TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/10 96/04/0204

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Veröffentlicht am 10.12.1996
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Index

95/08 Sonstige Angelegenheiten der Technik;

Norm

IngG 1990 §4 Abs1 Z1 lita;
IngG 1990 §4 Abs1 Z1 litb;
IngGDV 1991/244 §2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des N in H, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 6. August 1996, Zl. 91508/10516-III/7/96, betreffend Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur", zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 6. August 1996 wurde dem Ansuchen des Beschwerdeführers um Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990 nicht stattgegeben. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 21. Juni 1996 die Reifeprüfung an einer Höheren technischen Lehranstalt abgelegt. Er weise jedoch die geforderte dreijährige Berufspraxis, die höhere Fachkenntnisse voraussetze, noch nicht nach. Hiebei könnte nämlich nur jene praktische Betätigung berücksichtigt werden, die ein Bewerber um die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" in einem Zeitraum absolviert habe, in welchem er bereits über diese höheren Fachkenntnisse verfügt habe. Diese Ausbildung habe der Beschwerdeführer aber erst am 21. Juni 1996 abgeschlossen. Eine vor dem Besuch der Höheren technischen Lehranstalt liegende Aus- oder Weiterbildung, die zur Qualifikation einer HTL-Ausbildung führe, sei aus dem Antrag des Beschwerdeführers nicht ersichtlich und von ihm auch nicht geltend gemacht worden. Durch eine gewerbliche Berufsausbildung bis zur Meisterprüfung oder durch eine berufliche Weiterbildung wie z.B. in einer Werkmeisterschule erlange man keine fachliche Qualifikation, die für die Ausübung einer "ingenieurmäßigen" Praxis notwendig sei und die dem Niveau der abgeschlossenen HTL-Ausbildung entspreche. Überdies sei der Beschwerdeführer laut Entlassungsbescheinigung vom 27. Februar 1991 zu dieser Zeit noch als Werkzeugmacher und den Angaben im Antrag zufolge, später auch als Lehrlingsausbildner und Leiter der Instandhaltung und Wartung maschineller Anlagen und Vorrichtungen tätig gewesen. Für diese Tätigkeiten seien lediglich Fachkenntnisse erforderlich, wie sie im Zuge einer gewerblichen Berufsausbildung vermittelt würden, nicht aber höhere HTL-Fachkenntnisse.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990 verletzt. Er bringt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes im wesentlichen vor, im § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990 sei nicht normiert, daß die mindestens dreijährige Berufspraxis zeitlich nach Ablegung der Reifeprüfung absolviert werden müsse. Es sei daher völlig unerheblich, wann die Berufspraxis erworben worden sei. Wesentlich für die Anrechnung einer beruflichen Tätigkeit als Berufspraxis sei lediglich, daß diese im überwiegenden Maße höhere Fachkenntnisse des Fachgebietes voraussetze. Auf welche beruflichen Tätigkeiten diese Voraussetzungen zuträfen, sei in § 2 Abs. 3 der Durchführungsverordnung zum Ingenieurgesetz 1990 "taxativ aufgelistet", wobei der Beschwerdeführer mehrere dieser - im einzelnen genannter - Tätigkeiten während seines am 1. März 1993 begonnenen Dienstverhältnisses bei der Firma F. ausgeführt habe. Er habe diese Tätigkeiten in einer Antragsbeilage ausführlich beschrieben. Erläuternd werde darauf hingewiesen, daß er bei der Firma F. im Vorrichtungs- und Werkzeugbau und zwar in leitender Funktion tätig gewesen sei. Um Pläne für Vorrichtungen erstellen zu können, seien allgemeine Maschinenbaukenntnisse erforderlich. Es seien ferner statische Berechnungen wie Biegung, Abscherung, Torsion etc. durchzuführen. Schließlich benötige man als Leiter der Instandhaltung und Wartung detaillierte Maschinen- und Instandhaltungskenntnisse. Nach seinem Wechsel in die Qualitätssicherungsabteilung ab April 1995 sei es ihm gemeinsam mit einem zweiten Mitarbeiter gelungen, die Firma F. zur Zertifizierung nach ISO 9001 (eine näher dargelegte Qualitätsnorm) zu führen. Die belangte Behörde sei also zu Unrecht zur Auffassung gelangt, daß für die von ihm ausgeübte Tätigkeit keine höheren Fachkenntnisse des Fachgebietes erforderlich seien. Dem Argument der belangten Behörde, vom Beschwerdeführer sei eine vor dem Besuch der Höheren technischen Lehranstalt liegende Aus- oder Weiterbildung, die zur Qualifikation einer HTL-Ausbildung führe, nicht geltend gemacht worden, sei entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde offenbar das Schreiben der Firma F. vom 15. April 1996, in dem die vom Beschwerdeführer ausgeübte Tätigkeit eingehend dargelegt worden sei, unberücksichtigt gelassen habe. Abgesehen davon, daß die Behörde ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Sachverhaltsfeststellung nicht nachgekommen sei, weil nicht erkennbar sei, ob von ihr überhaupt ein Ermittlungsverfahren durchgeführt worden sei, hätte sie, falls die vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden für die Stattgebung seines Ansuchens ihrer Meinung nach nicht ausreichend wären, dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme einräumen müssen. Es wäre ihm dann möglich gewesen, von seinem Arbeitgeber eine noch näher ins Detail gehende Beschreibung seiner beruflichen Tätigkeit anzufordern und der belangten Behörde vorzulegen. Durch diese Unterlassung habe die belangte Behörde das Recht des Beschwerdeführers auf Parteiengehör verletzt. Sie habe überdies ihrer Verpflichtung zur Manuduktion des Beschwerdeführers nicht entsprochen.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990 ist die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" Personen zu verleihen, die

