Entscheidungsdatum
13.10.2021Norm
AlVG §1 Abs1 litaSpruch
W145 2239179-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela HUBER-HENSELER als Vorsitzende, die fachkundige Laienrichterin Mag. Karin SCHRAMBÖCK als Beisitzerin und den fachkundigen Laienrichter Josef HERMANN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX GmbH, FN XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Wien (ÖGK-W), vom 21.12.2020, GZ XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.06.2021 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Frau XXXX , SVNR XXXX , sprach am 02.10.2018 bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (nunmehr: Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, im Folgenden kurz: SVS) vor und stellte einen Antrag auf Überprüfung der Versicherungszuordnung gemäß § 412e ASVG betreffend ihre Tätigkeit als Übersetzerin (Deutsch - Englisch) und Sprachtrainerin (Englisch) für die XXXX GmbH (vormaliger Firmenwortlaut: XXXX GmbH, im Folgenden: Beschwerdeführerin) sowie für deren Rechtsvorgängerin. Für diese Tätigkeit war Frau XXXX im Zeitraum von 01.01.2009 bis 31.10.2018 bei der SVS gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG zur Pflichtversicherung gemeldet. Die SVS leitete den Antrag an die Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr Österreichische Gesundheitskasse, im Folgenden: belangte Behörde) weiter, wobei sie die gegenständliche Tätigkeit vorerst als „Zweifelsfall“ eingestufte.
2. Am 16.04.2019 wurde Frau XXXX von der belangten Behörde zu ihrer Tätigkeit für die Beschwerdeführerin niederschriftlich einvernommen. Da bei der Einvernahme neben der Beschwerdeführerin und deren Rechtsvorgängerin auch andere Unternehmen zur Sprache kamen, für die Frau XXXX Übersetzungsleistungen und Sprachtrainings erbracht hatte, wurde Sie von der belangten Behörde mit Schreiben vom 08.05.2019 aufgefordert, ihren Antrag auf Überprüfung der Versicherungszuordnung dahingehend zu konkretisieren, ob er sich auch weiterhin nur auf die Tätigkeiten bei der Beschwerdeführerin und deren Rechtsvorgängerin bezieht. Diesem Schreiben lag zudem ein Fragebogen bei.
3. Mit E-Mail vom 28.05.2019 retournierte Frau XXXX den ausgefüllten Fragebogen und bestätigte, dass sich ihr Antrag ausschließlich auf Ihre Tätigkeit für die Beschwerdeführerin und deren Rechtsvorgängerin beziehe.
4. Die belangte Behörde informierte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 14.06.2019, dass sie nach vorläufiger Einschätzung vom Vorliegen einer nach § 4 ASVG zu versichernden unselbständigen Beschäftigung ausgehe und forderte die Beschwerdeführerin gleichermaßen auf, binnen 4 Wochen dazu Stellung zu nehmen.
5. Nach einem Fristerstreckungsantrag vom 11.07.2019, der von der belangten Behörde antragsgemäß gewährt wurde, übermittelte die Beschwerdeführerin über ihren Rechtsvertreter am 03.09.2019 eine Stellungnahme, worin Sie im Wesentlichen vorbringt, dass gegenständlich kein unselbständiges Dienstverhältnis iSd § 4 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG vorliege und Frau XXXX vielmehr als neue Selbständige iSd § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG für die Beschwerdeführerin tätig gewesen sei. Insbesondere sei Frau XXXX nicht in die Betriebsorganisation eingegliedert gewesen. Weiters sei sie keinen persönlichen Weisungen in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit bzw. arbeitsbezogenem Verhalten unterlegen. Es habe auch keine Verpflichtung zu persönlicher Arbeitsleitung bestanden. Zudem sei auf die bereits eingetretene Verjährung des weitaus überwiegenden Teils nachzufordernder Beiträge hinzuweisen.
6. Auf Aufforderung der belangten Behörde übermittelte Frau XXXX mit E-Mail vom 21.10.2019 eine Replik zur Stellungnahme der Beschwerdeführerin und brachte darin zusammenfassend vor, dass sie von der Beschwerdeführerin Weisungen in Bezug auf den Arbeitsort, das arbeitsbezogene Verhalten und teilweise auch in Bezug auf die Arbeitszeit erhalten habe. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin habe auch kein generelles Ablehnungsrecht im Hinblick auf die Übersetzungsleistungen bestanden. Darüber hinaus habe sie sich nie vertreten lassen und sei auch die Beschwerdeführerin nicht davon ausgegangen, dass es eine Vertretung gegeben hätte. Außerdem seien ihr die wesentlichen Betriebsmittel von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt worden. Lediglich Lehrbücher bzw. Fachwörterbücher habe sie selbst gekauft. Schlussendlich habe auch eine Eingliederung in den Betrieb der Beschwerdeführerin bestanden.
7. In weiterer Folge informierte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin, dass sie gemeinsam mit der SVS nach einer Überprüfung des vorliegenden Falles festgestellt habe, dass eine Tätigkeit vorliege, welche nicht nach dem GSVG sondern nach § 4 ASVG zu versichern sei und ersuchte die Beschwerdeführerin, die erforderlichen Meldungen zu erstatten. Für den Fall dass die Beschwerdeführerin diese rechtliche Einschätzung nicht teile, wurde ihr von der belangten Behörde die Möglichkeit eingeräumt, eine ergänzende Stellungnahme zu übermitteln.
8. In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 10.03.2020 brachte die Beschwerdeführerin vor, dass Frau XXXX entgegen der Ansicht der SVS und der belangten Behörde als neue Selbständige iSd § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG für sie tätig gewesen sei. Unbeschadet dieser Rechtsansicht handle es sich bei dem gegenständlichen Rechtsverhältnis, sofern keine selbständige Tätigkeit vorliegen sollte, allenfalls um ein freies Dienstverhältnis iSd § 4 Abs. 4 ASVG. Ein Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs. 2 ASVG sei keinesfalls vorgelegen.
Begründet wurde diese Rechtsansicht zusammenfassend damit, dass Frau XXXX bei der Durchführung von Sprachtrainings an keinerlei inhaltliche, organisatorische, zeitliche und örtliche Weisungen und Vorgaben gebunden gewesen sei. Bei der Durchführung von Übersetzungsleistungen sei Frau XXXX an keine betrieblichen, organisatorischen, zeitlichen und örtlichen Weisungen oder Vorgaben durch die Beschwerdeführerin gebunden gewesen. Es habe auch keine Eingliederung in die betriebliche Organisation bestanden. Somit würden nicht die Bestimmungsmerkmale der persönlichen Abhängigkeit überwiegen. Eine Unterworfenheit unter die funktionelle Autorität der Beschwerdeführerin, die sich durch die organisatorische Gebundenheit insbesondere an Arbeitszeit, Arbeitsort und Kontrolle geäußert hätte, sei nicht in dem Maß gegeben, dass die Bestimmungsfreiheit von Frau XXXX in Bezug auf Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsinhalt weitgehend ausgeschaltet gewesen wäre. Die wenigen Merkmale der persönlichen Abhängigkeit würden hinter diejenigen eines von Selbstständigkeit geprägten Rechtsverhältnisses zurücktreten.
9. Nach einem Telefonat der belangten Behörde mit Frau XXXX schränkte diese ihren Antrag auf Überprüfung der Versicherungszuordnung auf den nunmehr verfahrensgegenständlichen Zeitraum von 11.07.2014 bis 30.09.2018 ein.
10. Mit Schreiben vom 29.10.2020 informierte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin und Frau XXXX , dass sie gemeinsam mit der SVS festgestellt habe, dass eine Tätigkeit vorliege, welche nicht nach dem GSVG, sondern nach § 4 ASVG zu versichern sei. Die entsprechenden Meldungen für ein echtes Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs. 2 ASVG seien von Amts wegen eingeholt worden. Zudem räumte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin und Frau XXXX die Möglichkeit ein, vor Erlassung des Bescheides Einsicht in den vorliegenden Akt zu nehmen.
