuchungen der NA waren nach Ansicht von Menschenrechts-NGOs nicht vollständig transparent (USDOS 11.3.2020; vgl. CIA 5.2.2021).

Von den Polizeikräften werden schwere Formen von Misshandlungen eingesetzt, um Geständnisse zu erzwingen (USDOS 11.3.2020; vgl. AI 10.2020). Im Zeitraum von Juni 2015 bis September 2020 wurden in den nepalesischen Massenmedien von mindestens 20 Todesfällen in Polizeigewahrsam berichtet (TW 22.6.2020; vgl. TH 14.9.2020). Eine genaue Anzahl der in Polizeigewahrsam verstorbenen Personen ist nicht verfügbar, da vom Department of Prison Management und dem nepalesischen Polizeipräsidium keine Aufzeichnungen über solche Vorfälle geführt werden (TKP 3.7.2020).

Zwar werden Vorwürfe gegen die Sicherheitskräfte untersucht, jedoch werden die Verantwortlichen nicht systematisch zur Verantwortung gezogen (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020). Sicherheitskräften, welchen vorgeworfen wird, in den letzten Jahren exzessive Gewalt angewendet zu haben, sehen sich, ebenso wenig wie die meisten Täter aus der Zeit des Bürgerkrieges [1996-2006], keiner nennenswerten Rechenschaftspflicht ausgesetzt (USDOS 11.3.2020; vgl. AI 10.2020). Es gibt keine Anzeichen einer Abkehr von der Praxis polizeilicher Misshandlungen (USDOS 11.3.2020).

Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung verbietet Folter (USDOS 11.3.2020). Das neue Strafgesetz, welches durch das Parlament im August 2017 verabschiedet wurde, enthält Bestimmungen, welche Folter und andere Misshandlungen unter Strafe stellen und Verstöße dagegen, mit einer Höchststrafe von fünf Jahren ahnden (AI 10.2020; vgl. USDOS 11.3.2020). Ein eigenständiges Anti-Folter-Gesetz, welches im Parlament seit 2014 anhängig bleibt, entspricht bei weitem nicht den völkerrechtlichen Anforderungen (AI 10.2020).

Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten und Rechtsexperten nutzt die Polizei dennoch schwerste Formen des Missbrauchs sowie Misshandlungen, um Geständnisse zu erzwingen (USDOS 11.3.2020; vgl. AI 10.2020, DFAT 1.3.2019).

Die lokale Menschenrechts-NGO Advocacy-Forum (AF) berichtet, dass tendenziell keine Anzeichen für größere Veränderungen des polizeilichen Missbrauchs im ganzen Land bestehen, weist aber darauf hin, dass die Polizei zunehmend der Forderung der Gerichte nach einer medizinischen Voruntersuchung der Häftlinge nachkommt. Die Terai Human Rights Defenders Alliance (THRDA), eine weitere lokale NGO, erklärt, dass Folteropfer oftmals aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen zögern, Beschwerden wegen polizeilicher oder anderer offizieller Einschüchterungen einzureichen. Laut THRDA haben die Gerichte viele Fälle von angeblicher Folter mangels glaubwürdiger Beweise, insbesondere medizinischer Unterlagen, abgewiesen. In Fällen, in denen Gerichte Entschädigung gewährten oder Disziplinarmaßnahmen gegen die Polizei anordneten, werden die Entscheidungen laut THRDA und anderen NGOs selten umgesetzt (USDOS 11.3.2020). Von Einsatz von Folter gegen Frauen und Kinder wird berichtet (DFAT 1.3.2021; vgl. HRCH 2019).

THRDA berichtet, dass 2017 34 Prozent der Häftlinge in Polizei-Haftanstalten im südlichen Terai-Gürtel des Landes körperlichem und/oder psychischem Missbrauch ausgesetzt waren. Nach Angaben der Nepal Police Human Rights Section (HRS) wurden viele dieser mutmaßliche Vorfälle von keiner Polizeibehörde offiziell gemeldet oder untersucht (USDOS 11.3.2020).

Es wurden keine Fälle von Foltervorwürfen in der Zeit des Bürgerkrieges an die Strafjustiz herangetragen (USDOS 11.3.2020).

Allgemeine Menschenrechtslage

Der ohnehin schwache Staatsapparat und die geringe Leistungsfähigkeit der Justiz sorgen dafür, dass Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechtsschutz auch weiterhin nicht verwirklicht werden. Aspekte der Verfassung von 2015 wie etwa ein uneingeschränktes Begnadigungsrecht des Präsidenten tragen dazu bei, dass die politische Elite nur selten mit Konsequenzen für illegale Handlungen rechnen muss (BS 29.4.2020). Es wurde versäumt, gut dokumentierte Fälle von Menschenrechtsverletzungen aus der Zeit des Bürgerkrieges strafrechtlich zu verfolgen (BS 29.4.2020; vgl. HRW 20.11.2020). Menschenrechtsorganisationen in Nepal fordern von der Regierung das Schicksal der im Bürgerkrieg verschwundenen, verschleppten und ermordeten Menschen aufzuklären (GIZ 1.2021b). Die beiden Übergangsjustizbehörden, die Wahrheits- und Versöhnungskommission (TRC) und die Commission of Investigation on Enforced Disappeared Persons (CIEDP), haben über 60.000 Beschwerden erhalten, aber keine der beiden Kommissionen hat irgendwelche der vorgebrachten Fälle abgeschlossen. Die Regierung hat es verabsäumt, auf Bedenken einzugehen, wonach es den beiden Kommissionen an Unabhängigkeit mangle. Im Januar [2021] wurden neue Kommissare für beide Gremien ernannt (HRW 13.1.2021).

