Entscheidungsdatum
19.10.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W183 2245170-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Erika PIELER über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Themmer, Toth & Partner Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 28.06.2021, Zl. XXXX , betreffend Gerichtsgebühren zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 2 Z 1 und 2 GGG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin brachte als klagende Partei am 23.11.2020 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eine Klage auf Feststellung ein und bewertete das Klagebegehren mit EUR 20.000,00. Eine Pauschalgebühr gem. TP 1 GGG in Höhe von EUR 743,00 wurde eingezogen.
Mit Schriftsatz vom 12.01.2021 dehnte die klagende Partei das Begehren auf Zahlung von EUR 1.200,00 samt Zinsen aus. In der Folge beantragte die beklagte Partei, den Streitwert nach § 7 RATG mit EUR 2.100.000,00 festzusetzen und erfolgte dies mit Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 20.01.2021.
2. Mit Mandatsbescheid vom 28.04.2021 wurde eine restliche Gebühr gem. TP 1 GGG in Höhe von EUR 27.960,00 sowie eine Einhebungsgebühr gem. § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von EUR 8,00, zusammen EUR 27.968,00, vorgeschrieben.
3. Nach Erhebung einer Vorstellung wurde der Klägerin (nunmehrigen Beschwerdeführerin) mit dem angefochtenen Bescheid eine restliche Pauschalgebühr gem. TP 1 iVm § 18 Abs. 2 Z 1 und 2 GGG in Höhe von EUR 27.960,00 (Bemessungsgrundlage EUR 2.101.200,00) sowie eine Einhebungsgebühr gem. § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von EUR 8,00, zusammen EUR 27.968,00, vorgeschrieben.
4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 04.08.2021 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen vor, dass die Bestimmung des § 18 Abs. 2 Z 1 GGG als Grundlage dafür, dass die Streitwertfestsetzung nach § 7 RATG verbindlich auch für die Bemessungsgrundlage der Gerichtsgebühren sein soll, Art. 6 Abs. 1 EMRK widerspreche. So gebe es keine Möglichkeit der Anfechtung und nachprüfenden Kontrolle der Streitwertfestsetzung durch das Gericht. Es liege Verfassungswidrigkeit vor.
5. Mit Schriftsatz vom 05.08.2021 (eingelangt am 09.08.2021) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin brachte am 23.11.2020 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eine Feststellungsklage ein. Mit Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 20.01.2021 wurde dieses Feststellungsbegehren gemäß § 7 Abs. 2 RATG mit EUR 2.100.000,00 bewertet.
1.2. Mit Schriftsatz vom 12.01.2020 dehnte die Beschwerdeführerin ihr Klagebegehren auf Zahlung von EUR 1.200,00 samt Zinsen aus.
1.3. Eine Pauschalgebühr in Höhe von EUR 743,00 wurde bereits von der Beschwerdeführerin eingezogen. Die Zahlung der restlichen Gebühr erfolgte bislang nicht.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen sowie den Aktenbestandteilen des gerichtlichen Grundverfahrens.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (in Folge: B-VG), erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
3.2. Zu A)
3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (in Folge: VwGVG), hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2.2. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 GGG ist die Beschwerdeführerin als Klägerin zahlungspflichtig.
3.2.3. Gegenständlich liegt unstrittig ein Feststellungsbegehren und ein Zahlungsbegehren vor. Ersteres wurde gem. § 7 Abs. Abs. 2 RATG bewertet. Letzteres von der Klägerin im Rahmen der Klagsausdehnung. Die Streitwerte der beiden Begehren sind gem. § 15 Abs. 2 GGG zusammenzurechnen und bilden die Bemessungsgrundlage für die Gebühr.
Unstrittig ist im gegenständlichen Fall die Bewertung des Zahlungsbegehrens mit EUR 1.200,00. Betreffend die Bewertung des Feststellungsbegehrens erachtet die Beschwerdeführerin die Bestimmung des § 18 Abs. 2 Z 1 GGG jedoch als verfassungswidrig, weil gegen einen Beschluss gem. § 7 RATG kein Rechtsmittel erhoben werden kann und dieser auch für die gebührenrechtliche Vorschreibung bindend ist.
§ 18 Abs. 2 Z 1 und 2 lauten:
1. Wird der Streitwert gemäß § 7 RATG geändert, so bildet - unbeschadet des § 16 - der geänderte Streitwert die Bemessungsgrundlage. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind zurückzuzahlen.
2. Wird der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen.
Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung ergibt sich, dass der Beschluss des Gerichts nach § 7 RATG für die Justizverwaltungsbehörde bei der Gebührenfestsetzung bindend ist. VwGH 30.06.2005, 2004/16/0274
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmung des § 18 Abs. 2 Z 1 GGG bestehen nicht, obwohl ein Beschluss nach § 7 RATG nicht anfechtbar ist. VfGH 20.11.2004, B 1027/04. Auch ist die Bemessung der Gerichtsgebühren nach dem Streitwert im Gerichtsverfahren sowie die Bindung an die richterliche Streitwertfestsetzung verfassungsrechtlich unbedenklich. VfGH 01.03.2007, B301/06.
Vor diesem Hintergrund laufen die in der Beschwerde vorgetragenen Argumente ins Leere und ist im gegenständlichen Fall der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 20.01.2021 betreffend den Streitwert des Feststellungsbegehrens auch für die Gebührenberechnung bindend.
Die beiden Streitwerte in Höhe von EUR 2.100.000,00 und EUR 1.200,00 sind folglich zusammenzurechnen und bilden die Bemessungsgrundlage für die Gebühr nach TP 1 GGG. Da es sich um einen Betrag über EUR 350.000,00 handelt sind 1,2% von den Streitwerten zuzüglich EUR 3.488,00 anzusetzen. Die bereits von der Beschwerdeführerin eingezogene Gebühr in Höhe von EUR 743,00 ist abzuziehen, womit im Ergebnis die Beschwerdeführerin eine restliche Gerichtsgebühr in Höhe von EUR 27.960,00 (gerundet gem. § 6 Abs. 2 GGG) zu zahlen hat. Da diese restliche Gebühr bislang nicht beglichen wurde, ist auch die Einhebungsgebühr gem. § 6a Abs. 1 GEG zu Recht vorgeschrieben worden.
Die Beschwerde war somit abzuweisen.
3.2.4. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (in Folge: GRC) entgegenstehen. Im vorliegenden Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist, und VwGH 11.01.2016, Ra 2015/16/0132, wonach Angelegenheiten der Gerichtsgebühren nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fallen).
3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter Punkt 3.2. zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Bemessungsgrundlage Einhebungsgebühr Feststellungsklage Gerichtsgebühren Gerichtsgebührenpflicht Klagsausdehnung Pauschalgebühren Streitwert Streitwertänderung ZahlungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W183.2245170.1.00Im RIS seit
11.11.2021Zuletzt aktualisiert am
11.11.2021