a)

die Reifeprüfung nach dem Lehrplan inländischer Höherer technischer oder Höherer land- und forstwirtschaftlicher Lehranstalten erfolgreich abgelegt und

b)

eine mindestens dreijährige Berufspraxis absolviert haben, die höhere Fachkenntnisse auf dem Fachgebiet voraussetzt, auf dem die Reifeprüfung abgelegt wurde.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1996, Zl. 95/04/0246, und die dort zitierte Vorjudikatur) ausgesprochen hat, kann als Praxis, die höhere Fachkenntnisse voraussetzt, nur jene praktische Betätigung berücksichtigt werden, die der Bewerber um die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" in einem Zeitraum absolvierte, in welchem er bereits über diese höheren Fachkenntnisse verfügte. Auch kann es keinem Zweifel unterliegen, daß als höhere Fachkenntnisse im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. b Ingenieurgesetz 1990 nur solche Fachkenntnisse verstanden werden können, über die die Absolventen der in lit. a dieser Gesetzesstelle genannten Lehranstalten regelmäßig verfügen.

Davon ausgehend ist zunächst die Annahme der belangten Behörde, die durch den Abschluß einer Lehre erworbenen Fachkenntnisse reichten nicht an jene heran, die durch die Absolvierung der im § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ingenieurgesetz 1990 vermittelt würden, im Hinblick auf den systematischen Aufbau der Berufsausbildung in Österreich, nicht als rechtswidrig zu erkennen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. November 1995, Zl. 95/04/0176, und die dort zitierte Vorjudikatur). Gleiches gilt für die vom Beschwerdeführer absolvierte Werkmeisterschule für Maschinenbau.

Es ist daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer nach der Lehrausbildung als Werkzeugmacher bzw. nach Absolvierung der Werkmeisterschule für Maschinenbau ausgeübte Tätigkeit nicht als solche im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. b Ingenieurgesetz 1990 anerkannte. Legte der Beschwerdeführer doch selbst in der vorliegenden Beschwerde nicht dar, daß und durch welche besonderen Akte der Weiterbildung vor Beginn des geltend gemachten Praxiszeitraumes er jene Fachkenntnisse erlangt hätte, die jenen mit Abschluß der Reifeprüfung an einer Höheren technischen Lehranstalt erworbenen gleichwertig wären. Aus diesem Grund kann der belangten Behörde auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie zur Auffassung gelangte, für die vom Beschwerdeführer nachgewiesene Tätigkeit wären Fachkenntnisse ausreichend, wie sie im Zuge der gewerblichen Berufsausbildung vermittelt würden.

Soweit der Beschwerdeführer jedoch darauf verweist, die von ihm ausgeübten Tätigkeiten entsprächen den in § 2 der Durchführungsverordnung zum Ingenieurgesetz 1990 genannten, ist ihm entgegenzuhalten, daß die hier (beispielsweise) aufgezählten Tätigkeiten gemäß dem ersten Satz dieser Bestimmung als Berufspraxis im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. b Ingenieurgesetz 1990 nicht jedenfalls, sondern nur dann anzurechnen sind, wenn sie u.a. "in überwiegendem Maße höhere Fachkenntnisse des Fachgebietes" voraussetzen. Die Erfüllung dieser Voraussetzung hat die belangte Behörde jedoch in nicht als rechtswidrig zu erkennender Weise verneint.

Zur Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Sachverhaltsermittlung nicht entsprochen, ist der Beschwerdeführer zunächst darauf hinzuweisen, daß es im Grunde des § 6 Abs. 2 lit. b Ingenieurgesetz 1990 Sache des Antragstellers ist, Nachweise über seine Ausbildung und über seine Berufspraxis bereits dem Verleihungsantrag anzuschließen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. März 1996, Zl. 94/04/0227). Im übrigen hat der Beschwerdeführer auch nicht konkret dargetan, welches zu einem anderen Bescheid führende Ermittlungsergebnis unterblieben ist.

Mit dem eine Verletzung des Parteiengehörs behauptenden Beschwerdevorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht aufzuzeigen, weil Gegenstand des Parteiengehörs nur die von der Behörde erzielten Ermittlungsergebnisse, nicht aber deren Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung sein können (vgl. nochmals das zitierte hg. Erkenntnis vom 28. November 1995). Soweit er jedoch eine Verletzung der behördlichen Manuduktionspflicht rügt, hat er es unterlassen, die Wesentlichkeit dieses allfälligen Verfahrensmangels im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuzeigen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996040204.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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