Entscheidungsdatum
29.06.2021Norm
TourismusG NÖ 2010 §12 Abs9Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter
Hofrat Mag. Hubmayr im Beschwerdeverfahren A GmbH, vertreten durch B Rechtsanwälte GbR in ***, aufgrund des Vorlageantrages vom 8. Oktober 2020 gegen die Beschwerdevorentscheidung des Bürgermeisters der Stadt Krems vom 28. September 2020, GZ: ***, über die Beschwerde vom 21. August 2020 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt *** vom 6. August 2020, GZ: ***, betreffend die Abweisung eines Antrages auf Rückzahlung der Nächtigungstaxen für den Zeitraum Dezember 2011 bis Dezember 2013, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 279 Bundesabgabenordnung - BAO
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Entscheidungsgründe:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
Mit einem an den Magistrat der Stadt Krems adressierten Schreiben vom 29. April 2019 beantragte die A GmbH (in der Folge: Beschwerdeführerin) gemäß § 239 BAO die Rückzahlung der im Zeitraum Dezember 2011 bis April 2018 entrichteten Nächtigungstaxen für 310.656 Nächtigungen von PatientInnen der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) im Gesamtbetrag von € 475.198,47.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass von den PatientInnen in Sonderkrankenanstalten außerhalb von Kurorten keine Nächtigungstaxen zu entrichten seien.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Krems an der Donau vom 6. August 2020, GZ.: ***, wurde über diesen Antrag hinsichtlich des Zeitraumes Dezember 2011 bis Dezember 2013 abgesprochen.
Der Rückzahlungsantrag hinsichtlich des Zeitraumes 1.12.2011 – 31.12.2013 betreffend der für Patienten der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) entrichteten Nächtigungstaxen im Betrag von € 142.016,82 wurde abgewiesen.
In der Begründung wurde dargelegt, dass die Beschwerdeführerin als Unterkunftgeberin im Zeitraum Dezember 2011 bis April 2018 für Patienten der Pensionsversicherungsanstalt an die Stadt Krems Nächtigungstaxen gemeldet und abgeführt habe. Am 29. April 2019 habe die Beschwerdeführerin für diesen Zeitraum einen Antrag auf Rückzahlung der Nächtigungstaxen an den Magistrat der Stadt Krems gestellt. Für die bis Ende 2013 entstandenen Abgabenansprüche sei mit Ablauf des Jahres 2018 die Verjährung eingetreten, für alle vor Ablauf des Jahres 2013 entstandenen Ansprüche sei eine Festsetzung bzw. Berichtigung aufgrund der Bemessungsverjährung nicht mehr möglich. Mangels eines rückzahlbaren Guthabens auf dem Abgabenkonto der A GmbH sei der Antrag abzuweisen.
Gegen diesen Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Krems an der Donau vom 6. August 2020 erhob die Beschwerdeführerin durch ihre ausgewiesene Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 21. August 2020 eine Bescheidbeschwerde. Die Beschwerdeführerin habe die Nächtigungstaxen von ihren Gästen eingehoben und an die Gemeinde abgeführt. Die Kosten der Gäste seien von der Pensionsversicherungsanstalt getragen worden. Die nunmehrige Abweisung des Antrages auf Rückzahlung für den Zeitraum 1.12.2011 bis 31.12.2013 durch den Bürgermeister der Stadt Krems sei damit begründet worden, dass die Abgabenfestsetzung aufgrund der Verjährung nicht mehr möglich sei, weshalb keine Gutschrift bestehe und auch kein Anspruch auf Rückzahlung bestehe.
Mangels Abgabenpflicht sei jedoch nie ein Abgabenanspruch entstanden, weshalb es nie zur Festsetzungsverjährung gekommen sein könne. Daher hätte die Abgabenbehörde über die Abgabenfestsetzung abzusprechen gehabt und wäre dem Antrag auf Rückzahlung der Nächtigungstaxe für den Zeitraum 1.12.2011 bis 31.12.2013 in der Höhe von € 142.016,82 stattzugeben gewesen.
Beantragt wurde, den angefochtenen Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Krems an der Donau vom 6. August 2020 dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Rückzahlung der Nächtigungstaxen für den Zeitraum 1.12.2011 bis 31.12.2013 in der Höhe von € 142.016,82 Folge gegeben werde.