Zu weiteren Menschenrechtsproblemen gehören unrechtmäßige oder willkürliche Tötungen, Folter, willkürliche Inhaftierung, Blockaden von Internet-Seiten, Verleumdung, Eingriffe in das Recht auf friedliche Versammlung und Vereinigung, übermäßig restriktive Gesetze gegenüber Nichtregierungsorganisationen (NGO), Korruption, Menschenhandel, frühe und erzwungene Heirat, Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Flüchtlingen, insbesondere von gebietsansässigen Tibetern, sowie der Einsatz von Zwangs-, Pflicht- und Kinderarbeit (USDOS 11.3.2020; vgl. AI 10.2020).

Jegliche Diskriminierung auf der Basis der Kastenzugehörigkeit ist von der nepalesischen Verfassung verboten. Trotzdem werden Angehörige „unberührbarer Kasten“ (Dalits) vielfach ausgegrenzt (GIZ 1.2021; vgl. AI 10.2020). Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Kaste, der sozialen Klasse, der Ethnie, der sexuellen Orientierung oder der Religion sind weit verbreitet (USDOS 11.3.2020; vgl. IHR 17.8.2019). Zuverlässige Daten über die Diskriminierung von sexuellen Minderheiten liegen nicht vor, doch wird über Benachteiligungen Angehöriger sexueller Minderheiten berichtet (USDOS 11.3.2020). Nepal hat es verabsäumt, wichtige Verpflichtungen zum Schutz der Menschenrechte und der Bekämpfung anhaltender Diskriminierung umzusetzen (AI 10.2020).

Die Durchsetzung der geltenden Gesetze gegen Zwangsarbeit ist uneinheitlich und die soziale Wiedereingliederung der Opfer bleibt schwierig. Die Ressourcen, Inspektionen und Abhilfemaßnahmen stellen sich ungenügend dar und die Strafen bei Rechtsverletzungen sind nicht ausreichend, um Verstößen vorzubeugen (USDOS 11.3.2020).

Hunderttausende Menschen, fast 70 Prozent der Betroffenen des Erdbebens von 2015, leben noch immer in Notunterkünften. Die Regierung hat einen Nachweis des Grundbesitzes als Bedingung für den Erhalt einer Wiederaufbauförderung festgelegt. Da jedoch bis zu 25 Prozent der Bevölkerung dieses Kriterium nicht erfüllt haben, sind zehntausende Betroffene nicht förderfähig. Die Situation betrifft vor allem marginalisierte und benachteiligte Gruppen, darunter Frauen, Dalits, wie auch andere ethnische Minderheiten und Kasten (AI 22.2.2018).

Religionsfreiheit

Die Verfassung legt das Land als „säkularen Staat“ fest (USDOS 10.6.2020; vgl. GIZ 1.2021b), definiert aber Säkularismus als „Schutz der uralten Religion und Kultur und religiöse und kulturelle Freiheit" (USDOS 10.6.2020). Die Verfassung bezieht sich dabei auf die besondere Schutzwürdigkeit von „Sanatana" (einem Sanskrit-Ausdruck), der den Hinduismus bezeichnet (BS 29.4.2019).

Die Religion ist Grundlage der traditionellen Kultur in Nepal. Nicht nur religiöse Praktiken, sondern auch Feste und Feiern, Literatur, Kunst und Architektur, Sitten und Bräuche, oder auch der Ablauf des täglichen Lebens, sind von der Religion geprägt. Die wechselvolle Geschichte des Landes hat entscheidend auch die Religion beeinflusst und die besondere Beziehung zwischen Hinduismus und Buddhismus in Nepal bewirkt (GIZ 1.2021b). Hinduismus und Buddhismus sind mit dem Tantrismus, sowie Resten animistischer Urreligionen, welche sämtliche Dinge mit einer Vielzahl von guten und bösen Geistern als beseelt betrachten, miteinander verwoben. Viele Feste werden gemeinsam, teils mit unterschiedlichen Inhalten, gefeiert. Buddhistische und hinduistische Kultstätten stehen nebeneinander oder werden auch gemeinsam genutzt (GIZ 1.2021b; vgl. DFAT 1.3.2019).

Das religiöse Weltbild besteht aus einem Nebeneinander religiöser Richtungen, Schulen und Theorien. Diese Art von Synkretismus macht die Einteilung in Religionsgruppen nur bedingt möglich: Dem letzten Zensus (2011) nach bekennen sich rund 80 Prozent der Gesamtbevölkerung zur ehemaligen Staatsreligion, dem Hinduismus, rund ein Zehntel sind Anhänger des Buddhismus, Muslime bilden vier Prozent und Kirati drei Prozent der Bevölkerung. Christen, Sikhs, Jainas und Bön bilden kleine religiöse Minderheiten mit etwa 0,4 Prozent (GIZ 1.2021b).