12. Die Beschwerdeführerin nahm durch ihren Rechtsvertreter Akteneinsicht und übermittelte in weiterer Folge am 10.12.2020 eine schriftliche Stellungnahme. Darin wird ausgeführt, dass ihre Beweisangebote – darunter insbesondere eine beantragte Vernehmung von zwei Auskunftspersonen – von der belangten Behörde ignoriert worden seien. Da sich aus diesen Vernehmungen zweifelsfrei ergeben würde, dass kein echtes Dienstverhältnis vorliege, stelle die Beschwerdeführerin neuerlich den Antrag auf Einvernahme dieser Auskunftspersonen.
Außerdem lasse sich aus dem Erhebungsakt der belangten Behörde zwanglos ableiten, dass Frau XXXX über eine betriebliche Struktur verfügt habe. Frau XXXX sei von der Beschwerdeführerin nur nach entsprechenden Angebotslegungen jeweils für ein Halbjahr beauftragt worden, um die entsprechenden Leistungen zu erbringen. Nach Leistungserbringung seien durch Frau XXXX laufend Rechnungen gelegt worden, welche die Beschwerdeführerin zum Vorsteuerabzug berechtigt hätten. Im Übrigen habe Frau XXXX auch jährlich eine Einnahmen-Ausgabenrechnungen geführt. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung sei sie daher eine gewerbliche Selbstständige iSd § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG, gegebenenfalls eine freie Dienstnehmerin iSd § 4 Abs. 4 ASVG gewesen.
11. Im Zuge der Akteneinsicht von Frau XXXX am 10.12.2020 wurde von der belangten Behörde eine Niederschrift aufgenommen. Frau XXXX gab dabei im Wesentlichen an, dass sowohl die Übersetzungstätigkeit als auch der Sprachunterricht stets in den Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin erfolgt sei. Zudem sei während der Bürozeiten eine kontinuierliche Leistungsbereitschaft von ihr erwartet worden, wobei sie für dringende Übersetzungen am Diensthandy angerufen worden sei. Die Priorisierung der einzelnen Tätigkeiten von Frau XXXX habe außerdem die Beschwerdeführerin vorgenommen. Über einen Tätigkeitsbericht sei sie von der Beschwerdeführerin auch kontrolliert worden.
13. Mit Bescheid vom 21.12.2020, GZ XXXX , hat die belangte Behörde festgestellt, dass Frau XXXX , VSNR XXXX , hinsichtlich der für die XXXX GmbH ausgeübten Tätigkeit im Zeitraum von 11.07.2014 bis 30.09.2018 der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und in der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit. a Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) unterliege.
Im Wesentlichen wurde dies damit begründet, dass im gegenständlichen Fall erstens kein Werkvertrag vorliege und zweitens ein Abwägen sämtlicher Merkmale im Ergebnis ein eindeutiges Überwiegen des Tätigwerdens in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt ergebe, sodass Frau XXXX als echte Dienstnehmerin iSd § 4 Abs. 2 ASVG zu qualifizieren sei.
Gegen das Vorliegen eines Werkvertrages spreche insbesondere, dass Frau XXXX nicht ausschließlich ein Erfolg geschuldet habe. Sie habe vielmehr das Bemühen geschuldet, die vereinbarten Tätigkeiten (Sprachtrainings und Übersetzungen) bestmöglich zu erledigen, wobei sich das Ausmaß und das Verhältnis der zu erbringenden Tätigkeiten am Bedarf und an der Dringlichkeit der Beschwerdeführerin orientiert habe. Zudem sei auch kein Maßstab erkennbar, nach dem die Erreichung des (nicht definierten) Erfolges überprüft werden könnte. Schlussendlich spreche auch die Gewährung eines nach Zeiträumen bemessenen Entgelts gegen die Annahme eines Werkvertrages.
Bei der Begründung der in weiterer Folge vorgenommenen Qualifikation als echtes Dienstverhältnis führte die belangte Behörde zunächst aus, dass die persönliche Arbeitsplicht als Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit vorgelegen sei. Es habe nämlich weder ein generelles Vertretungsrecht noch ein sanktionsloses Ablehnungsrecht iSd Judikatur des VwGH bestanden. Weiters sei eine zeitliche, inhaltliche und örtliche Verschränkung der Tätigkeiten (Sprachtrainings und Übersetzungsarbeiten) evident, wodurch die Beurteilung beider Tätigkeiten gemeinsam mittels Gesamtabwägung zu erfolgen habe. Argumente gegen das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit seien im konkreten Fall insbesondere der Mangel an streng vorgegebenen Arbeitszeiten sowie der Umstand, dass die Beschwerdeführerin keine Abwesenheitsbestätigungen verlangt und auch keine Zeiterfassung vorgenommen habe. Frau XXXX habe bei den Sprachtrainings dem Anschein nach einen etwas weiteren Gestaltungsspielraum gehabt. Eine Gesamtbetrachtung nach der Methodik des beweglichen Systems ergebe aber – aufgrund des hohen zeitlichen Ausmaßes, der Regelmäßigkeit und des langen Zeitraumes der Beschäftigung, der (nahezu) ausschließlichen Tätigkeit für die Beschwerdeführerin, der Einbindung in die betriebliche Organisation, des engen und regelmäßigen Kontakts und Tätigwerdens mit anderen Mitarbeitern der Beschwerdeführerin, der Weisungs- und Kontrollmöglichkeit sowie des Fehlens einer generellen Vertretungsbefugnis –, dass die Merkmale der persönlichen Abhängigkeit ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung nach überwiegen. Da auch eine wirtschaftliche Abhängigkeit vorliege und die Beschäftigung gegen Entgelt erfolgt sei, liege im Ergebnis ein echtes Dienstverhältnis iSd § 4 Abs. 2 ASVG vor.
14. Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde vom 21.12.2020 hat der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 19.01.2021 fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin wurde beantragt den angefochtenen Bescheid zur Gänze aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen, in eventu, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den Sachverhalt selbst zu ergänzen. Die Beschwerdeführerin stellte weiters gemäß § 414 Abs. 2 ASVG den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch einen Senat.
In der Beschwerde wurde zusammenfassend vorgebracht, dass die belangte Behörde durch die Unterlassung der Vernehmung der von der Beschwerdeführerin beantragten Zeugen gegen die Verpflichtung zur Erforschung der materiellen Wahrheit und das Verbot der antizipierenden Beweiswürdigung verstoßen habe. Dadurch habe die belangte Behörde auch den gegenständlichen Sachverhalt falsch festgestellt und eine falsche rechtliche Würdigung vorgenommen. Frau XXXX sei nämlich selbstständig bzw. allenfalls im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses für die Beschwerdeführerin tätig geworden. Eine persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit sei nicht anzunehmen, da Frau XXXX weder hinsichtlich des Orts noch hinsichtlich des Zeitpunkts ihrer Dienstleistungserbringung Weisungen und Vorgaben der Beschwerdeführerin unterlegen sei. Zudem sei sie auch nicht in die betriebliche Struktur der Beschwerdeführerin eingegliedert gewesen. Frau XXXX sei auch sonst nicht den Weisungen oder der Kontrolle der Beschwerdeführerin unterlegen. Insbesondere sei sie auch nicht zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet gewesen, sondern sei es ihr freigestanden, sich durch eine qualifizierte Person vertreten zu lassen. Übersetzungen habe Frau XXXX auch ohne Einschränkungen und Konsequenzen ablehnen können, was sie auch immer wieder gemacht habe. Für die Durchführung der Sprachtrainings habe Frau XXXX die wesentlichen Betriebsmittel selbst zur Verfügung gestellt. Die Entlohnung sei ausschließlich leistungsbezogen erfolgt.
15. Die belangte Behörde legte die Beschwerde sowie den bezughabenden Verwaltungsakt am 01.02.2021 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
16. Das Bundesverwaltungsgericht führte in der gegenständlichen Rechtssache am 16.06.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der die Beschwerdeführerin im Beisein ihres Rechtsvertreters, eine Vertreterin der belangten Behörde und Frau XXXX als Verfahrensparteien persönlich teilnahmen. Bei der Verhandlung erfolgte überdies die Befragung von zwei Zeugen (Mag. XXXX und XXXX )
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Folgende Feststellungen gelten ausschließlich für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum von 11.07.2014 bis 30.09.2018.
