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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. März 1995, Zl. 105.307/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die belangte Behörde wies die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Erstbehörde vom 23. Juni 1994 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 1 Abs. 3 Z. 6 Aufenthaltsgesetz (AufG) ab. Sie sprach des weiteren aus, daß dieser Bescheid der Erstbehörde vom 23. Juni 1994 ersatzlos behoben werde.
Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung wie folgt:
"Sie haben am 24.4.1992 um Gewährung von Asyl angesucht. Das BMI hat mit Bescheid vom 31.8.1994 Ihren Antrag rechtskräftig negativ abgeschlossen. Sie haben innerhalb der gesetzlichen Frist eine Beschwerde gegen diesen Bescheid beim VwGH und VfGH eingebracht, welche Ihnen mit Beschluß vom 29.9.1994, Zl 94/20/0689 2 aufschiebende Wirkung zuerkannten. Am 6.10.1993 haben sie einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung eingebracht.
Aufgrund der Beschlüsse des VwGH und VfGH vom 29.9.1994 sind Sie im Besitz einer gültigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz. Fremde, die wir in Ihrem Fall, unter den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3 Zif 6 AufG fallen, stellen eine Ausnahmegruppe des AufG dar, die keiner Bewilligung nach dem AufG bis zum rechtskräftigen Abschluß des Asylverfahrens und damit bis zum Erlöschen der Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz bedürfen.
Somit war der erstinstanzliche Bescheid ersatzlos zu beheben. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer rügt unter anderem, daß die belangte Behörde, ohne daß einer der in § 66 Abs. 2 AVG genannten Gründe vorläge, eine Sachentscheidung verweigert habe.
Nach § 66 Abs. 4 erster Satz AVG HAT die Berufungsbehörde, sofern sie - was für den Beschwerdefall nicht zutrifft - nicht mit einer Rückverweisung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG oder einer Zurückweisung der Berufung wegen Unzulässigkeit oder Verspätung vorgeht, IMMER IN DER SACHE SELBST ZU ENTSCHEIDEN. Dem zweiten Satz des § 66 Abs. 4 AVG zufolge ist die Rechtsmittelbehörde hiebei berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60 AVG) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Ausgehend von dieser Rechtslage wird in Fällen, in denen - wie hier - ÜBER EINEN PARTEIENANTRAG zu erkennen ist, bei einem Vorgehen der Berufungsbehörde im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG jedoch dann der Verpflichtung der Behörde zur "Entscheidung in der Sache" nicht entsprochen, wenn einerseits die BERUFUNG gegen den erstinstanzlichen Bescheid abgewiesen, andererseits der mittels Berufung angefochtene erstinstanzliche Bescheid aufgehoben wird, im übrigen aber ein Abspruch über den dem Bescheid zugrundeliegenden ANTRAG der Partei unterbleibt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. September 1987, Zl. 87/08/0017, mwN.).
Aus diesem Grund mußte daher der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Anspruch auf meritorische Erledigung (siehe auch Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verfahrensrechtliche Entscheidung der Vorinstanz)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995190322.X00Im RIS seit
20.11.2000