TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/28 W237 2246725-1

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Veröffentlicht am 28.10.2021
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Entscheidungsdatum

28.10.2021

Norm

AlVG §10 Abs1
AlVG §10 Abs3
AlVG §38
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §14

Spruch


W237 2246725-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin WERNER als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Armin KLAUSER und Mag. Elke DE BUCK-LAINER als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wiener Neustadt vom 23.06.2021 betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für die Zeit von 09.06.2021 bis 20.07.2021 nach Beschwerdevorentscheidung vom 09.09.2021 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerdevorentscheidung vom 09.09.2021 wird infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde behoben. 

II. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 AlVG als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

B)       

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 23.06.2021 sprach das Arbeitsmarktservice Wiener Neustadt (im Folgenden: AMS) gegenüber der Beschwerdeführerin für die Zeit von 09.06.2021 bis 20.07.2021 den Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe aus. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin die Annahme bzw. das Zustandekommen einer ihr zugewiesenen, zumutbaren Beschäftigung als Reinigungskraft bei einem näher genannten Immobilienbetreuungsunternehmen mit möglichem Arbeitsantritt am 04.06.2021 vereitelt habe. Gründe für die Nachsicht der Rechtsfolgen lägen nicht vor bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

2. Die Beschwerdeführerin erhob mit Schreiben vom 04.07.2021 gegen diesen Bescheid Beschwerde. Inhaltlich führte sie zusammengefasst aus, dass im Zusammenhang mit der Betreuung ihrer Kinder mit ihrer ehemaligen AMS-Betreuerin vereinbart worden sei, dass sie ab 08:00 Uhr am Dienstort sein könne. Wie auch mit der jetzigen Betreuerin besprochen, könne sie ihre Kinder ab 07:00 Uhr in die Betreuung geben. Mit Anrechnung der Fahrzeit könne sie frühestens um 07:30 Uhr mit der Arbeit beginnen. Da der gewünschte Arbeitsbeginn bei der potentiellen Dienstgeberin um 07:00 Uhr gewesen sei und sie eine private Betreuung in der kurzen Zeit nicht hätte finden können, habe sie sich mit der potentiellen Dienstgeberin nicht geeinigt. Das Streichen des Anspruchs auf Notstandshilfe für den genannten Zeitraum sei ihres Erachtens nicht gerechtfertigt, weil der Arbeitsbeginn der zugewiesenen Beschäftigung außerhalb der mit dem AMS geschlossenen Vereinbarung liege.

3. Mit Parteiengehör vom 20.08.2021 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass laut Rücksprache mit der potentiellen Dienstgeberin vom 21.06.2021 der Dienstbeginn in ihrem Betrieb ab 07:30 Uhr bzw. 07:45 Uhr erfolge, im Unternehmen mehrere Mütter beschäftigt seien und Rücksicht darauf genommen werde, dass diese ihre Kinder in den Kindergarten bringen müssten. Die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, bekannt zu geben, wo und wie lange ihre Kinder betreut würden und wo und zu welchen Arbeitszeiten ihr Ehegatte beschäftigt sei.

4. Mit schriftlicher Stellungnahme vom 30.08.2021 teilte die Beschwerdeführerin zusammengefasst mit, dass ihre Kinder in ihrer Abwesenheit von 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr von der Großmutter und ab und an von ihrem Ehegatten außerhalb seiner Arbeitszeit betreut würden. Ihr sei vom potentiellen Arbeitgeber mitgeteilt worden, dass sie zwischen 07:00 Uhr und 07:30 Uhr im Betrieb sein müsse. Daraufhin habe sie erklärt, dass ein Arbeitsbeginn frühestens um 07:30 Uhr oder um 08:00 Uhr besser wäre, weil kein eigenes Auto vorhanden sei und sie öfters mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren müsse. Ein Arbeitsbeginn um 08:00 Uhr sei laut Aussage der Firma jedoch zu spät gewesen. In der ersten und zweiten Schicht ihres Ehegatten müsse sie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren und könne daher erst ab 08:00 Uhr zu arbeiten beginnen, weil sie frühestens um 07:30 Uhr den Zug nach Wiener Neustadt nehmen könne.