Frau XXXX , XXXX , war für die Beschwerdeführerin im Zeitraum von 11.07.2014 bis 30.09.2018 als Übersetzerin (Deutsch - Englisch) und Sprachtrainerin (Englisch) tätig.
Vertragliche Grundlage für diese Tätigkeit waren im verfahrensrelevanten Zeitraum vorrangig sogenannte Purchase Orders der Beschwerdeführerin, mit welchen Frau XXXX – nach einer entsprechenden Angebotslegung ihrerseits – jeweils für ein halbes Jahr (immer von 01.01. bis 30.06. und von 01.07. bis 31.12 des jeweiligen Jahres) beauftragt wurde, eine als „Service für Projektabwicklung“ bezeichnete Leistung zu erbringen. Durch eine Aneinanderreihung dieser Purchase Orders wurde Frau XXXX im gesamten gegenständlichen Zeitraum durchgehend von der Beschwerdeführerin beschäftigt.
Der Ablauf gestaltete sich dabei so, dass Frau XXXX im ersten Schritt ein auf „Services für Projektentwicklung“ lautendes Pauschalangebot für das entsprechende Halbjahr gestellt hat. Darin waren neben einer konkretisierenden Bezeichnung der Leistung als „Projektunterstützung (Englische Technische Übersetzungen)“ insbesondere ein Pauschalstundensatz in EUR inklusive USt sowie eine Gesamtstundenanzahl pro Monat vermerkt, wobei sowohl der Pauschalstundensatz als auch die Gesamtstundenanzahl vorab zwischen der Beschwerdeführerin und Frau XXXX vereinbart wurden. Im nächsten Schritt wurde Frau XXXX entsprechend ihrem Angebot von der Beschwerdeführerin mittels Purchase Order für das jeweilige Halbjahr beauftragt. Im Purchase Order wurde neben einzelnen Eckpunkten der Beauftragung (insbesondere Leistungserbringungszeitraum, Gesamtauftragswert exklusive USt sowie Zahlungsbedingungen: „Sofort zahlbar“) angeführt, dass die Beauftragung entsprechend der Allgemeinen Einkaufsbedingungen der XXXX (im Folgenden kurz: AEB) erfolgte. Die Abrechnung erfolgte schlussendlich über Honorarnoten, die von Frau XXXX jeweils für einen Monat ausgestellt wurden. Frau XXXX wurde von der Human Resources- bzw. Personalabteilung der Beschwerdeführerin angeleitet, wie die Honorarnoten entsprechend der Vorgaben der Beschwerdeführerin auszustellen sind.
Die Allgemeinen Einkaufsbedingungen in der Fassung vom 07.05.2007, die von Frau XXXX am 23.01.2014 unterzeichnet wurden, sehen auszugsweise wie folgt vor:
„(Punkt 1.1): Die Allgemeinen Einkaufsbedingungen (im Folgenden „AEB“ genannt) der XXXX (im folgenden Auftraggeber oder AG genannt), regeln das Rechtsverhältnis zwischen dem Auftraggeber und jener juristischen oder natürlichen Person (im folgenden Auftragnehmer oder AN genannt), die vom AG mit der Lieferung von Waren und der Erbringung von Werk- und/oder Dienstleistungen beauftragt wird.
(Punkt 2.3): Der erteilte Auftrag darf ohne Zustimmung des Auftraggebers weder teilweise noch ganz an Subauftragnehmer weitergegeben werden.
(Punkt 3): Geheimhaltung und Datenschutz
(Punkt 3.1): Der Auftragnehmer hat über alle Tatsachen und Informationen, die ihm im Zusammenhang mit der Geschäftsbeziehung über die XXXX oder über dessen Kunden bekannt werden, absolutes Stillschweigen zu bewahren.
(Punkt 3.2.): Der Auftragnehmer wird seine Mitarbeiter bzw. Erfüllungsgehilfen (auch Subunternehmer) auf die Geheimhaltungspflicht ausdrücklich hinweisen und sie im Sinne des § 15 Datenschutzgesetz sowie § 38 Bankwesengesetz zur Geheimhaltung verpflichten. Diese Verpflichtung bleibt zeitlich unbegrenzt bestehen.
(Punkt 14): Kündigung / Rücktritt
(Punkt 14.1): Kündigung von Dienstleistungsverträgen
(Punkt 14.1.1): Ordentliche Kündigung: Dienstleistungsverträge können sowohl vom AN als auch vom AG unter Einhaltung einer 2wöchigen Kündigungsfrist gekündigt werden.
(Punkt 14.1.2): Außerordentliche Kündigung: Dienstleistungsverträge können sowohl vom AN als auch vom AG bei Vorliegen von wichtigen Gründen ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Als wichtiger Grund gilt insbesondere der Verstoß gegen die AEB oder der Verstoß gegen im Auftrag vereinbarte Bedingungen.
(Punkt 14.2): Rücktrittsrecht bei Werkverträgen: Dem AG stehen die gesetzlichen Rücktrittsrechte zu. Überdies ist er berechtigt, vom Vertrag ohne Setzung einer Frist zurückzutreten, wenn Anzeichen vorliegen, die das Vertrauen des AG in den AN schwer erschüttern (z.B. Unzuverlässigkeit, oder Untüchtigkeit des AN oder Mängel in der Leistungserbringung, die eine besondere Sorglosigkeit und Nachlässigkeit des AN nahe legen). Dem AN ist der bis dahin entstandene notwendige und nützliche Aufwand zu ersetzen. Schadenersatzansprüche des AG bleiben davon unberührt.
(Punkt 18.3): Im Fall der Erbringungen von Leistungen gelten die Allgemeinen Vertragsbedingungen bei Beauftragungen von Werk- und Dienstleistungen der XXXX .“
In den Allgemeinen Vertragsbedingungen bei Beauftragungen von Werk- u. Dienstleistungen in der XXXX (im Folgenden kurz: AVB) befinden sich Klauseln zur Weitergabe eines Auftrages an Subunternehmer (Punkt 2.3), zur Geheimhaltung und zum Datenschutz (Punkt 3.1 und 3.2) sowie zur Kündigung von Dienstleistungsverträgen (Punkt 19.1.1 und 19.1.2) bzw. zum Rücktrittsrecht bei Werkverträgen (Punkt 19.2) die sich im Wesentlichen mit den oben zitierten Klauseln in den AEB decken. Zusätzlich wird in den AVB auszugsweise wie folgt vorgesehen:
„(Punkt 1.2): Dienstleistungen sind insbesondere Beratungs- und Schulungsleistungen.
Werkleistungen sind insbesondere:
? das Erstellen von Konzepten, Berichten, Entscheidungsempfehlungen usw.
? die Programmierung von Software, Anpassungen und Modifikationen von Software, die Übergabe der Software und des dazugehörigen Quellcodes sowie das Herbeiführen der Funktionsfähigkeit auf bestimmten EDV-Anlagen und Geräten
? das Erstellen der Benutzer- und Programmdokumentation, jeweils in deutscher Sprache
(Punkt 3.3): Werden dem AN Kundendaten zum Zwecke der Verarbeitung als Dienstleistung gemäß Art 28 DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) überlassen, verpflichtet sich der AN, einen Auftragsverarbeitungsvertrag im Sinne der DSGVO bzw. des Datenschutzgesetzes 2018 zu unterfertigen, der einen integrierenden Bestandteil der jeweiligen Beauftragung bildet.
(Punkt 5.1): Auftragserteilungen des AG erfolgen ausschließliche schriftlich.
(Punkt 5.2): Die im Beauftragungsschreiben definierten Personenstunden / -tagesanzahl stellt ein Kontingent dar, sodass eventuell nicht ausgeschöpfte Zeiten nicht zur Verrechnung gelangen.
