TE Bvwg Beschluss 2021/10/20 W141 2246214-1

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Veröffentlicht am 20.10.2021
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Entscheidungsdatum

20.10.2021

Norm

AlVG §10
AlVG §38
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W141 2246214-1/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Rebecca FIGL-GATTINGER und
Josef HERMANN, als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX ,
geboren am XXXX , VN XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice (AMS) Neunkirchen vom 04.06.2021, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 02.09.2021, zu Recht erkannt:

A)

Das Verfahren wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1.       In der am 26.05.2021 beim Arbeitsmarktservice (AMS) Neunkirchen (in weiterer Folge belangte Behörde genannt) eingelangten aufgetragenen Stellungnahme, wegen Nichtannahmen bzw. Nichtzustandekommen einer zugewiesenen Beschäftigung am 17.05.2021 als Bürohilfe beim Dienstgeber XXXX mit einer Stundenentlohnung von brutto € 10,- und möglichem Arbeitsantritt am 28.05.2021, gab die Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, dass in ihrer Betreuungsvereinbarung nirgends steht, dass sie sich testen lassen müsse für eine Arbeitsstelle. Die Gesundheit sei ihre persönliche Angelegenheit und nicht Sache der belangten Behörde oder des Dienstgebers. Der Beschwerdeführerin sei die Entlohnung zu niedrig und sie habe kein Interesse an einer Tätigkeit mit infizierten Personen. Weiters führt die Beschwerdeführerin an, dass sie keine fixen Arbeitszeiten hätte, sondern nur nach Absprache. Hinsichtlich ihrer körperlichen Fähigkeiten, Gesundheit und Sittlichkeit führt die Beschwerdeführerin an, dass sie vom Tragen einer Maske befreit sei und eine Testung ihre körperliche Unversehrtheit gefährde, sie möchte nicht mit Testpersonen in Kontakt kommen und auch die Schutzkleidung sei unzumutbar.

2.       Mit Bescheid vom 04.06.2021 wurde gemäß § 38 iVm § 10 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 in der geltenden Fassung ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum 28.05.2021 bis 22.07.2021 verloren hat.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin die Arbeitsaufnahme als Bürohilfe bei dem Dienstgeber XXXX mit möglichem Arbeitsantritt am 28.05.2021 vereitelt habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen lägen nicht vor bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

3.       Gegen diesen Bescheid richtete sich die am 08.06.2021 bei der belangten Behörde eingebrachte Beschwerde der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin führte in dieser im Wesentlichen an, dass sie laut ärztlichem Attest vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreit sei. Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes würde ihre körperliche und seelische Unversehrtheit gefährden. Weder die belangte Behörde noch der Dienstgeber sei befugt, ihre körperliche und seelische Unversehrtheit zu gefährden. Weiters führt die Beschwerdeführerin aus, dass es ihre Gesundheit nicht zulasse, sich tagtäglich mit COVID-19 infizierten Personen abzugeben. Sie fühle sich dadurch in ihrer Gesundheit gefährdet. Weiters sei eine COVID-19 Testung freiwillig und niemand in Österreich sei dazu verpflichtet sich auf COVID-19 testen zu lassen, sie hätte auch in der Betreuungsvereinbarung mit der belangten Behörde keiner Testung auf COVID-19 zugestimmt.

4.       Mit Bescheid vom 02.09.2021 wurde die Beschwerde vom 08.06.2021 im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) iVm §§ 56 Abs. 2 und § 58 AlVG (Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977), in geltender Fassung, abgewiesen.

Beweiswürdigend wurde der erhobene verfahrensrelevante Sachverhalt wiedergegeben. In der rechtlichen Beurteilung zitierte die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des AlVG.

5.       Am 07.09.2021 beantragte die Beschwerdeführerin, die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen.

6.       Am 09.09.2021 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

7.       Mit Schreiben vom 23.09.2021 beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung für den 21.10.2021 an.

8. Mit Schreiben vom 13.10.2021, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 14.10.2021, zog die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde gegen den Bescheid vom 04.06.2021 zurück.