5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 09.09.2021 wies das AMS die Beschwerde ab. Begründend führte es im Wesentlichen aus, dass aufgrund des Vorbringens der Beschwerdeführerin vom AMS mit der potentiellen Dienstgeberin Rücksprache gehalten worden sei, wobei diese erklärt habe, dass der Dienstbeginn zwischen 07:30 Uhr und 07:45 Uhr liege. Die Abfahrt von der Geschäftsstelle sei um 08:00 Uhr. Im Unternehmen gäbe es einige Mütter und es werde darauf Rücksicht genommen, dass diese zB ihre Kinder in den Kindergarten bringen müssten.

Entgegen ihrem Vorbringen stehe der Beschwerdeführerin ein PKW zur Verfügung und sei die tägliche Wegzeit gemäß § 9 Abs. 2 AIVG zumutbar. Fest stehe weiters, dass die Fremdbetreuung der Kinder ab 07:00 Uhr möglich sei. Laut Auskunft der potentiellen Dienstgeberin sei der Dienstbeginn zwischen 07:30 Uhr und 07:45 Uhr und die Abfahrt von der Geschäftsstelle um 08:00 Uhr. Es sei kein Grund ersichtlich, dass die potentielle Dienstgeberin diesbezüglich unwahre Angaben getätigt hätte. Die angebotene Beschäftigung sei sowohl hinsichtlich der täglichen Wegzeit als auch hinsichtlich der Betreuungspflichten zumutbar gewesen. Die von der Beschwerdeführerin gegenüber der potentiellen Dienstgeberin gemachten Angaben ließen in einer Gesamtbetrachtung nur den Schluss zu, dass sie kein Interesse an der angebotenen Beschäftigung gehabt habe. Die erforderliche Kausalität für eine Vereitelungshandlung sei gegeben, weil nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für die Annahme der Kausalität ausreiche, dass durch das Verhalten des Arbeitslosen die Chance für das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses verringert werde; auch der erforderliche (bedingte) Vorsatz sei gegeben, weil die Beschwerdeführerin dadurch zumindest in Kauf genommen habe, die angebotene Stelle nicht zu erhalten. Sie erfülle den Tatbestand der Vereitelung des § 10 AIVG, der den Verlust des Leistungsanspruches für sechs Wochen rechtfertige.

6. Am 21.09.2021 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Inhaltlich führte sie in ihrem Vorlageantrag aus, dass sie entgegen der Behauptung der Behörde keinen PKW besitze. Der PKW der Marke Audi sei wegen eines Totalschadens abgemeldet, mit dem PKW der Marke Seat fahre ihr Mann täglich in die Arbeit und der PKW der Marke BMW sei aufgrund des hohen Treibstoffverbrauchs lediglich für den Urlaub vorgesehen. Sie sei daher auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Die Kinderbetreuung sei ab 07:00 Uhr geregelt. Fest stehe aber, dass sie bei einem potenziellen Arbeitgeber erst ab 08:00 Uhr zu arbeiten beginnen könne, weil sie auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen sei. Eine Betreuung ihrer Kinder durch die Großmutter sei nur für die Zeit nach der Schule möglich, weil diese nicht bei ihnen übernachte, in einer anderen Ortschaft wohnhaft sei und mangels Führerscheins die Kinder auch nicht in die Schule führen könne. Sie sei trotz ihrer Allergie bereit, als Reinigungskraft zu arbeiten, und habe sich bislang bei jedem Jobangebot bei den entsprechenden Dienstgebern entweder telefonisch oder persönlich gemeldet. Dem Vorlageantrag wurden Bestätigungsschreiben des Landeskindergartens und der Volksschule XXXX betreffend den Beginn der Betreuung angehängt.

Das AMS legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss des Verwaltungsakts am 24.09.2021 vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin war zuletzt von 24.11.2012 bis 18.12.2012 anwartschaftsbegründend beschäftigt und bezieht seit 19.12.2012 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Seit dem 16.02.2014 bezieht sie Notstandshilfe, diese betrug zuletzt 29,73 € täglich.

Die – unter einer Hausstaubmilbenallergie geringen Ausmaßes leidende – Beschwerdeführerin lebt in der niederösterreichischen Ortschaft XXXX im gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehemann und ihren zwei, am XXXX 2010 und XXXX 2016 geborenen, minderjährigen Kindern. Sie ist im Besitz eines Führerscheins der Lenkberechtigungsklasse B. Dem Haushalt stehen zumindest zwei fahrtüchtige PKW zur Verfügung.

Das ältere Kind der Beschwerdeführerin besucht die Volksschule XXXX , die ab 07:00 Uhr geöffnet ist; das jüngere Kind der Beschwerdeführerin besucht den angrenzenden niederösterreichischen Landeskindergarten XXXX , der ebenso werktags ab 07:00 Uhr geöffnet ist.