(Punkt 5.3): Mündliche (telefonische) Ergänzungen, Abänderungen bzw. Abweichungen vom Auftrag werden erst ab der schriftlichen Bestätigung durch beide Vertragspartner rechtswirksam. Die Übernahme der Leistung / Lieferung einschließlich Übernahmebestätigung auf den Lieferdokumenten gilt nicht als Annahme mündlicher (telefonischer) Vereinbarungen.
(Punkt 9.4): Dienstleistungen sind auf Basis von Personenstunden bzw. Personentagen zu erbringen. Soweit nichts anderes festgelegt ist, werden über die tatsächlich erbrachten und von den Projektverantwortlichen gegengezeichneten Leistungen in monatlichen Abständen Rechnungen erstellt.
(Punkt 18.6): Soweit die Leistungserbringung in den Räumlichkeiten des Auftraggebers erfolgt, schafft dieser die Voraussetzungen (Arbeitsplatz, Zugang zu Hard- und Software, etc.) für die Leistungserbringung durch den AN und stellt die dazu erforderlichen Arbeitsräume und –mittel zur Verfügung.“
(Punkt 18.8): Informationspflicht, Auskunftsrecht und Entbindung
Der Auftragnehmer verpflichtet sich auf Verlangen des Auftraggebers, durch die Vorlage der geeigneten Dokumente (Gewerbeschein oder Gewerberegisterauszug) nachzuweisen, dass er die behördliche Genehmigung zur Ausübung seiner Tätigkeit innehat. Seine Gewerbeberechtigung muss aufrecht sein, d.h. sie darf weder ruhend gemeldet noch zurückgelegt sein.
Der Auftraggeber übernimmt für den Auftragnehmer keine wie auch immer geartete Beitrags-, Melde- oder sonstige Administrationspflichten sozialversicherungsrechtlichen Inhalts. Im Hinblick auf die Erfüllung sozialversicherungsrechtlicher Pflichten hält der AN den AG vollkommen schad- und klaglos.
(Punkt 18.9): Interessenkollision
Die Übernahme eines Auftrages durch den Auftragnehmer gilt als verbindliche Erklärung, dass der Auftragnehmer hinsichtlich der von ihm übernommenen Tätigkeit weder einer Verpflichtung noch Einschränkung unterliegt, noch eine solche übernehmen wird, die die vereinbarte Leistung in irgendeiner Weise stören könnte oder mit ihr unvereinbar wäre.
Sollte eine solche Interessenkollision bekannt werden, ohne dass sie der Auftragnehmer gemeldet hat, ist der Auftraggeber berechtigt, den Vertrag fristlos zu kündigen und eventuell begonnene Tätigkeiten von einem Fachmann seines Vertrauens auf Kosten des Auftragnehmers zu Ende führen zu lassen. Der Auftragnehmer hat in diesem Fall Anspruch auf den Anteil des Entgeltes, der seiner schon erbrachten und weiter verwertbaren Leistung entspricht.“
Aufgrund dieser Vereinbarung hat Frau XXXX die beiden gegenständlichen Tätigkeitsbereiche parallel für die Beschwerdeführerin ausgeübt. Nämlich einerseits die Übersetzung von Dokumenten (Deutsch - Englisch), die Projekte (insbesondere Immobilienprojekte) der Beschwerdeführerin betrafen und andererseits die Vorbereitung und Abhaltung von Sprachkursen (Englisch) speziell und ausschließlich für MitarbeiterInnen der Beschwerdeführerin.
Der Ablauf bei der Übersetzungstätigkeit gestaltete sich konkret derart, dass Frau XXXX die Übersetzungsaufträge laufend von Abteilungsleitern, Projektverantwortlichen oder sonstigen MitarbeiterInnen der Beschwerdeführerin erhalten hat. Die Auftragserteilung erfolgte persönlich im Betriebsgebäude, telefonisch über ein von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestelltes Diensthandy oder per E-Mail an eine von der Beschwerdeführerin für Frau XXXX eingerichtete E-Mail-Adresse, wobei die Dokumente vorwiegend elektronisch (E-Mail, USB-Stick) übermittelt bzw. übergeben wurden. Für sämtliche Übersetzungsaufträge wurde Frau XXXX ein Fertigstellungstermin („Deadline“) von dem/der auftragserteilenden MitarbeiterIn der Beschwerdeführerin vorgegeben. Die eingeräumte Frist variierte dabei je nach Dringlichkeit und Umfang des zu übersetzenden Dokuments stark und konnten sich über eine oder mehrere Wochen oder aber nur über 24 Stunden (in Einzelfällen auch über eine noch kürzere Frist) erstrecken. Zusammenfassend gab es somit zwei Kategorien von Übersetzungen. „Normale“ Übersetzungen mit einer Frist von zumindest einer Woche und dringende Übersetzungen, die sofort zu bearbeiten waren. Die vorgegebenen Deadlines wurden von Frau XXXX stets eingehalten. Vor größeren Projekten wurde ein Termin zwischen den beteiligten MitarbeiterInnen der Beschwerdeführerin und Frau XXXX abgehalten, bei dem die benötigten Übersetzungen und ein Zeitplan vorab besprochen wurden. Bei Überschneidungen zweier oder mehrerer dringender Übersetzungsaufträge wurde Frau XXXX von leitenden MitarbeiterInnen der Beschwerdeführerin vorgegeben, welche Übersetzung prioritär zu bearbeiten ist. Während der Übersetzungstätigkeit war Frau XXXX im ständigen Austausch mit den beteiligten MitarbeiterInnen hinsichtlich Bearbeitungsstand und inhaltlichen Fragestellungen. Nach Fertigstellung wurden in der Regel Details der jeweiligen Übersetzung (bspw. Fachtermini) besprochen, wobei Änderungswünsche der KollegInnen von Frau XXXX gegebenenfalls nachträglich eingearbeitet wurden.
Bei den Sprachkursen war der konkrete Ablauf derart, dass Frau XXXX im ersten Schritt von der Personalabteilung der Beschwerdeführerin eine Auflistung der an den Sprachkursen teilnehmenden MitarbeiterInnen der Beschwerdeführerin erhalten hat. Dabei wurde Frau XXXX vorgegeben, diese MitarbeiterInnen mittels Durchführung eines Einstufungsgesprächs bzw. Einstufungstests entsprechend ihren Vorkenntnissen in Gruppen einzuteilen. Im nächsten Schritt vereinbarte Frau XXXX direkt mit den Kursteilnehmern Termine für diese Einstufungstests, führte selbige in ihrem Büro durch und nahm die Gruppeneinteilung vor. Die Kursgruppen hatten eine Größe von ein bis fünf TeilnehmerInnen. Mit diesen Kursgruppen vereinbarte sie daraufhin wöchentliche ca. eineinhalb- bis zweistündige Kurstermine, die während der Arbeitszeit der KursteilnehmerInnen, entweder im Büro von Frau XXXX oder in sonstigen geeigneten Räumlichkeiten im Betriebsgebäude der Beschwerdeführerin, stattfanden. Die Gesamtanzahl der Kurstermine pro KursteilnehmerIn wurde von deren Führungskraft individuell vorgegeben. Eine Aufstellung der mit den Kursgruppen vereinbarten Termine wurde von Frau XXXX an die Personalabteilung übermittelt. Im Falle der Verhinderung eines Kursteilnehmers bzw. von Frau XXXX selbst wurde der betroffene Kurstermin in direkter Absprache verschoben oder abgesagt. Bei Frau XXXX konnte es insbesondere durch das kurzfristige Einlangen eines dringenden prioritär zu behandelnden Übersetzungsauftrages zu einer solchen Verhinderung kommen. Die konkrete inhaltliche Gestaltung der Sprachkurse oblag Frau XXXX und richtete sich in erster Linie nach dem konkreten, beruflich bedingten Bedarf der KursteilnehmerInnen (bspw. „Legal English“ für Juristen, „English for Engineering“ für Architekten usw.).