Die Verfassung legt fest, dass jede Person das Recht hat, ihre Religion zu bekennen, auszuüben und zu schützen. Während der Ausübung dieses Rechts verbietet die Verfassung Einzelpersonen, sich an Handlungen zu beteiligen, die „gegen die öffentliche Gesundheit, den Anstand und die Moral“ verstoßen oder die „die öffentliche Rechts- und Ordnungslage beeinträchtigen.“ Es ist verboten, andere Personen von einer Religion zu einer anderen zu bekehren oder die Religiosität anderer zu stören. Zuwiderhandlungen stehen unter Strafe (USDOS 10.6.2020; vgl. DFAT 1.3.2019).

Von lokalen Vorfällen zwischen religiösen Gruppen und Diskriminierungen wird berichtet (DFAT 1.3.2019).

Buddhisten

Buddhisten machen offiziell nur etwa zehn Prozent der Gesamtbevölkerung Nepals aus. Allerdings betrachten sich viele Nepalis sowohl als Hindu als auch als Buddhisten und teilen sich oft Tempel und Rituale der Anbetung (GIZ 1.2021b; vgl. DFAT 1.3.2019). Die größte Konzentration von Buddhisten findet sich in den östlichen Hügeln, im Kathmandutal und im zentralen Terai. Buddhas Geburtsort in Lumbini (im Süden Nepals) ist ein bedeutender Pilgerort. Die seit langem bestehende Stellung des Buddhismus in der nepalesischen Gesellschaft, zusammen mit den engen Verbindungen zwischen Buddhisten und Hindus, bedingen, dass Buddhisten selten von gesellschaftlicher Diskriminierung oder Gewalt bedroht sind (DFAT 1.3.2019).

Relevante Bevölkerungsgruppen

Frauen

Die Verfassung enthält Bestimmungen, welche eine geschlechtsspezifische Diskriminierung zulassen. Diskriminierung von Frauen und Mädchen stellt ein anhaltendes Problem dar. Vor allem Dalit-Frauen wurden aufgrund ihres Geschlechts und ihrer Kaste diskriminiert (USDOS 11.3.2020; vgl. HRW 13.1.2021).

Auch wenn die gesetzlichen Bestimmungen zu Eigentum und Erbschaft keine geschlechtsspezifische Diskriminierung beinhalten, sind Frauen angesichts der anhaltenden Diskriminierung durch die herrschende gesellschaftliche Praxis oft nicht in der Lage, berechtigte Ansprüche geltend zu machen. Frauen sind weiterhin unter den Ärmsten überproportional stark vertreten (BS 29.4.2020).

Es gibt keine Gesetze, die die Beteiligung von Frauen oder Minderheiten am politischen Prozess explizit einschränken. Frauen nehmen an lokalen, regionalen und nationalen Wahlen teil. Die Verfassung schreibt eine proportionale Beteiligung von Frauen in allen staatlichen Gremien vor und vergibt ein Drittel aller Sitze in der Legislative auf Bundes- und Landesebene an Frauen (USDOS 11.3.2020).

Häusliche Gewalt gegen Frauen und Mädchen bleibt ein ernsthaftes Problem. Nichtregierungsorganisationen berichten, dass Gewalt gegen Frauen und Mädchen, einschließlich Früh- und Zwangsheirat, einer der Hauptfaktoren für den als relativ schlecht zu bezeichnenden Gesundheitszustand von Frauen, deren unsichere Existenzsicherung und ihre unzureichende soziale Mobilisierung darstellt und zur intergenerationellen Armut beiträgt. Darüber hinaus schränkt die nach wie vor weit verbreitete Praxis der Früh- und Zwangsheirat den Zugang von Mädchen zur Bildung ein und erhöht ihre Vulnerabilität für häusliche Gewalt und sexuellen Missbrauch, einschließlich dem Sexhandel (USDOS 11.3.2020). Nepal erreicht in Asien den dritthöchsten Wert an geschlossenen Kinderehen. 40 Prozent der Mädchen heiraten vor dem 18. Lebensjahr, sieben Prozent sogar vor dem 15. Lebensjahr. Die von der Regierung erlassenen Gesetze und Strategien mit dem Ziel, die Praxis von Kinderehen zu beenden, werden nicht angewendet (HRW 13.1.2021).

Lücken in der Gesetzgebung und ein mangelnder politischer Wille beeinträchtigten weiterhin die Strafverfolgung von sexueller Gewalt, insbesondere für Opfer aus Minderheitengemeinschaften. Eine Verjährungsfrist von einem Jahr für Anschuldigungen wegen Vergewaltigung und sexueller Gewalt verhindert, dass viele Fälle vor Gericht gebracht werden (HRW 13.1.2021). Beschwerden bei Fällen häuslicher Gewalt können durch Mediation mit Schwerpunkt auf Versöhnung beigelegt werden. Durch die Behörden wird eine Strafverfolgung in der Regel nur dann durchgeführt, wenn die Mediation fehlgeschlagen ist (USDOS 11.3.2020).

Vergewaltigung, einschließlich Vergewaltigung in der Ehe, ist strafbar und wird, je nach Alter des Opfers, mit Mindesthaftstrafen von fünf bis 15 Jahren Haft bestraft. Bei Gruppenvergewaltigung, Vergewaltigung von Schwangeren oder Vergewaltigung einer körperlich beeinträchtigten Frau sieht das Gesetz eine zusätzliche Freiheitsstrafe von fünf Jahren vor. Die Entschädigung des Opfers richtet sich nach dem Grad der psychischen und physischen Misshandlung (USDOS 11.3.2020). Frauen und Mädchen aus der Dalit-Gemeinschaft waren häufig von sexueller Gewalt bedroht, die häufig ungestraft begangen wird (HRW 13.1.2021).