1.2. Am 26.05.2021 schloss die Beschwerdeführerin mit dem AMS eine Betreuungsvereinbarung, wonach es die Beschwerdeführerin bei der Suche nach einer Stelle als Produktionsarbeiterin bzw. Reinigungskraft in den gewünschten Arbeitsorten Bezirk Wiener Neustadt, Bezirk Neunkirchen und Bezirk Baden im Arbeitsausmaß von 20 Stunden pro Woche und einer gewünschten Arbeitszeit von 08:00 bis 19:00 Uhr unterstütze. Für die gewünschte Arbeitszeit seien laut Vereinbarung die Betreuungspflichten ihrer Kinder durch Schule, Kindergarten und die Großmutter geregelt und der Arbeitsplatz müsse mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein.

1.3. (Ebenso) Am 26.05.2021 wurde der Beschwerdeführerin vom AMS ein Stellenangebot für eine Teilzeitbeschäftigung im Ausmaß von 20 Stunden pro Woche als Reinigungskraft beim Unternehmen „ XXXX “ übermittelt. Laut Stellenangebot waren als Einsatzorte Wiener Neustadt (Stadt und Land), Baden und Vösendorf vorgesehen. Als Mindestentgelt wurden im Stellenangebot 9,38 € brutto pro Stunde ausgewiesen.

Der vom genannten Unternehmen vorgesehene Dienstbeginn für die gesuchte Reinigungskraft war um 07:30 Uhr bzw. 07:45 Uhr; die vorgesehene Abfahrt zum konkreten Ort der Dienstverrichtung war um 08:00 Uhr. Im Unternehmen sind mehrere Mütter minderjähriger Kinder beschäftigt, wobei im Allgemeinen eine Rücksichtnahme auf den Umstand erfolgt, dass diese ihre Kinder in den Kindergarten bzw. die Schule bringen müssen.

Die Fahrtzeit mit einem PKW zwischen der Wohnadresse der Beschwerdeführerin und der Adresse der potentiellen Dienstgeberin ( XXXX , 2700 Wiener Neustadt) beträgt ca. 18 bis 26 Minuten bei einer Streckenlänge von 16,1 km. Die Fahrtzeit mit einem PKW zwischen dem Landeskindergarten bzw. der angrenzenden Volksschule XXXX zum potentiellen Dienstort beträgt rund 20 bis 30 Minuten bei einer Streckenlänge von 19,5 km.

1.4. Die Beschwerdeführerin rief am 07.06.2021 bei der potentiellen Dienstgeberin unter der in der Stellenausschreibung angeführten Telefonnummer an und führte mit einer Mitarbeiterin ein Bewerbungsgespräch. Im Zuge dieses Gesprächs sagte die Beschwerdeführerin der potentiellen Dienstgeberin für die Stelle ab, weil der Arbeitsbeginn zu früh sei.

Nachdem dies dem AMS mitgeteilt wurde, rief die dortige Betreuerin der Beschwerdeführerin diese am selben Tag an und wies sie auf die Zumutbarkeitsbestimmungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz hin. Die Beschwerdeführerin sicherte daraufhin zu, erneut bei der potentiellen Dienstgeberin anzurufen. Sie führte daraufhin ein erneutes Telefonat mit dem genannten Unternehmen, in dem sie mitteilte, dass sie zwar einen Führerschein habe, aber nicht mit dem Auto fahre.

Das Beschäftigungsverhältnis kam aufgrund der Einwände der Beschwerdeführerin betreffend den Arbeitsbeginn, die Anfahrtsmöglichkeit zur potentiellen Dienstgeberin sowie die Wegzeit nicht zustande.

1.5. Bislang hat die Beschwerdeführerin keine neue arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Arbeitslosigkeit und zum Leistungsbezug der Beschwerdeführerin ergeben sich unzweifelhaft aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und sind ebenso unstrittig wie die Ausführungen zu ihren Familienangehörigen, ihrem Wohnort und ihrem Führerscheinbesitz. Dass die Beschwerdeführerin unter einer Hausstaubmilbenallergie geringen Ausmaßes leidet, ergibt sich – neben ihrem Vorbringen – aus einer ärztlichen Bestätigung einer näher genannten Gruppenpraxis vom 04.06.2018, in der diese Allergie vermerkt ist; die Beschwerdeführerin legte diese Bestätigung ihrem Vorlageantrag bei.