Das Verhältnis der zeitlichen Beanspruchung von Frau XXXX durch diese zwei Tätigkeitsbereiche hat sich im verfahrensgegenständlichen Zeitraum zwar ständig verändert, jedoch tendenziell in Richtung der Übersetzungstätigkeit verschoben. Zuletzt war das Verhältnis der beiden Tätigkeitsbereiche so, dass 80% der Zeit für Übersetzungen aufgewendet wurden und 20% für Sprachkurse. Auch unabhängig vom zeitlichen Aufwand war die Vorgabe seitens der Beschwerdeführerin stets so, dass die Übersetzungen prioritär zu behandeln sind. Dies zeichnete sich auch dadurch ab, dass bei dringenden Übersetzungsaufträgen terminlich divergierende Sprachkurse zu verschieben waren.
Die Beschwerdeführerin stellte Frau XXXX im Betriebsgebäude einen Arbeitsplatz zur Verfügung. Dieser befand sich zunächst in einem Raum der zwar prioritär als Arbeitsplatz für Frau XXXX vorgesehen war, der jedoch auch als Archivraum genutzt wurde. Wurde beispielsweise urlaubsbedingt ein anderer Raum bzw. ein anderer Arbeitsplatz frei, konnte sie auch diesen benutzen. Nach einem Umzug der Beschwerdeführerin in ein neues Betriebsgebäude wurde Frau XXXX ein eigener Büroraum fix zugeteilt, an dem ihr Namensschild angebracht war und den sie bei Bedarf auch abschließen konnte. Im Zuge eines weiteren Umzugs in ein neues Betriebsgebäude stellte die Beschwerdeführerin ihre Bürostruktur auf ein Open-Space-Büro-Konzept um, wodurch es grundsätzlich keine fix zugeordneten Arbeitsplätze mehr gab. Alle im Open-Space-Büro tätigen Personen, so auch Frau XXXX , konnten ihren Arbeitsplatz im Büro frei und flexibel wählen und bekamen einen verschließbaren Spind bzw. „Locker“ zugeteilt. Im verfahrensrelevanten Zeitraum verfügte Frau XXXX stets über einen Schlüssel bzw. eine Schlüsselkarte, die ihr den Zutritt zum Betriebsgebäude und zum Büro ermöglichte. Die Gültigkeit der Schlüsselkarte war jeweils auf maximal 12 Monate beschränkt und musste vor Ablauf dieser Frist von der Personalabteilung durch eine Eingabe im System für die jeweils darauffolgende Periode freigeschalten werden.
Zusätzlich zum Arbeitsplatz stellte die Beschwerdeführerin Frau XXXX einen passwortgesicherten PC, eine eigene E-Mailadresse, ein Diensthandy, einen Zugang zu einem Drucker und Kopierer, ein Flipchart, Büromaterialien usw. zur Verfügung. Ab einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt, spätestens jedoch ab der Einführung des Open-Space-Büros, erhielt Frau XXXX von der Beschwerdeführerin ein eigenes Notebook. Um sich auch außerhalb des Betriebsgebäudes ins EDV-System der Beschwerdeführerin einloggen zu können, wird zusätzlich zum Notebook ein sogenannter „RAS-Programmzugriff“ benötigt. Über diesen „RAS-Programmzugriff“ verfügte Frau XXXX im gesamten verfahrensrelevanten Zeitraum nicht. Fachbücher, Fachwörterbücher und Fachzeitschriften wurden von Frau XXXX selbst erworben und für ihre Tätigkeit bei der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt.
Frau XXXX übte die gegenständliche Tätigkeit ausschließlich an ihrem Arbeitsplatz im Betriebsgebäude der Beschwerdeführerin aus. Vorgaben seitens der Beschwerdeführerin in Hinblick auf den Arbeitsort gab es insbesondere für die Übersetzung von Dokumenten, die als „streng vertraulich“ eingestuft wurden und daher das Betriebsgebäude nicht verlassen durften. Wenngleich Frau XXXX eine Vertraulichkeitserklärung unterzeichnet hat, konnte nicht festgestellt werden, dass ihr von der Beschwerdeführerin (ausdrücklich) gestattet wurde, Dokumente der restlichen Kategorien („bloß“ vertrauliche und sonstige Dokumente) auch außerhalb der Betriebsräumlichkeiten zu übersetzen. Zumindest wäre bei diesen Dokumenten eine vorherige Absprache mit der Beschwerdeführerin nötig gewesen. Bei den Sprachkursen gab es zwar keine strikte Vorgabe der Beschwerdeführerin betreffend Ort der Kursabhaltung; aufgrund des Umstandes, dass die Kurse während der Arbeitszeit der MitarbeiterInnen stattfanden, wurde aber sowohl von den teilnehmenden MitarbeiterInnen, als auch von der Beschwerdeführerin die schlussendlich auch gelebte Lösung, nämlich die ausschließliche Abhaltung der Kurse in den Betriebsräumlichkeiten eindeutig präferiert. So konnte insbesondere ein Arbeitszeitverlust der KursteilnehmerInnen vermieden werden, der bei Kursen außer Haus durch An- und Rückreise entstanden wäre.
Wenngleich es hinsichtlich der Arbeitszeit keine strikten Vorgaben seitens der Beschwerdeführerin im Sinne von fixen Zeiten für Arbeitsbeginn und Arbeitsende bzw. einer Mindeststundenanzahl gab, wurde von Frau XXXX von Montag bis Freitag während der Betriebszeiten erwartet, im Büro anwesend zu sein oder im Falle einer Abwesenheit auf Abruf für Übersetzungen zur Verfügung zu stehen. In der Regel war Frau XXXX von Montag bis Donnerstag von 07:00 bis 16:30 und Freitag von 07:00 bis 15:00 (mit einer halbstündigen Mittagspause) im Büro, wobei sie im Falle eines höheren Arbeitsanfalles (insbesondere im Hinblick auf die Übersetzungen) auch des Öfteren länger im Büro war. Es kam aber auch vor, dass Frau XXXX an einzelne Tagen nicht anwesend war. In diesem Fall hatte sie die Vorgabe, die Beschwerdeführerin über die Personalabteilung vorab zu informieren, was sie auch stets gemacht hat. Die Beschwerdeführerin erwartete an solchen Tagen, dass Frau XXXX über ihr Diensthandy erreichbar ist, wobei sie im Falle eines dringenden Übersetzungsauftrags telefonisch aufgefordert wurde, kurzfristig ins Büro zu kommen. Solchen Aufforderungen kam Frau XXXX auch stets nach. Eine Arbeitszeitaufzeichnung erfolgte durch die Beschwerdeführerin nicht.
Urlaube musste Frau XXXX mit der Beschwerdeführerin nicht explizit abstimmen. Sie konnte sich ihre Urlaube, sofern es der Arbeitsanfall zuließ, selbst – ohne vorher eine Zustimmung der Beschwerdeführerin einzuholen – einteilen. Dabei informierte sie vorab die Personalabteilung, die SprachkursteilnehmerInnen sowie die Leiter der Abteilungen, von welchen sie Übersetzungsaufträge erhalten hat. Vor ihrem Urlaub wurde im Regelfall in den relevanten Abteilungen nachgefragt, ob noch dringende Übersetzungen benötigt werden, welche dann vor Urlaubsantritt abgearbeitet wurden.
Im Falle ihrer Abwesenheit (wie Urlaub oder Krankheit) hat sich Frau XXXX , sowohl bei den Übersetzungen als auch bei den Sprachtrainings, im gesamten verfahrensrelevanten Zeitraum nicht vertreten lassen. Es gab schlichtweg keine Vertretung. In ihrer Abwesenheit fanden die Sprachtrainings nicht statt bzw. wurden keine Übersetzungsleistungen für die Beschwerdeführerin erbracht.
Ein sanktionsloses Ablehnungsrecht hinsichtlich der übernommenen Sprachtrainings und Übersetzungen wurden im vorliegenden Fall weder vereinbart, noch jemals gelebt.