Mit Beschwerdevorentscheidung des Bürgermeisters der Stadt Krems an der Donau vom 28. September 2020, GZ.: ***, wurde die Bescheidbeschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid vom 6. August 2020 bestätigt.
In der Begründung wird ausgeführt, dass es sich bei der Nächtigungstaxe um eine gemeinschaftliche Landesabgabe handle, sowohl Festsetzung als auch die Entscheidung über Rückzahlungsanträge beträfen den übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Zuständige Abgabenbehörde sei der Bürgermeister.
Bei der Nächtigungstaxe handle es sich um eine Selbstberechnungsabgabe, Abgabenschuldner sei der Gast, mit Entrichtung der Nächtigungstaxe an den Unterkunftgeber werde dieser Schuldner. Die A habe als Unterkunftgeber Nächtigungstaxe für Patienten abgeführt. Getragen worden sind die Abgabe jedoch von der Pensionsversicherungsanstalt.
Die selbstberechnete Abgabe habe sich als unrichtig erwiesen bzw. sei aufgrund einer Ausnahmebestimmung im NÖ Tourismusgesetz zu Unrecht entrichtet worden.
Eine nachträgliche Berichtigung der Selbstberechnung komme jedoch für den Zeitraum 1.12.2011 bis 31.12.2013 aufgrund der bereits eingetretenen Verjährung nicht in Betracht. Nach Eintritt der Bemessungsverjährung sei der Behörde die Vornahme einer anstelle der Festsetzungswirkung der Selbstbemessung tretenden bescheidförmigen Abgabenfestsetzung verjährt wäre. Mangels geänderter Festsetzung komme eine Buchung der entrichteten Beträge als Guthaben nicht in Betracht. Mangels Guthabens bestehe kein Anspruch auf Rückzahlung.
Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2020 wurde nunmehr ein Antrag auf Vorlage der Beschwerde vom 21. August 2020 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Krems an der Donau vom 6. August 2020 zur Entscheidung durch das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gestellt.
Beschwerde und bezughabender Verwaltungsakt wurden vom Steueramt des Magistrates der Stadt Krems dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich am 21. Oktober 2020 (einlangend) zur Entscheidung vorgelegt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten unbedenklichen Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15. Juni 2021, fortgesetzt am 22. Juni 2021.
2. Feststellungen:
Aus den vorgelegten Unterlagen, dem angefochtenen Bescheid, der verfahrensgegenständlichen Beschwerde sowie dem Ergebnis der durchgeführten Verhandlung, hier insbesondere aus den glaubwürdigen und übereinstimmenden Aussagen der anwesenden Vertreter der belangten Behörde sowie der Beschwerdeführerin konnte Nachfolgendes festgestellt werden:
Betrieben wird seit November 2011 von der Beschwerdeführerin sowohl eine Sonderkrankenanstalt, als auch ein gewerblich bewilligter Hotelbetrieb. Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum wurden im Hotelbetrieb jedenfalls keine Gäste beherbergt. Das gegenständliche Rückzahlungsansuchen betrifft ausschließlich die Sonderkrankenanstalt.
Verfahrensgegenständlich sind 25 Monate (Dezember 2011 bis Dezember 2013).
Von Dezember 2011 bis September 2013 wurden von der A GmbH als Unterkunftgeberin Gästemeldeblätter in 3 Durchschlägen geführt. Zwei Durchschläge wurden mit der Post an die Behörde übermittelt, einen davon bekam das Steueramt. Jeweils ein Durchschlag verblieb bei der Beschwerdeführerin.
Seitens der Behörde wurde der A monatlich ein Vordruck übermittelt.
In diesem Vordruck wurden von der Beschwerdeführerin monatlich die Summe der Nächtigungen des betroffenen Monats und der abgerechnete Abgabenbetrag für den betroffenen Monat ausgefüllt.
Das ausgefüllte Formular als schriftliche Abrechnung über den Steuerbetrag wurde dann monatlich an die Behörde bzw. das Steueramt des Magistrates der Stadt Krems per Fax übermittelt.
Vom Steueramt wurden die Abrechnungen zu den einzelnen Monaten elektronisch im Excel-Format abgespeichert. Diese bei der Behörde aufliegenden Abrechnungen stimmen mit den einbezahlten Beträgen genau überein.