Soweit festgestellt wird, dass dem Haushalt der Beschwerdeführerin zumindest zwei PKW zur Verfügung stehen, fußt dies – ungeachtet der Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde im Beschwerdevorentscheidungsverfahren – auf ihren eigenen Angaben im Vorlageantrag, wonach ein PKW der Marke Seat und ein PKW der Marke BMW auf ihren Ehemann angemeldet seien. Die Beschwerdeführerin gab an, dass ihr Ehemann den Seat für den täglichen Arbeitsweg benutze und der BMW wegen hoher Treibstoffkosten nur für die Fahrt in den Urlaub benutzt werde. Das Bundesverwaltungsgericht zieht diese Angaben der Beschwerdeführerin nicht in Zweifel.

Der Kindergarten- bzw. Volksschulbesuch der Kinder der Beschwerdeführerin ergibt sich neben ihren eigenen Angaben auch aus den dem Vorlageantrag beigelegten Bestätigungen der Volksschule XXXX und des niederösterreichischen Landeskindergartens XXXX . Daraus ist ersichtlich, dass beide Einrichtungen ab 07:00 Uhr geöffnet sind. Die Beschwerdeführerin gab in diesem Zusammenhang sowohl in ihrer Beschwerde als auch ihrem Vorlageantrag selbst an, dass die Betreuung ihrer Kinder ab 07:00 Uhr gewährleistet sei.

2.2. Die Betreuungsvereinbarung der Beschwerdeführerin mit dem AMS liegt im Verwaltungsakt auf.

2.3. Auch die gegenständliche Stellenausschreibung liegt im Verwaltungsakt auf; dass diese der Beschwerdeführerin am 26.05.2021 übermittelt wurde, ist unstrittig. Dass der Dienstbeginn der zugewiesenen Beschäftigung zwischen 07:30 Uhr und 07:45 Uhr gelegen wäre und im Betrieb Rücksicht auf Mütter und deren Betreuungspflichten genommen wird, gründet auf die vom AMS am 21.06.2021 eingeholte undenkliche Auskunft der potentiellen Dienstgeberin; es ist für das Bundesverwaltungsgericht schlechterdings kein Grund ersichtlich, warum das Unternehmen diesbezüglich dem AMS falsche Angaben hätte machen (oder dieses gar die Angaben der potentiellen Dienstgeberin im Akt falsch festhalten hätte) sollen.

Die Feststellungen zu Fahrtzeit und Wegstrecke zwischen dem Wohnort der Beschwerdeführerin, den Betreuungseinrichtungen ihrer Kinder und dem potentiellen Arbeitsort gründen auf einer aktuellen Einsichtnahme in den Routenplaner von Google Maps und ist durch entsprechende Screenshots auch im Verwaltungsakt der belangten Behörde veraktet.

2.4. Der festgestellte Bewerbungsvorgang beruht auf den übereinstimmenden Angaben der potentiellen Dienstgeberin und der Beschwerdeführerin gegenüber dem AMS, das diese in Aktenvermerken festhielt. Die Anrufe und der Inhalt der Gespräche – soweit festgestellt – sind unstrittig. Ebenso unstrittig ist, dass das Beschäftigungsverhältnis aufgrund der Einwände der Beschwerdeführerin betreffend den Arbeitsbeginn, die Anfahrtsmöglichkeit zur potentiellen Dienstgeberin sowie die Wegzeit nicht zustande kam.

2.5. Die Feststellung, wonach die Beschwerdeführerin bislang keine Beschäftigung aufnahm, geht aus einem aktuellen, vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Versicherungsdaten-auszug sie betreffend hervor.

3. Rechtliche Beurteilung:

Der angefochtene Bescheid datiert auf den 23.06.2021. Die bei der belangten Behörde am 04.07.2021 eingelangte Beschwerde ist somit gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG jedenfalls rechtzeitig.

Zu A I.)

Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch das AMS betrug gemäß § 56 Abs. 2 AlVG zehn Wochen. Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wurde am 04.07.2021 in den Postkasten des AMS eingeworfen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung endete (infolge der Sonntagsregelung) sohin mit Ablauf des 13.09.2021. Die zwar auf den 09.09.2021 datierende, aber – ausweislich des im Akt aufliegenden Rückscheins in Kopie – erst am 14.09.2021 durch Hinterlegung zugestellte Beschwerdevorentscheidung erweist sich damit als verspätet.