Ein 2017 beschlossenes Gesetz kriminalisiert Chaupadi (auch Chue, Bahirhunu, Chaukulla oder Chaukudi), eine Praxis, welche Frauen und Mädchen während der Menstruation aus ihren Häusern in Schuppen oder isolierte Dunkelräume zwingt (DFAT 1.23.2019). Diese Praxis führt immer zum Tod von Frauen durch Witterungseinflüsse, Rauchgasvergiftungen oder Tierbisse (BBC 10.8.2017; vgl. BMJ 14.2.2020). Dennoch wird diese Praxis in abgelegenen Gebieten im Westen des Landes, aber durch die Binnenmigration als Folge des Erdbebens von 2015, landesweit weiter betrieben (DFAT 1.3.2019; vgl. BBC 10.1.2019, DP 4.2.2019).

Nach jahrzehntelangen Fortschritten im Bereich der Mütter- und Säuglingsgesundheit haben Untersuchungen ergeben, dass die Zahl der Geburten in Gesundheitseinrichtungen während der im März 2020 begonnen viermonatigen nationalen Abriegelung des Landes zur Eindämmung der Auswirkungen der Covid-19 Pandemie, um mehr als die Hälfte zurückging. Neo-natale Todesfälle stiegen in diesem Zeitraum an. Marginalisierte ethnische Gruppen, wie beispielsweise die Madhesi, hatten eingeschränkten Zugang zu Gesundheitsleistungen (HRW 13.1.2021).

Die Verfassung erlaubt es Frauen nicht, die Staatsbürgerschaft an ihre Kinder weiterzugeben, unabhängig von der Staatsbürgerschaft des Kindesvaters, und hat keine spezielle Bestimmung für die Einbürgerung von ausländischen Ehemännern, die mit nepalesischen Ehefrauen verheiratet sind (USDOS 11.3.2020; vgl. HRW 13.1.2021).

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz sieht Bewegungs- und Reisefreiheit, aber auch das Recht auf Emigration und Rückkehr vor. Eine Ausnahme bilden Flüchtlinge; diese müssen bezüglich ihrer Bewegungsfreiheit oft gesetzlich geregelte Einschränkungen hinnehmen, die aber nicht einheitlich durchgesetzt werden. Die Regierung stellt seit 20 Jahren keine Ausweisdokumente für tibetische Flüchtlinge mehr aus. Es gibt Berichte über Vertriebene aus Tibet, die aufgrund fehlender Personaldokumente an Kontrollpunkten von der Polizei schikaniert oder zurückgeschickt werden (USDOS 11.3.2020). Es gibt zehn formale Ein- und Ausreisepunkte, von denen der Flughafen Kathmandu der einzige internationale Flughafen ist (DFAT 1.3.2019).

In Folge der schweren Erdbeben im Jahr 2015 gibt es im ganzen Land weiterhin Schäden an der Infrastruktur und unpassierbare Straßen. In Nepal kommt es vereinzelt zu kurzfristig ausgerufenen „Bandhs“ (Zwangsstreiks), mit Blockaden bzw. Straßensperren (AA 12.1.2021).

Grundversorgung und Wirtschaft

Mit einem Pro-Kopf-Einkommen von 1.034 US-Dollar pro Jahr ist Nepal eines der ärmsten Länder der Welt. Die instabile politische Situation, der Mangel an ausgebildeten Arbeitskräften und die schwache Infrastruktur behindern die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Eine anhaltend hohe Inflation vermindert die Kaufkraft der Bevölkerung. Im Index of Economic Freedom 2020 nimmt Nepal den 139. Platz unter 180 Ländern ein (GIZ 1.2021c).

Mit dem 2006 eingeleiteten Friedensprozess haben sich die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft Nepals zwar insgesamt verbessert, das Investitionsklima leidet aber unter gesetzlicher Überregulierung. Der defizitäre Staatshaushalt und der steigende Schuldendienst geben weiter Anlass zur Sorge. Das gesamtwirtschaftliche Wachstum bewegte sich in den letzten Jahren zwischen zwei und vier Prozent und war damit zu niedrig, um die Armut substanziell zu reduzieren. Wirtschaftliche Reformagenda und Armutsbekämpfung stellen große Herausforderungen an die junge Republik. Die instabile politische Lage hemmt wichtige Investitionen der öffentlichen Hand und wirkt sich negativ auf das Geschäftsklima aus. Die Entwicklung Nepals wird durch immer Naturkatastrophen - wie Überschwemmungen und Erdrutsche - gebremst. Das Erdbeben vom April 2015 hat die Infrastruktur im Kathmandu-Tal und anderen betroffenen Landesteilen schwer beschädigt (GIZ 1.2021c). Etwa 20 Prozent aller Gebäude, die 2015 beschädigt wurden, sind der Hilfsorganisation Plan International zufolge bis heute nicht repariert. Geldmangel und administrative Hürden erschweren den Wiederaufbau (SZ 24.4.2020).

Neben den Folgen des verheerenden Erdbebens brachten Blockaden wichtiger Handelsrouten die Wirtschaft zum Erliegen. Die Parteien und politische Gruppierungen unterschiedlichster Ausrichtung rufen immer wieder zu Streiks auf. Diese wirken sich negativ auf alle wirtschaftlichen Sektoren aus, von der Großindustrie bis hin zu kleinen und mittelständischen Unternehmen. Bürokratie und unzureichende Infrastruktur beeinträchtigen das Investitionsklima und damit die wirtschaftliche Entwicklung (GIZ 1.2021c).