Ab Oktober 2013 erfolgte die Meldung der Gästedaten elektronisch über die Software „Feratel“. Das Gästemeldungsprogramm „Feratel“ dient als Schnittstelle zwischen dem Beherbergungsbetrieb und der Abgabenbehörde. Die Eingaben der Gästedaten durch den Beherbergungsbetrieb werden damit unmittelbar in das Buchhaltungsprogramm der Behörde eingespielt und aufgrund der Auswertung dieses Programmes dem Abgabepflichtigen ins Soll geschrieben. Das Programm errechnet aufgrund der eingegebenen Gästedaten die zu entrichtende Nächtigungstaxe. Der errechnete Betrag ist sowohl der Behörde als auch dem Abgabepflichtigen bekannt und wird von diesem unmittelbar und ohne weitere Aufforderung entrichtet. Dementsprechend bestehen dann sowohl beim Unterkunftgeber als auch bei der Abgabenbehörde Aufzeichnungen über die abgerechneten Taxenbeträge. Berichtigte Abgabenerklärungen wurden nicht vorgelegt.
Aus den vorgelegten monatlichen Abrechnungen ergeben sich die als Nächtigungstaxe erklärten Abgabenbeträge für sämtliche Nächtigungen.
2011:
Dezember 1.013,61
Gesamt 2011 1.013,61 €
2012:
Jänner 3.904,50
Februar 5.089,50
März 5.559,00
April 5.382,00
Mai 5.554,50
Juni 5.367,00
Juli 5.611,50
August 6.400,50
September 6.255,00
Oktober 6.919,50
November 6.727,50
Dezember 6.936,00
Gesamt 2012 69.706,50 €
2013:
Jänner 7.150,22
Februar 6.449,52
März 7.137,90
April 6.917,68
Mai 7.159,46
Juni 6.922,30
Juli 7.156,38
August 7.117,88
September 6.900,74
Oktober 7.144,06
November 7.107,10
Dezember 7.088,62
Gesamt 2013 84.251,86 €
Für Patienten der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) als Nächtigungstaxe wurde von der Beschwerdeführerin im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum ein Betrag von € 142.016,82 entrichtet. Die Höhe des tatsächlich entrichteten Betrages steht außer Streit.
Der gegenständliche Rückzahlungsantrag erstreckt sich nicht auf den gesamten erklärten und entrichteten Abgabenbetrag, sondern lediglich auf den für Patienten der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) als Nächtigungstaxe im verfahrensgegenständlichen Zeitraum entrichteten Betrag von € 142.016,82.
3. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
3.1. Bundesabgabenordnung (BAO):
§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.
§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …
§ 201. (1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
(2) Die Festsetzung kann erfolgen,
1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,
2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,
3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,
(Anm.: Z 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 20/2009)
5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.
(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen,
1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist,
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 70/2013)
3. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295 die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen würden.
(4) Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.
§ 201a. Für Landes- und Gemeindeabgaben gilt Folgendes:
Liegen die Voraussetzungen für eine bescheidmäßige Festsetzung gemäß § 201 vor, so ist von der Festsetzung abzusehen, wenn der Abgabepflichtige nachträglich die Selbstberechnung berichtigt.
§ 202. (1) Die §§ 201 und 201a gelten sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. (…)
§ 207. (1) Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.
(2) Die Verjährungsfrist beträgt (…) bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. (…)
§ 208. (1) Die Verjährung beginnt
a) in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, (…);
§ 215. (4) Soweit Guthaben nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, sind sie nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen.
§ 239. (1) Die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) kann auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen. (…)
§ 239a. Soweit eine Abgabe, die nach dem Zweck der Abgabenvorschrift wirtschaftlich von einem Anderen als dem Abgabepflichtigen getragen werden soll, wirtschaftlich von einem Anderen als dem Abgabepflichtigen getragen wurde, haben zu unterbleiben:
1. die Gutschrift auf dem Abgabenkonto,
2. die Rückzahlung, Umbuchung oder Überrechnung von Guthaben und
3. die Verwendung zur Tilgung von Abgabenschuldigkeiten,
wenn dies zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Abgabepflichtigen führen würde.
§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.
§ 293b. Die Abgabenbehörde kann auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.
§ 295a. (1) Ein Bescheid kann auf Antrag der Partei (§ 78) oder von Amts wegen insoweit abgeändert werden, als ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches hat.
(…)
§ 302. (1) Abänderungen, Zurücknahmen und Aufhebungen von Bescheiden sind, soweit nicht anderes bestimmt ist, bis zum Ablauf der Verjährungsfrist, Aufhebungen gemäß § 299 jedoch bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe (§ 97) des Bescheides zulässig.