Wird eine Beschwerdevorentscheidung erst nach Ablauf der Frist zur Erlassung derselben erlassen, so ist sie infolge Unzuständigkeit der Behörde mit Rechtswidrigkeit behaftet, sodass sie im Falle der Erhebung eines Vorlageantrags vom Verwaltungsgericht (von Amts wegen, vgl. § 27 VwGVG) zu beheben und über die Beschwerde zu entscheiden ist (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², § 14 VwGVG, K 7).

Die Beschwerdevorentscheidung ist somit infolge Unzuständigkeit der Behörde (ersatzlos) zu beheben.

Zu A II.)

3.1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungs-gesetzes 1977 (AlVG) lauten:

„Arbeitswilligkeit

§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.

(3) – (8) […]

§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person

1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder

2. sich ohne wichtigen Grund weigert, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen oder durch ihr Verschulden den Erfolg der Nach(Um)schulung vereitelt, oder

3. ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, oder

4. auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen,

so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.

(2) Hat sich die arbeitslose Person auf einen durch unwahre Angaben über Umfang und Ausmaß von Teilzeitbeschäftigungen begründeten besonderen Entgeltschutz nach Teilzeitbeschäftigungen berufen, so erhöht sich die Mindestdauer des Anspruchsverlustes nach Abs. 1 um weitere zwei Wochen.

(3) Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.

(4) Wer, ohne dadurch den Erfolg der Schulungsmaßnahme zu gefährden, tageweise nicht an einer Schulungsmaßnahme teilnimmt, verliert den Anspruch auf Arbeitslosengeld für Tage des Fernbleibens, außer wenn dieses durch zwingende Gründe gerechtfertigt ist.

[…]

Allgemeine Bestimmungen

§ 38. Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.“

3.2. Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. VwGH 23.02.2005, 2003/08/0039).

Um sich in den Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices vermittelte, zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichteten (und daher unverzüglich zu entfaltenden) aktiven Handels des Arbeitslosen, andererseits aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen – abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen – somit auf zwei Wege verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wege vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassung der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach der allgemeinen Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht (vgl. VwGH 26.10.2010, 2008/08/0017 und 2008/08/0244; 29.01.2014, 2013/08/0265).

3.2.1. Voraussetzung für die Erfüllung des Vereitelungstatbestandes ist somit, dass es sich bei der in Frage kommenden Beschäftigung um eine zumutbare und damit für die Zuweisung geeignete Beschäftigung handelt (dabei kann es sich auch um eine Beschäftigung in einem sozialökonomischen Betrieb oder einem gemeinnützigen Beschäftigungsprojekt handeln, vgl. dazu VwGH 22.02.2012, 2009/08/0077; 02.05.2012, 2010/08/0054; 15.05.2013, 2010/08/0257; 22.07.2013, 2012/08/0058).

3.2.1.1. Der Arbeitslose ist verpflichtet, allfällige Zweifel über seine Eignung abzuklären (vgl. VwGH 22.02.2012, 2009/08/0112; 04.09.2013, 2011/08/0092) bzw. im Zuge der Kontaktaufnahme mit einem potentiellen Arbeitgeber bzw. dessen Vertreter in einer geeigneten (d.h. nicht unqualifizierten und im Ergebnis als Vereitelungshandlung anzusehenden) Weise jene Informationen zu erfragen, die zur Beurteilung von persönlicher Eignung und Zumutbarkeit unerlässlich sind (vgl. VwGH 15.05.2013, 2010/08/0257; 24.07.2013, 2011/08/0209).

Das Gesetz überlässt es der arbeitslosen Person selbst, vorerst die näheren Bedingungen der ihr von der regionalen Geschäftsstelle bekannt gegebenen Beschäftigungsmöglichkeit (wie Inhalt der Arbeitsverpflichtung, Arbeitszeit, Entlohnung u.ä.) mit dem potenziellen Arbeitgeber zu besprechen, und verpflichtet sie sodann, dessen Angebot – wenn dies nach den gesetzlichen Kriterien zumutbar ist – anzunehmen. Dies kann nach den Umständen durchaus auch umgehende Bemühungen der arbeitslosen Person erfordern (VwGH 23.02.2005, 2003/08/0039).

