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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §45 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, in der Beschwerdesache der Wirtschaftskammer Kärnten, Sektion Gewerbe und Handwerk, Fachgruppe Bestattung, in Klagenfurt, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 19. September 1996, Zl. Gew-1199/16/95, betreffend Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Gewerbeausübung (mitbeteiligte Partei: X-Warenhandelsgesellschaft m.b.H. in K), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Wie sich aus dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides ergibt, meldete die mitbeteiligte Partei im Februar 1995 das Gewerbe des Bestatters an. In dem darüber abgeführten Verfahren wurde von der Erstbehörde eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin eingeholt, die negativ ausfiel. Mit Bescheid vom 3. Juli 1995 stellte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt fest, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des von der mitbeteiligten Partei angemeldeten Bestattergewerbes für einen näher bezeichneten Standort und mit einem namentlich genannten Geschäftsführer mangels Bedarfes nicht vorlägen und untersagte die Ausübung dieses Gewerbes. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der mitbeteiligten Partei wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 19. September 1996 Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und festgestellt, daß die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des von der mitbeteiligten Partei angemeldeten gebundenen Gewerbes der Bestatter (§ 124 Z. 3 GewO 1994) für einen näher bezeichneten Standort und mit dem namentlich namhaft gemachten gewerberechtlichen Geschäftsführer vorlägen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin "in ihrem Anhörungsrecht und dem Recht auf gesetzmäßige Handhabung der Bedarfsprüfung verletzt". Aus den Ausführungen in der Beschwerde ergibt sich, daß die Beschwerdeführerin unter "Anhörungsrecht" das Recht versteht, zu den im Verwaltungsverfahren erzielten Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt sie vor, sie habe wohl im erstinstanzlichen Verfahren ein Gutachten erstattet, in dem sie im einzelnen dargelegt habe, aus welchen Gründen das Vorliegen eines Bedarfes zu verneinen sei und es sei die Erstbehörde diesem Gutachten gefolgt. Im Zuge des Verfahrens über die Berufung der mitbeteiligten Partei habe die Berufungsbehörde aber kein weiteres Gutachten bezüglich der Frage des Bedarfes bei der Beschwerdeführerin eingeholt. Die belangte Behörde habe im Rahmen des Berufungsverfahrens, ohne die Beschwerdeführerin anzuhören, mit dem angefochtenen Bescheid das Vorliegen eines Bedarfes deshalb bejaht, weil insbesondere aus der eidesstattlichen Erklärung der Betreiber einer Friedhofsgärtnerei hervorgehe, daß es bei Bestattungen in der Landeshauptstadt Klagenfurt fallweise zu wesentlichen Terminverzögerungen und Terminproblemen komme, die die Angehörigen der Verstorbenen, die sich ohnehin in einer psychisch stark belasteten Ausnahmesituation befänden, zusätzlich belaste. Zum Vorbringen der mitbeteiligten Partei hinsichtlich des Bedarfes auf Grund der eidesstattlichen Erklärung der Friedhofsgärtnerei habe keine Anhörung der Beschwerdeführerin stattgefunden. Es sei ihr keine Möglichkeit eröffnet worden, zum einen darauf hinzuweisen, daß es sich bei einem der Betreiber der Friedhofsgärtnerei möglicherweise um den handelsrechtlichen Geschäftsführer der mitbeteiligten Partei handle, was die Behörde durch entsprechende Ermittlungsschritte aufklären möge, und zum anderen, daß - abgesehen davon - dieser Erklärung im Lichte der Maßstäbe für eine objektivierte Bedarfsprüfung nicht die Bedeutung zukomme, den Bedarf als gegeben anzusehen. Die Bestimmung des § 134 Abs. 2 GewO 1994 räume der Fachgruppe Bestattung das Recht der Berufung ein, wenn ihrem Gutachten durch die Gewerbebehörde erster Instanz nicht Rechnung getragen werde. Es möge nun zutreffen, daß es der Berufungsbehörde offenstehe, entgegen dem im erstinstanzlichen Verfahren erstatteten Gutachten der Fachgruppe Bestattung unter Bedachtnahme auf die vom Gesetz und der dazu ergangenen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die Beurteilung des Bedarfes nach einem weiteren Bestattungsbetrieb eine vom Gutachten, das im Verfahren vor der Behörde erster Instanz erstattet worden sei, abweichende Entscheidung zu treffen. Im gegenständlichen Fall gehe es jedoch nicht um ein Abweichen vom Gutachten und eine andere Beurteilung der darin gemachten Ausführungen im Lichte der maßgeblichen