(…)
§ 303. (1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
(…)
§ 304. Nach Eintritt der Verjährung ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens nur zulässig, wenn sie
a) vor Eintritt der Verjährungsfrist beantragt wird, oder
b) innerhalb von drei Jahren ab Eintritt der Rechtskraft des das Verfahren abschließenden Bescheides beantragt oder durchgeführt wird.
3.2. NÖ Tourismusgesetz 2010, LGBl. 7400:
§ 12 Nächtigungstaxen
(1) Abgabenform
Die Nächtigungstaxe ist eine gemeinschaftliche Landesabgabe. Die Einhebung dieser Abgabe besorgen die Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich.
(2) Aufteilung der Abgabenerträge
35 % der Einnahmen aus der Nächtigungstaxe gebühren der Gemeinde und 65 % des Abgabenertrages sind für das Land Niederösterreich vorgesehen.
…
(4) Abgabenpflicht
a) Der Abgabenpflicht unterliegen alle Personen, die im Gebiet einer Gemeinde des Landes Niederösterreich in Gästeunterkünften nächtigen (Gast).
b) Gästeunterkünfte sind Unterkünfte, die unter der Leitung oder Aufsicht des Unterkunftgebers oder eines von diesem Beauftragten stehen und der Unterbringung von Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt dienen, insbesondere
- im Rahmen der gewerblichen Beherbergung,
- im Rahmen der Privatzimmervermietung im Sinne des Artikel III der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1974, BGBl. Nr. 444/1974,
- in Kur- und Erholungsheimen,
- in Sonderkrankenanstalten in nach dem NÖ Heilvorkommen- und Kurortegesetz, LGBl. 7600, anerkannten Kurorten,
- in Ferienwohnungen,
- auf Campingplätzen oder
- im Rahmen der entgeltlichen Überlassung sonstiger Privatunterkünfte bzw. Zimmer.
(…)
(9) Abgabenschuld, Fälligkeit, Entrichtung, Einhebung, Abfuhr
a) Die Festsetzung der vom Gast im Sinne des Abs. 4 zu entrichtenden Nächtigungstaxe erfolgt durch Selbstberechnung gemäß der Bundesabgabenordnung.
b) Die Abgabenschuld beginnt mit der ersten und endet mit der letzten Nächtigung, spätestens jedoch nach 60 unmittelbar aufeinander folgenden Nächtigungen. Mit der letzten Nächtigung entsteht der Abgabenanspruch und ist die Abgabe fällig. Der Gast hat die Nächtigungstaxe spätestens am Tag der Fälligkeit an den Unterkunftgeber zu entrichten. Bei entgeltlicher Beherbergung ist die Nächtigungstaxe gesondert in Anrechnung zu bringen; es ist gleichgültig, ob dieses Entgelt vom Gast selbst oder durch Dritte für diesen geleistet wird.
c) Der Unterkunftgeber ist verpflichtet, die Nächtigungstaxe vom Gast im Sinne des Abs. 4 für die Gemeinde einzuheben (Einhebungspflichtiger). Mit der Entrichtung der Nächtigungstaxe an den Unterkunftgeber wird dieser Schuldner. Der Unterkunftgeber hat bis zum 15. des Folgemonats die im vorangegangenen Monat eingehobenen Nächtigungstaxen an die Gemeinde ohne weitere Aufforderung abzuführen.
d) Die Gemeinden haben für jedes Kalendervierteljahr jeweils bis zum 15. der Monate Februar, Mai, August und November eines jeden Jahres den eingehobenen Anteil des Landes am Abgabenertrag der Nächtigungstaxen gemäß Abs. 2 an das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung abzuführen.
…
(11) Haftung
Der Unterkunftgeber haftet für die Entrichtung und Abfuhr der Nächtigungstaxe.