Die wirtschaftliche Entwicklung Nepals ist schwer von der Coronakrise getroffen. Eine strenge Ausgangssperre hat vier Monate lang das öffentliche Leben in Nepal weitgehend lahmgelegt. Zahlreiche Menschen kamen in eine finanzielle Notlage. Zwei wichtige Einnahmequellen brechen dem Staat weg: Die Überweisungen nepalesischer Arbeitsmigranten, die geschätzt zwischen 26 und 30 Prozent des BIP ausmachen, und die Einnahmen aus dem Tourismussektor (GIZ 1.2021c).

Es existieren keine zuverlässigen Erhebungen zur Arbeitslosigkeit. Die offizielle Erwerbslosenquote ist relativ niedrig (2019: 1,4 Prozent) (WKO 10.2020). Die politische Instabilität und die schwere wirtschaftliche Krise treiben weiterhin Massen von jungen Nepalesen ins Ausland. Wegen der offenen Grenzen ist die Migration ins Ausland nicht dokumentiert. Schätzungen gehen davon aus, dass heute vier bis fünf Millionen Nepalesen im Ausland arbeiten. Rund die Hälfte davon dürfte sich in Indien aufhalten. Der Rest vor allem in Malaysia und den Golfstaaten (GIZ 1.2021c). Mit der zunehmenden Emigration ist die Rekrutierung von Arbeitskräften zu einem lukrativen Geschäft geworden. Über 800 sogenannte „Manpower Companies“ werben über lokale Agenten Arbeitswillige in den Dörfern an und organisieren Reise, Ausreisepapiere und Verträge mit den Arbeitgebern in den Zielländern. Die große Mehrheit der Arbeitsmigranten sind junge Männer. Der Anteil der Frauen hat mit der steigenden Nachfrage nach Hausangestellten in den Golfstaaten im letzten Jahrzehnt zwar zugenommen, Frauen machen aber erst etwa 10 Prozent der Arbeitskräfte im Ausland aus (GIZ 1.2021b).

Nepal verfügt außer den familiären sozialen Netzwerken über kein Wohlfahrtssystem. In bestimmten Fällen sind NGOs bemüht, diese Lücke zu füllen, aber deren Tätigkeit ist sehr stark vom jeweiligen Standort und von internationalen Spenden abhängig, somit können nicht die gleichen Leistungen im ganzen Land angeboten werden. Es gibt nur vereinzelt Privatinitiativen; die öffentlichen Sozialdienste sind rückständig und unzureichend (BS 29.4.2020).

Kinderarbeit ist nach wie vor ein weit verbreitetes Problem in Nepal (UNHRC 4.1.2021).

Rückkehr

Das Gesetz gewährt nepalesischen Staatsbürgern Reisefreiheit im Inland, Auslandsreisen, Auswanderung und Rückkehr (USDOS 11.3.2020).

Ausgenommen von diesen Rechten sind die meisten Flüchtlinge, deren Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes durch entsprechende Gesetze eingeschränkt ist. Die Beschränkungen der Bewegungsfreiheit von Flüchtlingen im Land werden nicht einheitlich durchgesetzt. Die Regierung arbeitete mit dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) und anderen humanitären Organisationen zusammen (USDOS 11.3.2020).

Auszug aus einer Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Nepal: Kasten Pandit, Kami, Bishwokarma, kastenübergreifende Paare, 13. April 2017:

Der Human Rights Council berichtet, dass Nepals Regierung seit 2009 die Initiative ergriffen hat, Anreize für kastenübergreifende Eheschließungen zu schaffen. Sie hat diese als ein gutes Mittel zur Förderung der Angleichung und Verringerung kastenbasierter Diskriminierung in der Gesellschaft erkannt.

In vielen Fällen werden Paare, die unabhängig von ihrer Kaste heiraten, körperlich angegriffen, gesellschaftlich boykottiert und sind unmenschlicher Behandlung in der Gesellschaft ausgesetzt. Kastenübergreifenden Ehepaare und ihre Familien werden sozial diskriminiert, vertrieben, ermordet oder von der Gemeinschaft zu Geldstrafen verurteilt.

Die Himalayan Times, eine englischsprachige Tageszeitung in Nepal, berichtet von einem Paar, Ganesh Chadara Sunar und Jyoti Shah aus dem Bezirk Jajarot, das aus ihrer Gemeinde vertrieben wurde, nachdem es nach einer jahrelangen Beziehung geheiratet hat. Die Familie der Braut akzeptierte das kastenübergreifende Paar nicht.

Sunar berichtete, dass die Ortsbevölkerung sogar drohte ihn zu töten, sollte er in das Dorf zurückkehren. Auch seine gesamte Familie war gezwungen das Dorf zu verlassen.

Es gibt viele Personen im Bezrik, die das Schicksal von Sunars Familie teilen.

Nachdem Dilli Bahadur Bohara vor einigen Jahren Kamala Sunar ehelichte, wurde er aus seinem Haus ausgesperrt. Seine Mutter drohte vor Polizisten, dass sie niemals eine Dalit in ihrem Haus zulassen würde.

