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L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag KärntenNorm
AVG §8Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, BA, in der Revisionssache 1. des P M, 2. der R M, beide in S, 3. der S P in E und 4. des Dr. F B in M, alle vertreten durch Dr. Franz M. Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8/I, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 28. November 2018, KLVwG-2461-2471/9/2018, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtrat der Stadtgemeinde St. Andrä; mitbeteiligte Partei: K GmbH in S, vertreten durch die Gößeringer Löscher Oman Rechtsanwälte GmbH in 9020 Klagenfurt am Wörthersee, Heuplatz 2; weitere Partei: Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 21. Juli 2017 erteilte der Bürgermeister der Stadtgemeinde St. Andrä der mitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung einer viergeschossigen Wohnanlage mit 19 Wohneinheiten, 18 überdachten und 16 nicht überdachten Pkw-Abstellplätzen auf Grundstück Nr. X, KG S.
2 Die revisionswerbenden Parteien, die Eigentümer von nur durch die K.-Straße vom Baugrundstück getrennten Grundstücken sind, erhoben gegen den genannten Bescheid Berufung, die mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde St. Andrä (belangte Behörde) vom 30. August 2018 als unbegründet abgewiesen wurde.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten (LVwG) wurde die von den revisionswerbenden Parteien gegen den Berufungsbescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig erklärt.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, mit dem gegenständlichen Bauvorhaben werde zwar die zulässige Bebauungsdichte nach dem Allgemeinen Textlichen Bebauungsplan der Stadtgemeinde St. Andrä vom 22. März 2017 nicht überschritten. Dieser Bebauungsplan unterscheide jedoch in gesetz- und verfassungswidriger Weise nicht zwischen einzelnen Ortsteilen, sondern lasse im Wohngebiet bei Mehrfamilienhäusern und Reihenhäusern undifferenziert, unsachlich und gleichheitswidrig eine Bebauungsdichte von 1,6 zu, anstatt die Bebauungsdichte von der örtlichen Gegebenheit des Grundstückes abhängig zu machen.
9 Diesem Vorbringen kommt schon deshalb keine rechtliche Relevanz für die gegenständliche Entscheidung zu, weil die revisionswerbenden Parteien der Begründung des LVwG, bereits die belangte Behörde habe zutreffend auf die Präklusion dieses (erstmals in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid erstatteten) Vorbringens hingewiesen, nicht entgegentreten. Damit erübrigt sich auch eine nähere Beurteilung des Vorbringens, mit dem ein Verfahrensmangel behauptet wird, weil das LVwG auf den Antrag der revisionswerbenden Parteien auf Beiziehung eines technischen Gutachters zum Beweis dafür, dass (durch das Bauvorhaben) „die sachlich zu ermittelnde Bebauungsdichte“ überschritten werde, nicht eingegangen sei.
10 Die revisionswerbenden Parteien bemängeln weiters die nicht erfolgte Einholung eines immissionstechnischen Gutachtens zum Beweis einer unzulässigen Beeinträchtigung durch Lärm und Abgase sowie die nicht erfolgte Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen zum Beweis dafür, dass eine unzulässige Beeinträchtigung der Gesundheit der revisionswerbenden Parteien durch Lärm, Abgase und Staub eintreten werde.
11 Auch dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen. Gemäß § 23 Abs. 4 Kärntner Bauordnung 1996 (K-BO 1996) in der Fassung LGBl. Nr. 31/2015 sind Anrainer gemäß Abs. 2 lit. a und b bei einem Vorhaben nach § 6 lit. a, b, d und e, das sich auf ein Gebäude bezieht, welches ausschließlich Wohn-, Büro- oder Ordinationszwecken dient, einschließlich der zu seiner Nutzung erforderlichen baulichen Anlagen, nur berechtigt, Einwendungen gemäß Abs. 3 lit. b bis g zu erheben.
12 Das LVwG hat im angefochtenen Erkenntnis - von den revisionswerbenden Parteien unbekämpft - dargelegt, dass es sich gegenständlich um ein Bauvorhaben im Sinne des § 23 Abs. 4 K-BO 1996 handle, den revisionswerbenden Parteien daher Einwendungen betreffend den Schutz der Gesundheit und den Schutz vor Immissionen (Anmerkung: vgl. § 23 Abs. 3 lit. h und i K-BO 1996) nicht zustünden und sie deshalb durch die gerügte Nichteinholung der von ihnen beantragten Gutachten nicht in einem ihnen zukommenden subjektiv-öffentlichen Recht verletzt würden. Die Zulässigkeitsbegründung der Revision enthält kein dagegen gerichtetes, substantielles Vorbringen. Da die Verfahrensrechte einer Partei nicht weiter als ihre materiellen Rechte gehen, können Verfahrensfehler für die Nachbarn (bzw. Anrainer) nur dann von Relevanz sein, wenn damit eine Verletzung ihrer materiellen Nachbarrechte gegeben wäre (vgl. VwGH 11.12.2020, Ra 2018/06/0247 bis 0249, mwN).
13 Auch soweit die revisionswerbenden Parteien einen Verfahrensmangel mit der Begründung behaupten, dass es infolge des Bauvorhabens auf der K.-Straße zu gefährlichen Verkehrssituationen kommen werde, jedoch ein beantragtes verkehrstechnisches Gutachten nicht eingeholt worden sei, zeigen sie bereits deshalb keine Verletzung der ihnen durch § 23 Abs. 3 K-BO 1996 gewährten subjektiv-öffentlichen Rechte auf, weil Anrainer im Baubewilligungsverfahren keinen Anspruch darauf haben, dass sich die Verkehrsverhältnisse auf einer öffentlichen Straße nicht ändern (VwGH 19.9.2006, 2005/05/0107; 30.6.2015, Ro 2014/06/0054, jeweils mwN).
14 Ferner ist dem Zulässigkeitsvorbringen, mit dem eine nicht erfolgte Ergänzung des Ortsbildsachverständigengutachtens bemängelt wird, zu entgegnen, dass - wie bereits das LVwG zutreffend darlegte - die revisionswerbenden Parteien aus Bestimmungen, die dem Schutz des Ortsbildes dienen, kein subjektiv-öffentliches Recht im Sinne des § 23 Abs. 3 K-BO 1996 ableiten können (vgl. VwGH 27.5.2009, 2008/05/0007, mwN).
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 19. Oktober 2021
Schlagworte
Baurecht Nachbar Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019060041.L00Im RIS seit
11.11.2021Zuletzt aktualisiert am
23.11.2021