(12) Aufzeichnungen
a) Der Unterkunftgeber hat Aufzeichnungen zu führen. Diese Aufzeichnungen müssen eine möglichst einfache, kostensparende und vollständige Einhebung der Nächtigungstaxe sicherstellen. Jedenfalls haben die Unterkunftgeber zugleich mit der Abfuhr der Nächtigungstaxe an die Gemeinde über die Zahl der beherbergten Personen, die Zahl der abgabepflichtigen und der nicht abgabepflichtigen Nächtigungen, sowie die sich daraus ergebenden Abgabenbeträge Meldung zu erstatten. Für diese Meldungen sind die von der Gemeinde zur Verfügung zu stellenden Unterlagen oder, nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten, die elektronische Datenübermittlung zu verwenden. Diese Angaben bei der Abrechnung stellen eine Abgabenerklärung dar.
b) Unterkunftgeber, die Betreiber eines Campingplatzes sind, haben ein Verzeichnis der Unterkünfte, die länger als zwei Monate in der Saison am Campingplatz auf- oder abgestellt werden, zu führen, aus dem der über die Unterkunft Verfügungsberechtigte, sofern vorhanden, ihr Kennzeichen, der Tag der Aufstellung und der Tag der Entfernung der Unterkunft, hervorgehen.
(13) Kontrolle durch die Gemeinde
Die Gemeinde hat die ordnungsgemäße und vollständige Einhebung der Nächtigungstaxe durch die Unterkunftgeber zu überwachen. Zu diesem Zweck hat die Gemeinde jedenfalls Aufzeichnungen über die von jedem einzelnen Unterkunftgeber abgerechneten Taxenbeträge zu führen. Diese Angaben bei der Abrechnung stellen eine Abgabenerklärung dar. Die Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich sind verpflichtet, bei der Ermittlung der für die Abgabenpflicht und Abgabenhöhe maßgebenden Umstände mitzuwirken. Die Unterkunftgeber haben der Gemeinde die der Berechnung dienlichen Nachweise vorzulegen und alle diesbezüglichen Auskünfte zu erteilen.
3.3. NÖ Stadtrechtsorganisationsgesetz – NÖ STROG:
§ 17 Übertragener Wirkungsbereich
Der übertragene Wirkungsbereich umfasst die Angelegenheiten, die die Stadt und ihre Organe nach Maßgabe der Bundes- oder Landesgesetze im Auftrag und nach den Weisungen des Bundes oder des Landes zu besorgen haben.
§ 18 Vollziehung der behördlichen Aufgaben im übertragenen Wirkungsbereich
(1) Der Bürgermeister vollzieht die Angelegenheiten des vom Land übertragenen Wirkungsbereiches. Er bedient sich dabei des Magistrats als Hilfsorgan und ist dabei an die Weisungen des Landes gebunden.
(…)
2.4. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG:
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
4. Würdigung:
4.1. Zu Spruchpunkt 1:
Die gegenständliche Beschwerde vom 21. August 2020 richtet sich gegen einen Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Krems vom 6. August 2020,
GZ.: ***, betreffend die Entscheidung über einen Antrag auf Rückzahlung von Nächtigungstaxen.
Anträge auf Rückzahlung sind entscheidungspflichtig (VwGH 2002/14/0051).
Über Anträge auf Rückzahlung eines Guthabens ist ausschließlich im Einhebungsverfahren gemäß § 239 Abs. 1 BAO gesondert mit Bescheid zu entscheiden (VwGH 86/17/0202, 89/16/0203).
Die Abgabenbehörde hat über jenen Betrag abzusprechen, der im Zeitpunkt der Antragstellung auf dem Abgabenkonto aufscheint (VwGH 85/14/0021, 2001/16/0375).
Eine Rückzahlung von Guthaben kann gemäß § 239 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen erfolgen. Beim Abgabepflichtigen iSd § 239 Abs. 1 BAO handelt es sich um denjenigen, auf dessen Namen das betreffende Abgabenkonto lautet.
Die Rückzahlung kann nur derjenige beantragen, auf dessen Namen das Konto lautet, auf das die Einzahlung erfolgte (VwGH 1455/74; 2259/78).
Gemäß § 12 Abs. 9 lit. b NÖ Tourismusgesetz 2010 hat der Gast die Nächtigungstaxe an den Unterkunftgeber zu entrichten.
Gemäß § 12 Abs. 9 lit. c NÖ Tourismusgesetz 2010 ist der Unterkunftgeber verpflichtet, die Nächtigungstaxe vom Gast für die Gemeinde einzuheben (Einhebungspflichtiger) und wird mit der Entrichtung der Nächtigungstaxe an den Unterkunftgeber selbst zum Schuldner.