Ab 2016 musste Frau XXXX jeden Monat einen Tätigkeitsbericht abgeben, in dem alle Übersetzungen inklusive der jeweils aufgewendeten Zeit, der Seitenanzahl und einer Bezeichnung des zugrundeliegenden Projekts (einschließlich der projektverantwortlichen Person) sowie alle durchgeführten Sprachkurse unter Angabe der jeweiligen Kursgruppe, des genauen Kurstermins und der benötigten Vorbereitungszeit anzuführen waren. Dieser Tätigkeitsbericht wurde in weiterer Folge von Herrn XXXX , seit März 2013 Leiter des Bereichs Real Estate bei der Beschwerdeführerin, insbesondere in Hinblick auf die darin angeführten Stunden, auf Plausibilität hin überprüft. Herr XXXX fragte auch im Einzelnen bei den jeweiligen MitarbeiterInnen nach, ob die angeführten Übersetzungstätigkeiten auch tatsächlich ausgeführt bzw. die Sprachkurse auch tatsächlich abgehalten wurden.
Frau XXXX war in die soziale Betriebsstruktur eingegliedert und dementsprechend nahm sie bspw. bei der Betriebsweihnachtsfeier sowie bei sonstigen betrieblichen Feiern (Pensionierungen, Geburtstagen, usw.) teil. Zudem wurde ihr die Möglichkeit eingeräumt, in der Mittagspause die betriebseigene Kantine der Beschwerdeführerin zu nutzen. Am 03.11.2015 ging sie aufgrund gesundheitlicher Beschwerden zur Betriebsärztin der Beschwerdeführerin, die eine physikalische Therapie im betriebseigenen, ausschließlich MitarbeiterInnen der Beschwerdeführerin zugänglichen, Health Center verordnete. In diesem Health Center wurde Frau XXXX an sechs Terminen im November und Dezember 2015 behandelt.
Für die verfahrensgegenständliche Tätigkeit als Übersetzerin und Sprachtrainerin hat Frau XXXX ein monatliches Pauschalentgelt (somit 12x pro Jahr) von der Beschwerdeführerin erhalten, das sich aus einer vorab vereinbarten Stundenanzahl und einem vorab vereinbarten Stundensatz errechnete. Dieses monatliche Pauschalentgelt betrug von Juli 2014 bis Dezember 2015 EUR 6.090,- inkl. USt (87 Stunden à EUR 70,-), von Jänner 2016 bis Juni 2018 EUR 6.177,- inkl. USt (87 Stunden à EUR 71,-), von Juli 2018 bis August 2018 EUR 4.331,- inkl. USt (61 Stunden à EUR 71,-) und im September 2018 EUR 4.260,- inkl. USt (60 Stunden à EUR 71,-). Die vereinbarten und in den Honorarnoten abgerechneten Stunden entsprachen nicht den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden. Bei den abgerechneten Beträgen handelt es sich vielmehr um ein vorab vereinbartes Entgelt, mit dem die von Frau XXXX erbrachte Leistung pauschal und gleichmäßig auf Monate verteilt abgegolten sein sollte. Es wurden weder Mehrleistungen bezahlt, noch kam es zu einer Minderung des Entgelts aufgrund von Urlauben oder bei Krankheit.
Zur Reduktion der in den Monaten Juli bis September 2018 abgerechneten Beträge kam es, nachdem die Einkaufsabteilung der Beschwerdeführerin Frau XXXX informierte, dass sich ihr Entgelt entsprechend reduzieren wird. In weiterer Folge fand ein Termin zwischen Frau XXXX und Herrn XXXX statt, bei dem die Beendigung der Tätigkeit mit Ende September 2018 vereinbart wurde.
Frau XXXX hatte keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel, keine Gewerbeberechtigung und keine eigene Unternehmensstruktur.
Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ging Frau XXXX – in einem zeitlich überschaubaren Ausmaß – unentgeltlichen sowie entgeltlichen Nebentätigkeiten nach. So engagierte sie sich ehrenamtlich für die XXXX und gab befreundeten Personen unentgeltlich Nachhilfeunterricht in Englisch. In Absprache mit der Beschwerdeführerin übernahm sie entgeltlich für ein zeitlich befristetes Projekt der XXXX , einem Schwesterunternehmen der Beschwerdeführerin, Übersetzungstätigkeiten. Dabei wurde zwischen der Beschwerdeführerin, dem Projektverantwortlichen bei der XXXX und Frau XXXX vereinbart, dass die Tätigkeit für die Beschwerdeführerin Priorität hat. Die gegenständliche Tätigkeit von Frau XXXX bei der Beschwerdeführerin wurde durch die Nebentätigkeiten nicht divergiert.
2. Beweiswürdigung:
Sozialversicherungsrechtliche Verfahren betreffend die Feststellung der Versicherungspflicht – hier der von Frau XXXX – sind stets Einzelfallentscheidungen.
Bei der Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse, die konkrete Ausgestaltung und das „tatsächlich Gelebte“ an. Auf eine theoretisch mögliche andere Gestaltung kommt es bei der Beurteilung des im gegenständlichen Fall verwirklichten Sachverhalts nicht an.
Der Verfahrensgang und die Sachverhaltsfeststellungen konnten in Zusammenschau mit der am 16.06.2021 durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, dem aktenkundigen, regen Schriftverkehr sowohl im Ermittlungsverfahren vor der Österreichischen Gesundheitskasse als auch vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie den im Akt befindlichen (wesentlichen) Urkunden getroffen werden.
Der verfahrensgegenständliche Zeitraum, den Frau XXXX im Verfahren vor der belangten Behörde eingeschränkt hat (siehe Erhebungsbericht der belangten Behörde 12.06.2020 bis 13.08.2020 im Verwaltungsakt, ON 20, S. 2), wurde von keiner Verfahrenspartei bestritten (siehe Niederschrift vom 16.06.2021 in OZ 10, S. 29). Unbestritten blieb auch, dass Frau XXXX in diesem Zeitraum für die Beschwerdeführerin als Übersetzerin und Sprachtrainerin tätig war.
Die gesamte vertragliche Gestaltung mittels Angebotslegung, Purchase Order inklusive Einbeziehung der AEB und AVB bis hin zur Abrechnung über Honorarnoten und der konkrete Inhalt der einzelnen Vertragsbestandteile ergeben sich unmittelbar aus den in dieser Hinsicht eindeutigen Urkunden (siehe Beilagen zum Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 03.09.2019 im Verwaltungsakt, ON 12, Beilagen ./2 bis ./6). Die Feststellung, dass Frau XXXX bei der Ausstellung der Honorarnoten angeleitet wurde, beruht auf die Zeugenaussage von der bei der Beschwerdeführerin angestellten Frau XXXX , die Frau XXXX in dieser Angelegenheit angeleitet hat (siehe Niederschrift vom 16.06.2021 in OZ 10, S. 18). Diese Aussage deckt sich auch mit der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, dazugehörigen Urkunde (Beilage ./1).
Da die konkreten Abläufe bei den Übersetzungen und Sprachkursen in ihren Grundzügen im Vorbringen aller beteiligter Parteien nicht im Widerspruch standen, beschränken sich die folgenden Ausführungen diesbezüglich auf einzelne Abweichungen im Detail. Eine Abweichung hat sich hinsichtlich der Übersetzungstätigkeit insbesondere bei den eingeräumten Fertigstellungsfristen und der Häufigkeit von dringenden Übersetzungsaufträgen ergeben. Während Herr XXXX in seiner Zeugenaussage tendenziell von großzügig bemessenen Fristen ausgeht (siehe Niederschrift vom 16.06.2021 in OZ 10, S. 24: „Das war heterogen. […] Auffallend selten war z.B. dass einmal ein Dokument innerhalb von 48 Stunden übersetzt werden musste. In der Regel hat es wahrscheinlich eine Spreizung von einer bis zu vier, sechs Wochen gegeben.“) betonte Frau XXXX in ihrer Aussage eher die dringenden Aufträge und kurzen Fristen (siehe Niederschrift vom 16.06.2021 in OZ 10, S. 12: „Z.B. bekam ich einen Auftrag in der Früh um 07:00 Uhr, wenn ich kam, dann hatte ich etwa bis 09:00 Uhr oder bis Mittag oder bis morgen Zeit. Wenn ich z.B. 50 Seiten bekam, war ich auch bis 22:00 Uhr im Büro.“) Einigkeit bestand aber bei den schlussendlich für die Feststellungen entscheiden Punkten. Nämlich, dass die Fristen stark variierten, dass es einerseits „normale“ Übersetzungen mit einer längeren Frist gab sowie andererseits dringende Übersetzungen, die umgehend zu erledigen waren und, dass die vorgegebenen Deadlines stets eingehalten wurden. Jede einzelne Frist kann und muss für den gesamten gegenständlichen Zeitraum, der sich über mehr als vier Jahre erstreckt, nicht im Detail rekonstruiert werden.