Der Leiter der Bezirkspolizeistation, DSP Dan Bahadur Malla, berichtet, dass die Polizei das Paar bewacht, seit dessen Sicherheitsherausforderungen bekannt wurden. Er fügt hinzu, dass die Polizei versucht ihnen zu helfen in das Dorf zurückzukehren.

Die Kathmandu Post, berichtet, dass wegen der Heirat eines Mannes mit einer Frau aus einer höheren Kaste, ihre Eltern und Verwandte das Paar und den Bruder des Bräutigams verjagt hätten. Die Mutter des Ehemanns beklagt, dass es ihrem Sohn nicht mehr erlaubt ist das Dorf zu betreten.

Dieser berichtete, dass sie Angst hätten den Markt zu besuchen und ihnen angedroht wurde sie mithilfe von Schlägern umbringen zu lassen.

Ein Onkel der Braut hat die Anschuldigungen von Drohungen gegen die Brüder abgestritten und festgestellt, dass sie im Dorf leben können.

Die Kathmandu Post berichtet, dass sich ein kastenübergreifendes Paar, vermutlich wegen der gesellschaftlichen Ablehnung ihrer Beziehung, gemeinsam umgebracht hat.

Ortsansäßige vermuten, dass der Mann aus einer höheren Kaste stammte, während das Mädchen einer niederen Kaste angehörte.

Zur COVID-19 Pandemie

Nepal ist von COVID-19 weiterhin betroffen und das nepalesische Gesundheitssystem ist überlastet. Der bislang nahezu landesweit geltende Lockdown wurde aber faktisch aufgehoben, wobei den Anweisungen der Polizei weiterhin unbedingt Folge zu leisten ist. Im öffentlichen Raum gelten weiterhin Abstands- und Hygieneregeln sowie Mundschutzpflicht. Der internationale kommerzielle Flugverkehr unterliegt keinen Einschränkungen mehr, ist jedoch noch nicht wieder auf dem Stand vor der Coronapandemie angelangt, auch aufgrund der noch geltenden Reisebeschränkungen einzelner Länder.

II. Beweiswürdigung

Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:

II.1. Zum Verfahrensgang

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des Gerichtsaktes des BVwG.

II.2. Zur Person und zum Vorbringen der Beschwerdeführerin

1.       Zur Person der Beschwerdeführerin

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zum Personenstand der BF getroffen wurden, beruhen diese auf den Angaben der BF vor der belangten Behörde und vor dem BVwG (vgl. zuletzt Protokoll der mV. S. 4 f). Dasselbe gilt für die Feststellungen zur Herkunft, zur Staatsangehörigkeit, zur Volksgruppenzugehörigkeit, zum Glauben und zum Heimatort (vgl. zuletzt Protokoll der mV. S. 4).

Dass die BF Nepali, ein wenig Hindi sowie Deutsch spricht, war ihren glaubwürdigen Aussagen im Verfahren sowie dem Umstand zu entnehmen, dass ihre Einvernahmen entweder unter Beiziehung eines Dolmetschers für Nepali oder Hindi stattgefunden haben. Hinsichtlich ihrer Deutschkenntnisse wird auf die Ausführungen in II.2.3. verwiesen.

Ob die BF am XXXX oder am XXXX geboren ist, konnte nicht festgestellt werden, da sie im Verfahren hiezu widersprüchliche Aussagen machte. Während sie vor der belangten Behörde als Geburtsdatum stets den XXXX angab, behauptete sie in der Beschwerdeverhandlung, ihr richtiges Geburtsdatum sei der XXXX . Es sei falsch protokolliert worden, weil sie bei den ersten Einvernahmen nervös gewesen und in Hindi einvernommen worden sei. Sie konnte dies nicht glaubhaft machen, weil der Niederschrift des BFA vom 13.06.2017 (AS 47) zu entnehmen ist, dass diese Einvernahme unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Nepali durchgeführt wurde. Da sie auch keine unbedenklichen Dokumente zu ihrer Identität vorlegte, konnte ihr richtiges Geburtsdatum nicht festgestellt werden. Aus demselben Grund gelten die Feststellungen zu ihrer Identität ausschließlich für die Identifizierung ihrer Person im Asylverfahren.

Die Feststellung, die BF sei in Nepal mit einem Mann namens XXXX verheiratet gewesen und die beiden hätten sich 2011 scheiden lassen, stützt sich auf ihre glaubwürdige Aussage in der Beschwerdeverhandlung. Ihre Angaben sind, obwohl sie dies im Verfahren bis zur Beschwerdeverhandlung nicht erwähnte, glaubhaft, weil sie vom BFA nie explizit danach gefragt wurde. Die BF gab vor dem BVwG glaubwürdig an, sie habe ihr Heimatdorf verlassen, um nach einer Arbeit zu suchen, und habe etwa 2014 Herrn XXXX in der Stadt XXXX kennengelernt und ihn in einem Tempel nach traditionellem Ritus geheiratet. Sie habe mit diesem ca. ein Jahr, bis zur Ausreise im Jahr 2015, im Distrikt Chitwan gewohnt. Die Eheschließung sei von einem Priester durchgeführt, jedoch von den nepalesischen Behörden nicht anerkannt worden. Die beiden seien auch nicht im Besitz etwaiger Dokumente, die ihre Eheschließung bezeugen würden. Da die Ehe somit nicht in der in Nepal ortsüblichen Form geschlossen wurde, ist diese auch in Österreich nicht rechtsgültig. Unabhängig davon leben die beiden ihren glaubwürdigen Angaben in der Beschwerdeverhandlung zufolge zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung in Trennung. Dass das Haus der BF im April 2015 von einem Erdbeben zerstört worden sei, gab diese im Verfahren gleichbleibend an, weshalb dies festzustellen war.