Als Unterkunftgeberin ist die Beschwerdeführerin auch gemäß § 12 Abs. 9 lit. c NÖ Tourismusgesetz 2010 Schuldner (Haftungsschuldner) der Nächtigungstaxe. Insofern auch das von der Abgabenbehörde geführte Abgabenkonto auf die Beschwerdeführerin lautet, ist sie auch im Sinne des § 239 BAO antragslegitimiert.
Die Festsetzung Nächtigungstaxe erfolgt gemäß § 12 Abs. 9 lit. c NÖ Tourismusgesetz 2010 durch Selbstberechnung.
Gemäß § 12 Abs. 12 lit. a NÖ Tourismusgesetz 2010 hat der Unterkunftgeber hat Aufzeichnungen über die Zahl der beherbergten Personen, die Zahl der abgabepflichtigen und der nicht abgabepflichtigen Nächtigungen zu führen und mit der Abfuhr der Nächtigungstaxe an die Gemeinde über die sich daraus ergebenden Abgabenbeträge Meldung zu erstatten. Für diese Meldungen sind die von der Gemeinde zur Verfügung zu stellenden Unterlagen oder, nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten, die elektronische Datenübermittlung zu verwenden. Diese Angaben bei der Abrechnung stellen eine Abgabenerklärung dar.
Im gegenständlichen Fall wurden entsprechende Abgabenerklärungen von der Beschwerdeführerin der Abgabenbehörde monatlich übermittelt und damit jeweils durch Selbstberechnung monatlich die Nächtigungstaxen festgesetzt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Antrag des Abgabepflichtigen auf Rückerstattung von Selbstbemessungsabgaben, der mit einer Unrichtigkeit der Selbstbemessung begründet wird, zunächst als solcher auf bescheidmäßige Festsetzung der Selbstbemessungsabgabe zu werten und zunächst bescheidmäßig über die Abgabenfestsetzung zu entscheiden (VwGH 85/17/0050, 88/17/0242; 2002/17/0262; 2006/16/0129; 2001/15/0097; VfSlg 8726/1980, VfSlg 12734/1991).
Ein auf Unrichtigkeit der Selbstbemessung einer Abgabe gestützter Rückzahlungsantrag löst die Verpflichtung der Abgabenbehörde zur bescheidmäßigen Festsetzung der Abgabe aus, wenn eine solche noch nicht erfolgt ist (VwGH 2002/17/0153, 2001/15/0097).
Auch im gegenständlichen Fall hat die Beschwerdeführerin ihren Rückzahlungsantrag ausschließlich damit begründet, dass die Selbstbemessung unrichtig gewesen sei.
Lassen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe ohne abgabenbehördliche Festsetzung der Abgabe zu oder ordnen sie solches (wie dies nach § 12 NÖ Tourismusgesetz 2010 der Fall ist) an, gilt die Abgabe durch die Einreichung der Erklärung über die Selbstbemessung als festgesetzt (VwGH 2002/17/0262).
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH bewirkt die Einreichung der Erklärung betreffend eine Selbstbemessungsabgabe kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung die Festsetzung der Abgabe. Damit verbinden sich die selben Rechtswirkungen wie mit einer bescheidmäßigen Festsetzung.
Eine Selbstbemessungsabgabe gilt durch die Einreichung der Erklärung über die Selbstbemessung festgesetzt. Der Einreichung der Erklärung kommt somit kraft gesetzlicher Anordnung insofern dieselbe Rechtswirkung wie einer bescheidmäßigen Festsetzung zu (VwGH 88/17/0242, 91/17/0168).
Die Einreichung einer Abgabenerklärung betreffend eine Selbstbemessungsabgabe bewirken kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung die Festsetzung der Abgabe. Damit verbinden sich dieselben Rechtwirkungen wie mit einer bescheidmäßigen Festsetzung. Die durch die Selbstbemessung geschaffene Rechtswirkung der Abgabenfestsetzung stellt ein Analogon zur Rechtskraftwirkung eines Bescheides dar (VwGH 99/17/0173).
Die „Quasi-Rechtskraft“ einer solchen Festsetzung durch Erklärung wird allerdings durch die bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe wieder durchbrochen (VwGH 94/16/0150, 2000/17/0245).
Der Abgabenerklärung kommt daher kraft gesetzlicher Anordnung insofern dieselbe Rechtswirkung wie einer bescheidmäßigen Festsetzung zu, als damit die Abgabe als festgesetzt gilt. Von dieser Rechtswirkung ist solange auszugehen, bis eine Änderung der als festgesetzt geltenden Abgabe auf Grundlage einer im Verfahrensrecht enthaltenen, eine Abänderung ermöglichenden Bestimmung erfolgt.