Wenn die Beschäftigung nicht evident unzumutbar ist und das Arbeitsmarktservice nicht von vornherein Kenntnis von einem die Unzumutbarkeit der Beschäftigung begründenden Umstand hat, kann es den Arbeitslosen zu dieser Tätigkeit zuweisen. So dem Arbeitslosen keine Anhaltspunkte für die Unzumutbarkeit der Tätigkeit bekannt sind, trifft ihn zunächst die Verpflichtung, sich beim potentiellen Dienstgeber vorzustellen. Es liegt an ihm, die näheren Bedingungen der bekannt gegebenen Beschäftigungsmöglichkeit bei einem Vorstellungsgespräch zu erörtern (vgl. zB VwGH 25.06.2013, 2011/08/0052).

Nur wenn ein Arbeitsloser die Zumutbarkeit einer zugewiesenen Arbeitsstelle gegenüber dem Arbeitsmarktservice ganz konkret bestreitet (oder die Zumutbarkeit aus anderen Gründen nicht ohne nähere Ermittlungen angenommen werden kann), hat sich das Arbeitsmarktservice mit dieser Frage in der Begründung seines Bescheides auseinanderzusetzen. Das Arbeitsmarktservice hat dann – erforderlichenfalls – darzutun, welche Anforderungen mit der zugewiesenen Beschäftigung verbunden sind und ob der Arbeitslose nach seinen geistigen und körperlichen Fähigkeiten diesen Anforderungen genügt (vgl. VwGH 04.07.2007, 2006/08/0097, 11.07.2012, 2012/08/0070; 15.05.2013, 2010/08/0257; 25.06.2013, 2012/07/0215).

3.2.1.2. Zur Zumutbarkeit des in Rede stehenden Stellenvorschlages machte die Beschwerdeführerin Einwendungen hinsichtlich ihrer Betreuungspflichten betreffend ihre beiden Kinder und den damit in Zusammenhang stehenden Arbeitsbeginn sowie die Wegzeit von ihrem Wohnort geltend.

3.2.1.2.1 Vorweg ist zur Wegzeit festzuhalten, dass das in § 9 Abs. 2 erster Satz AlVG vorgesehene Kriterium „in angemessener Zeit erreichbar“ in den beiden letzten Sätzen dieses Absatzes konkretisiert wird. Demnach beträgt die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.

Die Verwendung des eigenen Kraftfahrzeugs zum Erreichen von Arbeitsplätzen ist auf dem Arbeitsmarkt als allgemein üblich anzusehen. Damit ist auch ein Arbeitssuchender, der im Geldleistungsbezug der Arbeitslosenversicherung steht, grundsätzlich verpflichtet, ein ihm zur Verfügung stehendes Kraftfahrzeug, falls erforderlich, für das Erreichen eines Arbeitsplatzes einzusetzen (VwGH 20.02.2002, 99/08/0104).

Auch unter Zugrundelegung der Angaben der Beschwerdeführerin, wonach ihr Mann den PKW der Marke Seat für die tägliche Fahrt in die Arbeit benötigt, wäre ihr immer noch der PKW der Marke BMW zur Verfügung gestanden, mit dem sie ihrerseits den Ort des Dienstbeginns bei der potentiellen Dienstgeberin erreichen hätte können. Aus ihrem Argument, dass dieses Fahrzeug aufgrund des höheren Treibstoffverbrauches lediglich für Fahrten in den Urlaub herangezogen werde, ist für sie in Hinblick auf die angeführte Judikatur nichts zu gewinnen.

Daher geht auch das zentrale Vorbringen der Beschwerdeführerin – nämlich auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen zu sein – ins Leere und können die von ihr in diesem Zusammenhang dargelegten Wegzeiten dahingestellt bleiben.

Da die PKW-Fahrtzeiten zwischen der Wohnadresse der Beschwerdeführerin und der Adresse der potentiellen Dienstgeberin ca. 18 bis 26 Minuten bei einer Streckenlänge von 16,1 km bzw. zwischen den Betreuungseinrichtungen der Kinder zum potentiellen Dienstort rund 20 bis 30 Minuten bei einer Streckenlänge von 19,5 km betragen, war die zugewiesene Beschäftigung unter dem Gesichtspunkt der Wegzeit jedenfalls zumutbar.

3.2.1.2.2. Gemäß § 9 Abs. 2 AlVG ist eine Stelle auch nur dann zumutbar, wenn die gesetzlichen Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können.