Rechtsvorschriften, sondern darum, daß völlig neue Sachverhaltsmomente und Beurteilungsmaßstäbe, die auch im Gesetz und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht die geringste Grundlage fänden, dazu herangezogen würden, um die Bedarfsfrage zu bejahen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trete die Berufungsbehörde im Berufungsverfahren an die Stelle der Behörde erster Instanz. Für die Beurteilung des Bedarfes bedeute dies im Lichte des § 134 Abs. 2 GewO 1994, daß die Berufungsbehörde neue Sachverhaltsannahmen, die sie dem Verfahren zugrunde zu legen beabsichtige, der Wirtschaftskammer zur Begutachtung vorzulegen habe, um ihr die Wahrung ihres Anhörungsrechtes zu gewährleisten. Aus dem Regelungszusammenhang des § 134 Abs. 1 GewO 1994 sei zu entnehmen, daß der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verfahren (zumindest) die Stellung einer Formalpartei zukomme. Die belangte Behörde habe jedoch die Parteirechte der Beschwerdeführerin verletzt, indem sie dieser gar nicht die Möglichkeit eröffnet habe, zu den von der belangten Behörde für die Beurteilung der Bedarfsfrage als entscheidungswesentlich erachteten Umständen, nämlich der eidesstattlichen Erklärung der Friedhofsgärtnerei, Stellung zu nehmen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehe für die Wahrung der prozessualen Befugnisse einer Formalpartei das Recht der Beschwerdeführerin gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG offen. Dabei sei auch zu beachten, daß es sich bei der Beschwerdeführerin um die dazu berufene Gliederung der juristischen Person öffentlichen Rechts Wirtschaftskammer Kärnten handle und nicht um eine Amtspartei. Hätte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Wahrung ihrer Parteirechte eröffnet, so hätte diese die Möglichkeit gehabt, die (in der Folge im einzelnen dargelegten) Gründe vorzubringen, die gegen die Heranziehung der eidesstattlichen Erklärung als Grundlage für die Annahme, daß ein Bedarf nach der Ausübung des Gewerbes durch die mitbeteiligte Partei bestehe, sprächen und es hätte so der angefochtene Bescheid einen anderen Inhalt haben können.
Die Beschwerde ist nicht zulässig.
Gemäß § 134 Abs. 2 GewO 1994 hat die Bezirksverwaltungsbehörde vor Erlassung des Bescheides über eine Anmeldung des Gewerbes der Bestatter die zuständige Fachgruppe Bestattung und die Gemeinde des Standortes der beabsichtigten Gewerbeausübung aufzufordern, innerhalb einer Frist von vier Wochen ein Gutachten zur Frage des Bedarfes gemäß § 131 Abs. 1 und 2 GewO 1994 abzugeben. Widerspricht die Entscheidung der Behörde dem fristgerecht abgegebenen Gutachten oder wurde nicht zur Abgabe eines Gutachtens aufgefordert, so steht - wenn es um das Gutachten der Fachgruppe Bestattung geht - der Fachgruppe Bestattung - wenn es um das Gutachten der Gemeinde geht - der Gemeinde das Recht der Berufung gegen den Bescheid zu.
Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Gesetzesstelle beschränken sich die Verfahrensrechte der Fachgruppe Bestattung in einem Verfahren über die Anmeldung des Gewerbes der Bestatter auf das Recht, zur erstatteten Anmeldung ein Gutachten zur Frage des Bedarfes gemäß § 131 Abs. 1 und 2 GewO 1994 abzugeben und allenfalls gegen eine dem Gutachten widersprechende Entscheidung der Erstbehörde Berufung zu erheben. Weitere Parteirechte, insbesondere das Recht auf Parteiengehör im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG, also das Recht, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung zu nehmen, können für die Fachgruppe Bestattung aus dieser Gesetzesstelle nicht abgeleitet werden. In gleicher Weise findet sich in der österreichischen Rechtsordnung keine gesetzmäßige Grundlage für die Annahme eines der Beschwerdeführerin zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechtes "auf gesetzmäßige Handhabung der Bedarfsprüfung".
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des von ihm geltend gemachten Beschwerdepunktes in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl. z.B. den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1981, Slg. N. F. Nr. 10.511/A).
Da, wie oben dargelegt, der Beschwerdeführerin die von ihr im Beschwerdepunkt als verletzt bezeichneten subjektiv-öffentlichen Rechte in Wahrheit nicht zukommen, ist auch nicht die Möglichkeit gegeben, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in diesen Rechten verletzt wurde. Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen des Mangels der Beschwerdeberechtigung zurückzuweisen.
Schlagworte
Gewerberecht FachgruppeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996040248.X00Im RIS seit
20.11.2000