Die Rechtswirkung der Abgabenfestsetzung durch Selbstberechnung müsste also zunächst durch eine nachträgliche bescheidmäßige Abgabenfestsetzung durchbrochen werden. Eine entsprechende erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid (oder allenfalls nachträgliche Berichtigung durch Selbstberechnung gemäß § 201a BAO) könnte ausschließlich auf der Grundlage des § 201 BAO unter den in dieser Bestimmung geregelten Voraussetzungen erfolgen.
Der Antrag wurde am 29. April 2019 eingebracht. Verfahrensgegenständlich sind die Nächtigungstaxen für den Zeitraum Anfang Dezember 2011 bis Ende Dezember 2013 bzw. die für diesen Zeitraum eingereichten Abgabenerklärungen.
Stellt der Abgabepflichtige nach der durch Selbstbemessung erfolgten Festsetzung der Abgabe einen Antrag auf Rückerstattung und setzt die Entscheidung über einen solchen Antrag voraus, dass die Behörde die Rechtsfrage der Abgabenschuldigkeit beantwortet, dann ist der Antrag auch als Begehren auf bescheidmäßige Festsetzung der Selbstbemessungsabgabe zu werten. In einem solchen Fall hat die Abgabenbehörde zuerst über die Frage der Abgabenfestsetzung und danach über das Rückerstattungsbegehren zu entscheiden (VwGH 99/17/0116).
Die Grundlage zur erstmaligen bescheidmäßigen Festsetzung der selbstberechneten Abgabe mit Bescheid enthält § 201 BAO, sofern sich die bekanntgegebene Selbstberechnung - wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht – als nicht richtig erweisen sollte.
Eine bescheidmäßige Festsetzung gemäß § 201 Abs. 2 Z. 1 und Z. 2 BAO scheidet schon wegen Ablauf der dort vorgesehenen Jahresfrist aus.
Eine bescheidmäßige Festsetzung gemäß § 201 Abs. 2 Z. 3 zweiter Tatbestand BAO ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die Unrichtigkeit der Selbstbemessung ausschließlich mit einem möglichen Rechtsirrtum über die Abgabenpflicht im Hinblick auf § 12 Abs. 4 lit. b NÖ Tourismusgesetz 2010 begründet wurde, somit das Vorliegen eines Wiederaufnahmsgrundes gemäß § 303 (neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel) weder behauptet wurde, noch ersichtlich ist. Nach Ablauf der Verjährungsfrist (§§207 ff BAO) wäre eine solche Maßnahme gemäß § 304 BAO jedenfalls nicht mehr zulässig.
Eine bescheidmäßige Festsetzung gemäß § 201 Abs. 2 Z. 5 BAO schließlich wäre nur unter sinngemäßer Anwendung des § 293b (offensichtliche Unrichtigkeit) bzw. des § 295a (nachträglich eingetretenes Ereignis mit abgabenrechtlicher Rückwirkung) möglich.
Nun lässt zwar die mögliche unrichtige Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin bei Einreichung der Abgabenerklärungen eine offensichtliche Unrichtigkeit, welche auch von der Abgabenbehörde übersehen wurde, und damit eine (sinngemäße) Anwendbarkeit des § 293b gemäß § 201 Abs. 2 Z. 5 BAO grundsätzlich denkbar erscheinen, jedoch zufolge § 302 Abs. 1 BAO nur bis zum Ablauf der Verjährungsfrist.
Eine bescheidmäßige Festsetzung gemäß § 201 Abs. 3 Z. 1 BAO ist jedenfalls nach Ablauf der hier geregelten Monatsfrist unzulässig.
Eine bescheidmäßige Festsetzung gemäß § 201 Abs. 3 Z. 3 BAO schließlich ist mangels Vorliegen einer abgeleiteten Abgabenfestsetzung einerseits und wegen Ablauf der Verjährungsfrist andererseits ausgeschlossen.
Für sämtliche vom verfahrensgegenständlichen Antrag betroffenen Abgabenerklärungen ist allerdings hinsichtlich der damit bekanntgegebenen Abgabenansprüche (ungeachtet ihres tatsächlichen Eintrittes) spätestens mit Ablauf des Jahres 2018 die Bemessungsverjährung gemäß § 207 BAO eingetreten, die Antragstellung somit erst nach deren Ablauf erfolgt.