Die Einschränkung des Vermittlungswunsches von Arbeitslosen mit Kinderbetreuungspflichten auf eine Beschäftigung, die die Vereinbarkeit von beruflichen und familiären Pflichten erleichtert (etwa durch Einschränkung des Beschäftigungsausmaßes oder durch Einschränkung der Lage der Arbeitszeit), stellt für sich weder die Arbeitswilligkeit noch die Verfügbarkeit der betreffenden Person in Frage. Das Beschäftigungsausmaß darf jedoch eine Mindestanzahl von 16 Stunden nicht unterschreiten und die Lage der Arbeitszeit muss den üblicherweise angebotenen Beschäftigungszeiten entsprechen. Die Mindestverfügbarkeit muss im Rahmen der üblicherweise auf dem Arbeitsmarkt angebotenen Beschäftigungen (§ 7 Abs. 3 Z 1 AlVG), das sind idR solche, die zwischen 07:00 und 18:00 Uhr bei üblicher Arbeitszeitverteilung auszuüben sind, gegeben sein (vgl. Sdoutz/Zechner, Arbeitslosenversicherungsgesetz – Praxiskommentar, § 9 AlVG, Rz 252).

Die Berücksichtigung familienpolitischer Anliegen ist auch im AlVG geboten, wer aber familiären Verpflichtungen bedingungslos den Vorzug gibt, steht der Vermittlung nicht zur Verfügung und kann schon deshalb kein Arbeitslosengeld beanspruchen. Insofern ist bei der Prüfung, ob gesetzliche Betreuungspflichten eingehalten werden können, auch zu berücksichtigen, inwieweit nicht andere zumutbare Betreuungsmöglichkeiten (zB Kindergärten, Tagesmütter, Pflegeleistungen im Rahmen sozialer Dienste) zur Verfügung stehen (vgl. Pfeil, AlVG Kommentar, § 9, Rz 43).

Die Beschwerdeführerin ist verheiratet und Mutter von zwei minderjährigen Kindern. Die Betreuung ihrer beiden Kinder ist ab 07:00 Uhr durch Kindergarten und Volksschule sichergestellt. Der Dienstbeginn der zugewiesenen Beschäftigung wäre zwischen 07:30 Uhr und 07:45 Uhr – und somit auch innerhalb einer für betreuungspflichtige Personen üblichen Arbeitszeitverteilung – gelegen. Zudem sind im Betrieb der potentiellen Dienstgeberin mehrere Mütter minderjähriger Kinder beschäftigt, wobei im Allgemeinen eine Rücksichtnahme auf deren Betreuungspflichten erfolgt.

Unter Zugrundelegung der festgestellten Fahrtzeit von 20 bis 30 Minuten von den Betreuungseinrichtungen ihrer Kinder wäre es der Beschwerdeführerin bei Inanspruchnahme des ihr zur Verfügung stehenden PKW zeitlich somit jedenfalls möglich gewesen, ihre Kinder ab 07:00 Uhr in die Betreuungseinrichtungen zu bringen und im Anschluss zeitgerecht, nämlich bis spätestens 07:45 Uhr, beim Arbeitsort zu erscheinen.

3.2.1.2.3. In einer Zusammenschau der genannten Umstände ist evident, dass die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Einwendungen gegen die Zumutbarkeit der Beschäftigung lediglich auf ihrer – unbegründeten – Behauptung, dass sie auf die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen sei, fußten. Betreuungspflichten, die gegen die Zumutbarkeit der verfahrensgegenständlichen Beschäftigung sprechen, liegen daher nicht vor. (Im Lichte dieser Umstände muss auch die in der Betreuungsvereinbarung vom 26.05.2021 festgehaltene gewünschte Arbeitszeit von 08:00 bis 19:00 Uhr betrachtet werden und kann auch diese Vereinbarung die Unzumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung nicht begründen, zumal dieser noch ausdrücklich die Behauptung der Beschwerdeführerin zugrunde liegt, sie sei auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen.)

3.2.1.2.4. Soweit die Beschwerdeführerin im Vorlageantrag (unkonkret) auf ihre Allergie gegen Hausstaub verweist, ist festzuhalten, dass sie unter einer Hausstaubmilbenallergie bloß geringen Ausmaßes leidet. Es ist daraus bereits insofern keine Unzumutbarkeit der ihr zugewiesenen Beschäftigung abzuleiten, als sie selbst im Verfahren angab, keine Einwendung gegen die angebotene Beschäftigung an sich zu haben und ausdrücklich bereit zu sein, als Reinigungskraft zu arbeiten.

3.2.1.3. Der Vermittlungsvorschlag hat somit den Zumutbarkeitskriterien des § 9 Abs. 2 AlVG entsprochen.

3.2.2. Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität im Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt (vgl. u.v. VwGH 11.09.2008, 2007/08/0111, mwN.).