9. Mit Schreiben vom 15.10.2021 wurde die mündliche Verhandlung für den 21.10.2021 wieder abberaumt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (entscheidungswesentlicher Sachverhalt):

Die belangte Behörde und das BVwG haben die notwendigen Ermittlungen des maßgeblichen Sachverhaltes ausreichend durchgeführt. Auf dieser Grundlage werden folgende Feststellungen getroffen und der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt:

Das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 13.10.2021, mit dem diese die Beschwerde gegen den Bescheid vom 04.06.2021 zurückzieht, hat diese an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt und langte am 14.10.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Die Beschwerdeführerin wünscht keine Fortführung des Verfahrens und verzichtet auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen konnten unmittelbar auf Grund der Aktenlage getroffen werden.

Das Schreiben, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 14.10.2021, ist eindeutig formuliert und lässt keinen Zweifel am Willen der Beschwerdeführerin offen, die Beschwerde zurückzuziehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin das AMS.

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 7 BVwGG bestehen die Senate aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Ist in Materiengesetzen die Mitwirkung fachkundiger Laienrichter an der Rechtsprechung vorgesehen, sind diese anstelle der Mitglieder nach Maßgabe der Geschäftsverteilung als Beisitzer heranzuziehen.

In der gegenständlichen Rechtssache obliegt somit die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Senat.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg. cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren, angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 14 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG beträgt die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die Geschäftsstelle zehn Wochen. § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Die Beschwerdevorentscheidung tritt mangels einer gesetzlichen Regelung nicht außer Kraft, sondern wird zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. Dünser, ZUV 2013/1, 17; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 15 VwGVG, K 2; Hauer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 178; jeweils unter Hinweis auf den diesbezüglich ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, vgl. RV 2009 BlgNR 24. GP, 5). Gemäß zweiter Satz des § 15 Abs. 1 hat ein Vorlageantrag, der von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt wird, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3) und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten. Im Umkehrschluss folgt aus dieser Vorschrift, dass der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag nicht zu begründen hat, ihn aber begründen kann (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 8 zu § 15 VwGVG unter Hinweis auf AB 2112 BlgNR 24. GP 3). Damit ist im gegenständlichen Beschwerdefall der Prüfumfang auch mit dem Vorbringen im Vorlageantrag definiert.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich eine sinngemäße Anwendung aus § 31 Abs. 3 VwGVG.

Zu A):

1.       Einstellung des Verfahrens:

Eine Einstellung eines Verfahrens ist dann vorzunehmen, wenn ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren gegangen ist. Dies liegt insbesondere dann vor, wenn beim Beschwerdeführer keine Beschwer gegeben ist oder der Beschwerdeführer untergegangen ist (Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, 2013, zu § 28 VwGVG Rz 5). Es liegt somit keine erledigungsfähige Beschwerde mehr vor (vgl. Hengstschläger/Leeb AVG III § 66 Rz 56f).

Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer ist ab der Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung in jeder Lage des Verfahrens möglich (vgl. Eder/Martschin/Schmied, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, K 6 zu § 7 VwGVG).

Bei der Zurückziehung der Beschwerde handelt es sich um eine von der Partei vorzunehmende Prozesshandlung, die bewirkt, dass diese einer meritorischen Erledigung nicht mehr zugeführt werden darf. Die Rechtsmittelinstanz verliert - sofern die Zurücknahme noch vor Erlassung ihrer Entscheidung erfolgt - die funktionelle Zuständigkeit zur Entscheidung über die Beschwerde (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG Manz Kommentar, Rz 74 zu § 63 mwN).

Im vorliegenden Fall ist die Voraussetzung für die Einstellung des Verfahrens gegeben.

Mit Schreiben, eingelangt bei der belangten Behörde am 14.10.2021, erklärte die Beschwerdeführerin ausdrücklich ihren Wunsch und Willen, die am 08.06.2021 eingelangte verfahrensgegenständliche Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 04.06.2021 zurückzuziehen.

Mangels Vorliegens einer Beschwerde war das beim Bundesverwaltungsgericht anhängige Beschwerdeverfahren daher einzustellen.

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.  

Schlagworte

Verfahrenseinstellung Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W141.2246214.1.00

Im RIS seit

11.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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