Die BF gab im Verfahren konsistent an, ihre Verwandten, nämlich ihr Vater, ihr Bruder und ihre drei Tanten würden nach wie vor im Heimatsstaat leben. Ihre Mutter sei mittlerweile verstorben. Es konnte nicht festgestellt werden, ob die BF noch Kontakt zu ihrer Familie hat, weil sie diesbezüglich widersprüchliche Aussagen tätigte. In der Einvernahme vor dem BFA gab sie an, der Kontakt zu ihren Verwandten sei etwa ein Jahr vor ihrer Ausreise im Jahr 2015 abgebrochen, da die BF ihr Zuhause verlassen und einen Mann aus einer anderen Kaste geheiratet habe. Vor dem BVwG behauptete sie hingegen, sie habe mit ihrer Mutter zuletzt etwa einen Monat vor der Ausreise aus Nepal Kontakt gehabt. Zudem brachte sie in der Beschwerdeverhandlung vor, ihre Mutter sei mittlerweile verstorben, weshalb es nicht plausibel ist, dass sie seit 2014/2015 keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie gehabt habe, da nicht ersichtlich ist, wie sie ohne einen Kontakt zu ihren Verwandten vom Tod ihrer Mutter hätte erfahren sollen.

Nicht feststellbar war auch, ob die BF eine zehnjährige Tochter hat, die bei ihren Verwandten im Herkunftsstaat lebe. Die BF wurde zwar im Verfahren bereits mehrmals gefragt, ob sie Kinder habe, verneinte diesen Umstand jedoch stets und erstattete das Vorbringen bezüglich einer Tochter erst in der Beschwerdeverhandlung. Abgesehen davon, dass nicht nachvollziehbar ist, aus welchem Grund die BF diesen Umstand im bisherigen Verfahren nicht erwähnte, ist ihre persönliche Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen, da sie diese Information, genauso wie das Vorbringen zu ihrem richtigen Geburtsdatum verspätet ins Verfahren einbrachte, obwohl sie dazu bereits ausreichend Gelegenheiten gehabt hätte.

Die Feststellungen zu ihrem Bildungsstand und der bisher von ihr ausgeübten Erwerbstätigkeit im Heimatstaat stützen sich auf ihre diesbezüglich gleichbleibenden Angaben im Verfahren.

Dass die BF gesund ist, war ihren unbedenklichen Aussagen zu entnehmen. Da sie gesund ist und an keinen lebensbedrohlichen Krankheiten leidet, war die Feststellung zu treffen, dass sie arbeitsfähig ist. Darüber hinaus gab sie dies in der mündlichen Beschwerdeverhandlung auch an (vgl. Protokoll der mV. S. 3).

Die BF ist wie konstatiert unrechtmäßig nach Österreich eingereist, was sich aus ihren eigenen Angaben im Verfahren sowie der Tatsache ergibt, dass sie ohne die erforderlichen Dokumente in Österreich einreiste.

2.       Zur Rückkehrmöglichkeit der Beschwerdeführerin

Die Feststellung, dass die BF im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat keiner Verfolgung ausgesetzt ist und sie ihr Fluchtvorbringen nicht glaubhaft gemacht hat, ergibt sich aus ihren Angaben in der Erstbefragung, in der Einvernahme vor dem BFA sowie in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG, dies aus folgenden Erwägungen:

Wie sich aus dem Verfahren ergibt, hatte die BF ausreichend Zeit und Gelegenheit, ihre Fluchtgründe umfassend und im Detail darzulegen sowie allfällige Beweismittel vorzulegen. Im Übrigen wurde sie von der belangten Behörde sowie vom BVwG auch zur umfassenden und detaillierten Angabe von Fluchtgründen und zur Vorlage allfälliger Beweismittel aufgefordert sowie über die Folgen unrichtiger Angaben belehrt.

Dabei ist festzuhalten, dass auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden kann, dass die BF grundsätzlich in der Lage sein muss, umfassende und inhaltlich übereinstimmende Angaben zu den konkreten Umständen und dem Grund der Ausreise aus dem Herkunftsstaat zu machen, zumal eine Person, die aus Furcht vor Verfolgung ihren Herkunftsstaat verlassen hat auf konkrete Befragung zu ihrer Flucht die ihr gebotene Möglichkeit wohl kaum ungenützt lassen wird, die Umstände und Gründe ihrer Flucht in umfassender und in sich konsistenter Weise darzulegen, um den beantragen Schutz vor Verfolgung auch möglichst rasch erhalten zu können. Es entspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine mit Vernunft begabte Person, die behauptet, aus Furcht vor Verfolgung aus ihrem Herkunftsstaat geflüchtet zu sein, über wesentliche Ereignisse im Zusammenhang mit ihrer Flucht, die sich im Bewusstsein dieser Person einprägen, selbst nach einem längeren Zeitraum noch ausreichend konkrete, widerspruchfreie und nachvollziehbare Angaben machen kann.