3.2.2.1. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reicht für die Annahme der Kausalität aus, dass durch das Verhalten des Arbeitslosen die Chancen für das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses verringert wurden (vgl. VwGH 13.11.2013, 2013/08/0020).

Die Beschwerdeführerin hat im Rahmen der beiden telefonischen Bewerbungsgespräche gegenüber der potentiellen Dienstgeberin Einwendungen hinsichtlich ihrer Betreuungspflichten und der damit in Zusammenhang stehenden Arbeits- und Wegzeit geltend gemacht. Dass diese ursächlich für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses waren, steht im vorliegenden Fall zweifelsfrei fest und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten.

3.2.2.2. Durch ihre Einwendungen gegenüber der potentiellen Dienstgeberin nahm die Beschwerdeführerin zumindest billigend in Kauf, die angebotene Stelle nicht zu erhalten (vgl. VwGH 18.10.2000, 97/08/0408).

3.2.3. Die Beschwerdeführerin hat damit das Zustandekommen eines ihr zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses vorsätzlich vereitelt. Die Beschwerde ist somit gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG abzuweisen.

3.3. Die in § 10 Abs. 1 AlVG vorgesehene Sanktion besteht in einem Verlust des Arbeitslosengeldes (bzw. der Notstandshilfe) für die Dauer von "mindestens der auf die Pflichtverletzung folgenden sechs Wochen".

3.3.1. Der im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Anspruchsverlust für den Zeitraum von 09.06.2021 bis 20.07.2021 ist daher prinzipiell gesetzmäßig.

3.3.2. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG (so insbesondere die Beendigung der Arbeitslosigkeit durch Arbeitsaufnahme) liegen nicht vor. Die Beschwerdeführerin hat weder eine neue arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen noch sind andere Gründe ersichtlich, die eine Nachsicht begründen könnten.

Soweit die Beschwerdeführerin im Vorlageantrag darauf verwies, sich bislang bei jedem Jobangebot beworben zu haben und ihrer Ansicht daher keine Arbeitsunwilligkeit vorliege, stellt dies keinen Nachsichtsgrund im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG dar, zählt das Bewerben und Wahrnehmen von Vorstellungsgesprächen doch zu den grundlegenden Pflichten, welche die Beschwerdeführerin als Bezieherin einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung treffen, und wird daher alleine dadurch kein Ausgleich der durch die Vereitelung (bzw. Weigerung) entstandenen negativen Konsequenzen für die Versichertengemeinschaft bewirkt (vgl. VwGH 24.02.2016, Ra 2016/08/0001).

3.3.3. Die Beschwerde ist somit auch gemäß § 10 Abs. 3 AlVG abzuweisen.

3.4. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 VwGVG Abstand genommen werden, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Der entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt (s. Pkt. II.1) wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten bzw. warf sie mit seinem Beschwerdevorbringen lediglich rechtliche Fragen auf. Die Beschwerdeführerin machte hinsichtlich des Nichtzustandekommens des Beschäftigungsverhältnisses Einwendungen gegen die Zumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung geltend, wobei die maßgeblichen Tatsachen zur Beurteilung derselben entweder unstrittig sind oder klar aus der Aktenlage hervorgehen.

Bei Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung handelt es sich zwar um "civil rights" iSd Art. 6 EMRK (vgl. VwGH 24.11.2016, Ra 2016/08/0142, mwN). Im vorliegenden Fall liegen jedoch angesichts der obigen Ausführungen keine entscheidungserheblichen widersprechenden prozessrelevanten Behauptungen vor, die es erforderlich machen würden, dass sich das Gericht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen bzw. Parteien verschafft (vgl. zu den Fällen, in denen von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist, etwa VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0171). Auch wurde eine solche Verhandlung von der Beschwerdeführerin nicht beantragt. Im Ergebnis stehen dem Entfall der Verhandlung daher weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu §§ 9 und 10 AlVG bzw. zu Vereitelungshandlungen ist umfangreich vorhanden (unter der Begründung zu Spruchteil A zitiert) und im Lichte des Falles klar und kohärent.

Schlagworte

Anspruchsverlust Beschwerdevorentscheidung Notstandshilfe Unzuständigkeit Vereitelung Weg- und Wartezeit zumutbare Beschäftigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W237.2246725.1.00

Im RIS seit

11.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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