Bei der Frage, wer die Priorisierung im Falle einer Überschneidung mehrerer dringender Übersetzungsaufträge vorgab, kann der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden, wenn sie in der Beschwerde ausführt: „Bearbeitete Frau XXXX mehrere Übersetzungen parallel oder wurden dringende Übersetzungen in Auftrag gegeben, so fand lediglich eine von ihr meist selbst vorgenommene Priorisierung der Übersetzungen statt.“ (siehe Beschwerde vom 19.01.2021, S. 14). Diese Ausführung ist insofern lebensfremd, da dahingestellt bleibt, nach welchen Kriterien sie das selbst hätte entscheiden sollen. Es kann nämlich nicht unterstellt werden, dass sie als in der hierarchischen Struktur der Beschwerdeführerin untergeordnete Übersetzerin den nötigen Einblick in die Abläufe der betroffenen Projekte hat, um in dieser Hinsicht eine eigenständige, informierte Entscheidung zu treffen. Lebensfremd und nicht nachvollziehbar ist auch, dass die Beschwerdeführerin als Tochter eines italienischen Mutterkonzerns diese Entscheidungskompetenz in die Hand der einen Übersetzerin in Wien gegeben hätte, können solche Entscheidungen doch erfahrungsgemäß weitreichende Konsequenzen haben. Insbesondere bei Bauprojekten ist es doch oft von entscheidender Bedeutung, dass benötigte Dokumente fristgerecht zur Verfügung stehen. Daher wurde in diesem Punkt der nachvollziehbaren und glaubhaften Aussage von Frau XXXX gefolgt, wonach ihr solche Priorisierungen von den leitenden Mitarbeitern der Beschwerdeführerin vorgegeben wurden (siehe Replik von Frau XXXX vom 21.10.2019 im Verwaltungsakt, ON 15, S. 2: „Welche Übersetzungen prioritär zu behandeln sind wurde mir immer klar gesagt.“). Generell darf angemerkt werden, dass nach dem Eindruck des erkennenden Senates in der Verhandlung die Beschwerdeführerin in Frau XXXX über die vielen Jahre eine äußerst loyale und kompetente Mitarbeiterin hatte.
Auch bei den Sprachkursen ist im Besonderen darauf einzugehen, welche Vorgaben es seitens der Beschwerdeführerin gegeben hat. Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin im Zuge der Übermittlung der Teilnehmerliste den Auftrag erteilt hat, eine Einteilung entsprechend der Vorkenntnisse, nach Durchführung eines Einstufungstests bzw. Einstufungsgesprächs vorzunehmen, wurde auf das glaubwürdige Vorbringen von Frau XXXX gestützt (siehe dazu bspw. die niederschriftliche Einvernahme der belangten Behörde am 16.04.2019, im Verwaltungsakt, ON 7, S. 2) welches in dieser Frage auch zumindest implizit durch die Zeugenaussage von Herrn XXXX bestätigt wird (siehe Niederschrift vom 16.06.2021 in OZ 10, S. 26: „Es war die Aufgabe von XXXX das zu koordinieren und wir haben uns abgesprochen, dass [Frau XXXX ] vor Kursstart ein Einstufungsgespräch führt, damit Kursgruppen gebildet werden können.“).
Dass die konkrete inhaltliche Gestaltung der Kurse Frau XXXX oblag und vorwiegend durch den beruflichen Bedarf bzw. durch die berufliche Tätigkeit der Kursteilnehmer determiniert war, sagte auch Frau XXXX selbst in der mündlichen Verhandlung aus (siehe Niederschrift vom 16.06.2021 in OZ 10, S. 24: „Ich habe mich nur an die Bedürfnisse der Personen, z.B. die Architekten, gerichtet. Ich habe das dann selbst vorbereitet, fachspezifisch. Es war für mich klar, dass ich bei der Rechtsgruppe Legal English unterrichten musste. Ich habe immer geschaut, dass jeder das bekommt, was er für die Arbeit braucht.“).
Die Feststellungen zum Verhältnis der beiden Tätigkeitsbereiche (zeitliche Beanspruchung und Priorität der Übersetzungen) basieren auf den glaubwürdigen Angaben von Frau XXXX vor der belangten Behörde (siehe E-Mail mit Fragebogen vom 28.05.2019 im Verwaltungsakt, ON 9, S. 2) und ihrer gleichermaßen glaubwürdigen Aussage in der mündlichen Verhandlung (siehe Niederschrift vom 16.06.2021 in OZ 10, S. 6), welche in diesem Punkt auch nicht konkret bestritten wurden.
In Bezug auf die Zurverfügungstellung eines Arbeitsplatzes im Betriebsgebäude einschließlich der üblichen Betriebsmittel (PC, Diensthandy, E-Mail, Drucker/Kopierer, usw.) sowie eines Schlüssels bzw. einer Schlüsselkarte durch die Beschwerdeführerin und die Zurverfügungstellung der Fachbücher durch Frau XXXX , wurde der Sachverhalt von den beteiligten Parteien im Wesentlichen gleich geschildert. Nur im Hinblick auf die Ausführungen zum Notebook haben sich die Verfahrensparteien anfänglich widersprochen. Dieser Widerspruch hat sich aber in der mündlichen Verhandlung aufgelöst, nachdem schlussendlich auch Frau XXXX angegeben hat, ein Notebook erhalten zu haben (siehe Niederschrift vom 16.06.2021 in OZ 10, S. 25). Die Diskrepanz hat sich dahin verlagert, ob Frau XXXX mit diesem Notebook auch von zuhause aus arbeiten hätte können (Thematik „RAS-Programmzugriff“). Wenn der Zeuge Herr XXXX in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin angibt „Ich weiß nicht, ob ich von [Frau XXXX ] einen RAS-Antrag bekommen habe. Ich habe bisher alle RAS-Anträge genehmigt.“ (siehe Niederschrift vom 16.06.2021 in OZ 10, S. 25), ist auf die obenstehende Ausführung hinzuweisen, wonach es auf eine theoretisch mögliche andere Gestaltung bei der Beurteilung des im gegenständlichen Fall verwirklichten Sachverhalts nicht ankommt. Fest steht, dass Frau XXXX diesen Programmzugriff für ein Arbeiten von zuhause aus nicht gehabt hat. Daher konnte auch dahingestellt bleiben wann genau die Umstellung vom Stand-PC auf das Notebook erfolgt ist.
Bei der Thematik des Arbeitsortes besteht zwar keine Diskrepanz darüber, dass Frau XXXX ihre Tätigkeit faktisch ausschließlich am Arbeitsplatz im Betriebsgebäude ausübte und dass streng vertrauliche Dokumente das Haus nicht verlassen durften; bei den sonstigen Dokumenten stehen sich aber die Aussagen in der mündlichen Verhandlung diametral gegenüber. Während Frau XXXX darauf insistierte, dass eine Mitnahme und Bearbeitung dieser Dokumente außerhalb der Betriebsräumlichkeiten nicht gestattet worden sei (siehe Niederschrift vom 16.06.2021 in OZ 10, S. 25: „Fr. XXXX hat immer gesagt, ich darf keine Unterlagen mitnachhause nehmen, weil es die [Beschwerdeführerin] nicht erlaubt hat und ich diese Vereinbarung unterschrieben.“) sagten die Zeugen Herr XXXX und Frau XXXX aus, dass eine Mitnahme bei nicht streng vertraulichen Dokumenten ohne Probleme möglich gewesen sei (siehe Niederschrift vom 16.06.2021 in OZ 10, S. 18, 24 u. 27). Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Aussage von Frau XXXX , die wie folgt ausführt: „[Frau XXXX ] hat eine Complianceerklärung unterschrieben und natürlich konnte sie da auch Dokumente mitnehmen. Dies aber in Absprache mit uns. Manche waren strengvertraulich, diese hätte sie nicht mitnehmen dürfen.“ Wenn sie nämlich im Nachsatz ihren auf den ersten Blick eindeutigen Standpunkt gleich wieder relativiert und sagt, dass eine Mitnahme der Dokumente doch nur in Absprache möglich gewesen sei, legt das für das erkennende Gericht nahe, dass sich die Sachlage in dieser Angelegenheit keineswegs so klar darstellte. Es entstand somit der Eindruck, dass eine solche Absprache schlichtweg nicht stattgefunden hat, weshalb im Ergebnis nicht festgestellt werden konnte, dass es eine ausdrückliche Erlaubnis gab.