Die Korrektur einer zu Unrecht zu hoch erfolgten Selbstbemessung durch eine bescheidmäßige Abgabenfestsetzung ist nur dann möglich, wenn die Bemessungsverjährungsfrist noch offen ist (VwGH 2002/17/0262). Eine bereits eingetretene Verjährung steht der Neufestsetzung einer Abgabe entgegen (VwGH 93/17/0187, 0201, 94/17/0144, 95/16/0051). Voraussetzung für eine bescheidmäßige Abgabenfestsetzung ist demnach, dass die Behörde durch einen innerhalb der Bemessungsverjährungsfrist gestellten Antrag überhaupt in die Lage versetzt wird, einen bescheidmäßigen Abspruch über die Höhe der zu entrichtenden Abgaben zu fassen (VwGH 2000/17/0033).
Eine bescheidmäßige Abgabenfestsetzung der selbstberechneten Nächtigungstaxen ist daher im gegenständlichen Fall für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum - insbesondere aufgrund der zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits eingetretenen Bemessungsverjährung – ausgeschlossen.
Ein Guthaben entsteht erst dann, wenn auf dem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften die Summe der Lastschriften übersteigt, wenn somit auf ein und demselben Abgabenkonto per Saldo ein Überschuss zu Gunsten des Abgabepflichtigen besteht (VwGH 2006/16/0129, 2007/16/0121). Maßgeblich sind die tatsächlichen Buchungen, nicht diejenigen, die nach Ansicht des Abgabepflichtigen hätten durchgeführt werden müssen (VwGH 2002/16/0286, 2005/15/0137, 2009/16/0311, 2012/16/0025). Ein Guthaben entsteht erst dann, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften die Summe der Lastschriften übersteigt, wenn somit auf ein und demselben Abgabenkonto per Saldo ein Überschuss zugunsten des Abgabepflichtigen besteht. Maßgebend hiebei sind die tatsächlich durchgeführten Buchungen, nicht diejenigen, die nach Ansicht des Abgabepflichtigen hätten durchgeführt werden müssen (VwGH 99/16/0115; 2006/16/0129).
Die materielle Richtigkeit der Abgabenfestsetzung ist im Verfahren betreffend Rückzahlung nach § 239 Abs. 1 BAO nicht zu prüfen (VwGH 99/15/0044).
Solange eine bescheidmäßige Abgabenfestsetzung nicht erfolgt ist, gilt für wirksam selbstbemessene Abgaben, dass sie – im Hinblick auf die „Quasi-Rechtskraft“ einer Festsetzung durch Abgabenerklärung – nur dann zurückgefordert werden können, wenn die geleistete Zahlung nicht der Selbstberechnung entspricht bzw. diese übersteigt. In einem solchen Fall gelten diese Zahlungen nur dann als zu Unrecht entrichtet, wenn sie den selbstbemessenen Betrag übersteigen. Mangels bescheidmäßiger Abgabenfestsetzung wurden die der Selbstbemessung entsprechenden Abgabenbeträge daher auch nicht zu Unrecht entrichtet und besteht diesbezüglich auch kein Guthaben der Beschwerdeführerin.
Ohne ein rückzahlbares Guthaben auf dem Konto des Abgabepflichtigen kann einem Rückzahlungsantrag gemäß § 239 Abs. 1 BAO kein Erfolg beschieden sein, denn ein Guthaben iSd § 239 Abs. 1 BAO stellt sich als Ergebnis der Gebarung auf dem Abgabenkonto eines Steuerpflichtigen dar (VwGH 89/16/0203, 91/15/011, 96/17/0335). Mangels eines Guthabens kann ein Rückzahlungsanspruch gemäß § 239 Abs. 1 BAO nicht mit Erfolg erhoben werden (VwGH 96/15/0042).
Besteht kein rückzahlbares Guthaben, so ist der Antrag abzuweisen (VwGH 94/16/0150, 98/16/0297). Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
4.2. Zu Spruchpunkt 2 – Unulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
Finanzrecht; Tourismusabgabe; Nächtigungstaxe; Rückzahlung; Guthaben; Selbstberechnung; Abgabenerklärung; Abgabenfestsetzung; Verjährung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.1231.001.2020Zuletzt aktualisiert am
10.11.2021