Der BF ist es nicht gelungen, eine konkrete gegen ihre Person gerichtete aktuelle Verfolgungsgefahr im gesamten Staatsgebiet aus einem der in der GFK abschließend genannten Verfolgungsgründen glaubhaft zu machen. Abgesehen davon, dass ihrem Vorbringen zum Verlassen des Herkunftsstaates und zur Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr nach Nepal auf Grund der teils vagen und widersprüchlichen Aussagen die Glaubhaftigkeit zu versagen war, handelte es sich dabei nicht um iSd GFK anerkannte Fluchtgründe.

Die BF brachte im Verfahren im Wesentlichen als Fluchtgrund vor, sie habe in ihrem Herkunftsstaat etwa 2014 einen Mann namens XXXX kennengelernt und geheiratet, der aus einer anderen Kaste als sie stamme. Ihre Familien hätten dies nicht akzeptiert, weshalb die beiden, nachdem sie ein Jahr gemeinsam im Distrikt Chitwan gelebt hätten, nach Europa geflohen seien. Überdies habe das Erdbeben am 25.04.2015 ihr Haus zerstört und hätten sie finanzielle Probleme gehabt. Wäre dies nicht passiert, wären sie vielleicht in Nepal geblieben.

Die BF konnte zwar wie bereits erörtert glaubhaft machen, dass sie in Nepal Herrn XXXX , der aus einer anderen Kaste als sie stamme, in einem Tempel nach traditionellem Ritus geheiratet habe, die von ihr geschilderte dadurch verursachte Verfolgung durch die beiden Familien war jedoch nicht glaubwürdig. So sprach die BF in der Einvernahme vor dem BFA nicht von etwaigen Verfolgungshandlungen, sondern vielmehr davon, dass die Familien die Eheschließung aufgrund des in Nepal vorherrschenden Kastensystems schlicht nicht akzeptiert hätten. Auf konkrete Nachfrage, was ihre Familie ihr bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat antun würde, meinte sie, dass sie es nicht wisse.

Auch in der Beschwerdeverhandlung brachte die BF zwar vor, ihre Familie sei mit der Eheschließung nicht einverstanden gewesen, sie behauptete jedoch nicht explizit, dass diese sie verfolgt habe. Überhaupt habe die BF ihr Heimatdorf nicht deswegen verlassen, weil sie aufgrund der Beziehung zu XXXX von ihrer Familie verfolgt worden sei, sondern weil sie Arbeit gesucht habe. Erst nachdem sie ihr Heimatdorf verlassen habe, habe sie ihn in der Stadt XXXX kennengelernt, habe ihn geheiratet und sei mit ihm nach Chitwan fortgegangen. Die Familie habe etwa drei Monate, nachdem die BF mit ihrem Mann gezogen sei, von der Beziehung bzw. Eheschließung erfahren, habe diese jedoch nicht akzeptiert. Auf Nachfrage, was die BF mit „nicht akzeptiert“ meine, gab diese an, ihre Familie habe aufgrund der Beziehung nichts mehr mit ihr zu tun haben wollen und behauptet, die BF sei für sie gestorben. Auf den Vorhalt in der Beschwerdeverhandlung, die BF hätte aufgrund der Abweisung durch ihre Familie nicht das Land verlassen müssen, antwortete diese ausweichend, sie sei mit XXXX zusammen gewesen, habe keine Arbeit gehabt und dieser habe ins Ausland gehen wollen, weswegen sie mit ihm mitgegangen sei. Selbst als die BF nach dem Erdbeben ihre Mutter kontaktiert und ihr gesagt habe, dass die beiden ins Ausland gehen würden, habe ihr diese ihren Angaben zufolge nicht gedroht, sondern gemeint, die BF solle machen, was sie wolle. Es mag zwar sein, dass die Familie der BF die Eheschließung nicht akzeptiert und in gewissem Maße deswegen den Kontakt zu ihr abgebrochen habe, dies ist allerdings nicht mit einer Verfolgung iSd GFK gleichzusetzen.

Gegen die Glaubwürdigkeit des Vorbringens, die BF werde im Heimatstaat von ihrer Familie verfolgt spricht weiters, dass im Verfahren nicht hervorgekommen ist, dass in dem Jahr, in dem sie mit ihrem Ehemann noch in Nepal gelebt habe, jegliche Verfolgungshandlungen gegen sie gesetzt worden seien. Dazu kommt, dass das Dorf Chitwan, in dem die BF zuletzt gelebt habe, ihren eigenen Angaben zufolge acht bis neun Autostunden entfernt von ihrem Heimatdorf liege, was eine Verfolgungsgefahr durch ihre Familie noch unwahrscheinlicher erscheinen lässt.

Befragt zu ihren Rückkehrbefürchtungen äußerte die BF in der Beschwerdeverhandlung die Angst, ihr Vater und ihr Bruder könnten ihr etwas antun, weil sie gefährlich und bestimmt wütend auf die BF seien. Auf die Nachfrage, was sie konkret vom Bruder und vom Vater befürchte, meinte sie, sie wisse nicht was diese zu ihr sagen oder ihr antun würden. Aufgrund der vagen Angaben konnte sie eine Verfolgungsgefahr durch ihre Familie im Falle der Rückkehr nicht glaubhaft machen. Überdies ist allein aufgrund der Tatsache, dass sie, wie sich aus dem Ermittlungsverfahren ergeben hat, schon vor ihrer Ausreise nicht von der Familie verfolgt wurde, nicht davon auszugehen, dass bei einer Rückkehr eine Verfolgungsgefahr besteht, zumal sie zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung von Herrn XXXX getrennt lebt.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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