Hinsichtlich der Sprachkurse basiert die Feststellung zum Arbeitsort (keine strikte Vorgabe, aber eindeutige Präferenz für die Abhaltung der Kurse im Betriebsgebäude) auf die glaubwürdige, lebensnahe und auch nachvollziehbare Aussage von Herrn XXXX in der mündlichen Verhandlung (siehe Niederschrift vom 16.06.2021 in OZ 10, S. 27).
Die Feststellungen zur Arbeitszeit basieren auf der glaubwürdigen Aussage von Frau XXXX , die im gesamten Verfahren vor der belangten Behörde sowie im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht konsistente Angaben zur Arbeitszeit gemacht hat, wobei diese Angaben auch mit einigen lebensnahen Beispielen untermauert wurden. Zudem räumt sie auch selbst ein, dass es keine strikten Vorgaben der Beschwerdeführerin im Sinne von fixen Zeiten für Arbeitsbeginn und –ende und auch keine Mindeststundenanzahl gab (siehe Replik von Frau XXXX vom 21.10.2019 im Verwaltungsakt, ON 15, S. 4-6). Ausdrücklich nicht gefolgt wird in diesem Zusammenhang aber der Aussage der Zeugin Frau XXXX in der mündlichen Verhandlung, wenn sie vermeint Frau XXXX „konnte kommen und gehen, wann sie wollte.“ Wesentlich nachvollziehbarer ist auch vor dem Hintergrund der betrieblichen Notwendigkeiten der Beschwerdeführerin – konnte es doch laufend vorkommen, dass eine dringende Übersetzung benötigt wurde, für die unter anderem auch nur sehr kurze Fertigstellungsfristen zur Verfügung standen und fanden doch regelmäßig Kurstermine statt –, dass Frau XXXX wie festgestellt in der Regel im Büro und gegebenenfalls bei einer Abwesenheit zumindest über ihr Diensthandy erreichbar war, wobei Sie Abwesenheiten stets vorab bekanntgegeben hat.
Die Feststellungen zur Urlaubsplanung bzw. -einteilung und zur konkreten Vorgehensweise bei Urlauben von Frau XXXX konnten aufgrund dem in dieser Thematik gleichlautenden Vorbringen der Verfahrensparteien unstrittig getroffen werden.
Hinsichtlich Vertretung im Falle einer Abwesenheit hat selbst die Beschwerdeführerin im gesamten Verfahren nicht vorgebracht, dass Frau XXXX eine Vertretung gehabt hätte oder dass es faktisch jemals zu einem Vertretungsfall gekommen wäre. In diesem Zusammenhang ist auch auf die diesbezüglich eindeutige Regelung in den AEB (Punkt 2.3) und in den AVB (ebenfalls Punkt 2.3) hinzuweisen, wonach „[d]er erteilte Auftrag […] ohne Zustimmung des Auftraggebers weder teilweise noch ganz an Subauftragnehmer weitergegeben werden [darf]“.
Auch in Bezug auf das sanktionslose Ablehnungsrecht hat die Beschwerdeführerin nichts konkret ins Treffen geführt, was auf das Vorliegen dieses, in der Judikatur des VwGH herausgearbeiteten und für die Beurteilung der persönlichen Arbeitspflicht heranzuziehenden, Kriteriums schließen lassen würde.
Die Sachverhaltsfeststellungen zum Tätigkeitsbericht konnten neben der unbestritten gebliebenen Aussage von Frau XXXX in der mündlichen Verhandlung (siehe Niederschrift vom 16.06.2021 in OZ 10, S. 7) auch auf die Aussage von Herrn XXXX gestützt werden, der in der mündlichen Verhandlung selbst einräumte, anhand dieses Berichts Kontrollen durchgeführt zu haben (siehe Niederschrift vom 16.06.2021 in OZ 10, S. 23-24).
In Bezug auf die Eingliederung in die soziale Betriebsstruktur und den Zugang zur betriebseigenen Kantine ist im gesamten Verfahren nichts vorgekommen, was die diesbezüglichen Angaben von Frau XXXX in Zweifel gezogen hätte. Der festgestellte Besuch der Betriebsmedizinerin sowie die darauffolgende Therapie im betriebseigenen Health Center wurde zudem durch die Vorlage der dazugehörigen, unbedenklichen Urkunde untermauert (Beilage ./3).
Die Feststellungen zum monatlichen Pauschalentgelt einschließlich der in den Honorarnoten abgerechneten Gesamtstunden und Stundensätze konnten unmittelbar aus den im Verfahren vor der belangten Behörde vorgelegten, diesbezüglich eindeutigen Urkunden entnommen werden (siehe Abrechnungsunterlagen im Verwaltungsakt, ON 25). Dass es sich um ein Pauschalentgelt gehandelt hat und dass die abgerechneten Stunden nicht den unmittelbar geleisteten Arbeitsstunden entsprachen, gesteht implizit auch der Zeuge XXXX ein, der in der mündlichen Verhandlung auszugsweise wie folgt angab: „Ich habe im März 2013 den Bereich übernommen. Die Vereinbarung bestand zu diesem Zeitpunkt schon und hat sich aus den Bedarf von Übersetzungsarbeiten und Mitarbeitersprachschulungen ergeben. Als ich den Bereich übernommen habe, wurde dieser mitintegriert. Das waren über 100 Mitarbeiter, der ggst Vertrag war aber nicht prioritär und ist weitergelaufen. Auf Wunsch des Dienstleisters wurde der Gesamtbetrag über das Jahr gleichmäßig verteilt. Die Stundenanzahl stand nicht im Fokus.“ (siehe Niederschrift vom 16.06.2021 in OZ 10, S. 23) bzw.: „Die Stunde war nie das Kriterium, sondern das abgelieferte Werk.“ (siehe Niederschrift vom 16.06.2021 in OZ 10, S. 24)
Da sich betreffend die Vereinbarung über die Beendigung der Tätigkeit mit Ende September 2018 keine Divergenzen im Vorbringen der beteiligten Parteien ergaben, steht der Sachverhalt insofern unstrittig fest.
Bei den unentgeltlichen und entgeltlichen Nebentätigkeiten stützen sich die Sachverhaltsfeststellungen schlussendlich auf die gleichlautenden Zeugenaussagen von Herrn XXXX und Frau XXXX die sich auch mit der Aussage von Frau XXXX in Einklang bringen lassen (siehe Niederschrift vom 16.06.2021 in OZ 10, S. 14-15, 18-20 u. 28-29). Aus diesen Aussagen ergibt sich insbesondere auch, dass die gegenständliche Tätigkeit für die Beschwerdeführerin nicht durch die Nebentätigkeiten divergiert wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. § 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Da vorliegend über eine Sache nach § 410 Abs. 1 Z 7 ASVG entschieden wird und die Beschwerdeführerin in der Beschwerde vom 19.01.2021 den Antrag auf Entscheidung durch einen Senat gestellt hat, liegt gemäß § 414 Abs. 2 ASVG Senatszuständigkeit vor.
Nach § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat.
3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.3. § 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."
Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.
3.4. Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) und Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) lauten:
ASVG:
Vollversicherung
§ 4. (1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:
1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer; (…)
(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG),